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2009 | Buch

Kommunikation als Erfolgsfaktor im Innovationsmanagement

Strategien im Zeitalter der Open Innovation

herausgegeben von: Ansgar Zerfaß, Kathrin M. Möslein

Verlag: Gabler

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Über dieses Buch

Vorwort Es gibt kaum ein Begriffspaar in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, das so viel ver spricht und zugleich so viel verschleiert wie „Innovation“ und „Innovationsmanage ment“. Neue Technologien, Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsprozesse gelten als Treiber für künftiges Wachstum. Unternehmen und Regierungen weltweit räumen dem Thema Innovation auf ihrer strategischen Agenda oberste Priorität ein. Aufgrund der volkswirtschaftlichen Effekte wird eine verstärkte Innovationstätigkeit mit seltener Einmütigkeit auch von Industrieverbänden, Gewerkschaften und Parteien aller Cou leur gefordert. Im Ergebnis investieren Unternehmen nachhaltig in Innovationen und setzen teilweise sogar CIOs als „Chief Innovation Officer“ ein. Die meisten Industrie staaten stellen öffentliche Finanzmittel für die Forschung und teilweise auch für den Aufbau regionaler Innovationsnetzwerke zur Verfügung. In der gesellschaftlichen Kommunikation spielen Innovationen eine zentrale Rolle –sie sind positiv konnotiert und ein fester Bestandteil der Marketing und PR Aktivitäten von Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Zukunftsweisende Ideen oder Anwendungen werden über all in schillernden Farben dargestellt. Unternehmenspublikationen, Websites und Messeauftritte rücken neue Technologien und Produkte ins rechte Licht. Vorreiter haben bereits seit einiger Zeit spezifische Strategien und Organisationseinheiten für die Innovationskommunikation etabliert. Dennoch mangelt es häufig an der notwendigen Substanz. Das Wort „Innovation“ wird mittlerweileso inflationär verwendet, dass es für Journalisten in Deutschland mehrheitlich zum inhaltsleeren Gerede geworden ist. Konsumenten zeigen zuneh mend Reaktanz, wenn kleinere Produktverbesserungen als wesentliche Neuheiten kommuniziert werden. Viele Mitarbeiter haben gelernt, dass Innovationen häufig mit Umstrukturierungen einhergehen, die für den Einzelnen durchaus negative Konse quenzen haben können.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Innovation und Kommunikation als Beitrag zur Wertschöpfung

Frontmatter
Innovation als Treiber des Unternehmenserfolgs
Herausforderungen im Zeitalter der Open Innovation
Innovation ist heute in aller Munde. Gibt man den Begriff „Innovation“ in die Google Suchmaschine ein, erhält man ca. 115 Millionen Treffer (ausgeschrieben: 115.000.000). Bei dieser Anzahl an Treffern stellt sich allerdings die Frage, ob es sich lediglich um ein „Modewort“ handelt, das in keinem Artikel und auf keiner Unternehmenshomepage fehlen darf, oder ob Innovationen wirklich ein Erfolgsmotor sind, wie es die obigen Zitate aus den Unternehmenswebseiten von Apple, Siemens und Procter & Gamble stellvertretend für viele nahelegen. Innovation gilt weithin als zentraler Faktor zur Sicherung und Steigerung von Umsatz, Gewinn und Beschäftigung. Jährlich erset zen Unternehmen im Schnitt rund 20 Prozent ihres Umsatzvolumens durch Innovationen (Bobiatynski/Gehrmann/Krause 2005: 51).
Kathrin M. Möslein
Kommunikation als konstitutives Element im Innovationsmanagement
Soziologische und kommunikationswissenschaftliche Grundlagen der Open Innovation
Die Parado×ie ist unübersehbar: Während Theorie und Praxis offene Innovationsprozesse sowie eine vielschichtige Einbindung interner und externer Stakeholder fordern, werden die zugrunde liegenden Verständnisse von Innovation und Kommunikation nur selten hinterfragt. Dadurch mangelt es dem Paradigma der Open Innovation an einem Fundament und einer Begründung jenseits der ökonomischen Zweckrationalität. Genau diese lässt sich aber nur schwer nachweisen: Kosten und Nutzen verschiedener Konzepte des Innovationsmanagements können aufgrund der großen Zahl interdependenter Einflussfaktoren nur näherungsweise berechnet werden.
Ansgar Zerfaß
Kommunikation und Innovation in deutschen Unternehmen
Eine empirische Typologie in Zukunftstechnologie-Branchen
Für Unternehmen in Zukunftsbranchen ist das Thema „Innovation“ ebenso wie für den Standort Deutschland insgesamt von zentraler Bedeutung. Neue Produkte, Dienstleistungen und Technologien sind ein Schlüssel für Fortschritt und Wettbewerbsfähigkeit. Innovationen müssen aber nicht nur entwickelt, sondern vor allem auch vermittelt werden. Doch wie arbeiten Kommunikationsverantwortliche und Innovationsmanager zusammen? Wird die vorhandene PR-Kompetenz in den innerbetrieblichen Innovationsprozess und in die gemeinschaftliche Entwicklung mit Partnern, Kunden und Lieferanten eingebunden? In welcher Form und zu welchem Zeitpunkt ist kommunikatives Know-how gefragt? Wie ändert sich dies angesichts des derzeit beobachtbaren Wandels von klassischen Innovationskonzepten hin zu neuen Ansätzen der Open Innovation und Interaktiven Wertschöpfung, die eine stärkere und frühzeitigere Einbindung verschiedener Stakeholder in den Innovationsprozess vorsehen? Antworten auf diese Fragen geben die in diesem Beitrag vorgestellten Ergebnisse der Studie „Kommunikation als Erfolgsfaktor im Innovationsmanagement“. Beleuchtet werden der Status quo und die Entwicklungstendenzen zum Zusammenspiel von Innovations- und Kommunikationsmanagement in der deutschen Wirtschaft.
Nadin Ernst, Ansgar Zerfaß

Open Innovation als unternehmerische Innovationsstrategie

Frontmatter
Open Innovation
Grundlagen, Herausforderungen, Spannungsfelder
Open Innovation bezeichnet Innovationsprozesse, die nicht an den Grenzen von Unternehmen oder deren Innovationsabteilungen enden, sondern Akteure unabhängig von deren institutioneller Zugehörigkeit als Ideengeber, Konzeptentwickler oder auch Innovationsumsetzer in die Gestaltung von Innovationen einbinden. Dieser Beitrag skizziert Grundlagen und Realisierungsformen der Open Innovation. Er stellt die einzubindenden Akteure und ihre Rollen im Innovationsgeschehen vor und führt ein in die fünf zentralen Werkzeugklassen, auf die Unternehmen zur Implementierung von Open Innovation heute zurückgreifen können. Herausforderungen und Spannungsfelder, die bei der Realisierung von Open Innovation zu berücksichtigen sind, werden abschließend aufgezeigt.
Kathrin M. Möslein, Anne-Katrin Neyer
Wertschöpfungsprinzipien von Open Innovation
Information und Kommunikation in verteilten offenen Netzwerken
Die Open-Source-Software-Bewegung hat nicht nur leistungsfähige und innovative Software hervorgebracht, sondern auch den Prozess der Produktentwicklung selbst innoviert und herrschende Theorien der Betriebswirtschaftslehre erweitert. Der Beitrag diskutiert, wie diese Prinzipien auch jenseits der Software-Produktion (gegebenenfalls modifiziert) in Bereichen Anwendung finden können, die bislang durch eine unternehmensbezogene (hierarchische) Wertschöpfung gekennzeichnet sind. Wir nennen diese Übertragung Open Innovation: Ein Unternehmen vergibt in Form eines offenen Aufrufs eine Aufgabe, die bislang intern erstellt wurde, an ein Undefiniertes (offenes), großes Netzwerk externer Akteure. Die Erstellung dieser Aufgabe erfolgt dabei oft kollaborativ zwischen mehreren Nutzern, in anderen Fällen aber auch durch einen Akteur allein.
Frank T. Piller, Ralf Reichwald
Motivation zur Open Innovation
Warum beteiligen sich Menschen zum Teil unentgeltlich an Open Innovation? Dieser Beitrag diskutiert die bisherigen Forschungsergebnisse zum Thema Motivation zur Open Innovation. Bislang konzentriert sich die Forschung darauf, Anreize zu finden und zu beschreiben. Diese werden im ersten Abschnitt systematisch dargestellt. Anschließend wird erläutert, dass ein griffiges Motivationsmodell sinnvoll und nötig ist. Dadurch lässt sich besser verstehen, wie und bei wem die Anreize wirken. Schließlich wird im darauf folgenden Abschnitt das Kompensationsmodell der Motivation und Volition (Kehr 2004a) eingeführt. Daraus leiten sich im letzten Abschnitt entsprechende Gestaltungsvorschläge für Open Innovation ab.
Kaspar Schattke, Hugo M. Kehr
Der Ideenwettbewerb als Methode der Open Innovation
Entwicklung eines externen Vorschlagswesens zur Integration von Kunden in den Innovationsprozess
Das Gelingen von Innovationsprojekten ist für den Erfolg eines Unternehmens essenziell, denn die Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen ist vielfach mit hohen Investitionen verbunden. Bereits eine kleine Serie von Misserfolgen kann den Fortbestand eines Unternehmens ernsthaft gefährden. Aus diesem Grund wird seit jeher die Frage nach der bestmöglichen Gestaltung des Innovationsprozesses gestellt. Die Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen wird meist als interner Prozess rund um den Bereich Forschung und Entwicklung verstanden. Seit einigen Jahren lässt sich jedoch die Öffnung für externe Quellen durch Interaktion mit Marktpartnern beobachten (Stichwort: Open Innovation). Zahlreiche empirische Studien belegen, dass eine frühzeitige Integration von Kunden in den betrieblichen Entwicklungsprozess den Erfolg von Innovationen deutlich steigern kann. Das in diesem Beitrag vorgeschlagene, auf den Ergebnissen einer empirischen Untersuchung mit dem Sportartikelhersteller adidas aufbauende externe Vorschlagswesen stellt ein Kommunikationssystem dar, mit dessen Hilfe das Wissen der Kunden systematisch gesammelt und mit dem internen Ideenmanagement kombiniert werden kann.
Dominik Walcher
Social Software für Open Innovation
Die Integration interner und externer Innovatoren
Unternehmen, die ihre Innovationsprozesse öffnen wollen, müssen die Integration der drei zentralen Gruppen von Innovatoren – Kerninnovatoren, periphere Innovato-ren und externe Innovatoren – realisieren. Hierfür eignen sich verschiedene Lösungen aus dem Bereich der, den Ideen des Web 2.0 folgenden, Social Software. Eine Strukturierung der Lösungen ist anhand des Unterstützungsschwerpunkts nach Inhalt, Kommunikation sowie Identität und Netzwerk möglich. Dabei hat jede Innovatorengruppe spezifische Bedürfnisse in ihren innovativen Aktivitäten, die durch das Angebot der passenden Social Software unterstützt werden können.
Michael Koch, Angelika C. Bullinger, Kathrin M. Möslein
Chancen und Risiken von Open Innovation
Open Innovation ist eine neue Strategie im Innovationsmanagement, die auf die vermehrte Nutzung externer Wissensquellen abzielt. Dabei vereint Open Innovation Aktivitäten, die von vielen Unternehmen bereits seit langem durchgeführt werden. Jedoch haben sich der strategische Fokus und die Bedeutung der externen Quellen für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sowie die Erschließung neuer Märkte stark verändert. Es gibt Industrie- und unternehmensspezifische Unterschiede bei den F&E-Aktivitäten, je nachdem ob diese outgesourct bzw. kooperativ bearbeitet werden. Generell lassen sich die Open-Innovation-Aktivitäten jedoch in drei Kernprozesse einteilen: den Outside-In-, den Inside-Out- und den Coupled-Prozess. Insgesamt bietet Open Innovation ein großes Potenzial, um mehr Effizienz und Effektivität in der Produkt- und Dienstleistungsentwicklung zu erhalten sowie die Entwicklungszeit zu verkürzen und den finanziellen Erfolg der Produkte zu steigern. Leider gibt es bis heute wenig konkrete Erfolgsmessungen.
Ellen Enkel

Strategien und Instrumente der Innovationskommunikation

Frontmatter
Innovationskommunikation in den Arenen der Medien
Campaigning, Framing und Storytelling
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit jenem Ausschnitt der Unternehmenskommunikation, der auf die Vermittlung von Innovationen an Mitarbeiter, Kunden, Investoren sowie andere Bezugsgruppen ausgerichtet ist. Der Fokus liegt dabei auf ausgewählten Vermittlungsstrategien und -techniken, durch die ein Unternehmen Innovationen in die Arenen der Medien tragen und sich selbst als Innovator positionieren kann. Ausgehend von der Einbettung der Innovationskommunikation in die integrierte Kommunikation werden im Folgenden Grundzüge des Campaignings skizziert und Möglichkeiten des Framings und Storytellings als Ansatzpunkte für dessen Realisierung im Rahmen der Innovationskommunikation vorgestellt. Beispiele verdeutlichen die Umsetzung dieser drei Konzepte in der Praxis.
Simone Huck-Sandhu
Strategische Kommunikation für Technologie und Innovationen
Konzeption und Umsetzung
Der folgende Beitrag gibt in einem erweiterten Verständnis von Innovationskommunikation Anregungen für die Gestaltung von Kommunikation in Innovationsprozessen, die erfolgreiche Durchsetzung von Innovationen und die Nutzung von Innovationsthemen für die übergreifende Positionierung von Unternehmen.
Stephan Fink
Vertrauenskommunikation und Innovationsbarrieren
Theoretische Grundlagen
Der Misserfolg von Innovationsprojekten ist in einer Vielzahl von Fällen auf die mangelhafte kommunikative Einführung innovativer Produkte auf dem Markt zurückzuführen. Dabei erfordert die Kommunikation von „unbekanntem Neuen” innovative Ansätze und Methoden. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Markteinführung ist der Einsatz von Vertrauenskommunikation. Durch Vertrauen können kundenseitig empfundene Unsicherheiten gegenüber innovativen Produkten durch entsprechende kommunikative Austauschprozesse zwischen den Transaktionspartnern reduziert und die Kaufbereitschaft gesteigert werden. Vor dem Hintergrund des bestehenden Forschungsdefizits bzgl. der Ausgestaltung einer Vertrauenskommunikation werden Ansätze bestehender Forschungsrichtungen aufgezeigt und ein theoretischer Bezugsrahmen abgeleitet.
Gerhard Schewe, Ann-Marie Nienaber
Marktvorbereitung durch Kommunikation
Überwindung von Akzeptanzbarrieren radikaler Innovationen
Der Begriff Marktvorbereitung kann verstanden werden als „readying the ‚marke’ for the change” (Easingwood/Harrington 2002: 658). Subsumiert werden unter dem Begriff spezifische Marketingaktivitäten zur Senkung kundenbezogener Unsicherheiten und zur positiven Beeinflussung der Diffusion (Verbreitung) einer Innovation im Markt. Kommunikationsaktivitäten seitens des innovierenden Unternehmens nehmen dabei einen besonders hohen Stellenwert ein. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dem Konzept der Marktvorbereitung zur Überwindung von Akzeptanzbarrieren von Zielkunden. Dabei wird eine situationsspezifische Vorgehensweise gewählt: Betrachtet werden Innovationen eines besonders hohen Neuigkeitsgrades, so genannte radikale Innovationen. Radikale Innovationen weisen in Bezug auf vier Dimensionen – den Markt, die zugrunde liegende Technologie, die Organisation und das Umfeld – vergleichsweise hohe Diskontinuitäten auf. Mit zunehmendem Neuigkeitsgrad einer Innovation steigen kundenbezogene Unsicherheiten. Erklärungsansätze bieten die Schematheorie, die Adoptions- und Diffusionsforschung sowie die Theorie des wahrgenommenen Risikos.
Fee Steinhoff, Volker Trommsdorff
Kundenkommunikation im Zeitalter von Transparenz und Digitalisierung
Trendmonitoring und Crowdsourcing
Im Rahmen der vielfältigen Partizipationsmöglichkeiten für Nutzer im Web 2.0 können Unternehmen heute auf Meinungen der Kunden viel einfacher zugreifen. Daraus lassen sich vielfältige Rückschlüsse für eine verbesserte Kommunikation und neue Produkte und Dienstleistungen ziehen. Die zunehmende Kommunikation und Vernetzung der Nutzer untereinander können und sollten Unternehmen systematisch über ein Trendmonitoring analysieren und für sich nutzen, um wertvolle Einsichten zu gewinnen, die beispielsweise aus Unkenntnis resultierende PR-Katastrophen verhindern können. Gleichzeitig können aktive Nutzer animiert werden, an der Lösung von Aufgaben für das Unternehmen mitzuarbeiten, wodurch wiederum die Glaubwürdigkeit bei den Konsumenten erhöht werden kann (Crowdsourcing). Darüber hinaus gibt es bereits eine Reihe neuer Geschäftsmodelle, die sogar schon fast vollständig auf von Nutzern erzeugten Inhalten basieren.
Thomas Schildhauer, Hilger Voss
Mitarbeiterkommunikation, Change und Innovationskultur
Balance von Informationen und Innovationen
Unternehmen brauchen ein Kommunikationssystem, das nicht nur Informationen und Wissen vermittelt, sondern alle Akteure motiviert, Innovationen zu generieren und deren Auswirkungen kognitiv wie auch emotional zu bewältigen. Innovationskommunikation und Change Communication sind daher zwei Seiten einer Medaille. Basis einer offenen Innovationskultur ist ein dialogorientiertes Kommunikationsverständnis, das die in Theorie und Praxis geforderte Stakeholderorientierung Wirklichkeit werden lässt. Die Ergebnisse einer Umfrage unter den Top-250-Unternehmen sowie den DAX-Unternehmen in Deutschland zeigt, wie weit die Praxis der Mitarbeiterkommunikation noch von diesem Ziel entfernt ist.
Claudia Mast
Kommunikation und Innovation
Die Rolle von Communities of Practice
Der langfristige Erfolg von Unternehmen hängt immer stärker davon ab, inwiefern der Produktionsfaktor Wissen möglichst effektiv und effizient generiert, transferiert und integriert wird. In diesem Zusammenhang wurden in den letzten Jahren themenspezifische Wissensnetzwerke, so genannte Communities of Practice (CoPs), zunehmend wissenschaftlich diskutiert und in der Unternehmenspraxis eingesetzt. Dennoch wird vielfach der konkrete Nutzen dieser Netzwerke in Frage gestellt. Hier setzt der vorliegende Beitrag an. Unter Berücksichtigung konzeptioneller und empirischer Befunde der CoP- bzw. Wissensmanagementliteratur sowie der Team-, Innovations- und Netzwerkforschung kann gezeigt werden, dass CoPs die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens sowie mit Partnern, Kunden und Lieferanten und damit die Generierung von Innovationen fördern.
Katja Zboralski, Hans Georg Gemünden

Innovation und Kommunikation in der Unternehmenspraxis

Frontmatter
Systematische Kommunikation im Innovationsmanagement
Die Vodafone Future Products Unit
Der Markt der Telekommunikation ist geprägt durch kurze Produktlebenszyklen und starke Technologieorientierung. Daher ist die Ressource Innovation, ihre ständige Pflege, ihre Nutzung und ihre langfristige Sicherung, der Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit für jeden Marktteilnehmer (Bitkom 2007, McKinsey 2007). Vor diesem Hintergrund gründete die Vodafone Group Plc. (Vodafone) 2005 eine dedizierte Fachabteilung für Innovation: die Future Products Unit (FPU). Das Ziel der FPU war es, mittels eines offenen Innovationsmodells (Chesbrough 2003) radikale Innovationen (Christensen 1997) zu identifizieren und zu Beta-Produkten zu entwickeln und somit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber neuen Marktteilnehmern, die aufgrund der technischen Entwicklung aus angrenzenden Märkten in den Kernmarkt drängten, zu stärken.
Michael Brecht
Integrierte Innovationskommunikation
Erfolgsrezept der Siemens AG
Innovationskommunikation ist nur dann wirklich erfolgreich, wenn sie integriert abläuft – mit synchronisierter, aufeinander abgestimmter Themensteuerung über alle Medien und Länder hinweg. Pressearbeit, Publikationen, Internetauftritt, Marketing und interne Kommunikation müssen „mit einer Stimme sprechen” und zugleich auf die Bedürfnisse der einzelnen Zielgruppen maßgeschneidert sein. Am Beispiel Siemens wird deutlich, dass eine derart aufgestellte Innovationskommunikation einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenswert leisten kann.
Ulrich Eberl
Innovationskommunikation mit Referenzprojekten
Wie Schott Solar das Solardach der Superlative kommuniziert
Vertrauensvolle Kooperation mit Partnern jeder Wertschöpfungsstufe ist bei Schott Solar, der Solarenergie-Tochter des Schott-Konzerns, fest in der Unternehmensstrategie verankert. Hilfreich für den Erfolg solcher Kooperationen ist in diesem Fall das übergeordnete Ziel aller Partner: das nahezu unerschöpfliche Potenzial der Sonne als erneuerbare Energiequelle nutzbar zu machen, so dass die Welt unabhängiger von Öl, Kohle und Gas werden kann. Und natürlich geht es darum, unternehmerisch von dieser Vision zu profitieren. So sinnvoll die Absicht ist, die Nutzung Erneuerbarer Energien voranzutreiben – als Kaufargument hat sie bisher noch nicht die Relevanz, die Schott Solar anstrebt. Kunden entscheiden sich derzeit hauptsächlich aus finanziellen Gründen für eine Solaranlage. Denn dank eines Marktanreizprogramms, das für die Entwicklung dieses jungen und zukunftsträchtigen Marktes unerlässlich ist, kann es sehr lukrativ sein, auf dem eigenen Hausdach Solarstrom zu produzieren. Ziel muss es aber sein, ein gesamtgesellschaftliches Umdenken herbeizuführen und dadurch die Abhängigkeit von Marktanreizprogrammen zu mindern.
Lars Waldmann
Kommunikation mit Kunden im Innovationsprozess
Das Fallbeispiel Deutsche Telekom Laboratories
Der Telekommunikationssektor ist stark abhängig von Innovationen: Hochgradig innovative neue Produkte und Services stellen wichtige Quellen nachhaltigen Wachstums dar (Deloitte 2007, Bitkom 2007). Trotz beeindruckender technischer Innovationen bleibt stets die betriebswirtschaftlich relevante Frage: Was erwartet und wünscht sich der Kunde von neuen Produkt- und Serviceangeboten? Die Tatsache, dass Nutzer wichtige Akteure in Innovationsprojekten sind, ist weithin anerkannt: Der Markterfolg neuer Produkte und Services hängt stark davon ab, inwieweit auf die tatsächlichen Wünsche und Bedürfnisse der Kunden abgezielt wird. Gleichzeitig ist die Überfrach-tung mit zu vielen Funktionen und Technologien zu vermeiden (Lettl/Gemünden 2005, Mason/Harris 2005). Das Überschreiten der Grenzen traditioneller Marktforschungsmethoden durch eine intensive Kommunikation mit Kunden im Innovations-prozess wird als wichtiger Schritt in Richtung eines kundenorientierten Innovationsmanagements angeführt (Ernst 2002, Iansiti/Clark 1994). Viele Instrumente der traditionellen Marktforschung (z.B. quantitative Befragungen) sind für die Abschätzung der Marktchancen von innovativen Produkten und Diensten ungeeignet.
Fee Steinhoff
Innovation durch Kommunikation und Kollaboration
Das Beispiel des IBM InnovationJam
Innovationen sind integraler Bestandteil der Unternehmenskultur von IBM. In dieser Tradition werden dementsprechend auch Kollaboration und Kommunikation, die beiden Scharniere, ohne die ein Unternehmen, das wirklich innovativ sein will, heute nicht mehr auskommt, gesehen. Online-Kollaboration ist – von der Historie als auch dem Geschäftsmodell von IBM als IT-Unternehmen aus betrachtet – nicht neu auf der Agenda. Ein spezielles Tool, von IBM entwickelt, steht dabei besonders im Fokus: der Jam. Ähnlich der Bedeutung der Jam-Sessions – dem improvisierten und zwanglosen Zusammenspiel von Musikern verschiedener Couleur – für die gesamte Entwicklung der Jazz-Musik, hat sich der IBM Jam zu einem wichtigen Instrumentarium kollaborativer Innovation entwickelt. 2001 erstmals eingesetzt, ist das Online-Event heute wichtiger Ideengeber und ein Innovationswerkzeug, das inzwischen nicht nur Mitar-beiter, sondern sukzessive auch externe Stakeholder einbezieht und auch kundenseitig einigen Erfolg für sich verbuchen kann. Im folgenden Beitrag werden wir das Kommunikations- und Kollaborationsinstrumentarium Jam näher beleuchten, dessen Funktionsweise und vor allem Bedeutung für IBM herausstellen und insbesondere auf den im Jahre 2006 erstmals gelaufenen InnovationJam mit 37.000 aktiven und drei Millionen rezipierenden Teilnehmern eingehen.
Stefan Bungart, Kristin Köhler
Community Generated Innovation
Vernetzung von Verbrauchern und Kreativen auf der Ideen-Community Tchibo ideas
Ideen sind für Tchibo das wichtigste Unternehmenskapital. Mit einer neuen Community nutzt das Unternehmen „Crowdsourcing” im Internet, um neue Ideenquellen zu erschließen und den Wünschen und Bedürfnissen seiner (potenziellen) Kunden eine Plattform zu geben. Die Online-Community „Tchibo ideas” versteht sich als Gastgeber einer „Ideenparty”, auf der Nutzer formulieren können, welche Dinge in ihrem alltäglichen Leben sie vermissen oder für verbesserungswürdig halten, während Designer, Entwickler und Erfinder sich aus diesem Aufgabenpool bedienen und Lösungen einstellen können. Damit die Community im offenen Raum des Web funktioniert, muss der Betreiber ebenfalls große Offenheit mitbringen und darf sich nicht auf das Abschöpfen und Verwerten der Ideen beschränken.
Miguel Helfrich
Web 2.0 als Innovationsplattform
Wie multimediale Kollaboration bei Cisco interne und externe Innovationspotenziale mobilisiert
Vor dem Hintergrund immer kürzerer Innovationszyklen hängt die Wettbewerbsfähigkeit in vielen Märkten entscheidend davon ab, wie gut es einem Unternehmen gelingt, multimediale Web-2.0-Collaboration gezielt zur Optimierung ihres Innovationsmanagements einzusetzen. Wie das Beispiel Cisco zeigt, kommt es hierbei zum einen darauf an, möglichst viele Innovationsideen zu akquirieren – sowohl innerhalb des eigenen Unternehmens als auch von externer Seite. Zum anderen aber werden klar definierte Evaluierungsprozesse für diesen Ideenpool benötigt: Aussichtsreiche Innovationsanstöße müssen auf effiziente Weise selektiert werden, um sie anschließend so schnell wie möglich zu marktreifen Lösungen und Produkten mit tragfähigen Geschäftsmodellen weiterzuentwickeln. Für beide Aufgabenfelder hält das Web 2.0 ein geeignetes Instrumentarium bereit.
Jan Roschek
Ideenmanagement und Innovation mit Social Networks
Die Swarovski i-flash Community
Dieser Beitrag stellt Swarovskis zentrales Ideengenerierungs- und -kommunikations-werkzeug, die i-flash Innovations-Community, vor. Mitarbeiter aus allen Bereichen generieren dabei gemeinsam neue Ideen, entwickeln sie weiter und bringen sie der Umsetzung näher. Am Beispiel der i-flash Community schildern die Autoren Strategie, Funktion, Nutzung und Implementierung eines Web-2.0-basierten Ideenmanagements. Neben den, von Anwendern mitentwickelten, umfangreichen Social-Networking-Funktionalitäten kristallisierten sich die Verankerung des Ideenmanagements in einer eigenen Organisationseinheit und die Etablierung eines Ideenmanagers als zentrale Erfolgsfaktoren heraus. Mittlerweile gehören Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen der Swarovski-Belegschaft der i-flash Community an. Ein großer Teil der Innovationen mit mittlerem und hohem Innovationsgrad, die sich in der Markteinführung befinden, hat seinen Ursprung in der i-flash Community. Die Erkenntnisse zeigen, dass ein Ideenmanagement, das neben der Verwaltung und Analyse von Ideen deren Exploration, Vernetzung und Reifung unterstützt, den Aufbau einer aktiven Community voraussetzt. Die Interaktion der Mitglieder und die intensive Auseinandersetzung mit Ideen bilden den Schlüssel für erfolgreiche Innovationen. Traditionelle Ideenmanagement-Softwarelösungen eignen sich dafür nur bedingt.
Hannes Erler, Markus Rieger, Johann Füller
Interne Innovations-Community mit Bewegtbild-Formaten
Generierung von Innovationsideen bei der Deutschen Telekom und T-Mobile
Mit einer internen Innovations-Community auf Basis von Bewegtbild-Formaten integriert die Deutsche Telekom die Innovations- und Produktideen ihrer Mitarbeiter systematisch in ihren Innovationsprozess. Gleichzeitig stärkt die offene Innovationskommunikation die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Konzern und leistet einen positiven Beitrag zur Entwicklung der Unternehmenskultur. Über eine Social-Web-Plattform können die Mitarbeiter kreative Innovationsideen als Videotrailer einstellen und von anderen Mitarbeitern bewerten lassen. Der offene Prozess der Ideenfindung fördert die Transparenz des Innovationsprozesses und verstärkt die visuelle und emotionale Einbindung. Mitarbeiter werden als Ideengeber auf unkonventionelle Weise angesprochen und das Innovationspotenzial des Konzerns wird für jeden einzelnen erlebbar.
Christopher Schläffer

Perspektiven und Herausforderungen

Frontmatter
Kommunikation im Innovationsprozess
Thesen für eine effektive Zusammenarbeit
Innovatoren sind nicht zwangsläufig begnadete Kommunikatoren. Für den Erfolg von Innovationen aber bildet Kommunikation den zentralen Faktor und Treiber. Der Erfolg hängt dabei zunehmend von zwei Aspekten ab: der Art und Qualität der Kommunikation im Innovationsprozess. Einerseits verändert sich das Innovationsgeschehen im Unternehmen in Richtung Öffnung, Interaktion und verteilter Zusammenarbeit über die Grenzen von Organisationseinheiten und Organisationen hinweg. Andererseits unterstützt der Medienwandel neue Formen der Interaktion und neue Qualitäten der Kommunikation. Im Zusammenspiel der beiden Entwicklungen erleben wir heute beeindruckende neue Möglichkeiten der kommunikationsbasierten, interaktiven Innovation, die sich grundsätzlich vom klassischen Paradigma des einsamen Innovators und der herkömmlichen Strukturierung von Innovationsprozessen entlang etablierter Workflows unterscheidet. In diesem Zusammenhang muss eine innovationsorientierte Unternehmenskommunikation weit mehr leisten, als nur innovative Produkte, Leistungen, Lösungen, Strategien und Images zu vermarkten. Die Vernetzung der Akteure führt dazu, dass die Empfänger von Botschaften heute immer öfter gleichzeitig Mitgestalter im Innovationsgeschehen sind und vielfach selbst zu Vermittlern von Innovationsideen werden.
Ansgar Zerfaß, Kathrin M. Möslein
Backmatter
Metadaten
Titel
Kommunikation als Erfolgsfaktor im Innovationsmanagement
herausgegeben von
Ansgar Zerfaß
Kathrin M. Möslein
Copyright-Jahr
2009
Verlag
Gabler
Electronic ISBN
978-3-8349-8242-1
Print ISBN
978-3-8349-1659-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-8242-1