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1980 | Book

Die Haftung des Ingenieurs im Bauwesen

Authors: Thomas Bohl, Walter Döbereiner, Archibald Graf Keyserlingk

Publisher: Vieweg+Teubner Verlag

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Table of Contents

Frontmatter

Vertragsrecht

I. Rechtsnatur des Ingenieurvertrages: verschiedene Vertragstypen

Es ist wichtig zu wissen, in welchen gesetzlich geregelten Vertragstypus der Ingenieur-Vertrag einzuordnen ist, da die gesetzlichen Folgen bei den einzelnen Vertragstypen verschieden sind.

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II. Das Zustandekommen des Ingenieurvertrages

Zu seiner Wirksamkeit bedarf der Ingenieurvertrag nicht der Einhaltung von Formvorschriften. Der Vertrag kann schriftlich, mündlich und sogar durch schlüssiges Verhalten zustande kommen.

Thomas Bohl, Walter Döbereiner, Archibald Graf Keyserlingk
III. Grundzüge des Vergütungsrechts

Aufgrund Artikel 10 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung der Ingenieur- und Architektenleistungen („Artikel-Gesetz“) vom 4.11.1971 (BGBL I 1971 S. 1745) wurde mit Verordnung vom 17.9.1976 (BGBl. I 1976 S. 2805) die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure — HOAI) mit Wirkung vom l. Januar 1977 erlassen.

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IV. Die Bauwerksicherungshypothek

§ 648 BGB gewährt dem Bauunternehmer für seine Forderungen aus dem Vertrag einen Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek am Grundstück des Bauherrn (Auftraggebers).

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Die Haftung des Ingenieurs

I. Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß

Der Sonderfachmann haftet nicht nur für fehlerhafte Planungsleistungen, die zu einem Mangel an der baulichen Anlage oder des Einzeigewerkes führen, sowie für Verletzung von Vertragspflichten während der Ausführung der baulichen Anlage, wenn ihm die örtliche Bauleitung oder Gesamtleitung übertragen ist. Er kann auch bereits nach Eintritt in die Vertragsverhandlungen durch Verletzung von Aufklärungs- und Treuepflichten Schadensersatzansprüche des Auftraggebers auslösen.

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II. Verzögerung der vertraglich geschuldeten Leistung

Die Durchführung von Bauvorhaben, insbesondere die Durchführung großer technischer Anlagen, ist schon aus Kostengründen meist einem genauen Terminplan unterworfen. Aus diesem Grunde ist für den Auftraggeber die vertragsgerechte Leistungserbringung in zeitlicher Hinsicht oft von wesentlicher Bedeutung.

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III. Mängelhaftung aus Werkvertrag

Der planende Ingenieur leistet nach der h.M. in Literatur und Rechtsprechung (1) zur Realisierung eines Bauvorhabens nicht lediglich „Vorarbeiten“. In der Planungsleistung selbst wird zu Recht ein nicht hinwegzudenkender wesentlicher Bestandteil der gesamten Bauleistung gesehen (2).

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IV. Regeln der Technik

Der Begriff „Regeln der Technik“ gehört für sich genommen dem außerrechtlichen Bereich an. Er bezeichnet zunächst — meist durch wissenschaftliche Erkenntnisse untermauert — Erfahrungssätze über bestimmte Arbeitsmethoden zur Erreichung vielfältigster technischer Zwecksetzungen. Zutreffend stellt Herschel (1) die Regeln der Technik als eine Unterart von Erfahrungssätzen besonderer Sachkunde abstrakter Natur dar. Inhaltlich wird der Begriff „Regeln der Technik“ ausgefüllt durch die rasch sich erweiternden Erkenntnisse des technischen Fortschrittes und deren Anwendung in der Praxis (2). Insoweit ist der Begriff „Regeln der Technik“ von seinem Inhalt her nicht konstanter, sondern dynamischer Natur (3).

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V. Fehlerfreiheit — maßgeblicher Zeitpunkt

Die Frage, welcher Zeitpunkt zur Feststellung der Fehlerfreiheit des Projektantenwerkes maßgeblich ist, beantwortet sich aus dem Wesen des Vertrages mit dem Sonderfachmann und damit aus dem Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung.

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VI. Mängelansprüche vor Abnahme

Die Abnahme i.S. des § 640 BGB bezeichnet eine besondere Verpflichtung des Auftraggebers werkvertraglicher Natur. Der Begriff der Abnahme nach dieser Vorschrift ist deshalb nicht zu verwechseln mit der öffentlich-rechtlichen Abnahme des Bauwerks oder der Genehmigung von Planvorlagen durch die Bauaufsichtsbehörden oder andere Verwaltungsstellen.

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VII. Mängelansprüche nach Abnahme

Nach der Abnahme geht der ursprüngliche Erfüllungsanspruch aus dem Vertrage unter, so daß auch ein Neuherstellungsanspruch bei mangelhafter Ingenieurleistung (z.B. Planung) nicht mehr durch den Auftraggeber geltend gemacht werden kann.

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VIII. Positive Vertragsverletzung (p.V.V.)

Der Anwendungsbereich des § 635 BGB umfaßt alle Schäden, die sich am Bauwerk selbst infolge einer fehlerhaften Planung, mangelhaften Oberleitung oder unsachgemäßen Bauaufsicht eingestellt haben. Des weiteren werden von § 635 BGB Vermögenseinbußen erfaßt, die kausal an die Bauwerksmängel selbst anknüpfen (1).

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IX. Garantiehaftung

Den Vertragsparteien steht es frei, Vereinbarungen über besondere Eigenschaften des zu errichtenden Bauwerks unter dem Gesichtspunkt der in Aussicht genommenen Nutzung zu treffen. Derartige Abreden sind für den Projektanten bei der Planungsarbeit verbindlich. Sie bilden den Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob eine i.S. des § 633 Abs. 1 BGB mangelfreie Leistung vorliegt oder nicht.

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X. Vertragsstrafe

In einem Werkvertrag über Planungsleistungen oder durch gesonderte Vereinbarung können die Vertragsparteien eine Vertragsstrafe als zusätzliche Leistungsverpflichtung bestimmen, falls ein Teil seine vertraglichen Pflichten gar nicht oder nur unvollkommen erbringt. Dabei hat die Vertragsstrafe den Zweck, den Schuldner von Vertragsverletzungen abzuhalten und dem Gläubiger ein rechtmäßiges Druckmittel an die Hand zu geben, um die Erfüllung der Vertragspflichten durch den anderen Teil zu erreichen (1).

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XI. Ansprüche aus unerlaubter Handlung

Gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt.

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XII. Verhältnis der Ansprüche aus Unmöglichkeit, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Gewährleistung und unerlaubter Handlung

Der Ingenieur kann bei Nichterfüllung seiner vertraglichen Leistungsverpflichtungen verschiedensten Ansprüchen des Auftraggebers ausgesetzt sein, die teils im Werkvertragsrecht des BGB geregelt sind, teils außerhalb des Werkvertragsrechts normiert sind (z. B. unerlaubte Handlung/§ 823 BGB) und nichtnormierten Ansprüchen (positive Vertragsverletzung, Ansprüchen aus Verschulden bei Vertragsschluß). Im folgenden wird untersucht, in welcher Weise die Ansprüche nebeneinander gegen den Ingenieur geltend gemacht werden können.

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XIII. Gesamtschuldnerische Haftung des Ingenieurs mit Dritten gegenüber dem Auftraggeber

Architekt wie Ingenieur erbringen einen geistigen Beitrag zur Erstellung des Bauwerks, sie schulden das Bauwerk selbst nicht als körperliche Sache (1). Obwohl beide — Architekt und Ingenieur — als vertraglich geschuldete Leistung das „Entstehenlassen“ des mängelfreien Bauwerks schulden, sind ihre Leistungen doch so unterschiedlich, daß eine Gesamtschuld im Sinne des § 421 BGB nicht anzunehmen ist.

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XIV. Haftungsausgleich zwischen Ingenieur und Unternehmer im Innenverhältnis

Gemäß § 426 BGB sind Ingenieure und Bauunternehmer bei Inanspruchnahme von einem der beiden durch den Auftraggeber intern zum Ausgleich verpflichtet. Dabei bemißt sich die auf den Ingenieur und Bauunternehmer entfallende Schadensquote gemäß § 254 BGB jeweils danach, inwieweit der Schadenseintritt von dem einen oder dem anderen Gesamtschuldner verursacht worden ist (1).

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XV. Beendigung des Ingenieurvertrages

Nach § 649 BGB kann der Auftraggeber bis zur Vollendung des Ingenieurswerks jederzeit den Vertrag kündigen. Das gleiche gilt bei dienstvertraglicher Verpflichtung gemäß § 627 BGB — auch hier hat der Auftraggeber die Möglichkeit, den Vertrag ohne wichtigen Grund durch Kündigung aufzulösen.

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XVI. Haftungsbeschränkung des Ingenieurs durch Allgemeine Geschäftsbedingungen

Der Ingenieurvertrag ist regelmäßig ein Werkvertrag (2). Die gewöhnliche Verjährungsfrist für Nachbesserungs- und Gewährleistungsansprüche richtet sich nach § 638 BGB (5 Jahre bei Bauwerken und 1 Jahr bei Arbeiten an einem Grundstück ohne Bauwerkserrichtung). Demgegenüber haftet der Bauunternehmer oder Handwerker für Mängel an Bauwerksarbeiten 2 Jahre, falls VOB/B vereinbart ist. In beiden Fällen beginnt die Gewährleistungsfrist mit der Abnahme. Der Abnahmezeitpunkt kann für den Ingenieur vor dem Abnalimezeit-punkt für die Unternehmerleistungen, aber auch erheblich später liegen, z. B. im Falle des Bauleiters oder Fachbauleiters. In zahlreichen Allgemeinen Vertragsbedingungen (insbesondere Vordrucken) wird daher versucht, die Gewährleistungsfrist durch Allgemeine Geschäftsbedingungen zeitlich zu verkürzen und den Abnahmezeitpunkt vorzuverlegen.

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Die Haftung des Ingenieurs für private Gutachten, Ratschläge und Empfehlungen

I. Rechtsnatur des Gutachtensvertrages

Ein Vertrag, der die Erstellung eines Gutachtens zum Gegenstand hat, ist regelmäßig ein Werkvertrag (1). Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Feststellung getroffen oder eine Bewertung vorgenommen wird. Unzutreffend ist die gelegentlich geäußerte Meinung (2), daß das Festhalten ordnungsgemäßer oder mangelhafter Zustände noch keine Begutachtung sei. Die verantwortliche Feststellung, ob etwas ordnungsgemäß ist oder nicht, setzt regelmäßig eine wertende Subsumierung voraus. Daher sind Feststellungen in Sachverständigengutachten regelmäßig Wertungen (3). Bei solchen Feststellungen durch Sacwhverständige handelt es sich also regelmäßig um Gutachten (4).

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II. Die Anzeigepflicht bei Ablehnung eines Gutachtens

§ 663 S. 1 BGB lautet: „Wer zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, ist, wenn er einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen.“

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III. Anforderungen an ein „ordentliches“ Gutachten

Ein Gutachten ist regelmäßig nur verwertbar, wenn es begründet ist. Die Begründung muß so klar und ausführlich sein, daß sie verständlich, nachprüfbar und in ihren wesentlichen Gedankengängen nachvollziehbar ist. Für ein Privatgutachten gelten hierbei im wesentlichen dieselben Kriterien wie für ein gerichtliches Gutachten (1). Die Begründung muß in erster Linie nachprüfbar sein (2). Dazu gehört ein systematischer Aufbau unter strikter Anwendung aller fachlichen Regeln (3) sowie die Angabe der Quellen und Erfahrungssätze, aus denen der Gutachter seine Erkenntnisse gewonnen hat (4). Erforderlich ist vor allem das Bemühen um eine unkomplizierte, verständliche Sprache. Nicht alles, was wissenschaftlich ist, muß deshalb auch unverständlich sein (5). Im Gegenteil: Je knapper und konzentrierter Sprache und Satzbau sind, desto klarer sind meist auch die zugrunde liegenden Gedankengänge.

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IV. Plicht zur persönlichen Gutachtenserstattung; Hilfskräfte

Ein Ingenieur — der öffentlich bestellter Sachverständiger ist — darf nach den Sachverständigen-Ordnungen Hilfskräfte zur Vorbereitung des Gutachtens nur insoweit beschäftigen, als er deren Mitarbeit ordnungsgemäß überwachen kann (1). Beim öffentlich bestellten Sachverständigen folgt dies unmittelbar aus seinem Sachverständigen-Eid, wonach er seine Pflichten nach seinem „besten Wissen und Gewissen“erfüllt (2). Die Hinzuziehung von Hilfskräften darf nie zu einer Delegierung der Gutachtenerstellung führen (3). Auch wenn der Sachverständige im Einzelfall Tatsachenfeststellungen einer Hilfskraft übertragen durfte, muß er doch diese Feststellungen — mindestens stichprobenartig — überprüfen und den Schluß hieraus selbst ziehen (4).

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V. Die Schweigepflicht

Der öffentlich bestellte Sachverständige, der nach dem Verpflichtungsgesetz (1) förmlich verpflichtet ist, kann sich durch eine unbefugte Offenbarung fremder Geheimnisse, die ihm in seiner beruflichen Eigenschaft anvertraut oder sonst bekannt geworden sind, strafbar (§ 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB) und auch zivilrechtlich haftbar machen (§ 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB i. V. mit § 823 Abs. 2 BGB) (2).

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VI. Nachvertragliche Aufklärungs- oder Berichtigungspflicht

Ist ein Gutachten von vorneherein falsch, dann muß der Gutachter den Besteller nachträglich hierauf hinweisen, sobald er die Unrichtigkeit erkennt (1). Aber auch dann, wenn die für das Gutachten maßgeblichen Umstände sich ändern oder neue Erkenntnisse auftreten, kann eine nachträgliche Aufklärungspflicht des Gutachters bestehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Auftraggeber bei einer unterlassenen Aufklärung erheblicher Schaden entstehen kann (2).

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VII. Gewährleistung, Schadensersatz

Die nachfolgenden Ausführungen nehmen nur zu den Fragen Stellung, die sich spezifisch auf die Besonderheiten des Gutachtens beziehen. Wegen der allgemeinen Erörterung von Gewährleistung, Schadensersatz, Verzug und Unmöglichkeit siehe die jeweüigen Abschnitte in RdZ 52ff., 76ff., 86ff., 97ff., 106ff.

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VIII. Haftung für falschen Rat, falsche Auskünfte und Empfehlungen gegenüber dem Auftraggeber

§ 678 BGB lautet: „Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis oder einer unerlaubten Handlung ergebenden Verantwortlichkeit zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.“

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IX. Haftung für Auskünfte, Empfehlungen und Gutachten gegenüber Dritten

Eine Haftung des Ingenieurs aus Beratung und Gutachten kann auch gegenüber Dritten bestehen. Voraussetzung hierfür ist, daß die Beratung oder Begutachtung erkennbar für den Dritten bestimmt war (1) und daß der Dritte sonst in die Beratung oder Begutachtung miteinbezogen war (2). Das ist regelmäßig der Fall, wenn für den Ingenieur erkennbar das Gutachten oder die Empfehlung als Grundlage für die Vermögensdispositionen des Dritten dienen soll. Vgl. dazu OLG Frankfurt Urt. v. 19.9.74 (3): 1.Nach ständiger Rechtsprechung besteht für den Gutachter eine Haftung nach Vertragsgrundsätzen auch gegenüber Dritten, wenn es sich um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handelt und das Gutachten eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für denjenigen besitzt, der darauf vertraut und seine Vermögensdispositionen auf dieses Gutachten gründet. Unter diesen Voraussetzungen genügt es, wenn dem Sachverständigen klar war. daß noch andere Personen als der Auftraggeber ihre Vermögensdispositionen von seinem Gutachten abhängig machen werden.2.Solche Schadensersatzansprüche Dritter gegen den Gutachter beruhen auf einer positiven Vertragsverletzung; die Verjährung tritt daher nicht in der Sechs-Monats-Frist des § 633 BGB, sondern erst nach dreißig Jahren ein, sofern nicht zugleich eine unerlaubte Handlung vorliegt und mithin die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB zum Tragen kommt.“

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Regeln der Technik und Haftung der Bauplanungs- und Ausführungsbeteiligten am Beispiel des Schallschutzes im Hochbau

I. Vorbemerkung: zum Ziel dieses Abschnittes

Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, dem allgemeinen Teil über die Haftung der Ingenieure noch einen Teü über die juristischen Besonderheiten der einzelnen Baugewerke und der entsprechenden Ingenieur-Sparten anzufügen. Dies mag eventuell Gegenstand einer künftigen Veröffentlichung sein. Wir wollen daher hier — allerdings stellvertretend und zugleich beispielhaft für andere Gewerke — die Haftung der Bauplanungs- und Ausführungsberechtigten am Beispiel des Schallschutzes im Hochbau darstellen. Es eignet sich besonders gut, und zwar u. E. aus folgenden Gründen:a)Die Regelungen des Schallschutzes beziehen sich oder haben Auswirkungen auf nahezu alle Gewerke des Hochbaues.b)Die DIN 4109 aus dem Jahre 1962 ist weitgehend technisch überholt und entspricht insoweit nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik.c)Es liegt ein Entwurf einer Neufassung der DIN 4109 vom Feburar 1979 vor, der weitgehend den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Dies wirft zahlreiche Fragen zum Verhältnis einer formal noch geltenden, bauaufsicht-lich eingeführten Norm zu den allgemein anerkannten und daher zivilrechtlich einzuhaltenden Regeln der Technik auf (siehe RdZ. 59ff.; 69, 72).

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II. Die DIN 4109 (1962) und ihr Verhältnis zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik

Es ist heute allgemeine Meinung, daß die DIN 4109 (1962) in ihren Anforderungen, insbesondere in ihren Min destanforderungen, nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und daher zivilrechtlich unverbindlich ist (1). Das OLG Stuttgart (2) hat hierzu ausgeführt:

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen entsprechen jedoch die Mindestanforderungen von DIN 4109 keineswegs auch nur entfernt modernen Wohnansprüchen

. Bereits 1962, als diese DIN-Norm festgesetzt wurde, handelte es sich dabei

um die unterste, noch tolerierbare Grenze des Schallschutzes. In den Jahren bis 1970 haben sich jedoch sowohl die technische Entwicklung wie die Anforderungen an den Schallschutz weit über die Mindestanforderungen von DIN 4109 aus dem Jahr 1962 weiterentwickelt

. So erfüllten bereits in den Jahren 1965 bis 1967 die Mehrzahl der in dieser Zeit fertiggestellten Wohnungen den erhöhten Tritt- und Luftschallschutz bei Massivdekken (3). Mit den weiteren Feststellungen von Gösele und den Ausführungen des Sachverständigen, wonach der Schallschutz subjektiv stets als eindeutig unzureichend empfunden wird, wenn nur die Mindestanforderungen nach DIN 4109 erfüllt sind, stimmen auch die Feststellungen des weiteren Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten und die Feststellungen der Zivilkammer beim Augenschein überein, wonach eine deutlich über das als normal empfundene Maß hinaus gesteigerte Geräuschübertragung festzustellen war.“

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III. Der Entwurf 1979 der DIN 4109

Zum Schutzzweck und Ziel des Normentwurfes heißt es in der Einführung zu Teil 1:

„Der Schallschutz in Gebäuden hat große Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen.

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IV. Gewerkübergreifende Probleme — Lüftung und Schallschutz — am Beispiel der Fenster und ihre Auswirkungen auf die verschiedenen Bau- und Planungsbeteiligten

Die mit den Fenstern zusammehängenden Probleme werden hier deshalb so betont, weil sie mehrere Gewerke und Planungsbeteiligte betreffen können; mit der VDI-Richtlinie 2719 wurde versucht, die notwendigen Ersatzeinrichtungen für die entfallenden natürlichen Lüftungen über Fensterfugen, Fensterspaltlüftung und Stoßlüftung, anzuführen. Dieses Zukunftssystem wird jedoch als mangelhaft angesehen. Die Landesbauordnungen schreiben eine ausreichende Belüftung von Aufenthaltsräumen durch Fenster oder Lüftungsanlagen vor (vgl. z. B. Art. 58 Abs. 2 und 3 der BayBO). Hierfür kann man von der „Pettenkofer-Grenze“bei einem C02-Pegel 0,1 bis 0,15% ausgehen. Es wird daher bei Schallschutzfenstern zum Ausgleich der Nachteile nach den Vorschlägen der VDI-Richtlinie 2719 ein Lüftungssystem nach der VDI-Richtlinie 2088 empfohlen (1).

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V. Bauaufsichtliche Einführung der künftigen DIN 4109 und ihr Verhältnis zur zivilrechtlich geschuldeten Leistung

DIN-Normen geben nicht aus sich selbst heraus anerkannte Regeln der Technik wieder. Der Begriff,Anerkannte Regeln der Technik’ geht über die allgemeinen technischen Vorschriften hinaus, „indem letztere den ersteren unterzuordnen sind“(1). Widerspricht eine DIN-Norm — z. B. weil sie technisch überholt ist — einer allgemein anerkannten Regel der Technik, so wird sie durch diese verdrängt, wie sich aus § 4 Ziff. 2 VOB/B ergibt (2). Hieran ändert sich nichts durch die bauaufsichtliche Einführung einer DIN-Norm. Sie führt allerdings zu einer — wenn auch widerlegbaren — gesetzlichen Identitätsvermutung, wonach die eingeführte Norm den anerkannten Regeln der Technik entspricht (3). Praktisch bewirkt die bauaufsichtliche Einführung einer Norm fast schlagartig deren allgemeine Anwendung und führt damit nach kurzer Zeit zur Üblichkeit im Sinne einer allgemein anerkannten Regel der Technik (4).

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VI. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Fehlerfreiheit einer Ingenieurleistung bezüglich des Schallschutzes

Welche Regeln der Technik zu beachten sind, richtet sich nach ihrer Geltung zum Zeitpunkt der Abnahme (1). Bei dem nur planenden Architekten oder Ingenieur kann die Abnahme als Billigung der vertragsgemäßen Leistung (2) in der Entgegennahme (3), Verwendung der Pläne oder Bezahlung des Honorars liegen (4).

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Das Beweissicherungsverfahren

I. Bedeutung

Die planerischen Leistungen des Ingenieurs beziehen sich unmittelbar auf die Herstellung der baulichen Anlage oder des Einzeigewerkes selbst, so daß die Planungsleistungen des Ingenieurs als Teilleistungen der baulichen Anlage im Sinne des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB aufzufassen sind (vgl. RdZ. 39,40)

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II. Zulässigkeit

Das Beweissicherungsverfahren kann beantragt werden, ohne daß eine rechtliche Verbindung zu einem bestimmten Rechtsstreit bestehen muß. Es ist also weder erforderlich, daß ein Prozeß bereits anhängig gemacht ist, noch ist eine Erklärung darüber notwendig, daß dies beabsichtigt sei (1). Das Gericht hat lediglich zu prüfen, ob aus den tatsächlichen Verhältnissen, die beweiskräftig festgestellt werden sollen, überhaupt ein bürgerlicher Rechtsstreit entstehen kann. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Beweissicherungsverfahrens, gemäß §§ 485ff. ZPO Beweise für ein Strafverfahren oder ein Verwaltungsverfahren vorläufig zu sichern (2).

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Die Streitverkündung

I. Bedeutung

Sind an einem Bauobjekt mehrere Baubeteiligte mit der Planung und Durchführung der Bauleistungen selbst betraut, so kann sich für den Auftraggeber beim Auftreten von Baumängeln die Schwierigkeit ergeben, den richtigen Baubeteiligten in Anspruch zu nehmen. Dies deshalb, weil sich häufig der eigentliche Schadensverursacher nicht ohne weiteres ermitteln läßt.

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II. Voraussetzungen

Voraussetzung für die Streitverkündung ist, daß ein Rechtsstreit anhängig geworden und nicht endgültig erledigt ist. Die Streitverkündung kann also frühestens gleichzeitig mit der Klageerhebung erfolgen. Spätestens muß die Streitverkündung vor der rechtskräftigen Entscheidung erklärt werden. Im Mahnver fahren kann eine Streitverkündung nicht erfolgen (1).

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III. Wirkung der Streitverkündung

Die zulässige Streitverkündung hat zur Folge, daß die Feststellungen im Urteil des Erstprozesses auch für den Streitverkündeten verbindlich sind (vgl. §§ 74, 68 ZPO). Dies hat zur Folge, daß über die Schadensursachen und den Haftungsmaßstab des Streitverkündeten im Nachfolgeverfahren keine neuen Feststellungen mehr getroffen werden dürfen. Das Ergebnis des Erstprozesses ist insoweit für die Prozeßparteien des Nachfolgeprozesses verbindlich (1).

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IV. Kosten der Streitverkündung

Die Kosten der Streitverkündung trägt der Streitverkünder — sie sind nicht Bestandteil der Kostenentscheidung des Rechtsstreits gemäß § 91 ZPO (1). Dies deshalb, weil die Streitverkündung lediglich dem Interesse der streitverkündenden Partei gegenüber der streitverkündeten Partei dient, nicht aber der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegenüber dem Gegner.

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Die Haftung des Ingenieurs als gerichtlicher Sachverständiger

I. Pflicht zur Gutachtenserstattung

Nach § 404 Abs. 2 ZPO und § 73 StPO soll das Gericht in erster Linie öffentliche bestellte und vereidigte Sachverständige als Gutachter in gerichtlichen Verfahren heranziehen. Das Gericht kann aber auch andere Fachleute, z. B. sog. „freie“ Sachverständige zu gerichtlichen Gutachtern bestellen. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige muß dann der Gutachtenspflicht nachkommen. Die gleiche Pflicht hat ein sonstiger Fachmann, der eine Sachverständigentätigkeit zu seinem öffentlich ausgeübten Beruf gemacht hat (§ 407 Abs. 1 ZPO und § 75 StPO; vgl. auch § 161 a StPO, § 98 VwGO, § 118 SGG und § 59 OrdnungswidrigkG).

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II. Pflicht zur Ablehnung der Gutachtenserstattung

Nach § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB wird ein öffentlich bestellter und auf die Erfüllung seiner Obliegenheiten förmlich verpflichteter Sachverständiger bestraft, wenn er unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als öffentlich bestelltem Sachverständigen anvertraut oder sonst bekannt geworden ist (1). Er hat, soweit seine Verschwiegenheitspflicht reicht, ein Gutachtens-Verweigerungsrecht (§ 384 Nr. 3 ZPO). Der nicht öffentlich bestellte Sachverständige hat ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn er durch die Gutachtenserstattung ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis offenbaren müßte (§ 384 Nr. 3 ZPO) (2). Ein zum gerichtlichen Sachverständigen bestellter Ingenieur oder Gutachter würde sich zivilrechtlich haftbar machen, wenn er durch die Offenlegung von Gewerbegeheimnissen eines früheren Auftraggebers diesem einen Schaden zufügt. Der Schaden könnte nämlich durch das für derartige Fälle gesetzlich vorgesehene Zeugnisverweigerungsrecht vermieden werden.

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III. Rechtsverhältnis zwischen dem Sachverständigen, dem Gericht und den Parteien

Mit der Ernennung zum gerichtlichen Sachverständigen wird der Gutachter zum Helfer bzw. Entscheidungsgehilfen des Gerichts (1). Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen ist es, aus seinem eigenen besonderen Fachwissen dem Richter die zur Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts erforderlichen Erfahrungssätze, die dieser selbst nicht kennt, zu vermitteln (2). Durch die Ernennung zum gerichtlichen Sachverständigen wird zwischen dem Sachverständigen und dem Staat als Träger der Gerichtsbarkeit ein öffentlich-rechtliches Verhältnis begründet (3). Dies beruht darauf, daß der Sachverständige mit der Gutachtenserstellung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht nachkommt (4). Dies führt aber nicht dazu, daß der vom Gericht benannte Sachverständige öffentliche Gewalt für das Gericht ausübt (5). Da ein öffentlich-rechtliches Verhältnis vorliegt, kommen im Verhältnis zwischen Gericht und dem Sachverständigen die zivilrechtlichen Bestimmungen über den Dienst- und Werkvertrag nicht zur Anwendung (6). Aus den vorgenannten Gründen bestehen auch zwischen den Parteien und dem Sachverständigen keine vertraglichen Beziehungen, und zwar auch dann nicht, wenn die Auswahl und Benennung des Sachverständigen auf Vorschlag einer Partei oder auf Grund einer Einigung der Parteien erfolgt (§ 404 Abs. 3 u. 4 ZPO) (7).

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IV. Keine vertragliche Haftung des gerichtlichen Sachverständigen gegenüber den Parteien

Da zwischen den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen keine Vertragsbeziehungen bestehen, bestehen auch keine vertraglichen Haftungsansprüche der Parteien gegenüber dem Sachverständigen, z. B. aus Verzug, Unmöglichkeit, Gewährleistung oder positiver Vertragsverletzung (1).

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V. Ausnahmsweise vorliegend vertragliche Haftung des gerichtlichen Sachverständigen bei Empfehlungen außerhalb der gerichtlichen Tätigkeit

Im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens (1) will der Antragsteller häufig vom Sachverständigen festgestellt sehen lassen, welche Maßnahmen durchzuführen sind und was die Sanierung kostet. Tatsächlich könnte hierüber nach § 485 S. 2 Alternative 2 ZPO eine Beweiserhebung erfolgen, wenn zu befürchten ist, daß nachträglich (z.B. nach durchgeführter Sanierung) Feststellungen nicht mehr getroffen werden können (2). Wenn ein Antragsteller aber nur den „gegenwärtigen Zustand“ im Sinne des § 485 S. 2 ZPO festgestellt sehen will, dann darf das Gericht dem Sachverständigen nicht aufgeben, sich auch noch über die Sanierungsmaßnahmen und deren Kosten zu äußern (3). Die Parteien erwarten dann aber gleichwohl häufig vom Sachverständigen konkrete Sanierungsempfehlungen und Ratschläge zur Kostenkalkulation. Wenn der Sachverständige hierauf eingeht und solche Empfehlungen abgibt, verläßt er den Schutzbereich der Haftungsprivilegien für gerichtliche Sachverständige. Sollen die außerhalb des gerichtlichen Gutachtens gewünschten und erteilten Ratschläge und Empfehlungen erkennbar als Grundlage wesentlicher Vermögensdispositionen dienen, so liegt meist ein stülschweigend abgeschlossener, haftungsbegründender zivilrechtlicher Beratungsvertrag vor (4).

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VI. Haftung des gerichtlichen Sachverständigen aus unerlaubter Handlung bei der Vorbereitung des gerichtlichen Gutachtens

Es ist sehr scharf zu unterscheiden zwischen a)einer Schadenszufügung durch unerlaubte Handlung anläßlich der Gutachtensvorbereitung undb)einer Schadenszufügung durch unerlaubte Handlung durch ein gerichtliches Gutachten (1).

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VII. Haftung des gerichtlichen Sachverständigen aus unerlaubter Handlung bei Schadenszufügung durch ein falsches Gutachten

Die Ausführungen unter diesem Abschnitt beziehen sich auf den Sachverständigen, der auf sein unrichtiges Gutachten nicht vereidigt wurde und nicht auf seinen allgemeinen Sachverständigeneid Bezug genommen hat. Bei Vereidigung oder einer solchen Bezugnahme kommt der Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. Siehe dazu RdZ 267ff.

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VIII. Künftige gesetzliche Neureglung der Haftung gerichtlicher Sachverständiger

In der Literatur (1) wurde die bisherige Rechtsprechung einhellig gerügt, soweit der gerichtliche Sachverständige von einer Haftung für grobe Fahrlässigkeit freigestellt wurde. Der Beschluß des BVerfG vom 11.10.1978 (2) hat hier nur teil-weise Abhilfe geschaffen. Nunmehr haftet der gerichtliche Sachverständige bei Verletzung eines absoluten Rechtes — wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum — auch im Falle grobfahrlässiger Schadensverursachung. Im übrigen — also insbesondere im Falle „bloßer“ Vermögenschädigung — haftet der unvereidigte Sachverständige nur bei Vorsatz, der vereidigte Sachverständige hingegen schon bei leichter Fahrlässigkeit. Diese Diskrepanz hat das BVerfG a.a.O. zu Recht „ohnehin als wenig überzeugend“bezeichnet. Dabei verweist das BVerfG auf den Bericht der Kommission für das Zivilprozeßrecht (3), in welchem die in der Literatur geäußerte Kritik an der Rechtsprechung für berechtigt, die Rechtsprechung des BGH selbst als unbefriedigend gewertet wird. Nach den Vorschlägen der ZPO-Kommission, die in naher Zukunft Gesetz werden sollen, wird der gerichtliche Sachverständige künftig unabhängig von einer Vereidigung oder Nichtvereidigung (nur) für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auf Schadensersatz haften (4).

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Versicherungen für Ingenieure

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I. Die Berufshaftpflichtversicherung

Die Berufshaftpflicht wird aufgrund eines Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherungsnehmer — in seiner Eigenschaft als beratender, planender, bauleitender und gutachterlich tätiger Ingenieur usw. — und dem Versicherer geregelt; über diesen Versicherungsvertrag wird ein sog. Versicherungsschein ausgestellt.

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II. Die Bauwesenversicherung

Die Bauwesenversicherung ist eine relativ junge Versicherungssparte. Sie wurde 312 1934 als SpezialVersicherung für die Bauwirtschaft eingeführt und versicherte damals ausschließlich die Risiken der Bauunternehmer. In mehrfachen Refor-men, letztmals 1974, wurde der Kreis der Versicherungsnehmer erweitert. Die Bauwesenversicherung deckt nunmehr die Interessen aller am Bau Beteiligten ab, insbesondere aber das Risiko des Bauherrn.

Thomas Bohl, Walter Döbereiner, Archibald Graf Keyserlingk
III. Die Rechtsschutzversicherung

Wird der Ingenieur wegen Schadensersatzansprüchen Dritter im Rahmen seiner Berufshaftpflichtversicherung in Anspruch genommen, so trägt die Haftpflichtversicherung — falls sie nicht ohnehin an seiner Stelle die Schadensregulierung durchführt — auch die daraus resultierenden Anwalts- und Gerichtskosten, die u. U. aus der Prozeßführung wegen dieser Ansprüche entstehen können. Dieser Grundsatz gilt aber nur dann uneingeschränkt, wenn auch die Dek-kungssumme der Haftpflichtversicherung zur Schadensregulierung ausreicht; anderenfalls muß der Ingenieur den überschießenden Teü der Prozeßkosten selber tragen.

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IV. Versicherungsschutz bei der Berufsgenossenschaft

Bei Arbeitsunfällen „am Bau“ sind die Berufsgenossenschaften als Hauptträger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig. Bei ihnen ist jeder aufgrund eines Arbeits-, Dienst-, oder Lehrverhältnisses Beschäftigte ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Höhe seines Einkommens und ohne Rücksicht darauf, ob es sich um eine ständige oder nur vorübergehende Tätigkeit handelt, gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten versichert.

Thomas Bohl, Walter Döbereiner, Archibald Graf Keyserlingk
Backmatter
Metadata
Title
Die Haftung des Ingenieurs im Bauwesen
Authors
Thomas Bohl
Walter Döbereiner
Archibald Graf Keyserlingk
Copyright Year
1980
Publisher
Vieweg+Teubner Verlag
Electronic ISBN
978-3-322-89737-4
Print ISBN
978-3-528-08893-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-89737-4