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01-06-2023 | Nachhaltigkeitsmarketing | Schwerpunkt | Article

Wie echt ist eigentlich nachhaltiges Marketing?

Author: Johanna Leitherer

3:30 min reading time

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Ohne sinnstiftende Haltung werden Marken in Zukunft wenig überzeugend sein. Nicht selten rutschen Unternehmen mit Themen wie Umweltschutz und Diversity aber ins Green Washing hinein. Die richtige Strategie kann dem vorbeugen.

Überall werben Marken mittlerweile mit grünen Produkten, schmücken sich mit Regenbogenfarben, um Diversität nach außen zu tragen oder kommentieren politische Themen rund um Nachhaltigkeit im Rahmen ihres Content-Marketing. Ohne Frage, aus Marketingsicht wäre es fatal, Themen wie diese nicht zu berücksichtigen. Doch inwieweit können Unternehmen wirklich halten, was sie in ihren Markenversprechen aussagen? Die neuesten Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) lassen manche Zweifel aufkommen.

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2023 | Book

Nachhaltigkeitsmarketing

Eine fallstudienbasierte Einführung

Dieses Buch führt in die Ziele, Strategien und Maßnahmen des Nachhaltigkeitsmarketings ein. Dabei werden ökonomische, ökologische und soziale Perspektiven berücksichtigt. Die Absicht ist, vor allem die Prinzipien und Merkmale des Nachhaltigkeitsmarketings stärker als Standard für alle Marketingaktivitäten zu verankern.

Generell kritisiert die Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutzorganisation beispielsweise Nachhaltigkeitsversprechen wie "klimaneutral" oder "klimapositiv", da diese nicht zu erfüllen seien. Im Visier der Klagen stehen daher Unternehmen, die sich diese Begriffe zunutze gemacht haben, darunter etwa Danone Deutschland. "Ein in dickwandiges Plastik verpacktes Mineralwasser, das durch halb Europa zu uns in die Lebensmittelmärkte gekarrt wird, kann nicht klimaneutral sein", ist sich Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, sicher.

Vorarbeit statt Greenwashing

Auch der Fluggesellschaft Eurowings, die ihre Flüge unter dem Label "CO2-Neutralität" verkauft, dem Discounter Netto oder dem Lebensmittel-Lieferdienst Hello Fresh wirft die DUH Verbrauchertäuschung und damit wettbewerbswidrige Werbung vor. Der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, seien die angeklagten Firmen im Vorfeld nicht nachgekommen. Wie es in den genannten Fällen weitergeht, bleibt abzuwarten. 

Markenkommunikation bewusst steuern

Ebenso, inwieweit die irreführenden Werbeaussagen an der Markenreputation kratzen. Doch woran hat es in der Markenführung gehapert, dass es soweit kommen konnte? Im Buchkapitel "Erschließung von Nachhaltigkeitspotenzialen im Marketing und bei der Markenführung" von Springer-Autor Ralf T. Kreutzer wird deutlich: Marken müssen in Vorarbeit mit ihrem nachhaltigen Engagement gehen und erst dann darüber sprechen, nicht umgekehrt. "Warum sollten Unternehmen auf Greenwashing verzichten? Ganz einfach. Im digitalen Zeitalter gilt: Was rauskommen kann, wird rauskommen! Früher oder später!", stellt Kreutzer außerdem klar (Seite 202).

Journalistische Öffentlichkeitsarbeit

Auch wenn eigentlich keine Irreführung vorliegt, kann in der Markenwerbung, die auf nachhaltige Werbeattribute setzt, schnell der Eindruck durch eine übertrieben beschönigende Kommunikation entstehen. Vor allem im Marketing ist eine plakative Werbesprache häufig noch an der Tagesordnung. Die Springer-Autoren Matthias Kussin, Kai-Michael Griese und Helena Annegarn raten im Buchkapitel "Nachhaltigkeitsorientierte Kommunikationspolitik" des Herausgeberbands "Nachhaltigkeitsmarketing" zu einer für das Marketing eher untypischen Herangehensweise, wenn es um Nachhaltigkeit geht: 

Öffentlichkeitsarbeit hat in diesem Kontext den Status einer eigenen Managementfunktion des Unternehmens. Sie ist in ihrer instrumentellen Umsetzung weniger an werblichen und dafür stärker an journalistischen Arbeitsweisen der Themenverarbeitung sowie Maßnahmen der politischen Kommunikation orientiert" (Seite 221).

Ein solcher Kurswechsel erfordert ein strategisches Umdenken, das sich nicht nur auf eine Abteilung beschränken sollte. Vielmehr geht es darum, nachhaltiges Engagement als wesentlichen Teil der Unternehmenskultur zu verankern. Wie Kreutzer betont, sollten Betriebe den Anspruch entwickeln, ihr Denken und Handeln über den eigenen Verantwortungsbereich hinaus zu etablieren. Wer viel leistet, kann im Gegenzug auch höhere Preise rechtfertigen. 

Nachhaltigkeit nicht um jeden Preis

In Zeiten wie diesen, die von steigenden Lebenshaltungskosten geprägt sind, überlegen sich Verbraucher jedoch zweimal, wo sie ihr Geld investieren. Im Lebensmittelsektor etwa stoßen die Preissteigerungen bei 71 Prozent der Konsumenten auf großes Unverständnis. Das zeigt ein Konsumkompass des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Smartcon gemeinsam mit der CSR-Kommunikationsberatung Kessler. Demnach ziehen Verbraucher einstimmig kostengünstigere Eigenmarken den teureren Markenprodukten vor.

Ein Verzicht wird damit nicht assoziiert. Ganz im Gegenteil bewerten Konsumenten Handelsmarken als ebenbürtig mit Markenprodukten oder schreiben diesen gar bessere Qualitäten zu, etwa bei der Nachhaltigkeit. Das lässt sich allerdings nicht immer auf ein lupenreines Engagement der Handelsunternehmen zurückführen.

"Dass die Handelsmarken beim Thema gesellschaftliche Verantwortung so gut abschneiden, liegt sicher auch daran, dass sich investigative Recherchen von NGOs und kritische Berichterstattung eher auf die großen bekannten Markenhersteller konzentrieren", erklärt Johannes Keßler von Kessler. "Zum Schwur beim Thema Nachhaltigkeit dürfte es dann kommen, wenn die Handelsmarken selbst ins Visier von kritischen Stakeholdern, NGOs und Medien geraten". 

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