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15-12-2022 | Bankstrategie | Schwerpunkt | Article

Zinswende und Rezession bringen Licht und Schatten

Author: Angelika Breinich-Schilly

4:30 min reading time

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Weltweit geht es den Banken trotz der zahlreichen globalen Probleme besser als zur Finanzkrise der Nuller-Jahre: Laut einer aktuellen Studie hat die Zinswende 2022 die Margen deutlich steigen lassen. Doch mit einer möglichen Rezession ziehen dunkle Wolken auf.

Das Jahr 2022 wird der Bankenbranche weltweit eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite zwischen 11,5 und 12,5 Prozent bringen und damit so hoch sein wie zuletzt 2007. Wie es im aktuellen Global Banking Annual Review der Unternehmensberatung McKinsey & Company heißt, sind die wesentlich höheren Margen aufgrund der Zinswende dafür verantwortlich. Ihre Erträge werden die Institute in diesem Jahr global um 345 Milliarden US-Dollar auf insgesamt 6,5 Billionen US- Dollar zum Ultimo steigern. Für deutsche Banken prognostiziert der Report eine Eigenkapitalrendite von über fünf Prozent. Das sei zwar deutlich über den Vorjahren, aber liege noch immer unter den Eigenkapitalkosten.

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"Im langfristigen historischen Durchschnitt konnten Geldhäuser von einer Wende des Zinszyklus profitieren und ihre Eigenkapitalrendite um rund zwei Prozent steigern", resümiert Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain & Company, im Bankmagazin-Beitrag "Die Zinswende ist ein Lichtblick" (Ausgabe 9 | 2022) von Barbara Bocks. Im aktuellen Szenario seien auch bis zu drei Prozent Renditesteigerung nicht ausgeschlossen. 

Bei der Transformation nicht nachlassen

Die kommenden Jahre bringen der McKinsey-Studie zufolge vielen Instituten aber nicht nur Licht, sondern auch Schatten: Im Falle einer weltweiten Rezession könne die globale Eigenkapitalrendite bis 2026 auf sieben Prozent, in Europa sogar auf sechs Prozent zurückgehen. Obwohl die gestiegenen Zinsen dem Bankensektor erst mal Auftrieb verleihen, sollten die Geldhäuser deshalb die an vielen Stellen gestartete Transformation weiter vorantreiben - allen voran in Europa und in Deutschland. "Angebote müssen digitalisiert und fokussiert sowie die Fähigkeiten des Personals weiterentwickelt werden, um Resilienz und Wachstum sicherzustellen - insbesondere angesichts der aktuellen Herausforderungen", betont Max Flötotto, Leiter der Banken-Beratung bei McKinsey in Deutschland und Österreich. 

Mit der Zinswende und einem absehbar rückläufigen gesamtwirtschaftlichen Wachstum legen die Institute hierzulande ihren Fokus wieder mehr darauf, ihre Kosten zu reduzieren. "Volksbanken und Sparkassen, deren Cost-Income-Ratio in vielen Häusern nicht befriedigend ist und die sich oft seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr mit der Gestaltung der Passivseite beschäftigt haben, sind von diesen beiden Entwicklungen in besonderem Maß betroffen", äußert sich Oliver Mihm, CEO der Managementberatung Investors Marketing, im gleichen Bankmagazin-Beitrag. 

"Durch die in Corona-Zeiten gestiegene Akzeptanz von digitalen Angeboten und den stetigen Rückgang der Filialnutzung liegen hier Einsparpotenziale für Geldhäuser, die bis zu einem gewissen Grad mit einer kundenzentrierteren Ausrichtung einhergehen. Das betrifft etwa digitale Beratungsangebote, End-to-End-Produktabschluss-Strecken oder die zentrale, digitale Marktbearbeitung und Kundenkommunikation", ergänzt die Autorin.

Profitable Geschäftsfelder identifizieren

Zu den Geschäftsfeldern, in denen Banken an den Stellschrauben drehen können, gehört laut der Studienautoren von McKinsey das Wealth Management, in dem 2022 mit acht Prozent das durchschnittliche Wachstum verdoppelt wurde. Eine Trendwende sei bei Standard-Produkten wie Konten, Einlagen und Zahlungsverkehr zu verzeichnen. In diesen Bereichen waren die Erträge zuletzt zurückgegangen. 

Insgesamt seien die Bewertungen der Banken, auch vor dem Hintergrund der weltweiten Schwäche der Aktienmärkte, gesunken. So ist auch die globale Marktkapitalisierung der Branche von 16 Billionen US-Dollar 2021 auf 14,5 Billionen US-Dollar Mitte 2022 gefallen. Dabei machen klassische Banken die eine, spezialisierte Finanzdienstleister und Fintechs die andere Hälfte der Marktkapitalisierung aus, heißt es weiter. Letztere konnten ihren Anteil, der vor fünf Jahren noch bei 30 Prozent lag, weiter ausbauen. "Firmen, die nachhaltig profitable Geschäftsfelder wie Zahlungsabwicklung oder Consumer Finance besetzen, profitieren von tendenziell höheren Bewertungen", betont Reinhard Höll, Payment-Experte bei McKinsey. 

Deutschland bei Green Bonds Spitzenreiter

Große Wachstumschancen verspicht dem Report zufolge der Bereich Sustainable Finance. Nachhaltige Anleihen machen laut Studie inzwischen elf Prozent des gesamten weltweiten Emissionsvolumens aus. Bei ESG-gebundenen Konsortialkrediten liege der Anteil sogar bei 13 Prozent. In Deutschland wurde in den ersten neun Monaten 2022 sogar jede fünfte Anleihe in einer Nachhaltigkeitsvariante emittiert - mit einem Volumen von insgesamt 45,5 Milliarden US-Dollar. Damit ist die Bundesrepublik bei Green Bonds Spitzenreiter in Europa. Für Banken eröffne dieser Trend ein großes Finanzierungs- und Wachstumspotenzial. 

Dass sich Nachhaltigkeit und die unter der Abkürzung ESG bekannten Aspekte Umwelt, Soziales und Unternehmensführung in den kommenden Jahren zu einem der wichtigsten Themen überhaupt entwickeln, glaubt auch Tobias Keser, Head of Banking bei Sopra Steria Next. Der Experte sieht in der Entwicklung den Grundstein für neue Geschäftsmodelle wie die ESG-Beratung von Firmenkunden. "Durch die starke Präsenz in den Medien und im Alltag schafft das Thema auch viele Kontaktpunkte für die Kreditinstitute in der Beratung", prognostiziert er im Bankmagazin-Beitrag. Das verspreche zudem hohe Chancen auf Neuabschlüsse in der Altersversorgung und für das Cross-Selling. Allerdings warnt Keser auch vor der Gefahr des Greenwashings, das "sich äußerst negativ auf die Reputation der Institute auswirken und das Vertrauen in die entsprechenden Häuser stark und nachhaltig beschädigen könnte". 

Regulierungsanforderungen erfüllen reicht nicht

Zudem haben zum Beispiel nachhaltige Geldanlagen häufig einen höheren Endkundenpreis als reguläre Anlageangebote, erläutert Bankexperte Mihm. Gleichzeitig seien sie für die Geldhäuser im Hintergrund mit höheren Produktionskosten verbunden. "Langfristig werden die Institute mit einer reinen Erfüllung der regulatorischen Nachhaltigkeitsanforderung kein pauschales Preis-Premium erzielen können, da dies der neue Marktstandard sein wird", glaubt er. Das wird aus seiner Sicht eine klar herausstechende Positionierung im Bereich der Nachhaltigkeit erfordern.

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