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2023 | Book

Handbuch Lobbyismus

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About this book

Dieses Handbuch bietet einen umfassenden und multidisziplinären Überblick über den aktuellen Stand der Lobbyismusforschung. Das Nachschlagewerk vermittelt theoretische Grundlagen, stellt die wesentlichen Einflusskanäle des Lobbyismus vor, analysiert Lobbying in zahlreichen Länderstudien und Fallbeispielen und diskutiert die Grenzen der Lobbyismus-Regulierung.

Table of Contents

Frontmatter

Lobbyismus: Disziplinäre Zugänge und theoretische Grundlagen

Frontmatter
Lobbyismus – Eine Geschichte der Begriffe und Formen von Interessenpolitik

Lobbyismus ist ein junger Begriff, der die Einflussnahme privater Interessen auf politische Entscheidungen meint. Das Phänomen ist aber älter als die Lobby der Parlamente in den USA und England seit 1800. Schon in der Antike gab es eine solche Einflussnahme und auch im Mittelalter durch ständische Interessen. Erst mit der klaren Scheidung zwischen Politik und Gesellschaft konnte sich Interessenpolitik im Sinne von Lobbyismus richtig entwickeln. Im 19. Jahrhundert blühten die vielfältigen Interessenorganisationen auf. Im 20. Jahrhundert setzte sich das fort, wobei mit Deutschland durch das Ende des Kaiserreiches nach dem Ersten Weltkrieg, der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus und dann der Bundesrepublik ein besonderer Fall der historischen Brüche, aber auch der Kontinuitäten von Interessenpolitik und Lobbyismus vorliegt.

Ulrich von Alemann
Lobbyismus aus politikwissenschaftlicher Perspektive

War Lobbyismus aus politikwissenschaftlicher Perspektive lange Zeit gleichzusetzen mit Verbändeforschung und reduziert auf die Analyse von Staat-Verbändebeziehungen sowie internationale und policy-spezifische Vergleiche, zeichnet sich politikwissenschaftliche Lobby-Forschung heute durch Interdisziplinarität und Heterogenität der Forschungszugänge aus. Dies ist bedingt durch die Europäisierung/Internationalisierung der Lobby-Arenen und Diversifikation des Akteurs- und Strategiespektrums von Lobbyismus.

Annette Zimmer
Lobbyismus aus ökonomischer Perspektive

Dieser Beitrag stellt den theoretischen ökonomischen Forschungsstand zur Analyse des Lobbyismus dar. Die politökonomischen Modelle zielen im Wesentlichen auf zwei Kanäle des Lobbyismus ab, der Einflussnahme durch Zuwendungen und den informationellen Lobbyismus. Während Lobbyismus durch Zuwendungen wohlfahrtsmindernd wirkt, kann informationeller Lobbyismus die Entscheidungsgrundlage der Politik verbessern und die Wohlfahrt erhöhen. Der Beitrag diskutiert auch spezielle Fragestellungen zum Lobbyismus, beispielsweise zur Gruppenbildung, zur Wahl des Lobbykanals, zur Interdependenz der Einflusskanäle oder zur Frage, wie das zur Verfügung stehende Politikinstrument die Anreize zum Lobbyismus beeinflusst. Zudem werden die Auswirkungen von Spendengrenzen auf die Einflussnahme erörtert.

Andreas Polk
Lobbyismus aus der Perspektive der verhaltensökonomischen Theorie der Politik

Aus Sicht der verhaltensökonomischen Theorie des Lobbyings setzt Interessenvertretung früher an als in der Rational-Choice-Theorie. Sie spielt bereits dann eine Rolle, wenn es um die Herausbildung politischer Präferenzen geht und sie setzt beispielsweise bei der Erwartungsbildung unter Unsicherheit an. Die Interessenvertretung kann sich auch Phänomene wie widersprüchliche und nicht-eindeutige individuelle Präferenzen zunutze machen. In diesem Beitrag wird diskutiert, was die genuin verhaltensökonomische Perspektive auf Politik ist und wie Phänomene wie expressives politisches Verhalten, Framing und das gezielte Ausnutzen von Heuristiken und Verzerrungen Ansatzpunkte für Lobbying bieten können. Die theoretischen Überlegungen werden anhand von zwei Fallbeispielen illustriert.

Jan Schnellenbach
Lobbyismus aus rechtswissenschaftlicher Perspektive

Das demokratische Transparenzgebot und das rechtsstaatliche Rationalitätsgebot haben in liberalen Demokratien sehr unterschiedliche Wirkkraft. Beide Gebote können ihren Zweck durch Lobbyregister und Verhaltensregeln nur vermittels effizienter zivilgesellschaftlicher Öffentlichkeit erfüllen.

Ulrich Battis
Lobbyismus aus soziologischer Perspektive

Lobbying ist eine legale Einflussnahme auf politische Entscheidungsprozesse und berührt in mehrheits-demokratisch organisierten Gesellschaften oftmals die Grenzen illegitimer Beeinflussungsmöglichkeiten. Der Beitrag zeigt aus soziologischer bzw. gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive, wie nahe Lobbying an illegalen Formen der Einflussnahme liegt (z. B. im Bereich korruptiver Praktiken, in denen es um Netzwerke und „Beziehungspflege“ geht) und unter breitere Konzepte wie etwa dem „Rent-Seeking“ subsumiert werden kann. Was den legalen und legitimen Kern des Lobbying ausmacht, muss daher ständig neu ausgelotet werden, damit die positiven Folgen des Lobbyismus in politische Gestaltungsprozesse einfließen können. Das ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die aktuelle und zukünftige politische Prozesse begleiten wird.

Peter Graeff
Lobbyismus aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive

In modernen Demokratien sind gesellschaftliche Akteure auf Präsenz und Resonanz in den publizistischen sowie sozialen Medien angewiesen, wenn sie ihre Interessen durchsetzen wollen. Vor allem solche Akteure, die über nur geringe Verbindungen zum politisch-administrativen System verfügen und damit wenig Gelegenheit zum Inside-Lobbying haben, sind auf die öffentliche Form der Interessenvertretung, das sogenannte Outside-Lobbying, angewiesen. Der vorliegende Beitrag identifiziert und systematisiert den kommunikationswissenschaftlichen Forschungsstand zum Inside- und Outside-Lobbying für zwei relevante Akteurstypen: Unternehmen und intermediärer Organisationen.

Franziska Oehmer-Pedrazzi, Sarah Marschlich
Zur Ethik des Lobbyismus: Philosophische Aspekte

Lobbyistinnen und Lobbyisten sind mit hohen ethischen Anforderungen konfrontiert, weil sie in einem Umfeld arbeiten, das von Wertkonflikten, Intransparenz und Ungleichheit gekennzeichnet ist. Der Beitrag zeigt entlang der Elemente des Verantwortungsurteils auf, welche moralischen Probleme im Lobbyismus bestehen und wie ausgewählte ethische Ansätze diese adressieren. Während prinzipienorientierte Ansätze Ethikkodizes empfehlen, fordern diskursethische Perspektiven Dialogbereitschaft und die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch Lobbyisten ein. Postmoderne Ansätze appellieren an ein individuelles und situativ begründetes Verantwortungsbewusstsein.

Kerstin Thummes
Methoden der Lobbyismusforschung

Der Beitrag vergleicht die in den drei Disziplinen Ökonomie, Politik- und Rechtswissenschaften verwendeten Methoden zur Erforschung von Lobbyismus. Dabei zeigt sich, dass die Politikwissenschaft sowohl inhaltlich als auch methodisch als Bindeglied zwischen den Disziplinen gesehen werden kann. So greifen Forscherinnen und Forscher in der Ökonomie verstärkt auf eine quantitative und Rechtswissenschaftler eher auf eine qualitative Methodenauswahl zurück, während sich Politikwissenschaftler an beiden Methodenfamilien nahezu gleich bedienen. Mit nur wenigen Ausnahmen fehlt es allerdings überall an einer Auseinandersetzung mit der und Reflektion über die Eignung der gewählten methodischen Ansätze und insbesondere über die potenziellen Vorzüge einer interdisziplinären und methodentriangulierten Erforschung des Phänomens Lobbyismus.

Daniel Rasch

Einflusskanäle des Lobbyismus

Frontmatter
Politikversagen und Lobbyismus

Politik in parlamentarischen Demokratien kann als Markt für politische Dienstleistungen verstanden werden. Dieser Beitrag präsentiert einen theoretisch-konzeptionellen Ansatz für Marktversagen am Markt für Politik und diskutiert dabei die Rolle von Lobbygruppen. Monopolmacht, asymmetrische Information und Externalitäten stellen Arten von Marktversagen dar, die die Funktionsweise des Marktes für Politik beeinflussen. Politikversagen kann als Versagen des Marktes für Politik verstanden werden, welches dazu führt, dass Politiker die Präferenzen der Bürger zugunsten von Lobbygruppen nur mehr unvollständig repräsentieren. Schließlich werden Vorschläge und Ansätze präsentiert, wie Marktversagen am Markt für Politik durch mehr Wettbewerb reduziert werden könnte.

David Stadelmann, Marco Frank
Zum Verhältnis von Lobbyismus und Korruption

Der Beitrag stellt zunächst vier unterschiedliche Modelle zur Abgrenzung von Lobbyismus und Korruption vor: (1) Korruption und Lobbyismus als separate Phänomene, (2) Korruption als Form von Lobbying, (3) Lobbying als Form von Korruption und (4) bestimmte Formen von Lobbying als Korruption. Im Anschluss werden verschiedene normative und theoretische Ansätze zur Einordnung von Lobbyismus und Korruption erörtert. Zudem befasst sich der Beitrag mit der Regulierung der Grauzone zwischen Lobbyismus und Korruption.

Sebastian Wolf
Informationelles Lobbying

Der Begriff des informationellen Lobbyismus weist auf einen gegensätzlichen Lobbyismusbegriff hin, nämlich den transaktionalen Lobbyismus, der korrupt ist. Wirtschaftswissenschaftler schlagen Transparenz als Lösung für das Lobbyismus-Problem vor und denken dabei an den transaktionalen Lobbyismus. Politikwissenschaftler sind skeptisch gegenüber der Transparenz-Lösung, und zwar weil sie den Lobbyismus als nicht korrupt einschätzen. In ihrem Denkstil ist der Informationslobbyismus der eigentliche Lobbyismus, ein integraler und funktionaler Bestandteil der modernen Demokratie, und nichts Korruptes. Zugegebenermaßen kann Lobbyismus problematisch sein, aber die Lösung des Lobbying-Problems liegt nicht in der Transparenz, sondern im Lobbyismus. Wenn jemand unzufrieden ist mit der Art und Weise, wie Lobbyisten die Politik zugunsten von Sonderinteressen verzerren, ist er aufgefordert, Gegen-Lobbyismus zu betreiben oder sich in einer anderen Form politisch zu beteiligen, die politische Resonanz findet, etwa durch Teilnahme an Protesten oder Wahlen.

Susanne Lohmann
Konstitutionelles Lobbying: Wer oder was formt politische Institutionen?

Der Beitrag beschäftigt sich mit der schrittweisen Institutionalisierung der Interessenvertretung des Adels gegenüber den Monarchen seit dem Hochmittelalter. Diese Institutionalisierung brachte zunächst Landstände hervor, die später zu regelmäßig tagenden Parlamenten wurden. Der Beitrag zeigt, wie die dadurch entstandene aristokratische Machtteilung innerhalb relativ enger Eliten die ab dem 19. Jahrhundert einsetzenden Demokratisierungstendenzen gegenüber Rückschlägen absicherte und so entscheidend dazu beitrug, dass die heutigen Demokratien in der westlichen Welt nachhaltig werden konnten.

Thomas Apolte
Fehler und Versuch. Parteispenden und ihre Regulierung

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Parteispenden als Einflusskanal für Lobbying. Während sich in theoretischer Hinsicht der kausale Einfluss von Parteispenden auf der Makroebene der Parteiensysteme kaum isolieren lässt, liegen auf der Mesoebene immer mehr Erkenntnisse vor, beispielsweise über das Spendenniveau in verschiedenen Kontexten. In normativer Hinsicht stehen nach dem Ende des Kalten Krieges insbesondere Groß- und Unternehmensspenden im Ruch der Korruption. Deshalb ist im Hinblick auf die Regulierung von Parteispenden eine dauerhafte Sequenz von Fehler (Korruptionswahrnehmung) und Versuch (der erneuten Regulierung) erkennbar. Empirisch sind Parteispenden nicht zuletzt deshalb überall in Europa rückläufig.

Michael Koß
Politiksponsoring als Lobbying-Instrument

Sponsoring hat längst Einzug in Bereiche abseits klassischer Werbung gefunden. So wird in den Medien gelegentlich über Fälle berichtet, in denen Unternehmen Parteiveranstaltungen finanzieren oder Politik und Verwaltung in anderer Weise sponsern. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Politiksponsoring als Lobbying-Instrument. Aufbauend auf einer Auseinandersetzung mit dem Begriff des (Politik-)Sponsorings wird am Beispiel des Verwaltungs- und Parteiensponsorings erörtert, inwiefern ein derartiges Sponsoring einen potenziellen Einflusskanal für Lobbying darstellen kann. Zudem werden die Möglichkeiten und Grenzen der Regulierung dieser Form der Einflussnahme aufgezeigt.

Clara Ifsits, Karsten Mause
Politiker-Nebentätigkeiten als Einflusskanal für Lobbying

Die Nebentätigkeiten von Politikerinnen und Politikern sind in Deutschland, Großbritannien und anderen Ländern seit Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen in Politik und Öffentlichkeit. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den Stand der Forschung zu diesem möglichen Einflusskanal des Lobbyismus. Zunächst werden auf theoretisch-konzeptioneller Ebene die potenziellen Probleme der Nebentätigkeitspraxis erläutert. Anschließend werden empirische Studien vorgestellt, die die theoretischen Zusammenhänge in der Realität untersucht haben. Zudem diskutiert der Beitrag die Möglichkeiten und Grenzen der Regulierung von Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften.

Benny Geys, Karsten Mause
Das Revolving-Door-Phänomen: Die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaft

Der Jobwechsel zwischen Politik und Wirtschaft ist ein wichtiges Phänomen. Es betrifft viele Personen, Firmen und Länder und wurde über die Zeit wichtiger. Dieser Beitrag diskutiert die erwarteten positiven und negativen Effekte des Drehtür- bzw. Revolving-Door-Phänomens für die betroffenen Personen und Firmen sowie für die Gesellschaft. Die empirische Literatur zeigt, dass betroffene Personen und Firmen von Seitenwechseln profitieren. Während mögliche positive gesellschaftliche Auswirkungen der Drehtür bisher kaum untersucht wurden, gibt es Evidenz für erhebliche negative gesellschaftliche Auswirkungen.

Simon Lüchinger, Christoph Moser
Externe Akteure im Gesetzgebungsprozess

Klassische Verbände sehen sich zunehmend in Konkurrenz zu neuen Akteuren wie Anwaltskanzleien, Unternehmensberatungen, Public-Affairs Agenturen, NGOs u. a. Damit einher geht eine Multiplikation der Formen der Interessen vermittlung. Neben dem etablierten Lobbying nehmen Einflussversuche zunehmend die Gestalt externer Beratung bzw. fachlicher Expertise an. In der öffentlichen Wahrnehmung drohen damit neue Ungleichgewichte in der Interessenrepräsentation und -durchsetzung. Der Beitrag fragt daher nach den Einflusschancen von Beratungsgremien, externen Personen und externen Dienstleistern, die Bundesministerien bei der Gesetzesformulierung in Anspruch nehmen. Im Ergebnis kann gezeigt werden, dass die Strukturen und Verfahren innerhalb der Ministerialverwaltung externe Einflüsse zwar nicht ausschließen, aber mit großer Wahrscheinlichkeit im politisch-ministeriellen Eigeninteresse zu kanalisieren vermögen.

Marian Döhler
Lobbyagenturen: Lobbyismus als Geschäftsmodell

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Literatur zu kommerziellen Lobbyagenturen und stellt die Erkenntnisse dieser Arbeiten in den Kontext der weiter gefassten Literatur über Lobbyismus. Kommerzielle Lobbyisten arbeiten als gewinnorientierte Unternehmer, die ihre Dienste als Vermittler zwischen politischen Entscheidungsträgern und Interessengruppen anbieten. Diese Vermittlung beinhaltet den Transfer von Ressourcen von Interessengruppen an politische Entscheidungsträger. Bei diesen Ressourcen kann es sich um Informationen, Zuwendungen oder eine direkte Beteiligung an der Gestaltung von Gesetzen oder Wahlkampagnen handeln. Die Aktivitäten kommerzieller Lobbyisten können die Tätigkeiten interner Lobbyisten entweder ergänzen oder ersetzen. Die Anreize, mit denen sich kommerzielle Lobbyisten konfrontiert sehen, können entweder von Interessengruppen, politischen Entscheidungsträgern oder einer Kombination aus beidem gestaltet werden und hängen von der institutionellen Struktur ab, innerhalb derer die Akteure interagieren. Dabei können Probleme im Zusammenhang mit kollektivem Handeln, Transaktionskosten, Prinzipal-Agenten-Verhältnissen und wiederholten Spielen auftreten.

Christopher J. Ellis, Thomas Groll
Lobbyismus und Geschenke

Trotz ihrer weiten Verbreitung sind Wirkungen von Geschenken durch Lobbyisten an politische Entscheidungsträger untererforscht. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über experimentelle Evidenz zu mannigfaltigen verhaltensökonomischen Mechanismen, die ursächlich eine Verzerrung von Einstellungen, Annahmen sowie letztlich Verhalten und Entscheidungen von Politikern durch Geschenke seitens Lobbyisten hervorrufen, ermöglichen oder erleichtern können. Zudem werden Faktoren dargestellt, die Selbsttäuschungsprozesse erschweren sowie Implikationen für die Eindämmung der Beeinflussbarkeit diskutiert.

Maximilian Alex Kuntze, Vanessa Mertins
Starke und schwache Interessen: Asymmetrien der Interessenvermittlung

Interessengruppen unterscheiden sich in ihren Möglichkeiten, Einfluss auf den politischen Prozess zu nehmen. In diesem Beitrag werden mithilfe ökonomischer Modelle und Analysen Faktoren herausgearbeitet und analysiert, die zu Asymmetrien zwischen Interessengruppen führen. Wer über mehr Ressourcen (Geld, Information oder Beziehungen) verfügt, der kann seine Interessen besser durchsetzen. Aber auch Unterschiede in der Organisationsfähigkeit von Gruppen stärken oder schwächen eine bestimmte Agenda (Gruppengröße, Homogenität der Mitglieder, Anzahl der Gruppen). Darüber hinaus sind die Dringlichkeit eines Themas und die öffentliche Meinung entscheidend dafür, wie gut sich eine Interessengruppe Gehör verschaffen kann.

Silke Friedrich
Grassroots Lobbying im Spannungsfeld von unorganisierten und organisierten Interessen

Grassroots Lobbying beruht auf basisdemokratischen Prinzipien, wird in der Interessenvermittlung allerdings von einer Vielzahl von Akteuren eingesetzt. Der Beitrag folgt der Leitfrage, wie organisierte und unorganisierte Interessengruppen Grassroots Lobbying im Politikgestaltungsprozess einsetzen. Den konzeptionellen Bausteinen folgend beleuchten Praxisbeispiele der Klimabewegung Fridays for Future und der Plattformorganisation Campact verschiedene Grassroots-Ausprägungen. Der Überblick zeigt, wie sich Grassroots Lobbying im Werkzeugkasten moderner Lobbying-Instrumente etabliert hat.

Maximilian Schiffers
Lobbying und Soziale Medien: Wissenschaftskommunikation als Anwendungsfall

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Soziale Medien (Social Media) als möglicher Einflusskanal von Lobbyismus. Dies wird anhand des Beispiels der Wissenschaftskommunikation näher erläutert. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden durch etablierte wissenschaftliche Beratungsgremien, wie Beiräte und Kommissionen, zur politischen Entscheidungsfindung miteinbezogen. Durch die Bedeutungszunahme Sozialer Medien in der Wissenschaftskommunikation können Wissenschaftler jedoch inzwischen direkt mit anderen Wissenschaftlern und ihrem Publikum kommunizieren sowie politische Handlungsempfehlungen in die öffentliche Diskursarena und in Richtung politische Handlungsträger senden. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Erkenntnisse zu konfligierenden Interessen im Spannungsfeld zwischen Wissenschaftskommunikation und wissenschaftlicher Politikberatung. Vor dem Hintergrund informations- und sozialökonomischer Entscheidungs- und Handlungstheorien diskutiert der Beitrag exemplarisch an diesem Anwendungsfall, inwiefern Kommunikation auf Sozialen Medien einen Einflusskanal für Lobbyismus eröffnen kann, der sowohl bestimmten Interessengruppen als auch den kommunizierenden Wissenschaftlern selbst dient.

Klaus Heine, Ursula Alexandra Ohliger

Lobbyismus in ausgewählten Ländern

Frontmatter
Lobbyismus in Deutschland

Dieser Beitrag stellt die institutionellen Rahmenbedingungen und die empirischen Erkenntnisse zum Lobbyismus in Deutschland dar. Der erste Teil diskutiert die rechtlichen Rahmenbedingungen wie das Lobbyregister, die Veröffentlichungspflichten zu Nebentätigkeiten und Parteispenden sowie vorhandene Karenzzeitregelungen in Exekutive und Legislative. Der zweite Teil gibt einen Überblick über empirischen Arbeiten zum Lobbyismus in Deutschland. Es wird deutlich, dass der Haupteinflusskanal des Lobbyismus weniger in Zuwendungen und Transferzahlungen besteht. Vielmehr deuten die Daten darauf hin, dass für die Interessenvertretung in Deutschland der informationelle Lobbyismus der wesentliche Einflusskanal ist.

Andreas Polk
Lobbyismus in Österreich

Dieser Beitrag bietet einen Überblick über Lobbyismus in Österreich. Seit dem Jahr 2012 sind Lobbying und Interessenvertretung Regelungsgegenstand des Lobbying- und Interessensvertretungs-Transparenzgesetzes. Am Ursprung des Gesetzes stehen „Politskandale“ und gesetzgeberische Versäumnisse. Der Beitrag präsentiert die wesentlichen Regelungsinhalte und rechtlichen Baustellen im Widerschein der Verbesserungsvorschläge aus der Fachwelt. Das Gesetz stellt einen ersten noch unausgereiften Schritt auf dem Wege der Regulierung des Lobbyismus dar. Der Beitrag diskutiert auch die Praxis des Lobbyismus und der Interessenvertretung vor dem Hintergrund des in Österreich stark ausgeprägten Korporatismus und des stetigen Bedeutungszugewinns des Lobbyismus.

Peter Bußjäger, David Starchl
Lobbyismus in der Schweiz

Lobbying ist in der Schweiz ein besonderes Phänomen, dessen Form und Mechanismen von den drei länderspezifischen Institutionen bestimmt werden: der direkten Demokratie, dem Föderalismus und dem Konkordanzprinzip. Diese Institutionen und die sich daraus ergebenden Strukturen und Prozesse, die es unterschiedlichen Akteuren erlauben, insbesondere im vorparlamentarischen Verfahren auf Politik und Verwaltung einzuwirken, werden in diesem Beitrag anhand von aktueller Literatur erläutert und kritisch diskutiert. Ziel ist es, den Leserinnen und Lesern einen umfassenden Einblick in die Lobbyarbeit in der Schweiz in unterschiedlichen Phasen des Gesetzgebungsprozesses sowie auch außerhalb dessen zu bieten.

Fritz Sager, Lisa Asticher, Lyn Ellen Pleger
Lobbying in Italy. A Changing Landscape for Changing Interest Groups

This contribution provides a comprehensive and systematic review of the main debates and empirical evidence of interest groups’ lobbying in Italy. The insufficient academic attention on interest groups in Italy mirrors the enduring lack of a public regulatory framework of lobbying. The main legislative projects and sparse policy outcomes are reviewed, suggesting some explanations for the absence of a national regulation and transparency register as of mid-2022. The dynamics of party-interest group relationships are then scrutinized from the period of the so-called ‘First Republic’ (1948–1994) up to the profound transformation in the Italian political system in the early 1990s and the contemporary scenario, characterized by the rise of bureaucracy as the new fundamental target for lobbying and influence. Based on the data of the Comparative Interest Group Survey, the contribution thus offers a reconstruction of the main patterns of interest groups’ institutional access to the governmental, parliamentary, and bureaucratic arenas in recent years. Lastly, the main empirical results from an in-depth analysis of lobbying influence in recent policy processes (2005–2017) are discussed. In conclusion, the possible and desirable directions of future research on lobbying in Italy are outlined.

Giuseppe Montalbano, Andrea Pritoni
Lobbyismus in Frankreich

Die Vertretung partikularer Interessen wird in Frankreich kritisch betrachtet und wurde bis in jüngste Zeit nicht unter den Begriff Lobbyismus gefasst. Interessenvermittlung in Frankreich erfolgte über formale Konsultationsstrukturen, informelle Netzwerke sowie öffentlichen Druck. Heute befasst sich in Frankreich die Politik, begleitet von Medien, Gesellschaft und Forschung, offensiv mit dem Phänomen Lobbyismus, indirekt durch Reformen, die die Staat-Verbände-Beziehungen berühren, und direkt mit dem Unterhalt eines Lobbyregisters.

Christine Quittkat
Lobbyismus im Mehrebenensystem der Europäischen Union

Mit der Weiterentwicklung des EU-Mehrebenensystems wächst auch die Komplexität von Entscheidungsprozessen. Bestehende Theorien zur Erklärung von Lobbyismus in der EU sind nur begrenzt hilfreich, um die verschiedenen Wege der Beeinflussung der Gesetzgebung in der Europäischen Union zu erfassen. Dieser Beitrag erklärt die Einflussmöglichkeiten in den EU-Institutionen und ordnet die Interessengruppen ein, die Lobbyismus in der EU betreiben. Dabei wird deutlich, dass auch nationale Regierungen Teil des EU-Lobbysystems sind. Der Beitrag zeigt, wie die EU-Institutionen auf wachsende Transparenzforderungen reagieren und diskutiert, ob europäische Regulierungen zum Lobbyismus den nationalen voraus sind.

Bernd Hüttemann
Lobbyismus in der EU: Empirie

In der Europäischen Union lobbyieren unterschiedliche Interessengruppen auf verschiedenen Wegen und mit mannigfachen Strategien, wie z. B. Inside- und Outside-Lobbying, Mehrebenenstrategien, Venue-Shopping und Bündnispolitik. Während Unternehmensinteressen lange Zeit den Ton in der EU-Politik angeben konnten, haben sich zivilgesellschaftliche Lobbygruppen in jüngerer Zeit zu erfolgreichen Konkurrenten entwickelt. Der Beitrag fasst den Stand der empirischen Forschung zu diesen Aspekten des Lobbyismus in der EU zusammen und zeigt weiteren Forschungsbedarf auf.

Patrick Bernhagen
Lobbying in the United Kingdom

Former Prime Minister David Cameron once described corporate lobbying in the UK as the “next big scandal waiting to happen”. His warning was prescient. In the decade that followed numerous lobbying scandals emerged, one involving the former prime minister himself, and lobbying practices and the adequacy of lobbying regulation increasingly came under scrutiny. This chapter examines the regulation and ethical standards in place to address formal and informal lobbying; it identifies loopholes in the current system and proposes a range of possible solutions.

Rebecca Dobson Phillips, Samuel Power
Lobbyismus in den USA

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die politischen Institutionen in den USA, die für das Verständnis und die Analyse von Lobbyarbeit und Spendenaktivitäten relevant sind. Wir geben einen Überblick über die Gesetzgebung zur Regulierung von Lobbyismus und stellen die Entwicklung der Ausgaben für Lobbyismus im Laufe der Zeit dar. Der Beitrag diskutiert die Gesetzgebung im Zusammenhang mit Wahlkampfspenden und -ausgaben sowie die Frage, wer in welchem Ausmaß zu Bundeswahlkämpfen beiträgt. Die empirischen Erkenntnisse darüber, wie Wahlergebnisse und Wahlinitiativen auf Wahlkampfausgaben und Wahlkampffinanzierungsgesetze reagieren, sind gemischt. Wir diskutieren auch einige Studien, die die Auswirkungen von Lobbyarbeit und Interessengruppen, die Wahlkampfspenden an Politiker leisten, auf politische Entscheidungen untersuchen.

Thomas Stratmann, Amberly E. Dozier
Lobbyismus in Russland

Dieser Beitrag fasst die sozialwissenschaftliche Forschungsliteratur zum Lobbyismus in Russland zusammen. Weder im russländischen Rechtssystem noch in der gesellschaftlichen und politischen Praxis kann Lobbyismus trennscharf von Korruption oder (il)legitimer Interessenvertretung abgegrenzt werden. Lobbyismus wird folglich anhand von drei Forschungsperspektiven diskutiert, die unterschiedliche Aspekte staatlich-wirtschaftlicher Beziehungen beleuchten: oligarchischer Lobbyismus der 1990er-Jahre, Lobbyismus im Autoritarismus seit den 2000er-Jahren sowie Lobbyismus in der Außenwirtschaftspolitik.

Sebastian Hoppe, Alexander Libman
Lobbying in the EU Transition Countries

This contribution analyses the development of the lobbying regulation and practices in the post-communist, transition countries of the EU. Due to the still predominant informal lobbying, widespread corruption, and negative public perception about lobbyists, the existing regulation remains largely ineffective and the lobbying profession underdeveloped. An adequate balance should be established between legal obligations imposed on lobbyists and positive incentives for compliance with established rules, based on a reasonable combination of regulatory instruments, self-regulation of lobbyists, and awareness-raising activities among the wider public.

Igor Vidačak
Strategisches Lobbying und Privatunternehmertum in der VR China

Dieser Beitrag gibt einen Überblick zum Thema „Lobbying“ in der Volksrepublik China und wählt dafür das Fallbeispiel des Privatunternehmertums. Lobbying ist heute wichtiger Bestandteil privatunternehmerischen strategischen Verhaltens, nicht zuletzt im Interesse politischer Protektion und der Verfolgung ökonomischer Interessen. Dabei wird zwischen Lobbying über formelle Kanäle wie Parlamente, Unternehmerverbände, Handelskammern und Branchenvereinigungen, und Lobbying über informelle Kanäle (Netzwerke, Alumnivereine, Unternehmerclubs etc.) unterschieden. Privatunternehmer sind Mitglieder verschiedenster Netzwerke, was den Zugang von Unternehmern zu verschiedenen Politik-, Gesellschafts- und Wirtschaftsfeldern sowie Lobbying und Politikbeeinflussung erleichtert.

Thomas Heberer

Lobbyismus in ausgewählten Sektoren

Frontmatter
Lobbyismus im Agrarsektor

Die landwirtschaftliche Interessenvertretung und insbesondere der Deutsche Bauernverband (DBV) gelten bis heute als mächtige Lobbyorganisationen, die das Politikfeld Landwirtschaft zu Gunsten der Interessen ihrer Mitglieder und zu Lasten der Allgemeinheit beeinflussen. Der Beitrag zeigt auf, welcher Methoden des Lobbyings sich der Verband bedient und welche Erklärungsfaktoren für den hohen Einfluss der Agrarlobby in der Literatur diskutiert werden. Die Forschung geht dabei häufig von der theoretischen Annahme eines Tauschgeschäftes zwischen Verband und Politik aus. Wenn auch das verbandliche Angebot eines wahlentscheidenden Stimmpaketes heute kaum noch glaubhaft eingebracht werden kann, steht dem DBV mit der Aussicht auf Regelungsbefolgung durch die Mitglieder ein wertvolles Gut auf dem Tauschmarkt zur Verfügung. Schließlich schaut der Beitrag zusammenfassend auf die Forschungsergebnisse zur Bedeutung des Einflusses des Verbandes auf Politikfeld, Gesellschaft und Demokratie.

Stefan Ewert
Lobbyismus und Handelsprotektion

Dieser Beitrag stellt die Handelspolitik und den Interessengruppeneinfluss am Beispiel der USA und der EU dar. Traditionell betreiben vor allem wirtschaftliche Interessengruppen handelspolitische Lobbyarbeit. Für sie ist ein an die Exekutive gerichtetes Insider-Lobbying recht leicht, da die für Handelspolitik zuständigen Exekutivorgane insbesondere technische Detailinformationen benötigen. Seit der Jahrtausendwende sind aber auch verstärkt nichtwirtschaftliche Interessengruppen als handelspolitische Lobbyisten aktiv. Sie wenden sich mit Outsider-Lobbying-Strategien hauptsächlich an die Legislative.

Xenia Matschke
Lobbyismus und gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wissenschaftliche Diskussion zu Mancur Olsons Interessengruppen-Theorien, wie sie in seinen Hauptwerken „Logik des kollektiven Handelns“ (1965) und „Aufstieg und Niedergang der Nationen“ (1982) vertreten werden. Die Hauptargumente bezüglich der Benachteiligung großer Gruppen bei der Organisation kollektiven Handelns und die daraus abgeleiteten Folgen für das Wirtschaftswachstum werden dargestellt und kritisch gewürdigt. Im Mittelpunkt steht dabei Olsons Argument der sogenannten „institutionellen Sklerose“, die einen Zusammenhang zwischen der Interessengruppenaktivität und dem langfristigen wirtschaftlichen Wachstum postuliert. Darüber hinaus werden die empirischen Belege, die in Fallstudien und Regressionsanalysen über die letzten Jahrzehnte vorgelegt wurden, überprüft, kategorisiert und zusammengefasst, um die Quantifizierung von Olsons Hauptkonzepten besser zu verstehen und die Anwendbarkeit der Theorie zu bewerten.

Theresa Hager
Lobbyismus im Energiesektor

Deutschland hat sich wie viele andere Länder dazu bekannt, bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden. Dies erfordert insbesondere eine grundlegende Transformation der Energiewirtschaft, die zu den Sektoren mit relativ intensiven Lobbyaktivitäten gehört. Der Beitrag gibt einen Überblick über Lobbyismus in der deutschen Energiepolitik, indem er die Akteure, Adressaten und Einflusskanäle darstellt sowie anhand zweier Fallbeispiele – der Einführung des europäischen Emissionshandels in Deutschland sowie Reformen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes – den Erfolg des Lobbyismus in der deutschen Energiewirtschaft analysiert.

Susanne Cassel
Lobbyismus im Verkehrssektor

Dem Beitrag liegt die These zugrunde, dass das Lobbying im Verkehrssektor nicht ohne die Berücksichtigung der Macht- und Herrschaftsverhältnisse verstanden werden kann. Deshalb wird zunächst das Politikfeld Verkehr mit seinen verschiedenen Akteuren und ihren unterschiedlichen Interessen vorgestellt. Daraufhin werden die Machtmechanismen skizziert, denen sich das Lobbying im Verkehrssektor bedient, und seine konkrete politische Einflussnahme am Beispiel eines wichtigen Expertengremiums demonstriert. Der Beitrag zeigt, dass das erfolgreiche Lobbying für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung auf ein Verständnis über die Macht- und Herrschaftsverhältnisse im Politikfeld Verkehr angewiesen ist, um sie für sich nutzbar machen zu können.

Oliver Schwedes
Lobbyismus durch Verbraucherverbände

Verbraucherverbände sollen die allgemeinen Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern vertreten. Konsumenten schließen sich allerdings selten zu einer größeren Gruppe zusammen. Daher agieren Verbraucherverbände in der Regel stellvertretend, im Sinne von „Verbraucherfremdorganisationen“. Als solche nutzen sie alle etablierten Instrumente des Lobbyismus, können aber auch noch auf spezielle rechtliche Möglichkeiten zurückgreifen. Die Funktionen solcher Lobby-Instrumente werden in diesem Beitrag ebenso erörtert wie die Herausforderungen für Verbraucherverbände durch politischen, wirtschaftlichen, sozialen und medialen Wandel.

Christoph Strünck
Lobbyismus in der Gesundheitspolitik

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Lobbyismus im Bereich der Gesundheitspolitik, wobei Deutschland als empirisches Fallbeispiel dient. Welches sind die politikfeldrelevanten Akteure? Welche Interessen haben sie? Und wie haben sich Lobbyismus, Interessenvermittlung und Korporatismus im deutschen Gesundheitswesen im Zeitverlauf gewandelt? Der Beitrag identifiziert prägende Entwicklungen und konstatiert, dass die Digitalisierung, die COVID-19-Pandemie sowie institutioneller Wandel auf nationaler und sektoraler Ebene die Akteurskonstellationen pluralisieren und die Einflusskanäle des gesundheitspolitischen Lobbyismus verschieben.

Johanna Hornung, Nils C. Bandelow
Lobbyismus im (schulischen) Bildungsbereich

In diesem Beitrag werden zwei grundlegende Perspektiven auf die Lobbytätigkeiten im (schulischen) Bildungsbereich unterschieden: Lobbyismus als Chance und Lobbyismus als Gefahr. Ziel des Beitrags ist die Zusammenführung dieser gegenläufigen Perspektiven. Dies geschieht auf der Grundlage der „Logik des kollektiven Handelns“ von Mancur Olson. Es wird ein gruppentheoretischer Analyseansatz entwickelt, mit dessen Hilfe wir den aktuellen Ordnungsrahmen sowie die aktuellen Handlungsfelder des bildungspolitischen Lobbyismus ausloten und ausbaufähige Regeln sowie ordnungspolitische Potenziale betrachten.

Nils Goldschmidt, Theo Simon
Lobbying im Sport

Die Einflussnahme auf den politischen Prozess durch partikulare Interessen ist ein Phänomen, das in allen gesellschaftlichen Bereichen auftritt. Im organisierten Sport finden sich insbesondere in Form der Sportverbände Korporationen, die die Anliegen des Sports in den politischen Entscheidungsprozess einbringen und aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente durchaus erfolgreich agieren. Durch die enge Verflechtung zwischen den staatlichen Entscheidungsträgern und den Sportorganisationen auf verschiedenen Ebenen und durch die Übernahme eigentlich originärer staatlicher Aufgaben durch die Sportverbände, erweitern sich die Spielräume der Sportorganisationen, ein wirksames Lobbying zu betreiben. Diese Verflechtung ist in Deutschland in einem Umfang ausgeprägt, dass man bereits von einem neokorporatistischen System sprechen kann. In diesem Beitrag werden ausgehend von den Erkenntnissen der Neuen Politischen Ökonomie die wesentlichen Wirkungszusammenhänge des Lobbyings im Sport auf den verschiedenen Ebenen des Staates herausgearbeitet. Zudem wird ein knapper Lösungsvorschlag präsentiert, wie ein überbordendes Lobbying eingedämmt werden kann.

Frank Daumann, Florian Follert, Christian Haberecht
Lobbyismus und Medienwirtschaft – Strategische Beeinflussung von Informationsflüssen

Der Zusammenhang von Lobbyismus und Medienwirtschaft wird auf zwei Ebenen analysiert. Erstens werden Medienunternehmen als Lobbyisten ihrer Partikularinteressen betrachtet und dabei sowohl auf „klassische“ Medien als auch auf datenbasierte Geschäftsmodelle moderner Onlinemedienkonzerne eingegangen. Zweitens werden Medienunternehmen als Adressat lobbyistischer Einflüsse betrachtet, welche über den Transmissionskanal Medien die öffentliche Meinung und die Politik zu beeinflussen suchen. Dies spricht spezielle Aspekte der ökonomischen Theorie des Media Bias an.

Oliver Budzinski
Metadata
Title
Handbuch Lobbyismus
Editors
Andreas Polk
Karsten Mause
Copyright Year
2023
Electronic ISBN
978-3-658-32320-2
Print ISBN
978-3-658-32319-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32320-2

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