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01-12-2022 | Vergütung | Schwerpunkt | Article

Managerinnen sorgen für mehr Lohngerechtigkeit

Author: Andrea Amerland

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Wovon sich Führungskräfte bei der Festlegung von Gehältern leiten lassen, beeinflusst neben Markt- und Branchengegebenheiten, wie fair Entgeltsysteme letztendlich konzipiert werden. Offenbar spielt das Geschlecht des Personalverantwortlichen dabei eine größere Rolle als gedacht, ergibt eine Studie.
 

Von einer "leistungsgerechten Vergütung" zu sprechen, gehört zu den Floskeln im sprachlichen Stellenanzeigenbaukasten. Doch Gehaltssysteme in Unternehmen sind in den Augen der Mitarbeitenden nicht unbedingt gerecht. Ein Problem dabei ist, dass die einzelnen Gehaltsstufen nicht für alle transparent hergeleitet oder Löhne individuell im stillen Kämmerlein verhandelt werden. Sofern kein Tarifvertrag für etwas mehr Ordnung bei der Entlohnung sorgt, sind Personaler und Führungskräfte gefordert, die Vergütung auf faire Beine zu stellen. Aber offensichtlich gehen sie dabei je nach Geschlecht sehr unterschiedlich vor, hat ein Experiment des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ergeben.

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KIT-Studie: Manager knausern und bereichern sich

Für die Studie, die unter dem Titel "Setting adequate wages for workers: Managers’ work experience, incentive scheme and gender matter"  erschienen ist, wurden rund 500 Testpersonen in die zwei Gruppen 'Monteure' und 'Manager' unterteilt. Erstere erhielten die monotone Aufgabe, 100 Kugelschreiber auseinander- und wieder zusammenzuschrauben. Letztere legten das dafür nach ihrer Ansicht angemessene Gehalt fest und hatten dabei einen Spielraum bis zu 21 Euro. Ein Teil der Manager konnte zudem die Restsummen für sich behalten, ein anderer musste diese in einen Forschungstopf fließen lassen. 

Das überraschende Ergebnis: Die Manager behielten möglichst den größten Teil der 21 Euro für sich und zahlten durchschnittlich nur 7,59 Euro aus. Fehlte hingegen die Möglichkeit, Geld für sich selbst einzubehalten, waren Führungskräfte bereit, die Monteure mit 11,10 Euro  zu entlohnen. Das ist ein Unterschied von 46 Prozent. Managerinnen entschieden laut KIT-Studie dabei sehr viel zuverlässiger. "Wenn sie den Rest der 21 Euro für sich behalten konnten, legten sie 8,54 Euro als Montagelohn fest. Ging der Rest der 21 Euro an die Forschung, erachteten sie 9,44 Euro als angemessen", berichtet Nora Szech, Professorin für Politische Ökonomie am Institut für Volkswirtschaftslehre des KIT und Autorin der Studie.

Fairere Gehälter durch Diversität?

Szech zeigt sich über dieses Ergebnis entsetzt. Zwar haben ihrer Aussage nach bereits zuvor verschiedene Studien offenbart, dass Frauen moralischer und selbstloser entscheiden als Männer. "Wir waren allerdings geschockt, wie drastisch die Diskrepanz hier ausfiel", betont Szech. Gleichzeitig verweist die Wissenschaftlerin darauf, wie wichtig Diversität in den Führungsetagen wichtig ist, "wenn die Atmosphäre in einem Unternehmen wertschätzend sein und Lohnungleichheit begrenzt werden soll."

Dennoch räumen die Forschenden ein, dass ihr Versuch stark vereinfachend ist und nur eine Studierendenstichprobe darstelle. Denn in der beruflichen Realität sind natürlich zudem Faktoren wie der Marktvergleich für eine bestimmte Position oder die Lohnverhandlung relevant. Allerdings leisten die KIT-Ergebnisse einen Beitrag zur Debatte um ein faires Gehalt. 

Gerechter Lohn ist HR-Handlungsfeld  

Denn zumeist geht es in Unternehmen noch immer bei der Entgeltgestaltung um den materiellen Arbeitsanreiz, also um Performance-Management, etwa durch Boni und variable Gehaltsanteile. Der Springer-Autor Stefan Huf spricht in diesem Zusammenhang von einer Selektions- und eine Motivationsfunktion. Gehälter dienen demnach einerseits im Recruiting dazu, die richtigen und besten Mitarbeit anzuziehen, andererseits solle das Entgelt dazu beitragen, die vertraglich bereits gebundenen Mitarbeiter zu höchstmöglichen Leistungen zu animieren, schreibt er auf Seite 72 in einem Buchkapitel zum Thema.

Auch dominierten für Arbeitgeber Kostenaspekte, während es Mitarbeitenden um Entgeltgerechtigkeit gehe, betont Huf. Werden Gehaltsstrukturen von Beschäftigten als unfair erlebt, beeinflusse dieses in erheblichem Maße die Arbeitszufriedenheit, "ihr Commitment gegenüber dem Arbeitgeber sowie ihre Fluktuationsneigung und auch ihr Leistungsverhalten, weshalb Unternehmen aufgefordert sind, ein Höchstmaß an organisationaler Gerechtigkeit sicherzustellen". Entgeltgestaltung sei somit ein gerechtigkeitssensitives Handlungsfeld des Personalmanagements  (Seite 73). 

So wird Entlohnung fair

Die organisationspsychologische Gerechtigkeitsforschung hat Huf zufolge drei Dimensionen organisationaler Gerechtigkeit ermittelt: 

  • Distributive Entgeltgerechtigkeit: Hier bewerten Beschäftigte, ob die Höhe des Gehalts angemessen ist. 
    • Leistungsgerechtigkeit: Spiegelt die Höhe der Bezhalung den Schwierigkeitsgrad der Stelle wider?
    • Qualifikationsgerechtigkeit: Korrespondiert die Höhe der Vergütung mit den Fähigkeiten des Stelleninhabers?
    • Sozialgerechtigkeit: Geht die Höhe des Entgelts mit dem sozialen Status des Stelleninhabers einher?
    • Marktgerechtigkeit: Entspricht die Höhe des Lohns dem externen Arbeitsmarkt?
  • Prozedurale Entgeltgerechtigkeit: Auch, wie der Prozess der Gehaltsfindung von Mitarbeitenden wahrgenommen wird, prägt das Fairnessempfinden.
  • Interaktionale Entgeltgerechtigkeit: Der Umgang in den Lohnverhandlungen fließt ebenfalls mit ein. Dabei spielen Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Konsistenz, Korrektheit sowie Korrigierbarkeit eine große Rolle. 

Und nicht zuletzt die Verhaltensweisen der Entscheider sorgen dafür, ob die Festlegung von Löhnen und Gehältern in den Augen der Belegschaft als anständig und tadellos bewertet wird. Werden Mitarbeitende und Kandidaten höflich und respektvoll behandelt, sind die Gespräche aufrichtig und ehrlich und sind die Entscheider offen, wenn Gehaltsthemen an sie adressiert werden. 

Alle diese Faktoren gilt es zu beachten, damit Mitarbeiter zufrieden sind, bei ihrem Arbeitgeber bleiben und einen guten Job machen.

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