Die Corona-Pandemie dreht den Recruiting-Markt vom Bewerber- zum Arbeitgebermarkt. In vielen Unternehmen herrscht nahezu Einstellungsstopp, die Nachfrage hat sich geändert. Und doch scheinen es Vertriebsorganisationen und -abteilungen zurzeit besonders schwer zu haben, kompetenten Nachwuchs zu rekrutieren.
Sales-Mitarbeiter oder Vertriebsführungskräfte hören es nicht gerne: Vertrieb hat ein Recruiting-Problem, sogar in dieser Zeit, in der mehr gute Leute auf dem Markt suchen und Nachwuchskräfte aus Universität oder Ausbildung Möglichkeiten suchen, in Pandemie-Zeiten einen inspirierenden Job zu bekommen. Ob in der Finanzdienstleistungsbranche, in Tech- und Softwareunternehmen, produzierenden Betrieben oder Start-ups – alle plagt das gleiche Problem, qualifizierte Vertriebsfachkräfte zu finden und Verkäufernachwuchs für das Berufsbild zu begeistern. Besonders im Finanzvertrieb ist die Zahl der Vermittler seit Jahren rückläufig, wie der Vertriebsexperte Andreas Buhr, Gründer und CEO von Buhr & Team in Düsseldorf, beobachtet.
Imagekampagnen und professionelles Recruiting fehlen
Im Titelbeitrag "Kompetente Mitarbeiter im New Normal" gewinnen nennt Buhr diese sieben Gründe, weshalb abseits vom generellen Fachkräftemangel die Rekrutierung von Mitarbeitern gerade im Vertrieb für Unternehmen oft so mühsam ist:
1. Image/Ruf
2. Sinn-/Purpose-Erwartungen bei der Arbeit
3. Mangelnder Diversity-/Gender-Fokus
4. Zeitaufwand/Arbeitsbelastung
5. Wachsende rechtliche Anforderungen
6. Fehlende Attraktivität, unklare Jobdescriptions
7. Mangelnde Professionalität der Vertriebsabteilungen
"Wer denkt, dass Corona verhindert, zu rekrutieren, der wird keine neuen Mitarbeiter finden."
Andreas Buhr, Buhr & Team, Düsseldorf
Unternehmen müssen beim Vertriebsberuf immer noch gegen Vorurteile kämpfen. Denn der Tätigkeit häufig das "Klinkenputzer-Image an, wie Prof. Dr. Marion Murzin, Studiendekanin Vertrieb für Ingenieure/innen (MBA) an der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft mit den Fachgebieten Vertrieb, Marketing und Marktforschung, in einem Interview mit Sales Excellence feststellte.
Besser informieren und Verständnis wecken
Auch Andreas Buhr beobachtet, dass sich Sales Manager und Verkaufsmitarbeiter in Rankings häufig immer noch auf dem letzten Platz finden: "Das Bild vom schnellsprechenden Vertriebler, vom Klinkenputzer sitzt immer noch tief in vielen Köpfen, selbst in Zeiten, in denen der Vertrieb mit Remote Sales und Social Selling den Weg in die Digitalisierung gefunden hat." Die Lösung, um gute Vertriebsfachkräfte für den Beruf gewinnen zu können, liegt für ihn vor allem in mehr Information und einem besseren Verständnis von Vertrieb und Verkauf. Vor allem konzentrierte Imagekampagnen könnten unterstützen. Als Beispiele nennt er die Versicherungsbranche mit der #Insurancer-Kampagne. Sie spreche die junge Menschen umfassend und zielgruppengerecht an und lege die Vorteile der Vertriebstätigkeit in dieser Branche dar.
Unternehmen müssen aktiver werden
Doch Unternehmen müssen vor allem rühriger werden, Foren nutzen, in den Sozialen Medien gezielt mit Imagekampagnen aktiv werden, wie Buhr betont. Wichtige Kanäle hierfür sind zum Beispiel
- Corporate-Youtube-Channel,
- Corporate Podcasting,
- Blogs,
- die Firmen-Website und
- soziale Medienplattformen wie Instagram.
Sie bieten gute Möglichkeiten, um mit Imagekampagnen für den Vertrieb und Sales in der eigenen Firma zu starten. "Dafür braucht es eine solide Idee, eine mittelfristige redaktionelle Planung, ein paar begeisterte Vertriebsführungskräfte oder Sales-Mitarbeiter aus dem Unternehmen, die als Corporate Influencer von ihrem Arbeitsalltag berichten und den Vertrieb damit menschlich, nahbar, erlebbar machen", meint Buhr. Als Trend im Recruiting nennt auch Springer-Autor Ralph Dannhäuser das aktive Recruiting in den sozialen Netzwerken. Das so genannte Active Sourcing, also die aktive Kandidatensuche und -gewinnung im Web ist für ihn eine ergänzende Lösung zur Personalbeschaffung im "Kampf um die besten Talente".
Begeistern, Konflikte lösen, empathisch sein
Ein Blick auf die Skills, die Verkäufer heute benötigen zeigt, dass Vertriebsfachkräfte über anspruchsvolle persönliche und vernetzte Fähigkeiten verfügen müssen. Dazu gehören vor allem kommunikative Kompetenzen, Begeisterungsfähigkeit, Empathie, Konflikt- und Kompromissfähigkeit, Strukturiertheit, Zielsetzungs- und Lösungsorientierung und Talent zum Beziehungsmanagement in der täglichen Arbeit mit Kunden.
Chancendenker sind jetzt vorne
Gerade in der Corona-Zeit sind vor allem persönliche Ansprache im Recruiting und eine Art Kulturrevolution im Vertrieb gefragt. Das Bild der Männerdomäne Vertrieb hat aus Buhrs Sicht längst ausgedient. Vielmehr muss die wertvolle Ressource Diversität und Frauen im Vertrieb gehoben werden. und als Chance gesehen werden. Digitale Arbeits- und Kollaborationsprozesse bieten dazu die beste Möglichkeit.
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Quelle: Sales Excellence-Ausgabe 1-2- | 2021, Seite 10 |
Den kompletten Titelbeitrag lesen Sie in der Sales-Excellence-Ausgabe 1-2- | 2021.