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2020 | Buch

Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang

Ergebnisse des EXTEND-Projektes

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Über dieses Buch

In diesem Sammelband befassen sich die Autor*innen mit sozialen Ungleichheiten im Verrentungsgeschehen in 5 Ländern mit besonderem Fokus auf Deutschland. Berichtet werden eigene, z.T. empirische Forschungsergebnisse aus dem EXTEND-Projekt (Social inequalities in extending working lives) zu institutionellen Veränderungen in den Arbeitsmarkt- und Rentenpolitiken und Auswirkungen auf Verrentungsentscheidungen und -praktiken, Beschäftigungssituationen älterer Arbeitnehmer*innen, Einfluss von Gesundheit auf Lebensqualität in der vor- und nachberuflichen Lebensphase, Vereinbarkeit von Arbeit und Pflege, Arbeitsbedingungen im professionellen Altenpflegesektor, Good Practices und Kosten-Nutzen-Analysen, Empfehlungen für Politik und betriebliche Praxis.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Das EXTEND Projekt – Hintergründe, Kontextbedingungen, Untersuchungsziele, Strukturen und Beteiligte
Zusammenfassung
EXTEND ist ein Akronym und steht für das Projekt „Social inequalities in extending working lives of an ageing workforce“, das zwischen 2016 und 2018 unter der Federführung der beiden Herausgeber dieses Buches im Institut für Gerontologie an der TU Dortmund durchgeführt wurde. Es ist eines von insgesamt 5 Projekten, das im Rahmen des ersten Calls der EU-Joint Programming Initiative (JPI) „More Years, Better Lives - The Potential and Challenges of Demographic Change“ an ein entsprechendes Konsortium von sechs Forschungseinrichtungen (Hauptantragsteller Institut für Gerontologie an der TU Dortmund) aus damals noch fünf EU-Mitgliedsstaaten vergeben wurde. Der deutsche Teil einschließlich der an den Konsortialführer delegierten Koordinierungsaufgaben wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Gerhard Naegele, Moritz Hess
Kapitel 2. Social inequalities in realising extending working lives - EXTEND`s conceptual framework
Zusammenfassung
In general, a conceptual framework “explains, either graphically or in narrative form, the main topics to be researched – the key factors, concepts, or variables – and the presumed relationship among them” (Maxwell 2005: 33). In a wider sense, it “includes the actual ideas and beliefs that you hold about the phenomena studied” (ibid.). Basically, a conceptual framework “is primarily a conception or model of what is out there that you plan to study, and of what is going on with these things and why…it helps you to justify your research…” (ibid.).
Gerhard Naegele, Moritz Hess
Kapitel 3. Nationale Politiken zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit und Auswirkungen auf soziale Ungleichheiten
Zusammenfassung
Seit Ende der 1990er Jahre legen grundlegend veränderte demografische und ökonomische Projektionen Politik und Regierungen nahe dafür zu sorgen, dass länger und mehr gearbeitet wird. Die meisten europäischen Regierungen haben ihre sozialen Sicherungssysteme entsprechend angepasst. So wurde fast überall das gesetzliche Renteneintrittsalter angehoben und die bestehenden vielfältigen Anreize für einen vorzeitigen Rentenbezug durch Einschränkungen in den Anspruchsvoraussetzungen und Leistungskürzungen entweder abgeschafft oder in ihrer Attraktivität („Pull-Faktor“) deutlich reduziert (Ebbinghaus 2011; Vickerstaff, Loretto & White 2007).
Per H. Jensen
Kapitel 4. Pension and labour market policies and the situation of older workers in Germany
Zusammenfassung
The employment rate of Germany’s older workforce (55-65) has shown an impressive increase from the turn of the millennium on (see Figure 1). In the 15 years from 2000 to 2015, it rose from just under 40 per cent to over 60. How can this development be explained and what does it mean for Germany, its economy and welfare state, as well as for German companies and older workers? This chapter tries to answer these questions by first retracing the employment rates for different groups of older workers, then discussing the potential drivers of the increase and its consequences, and concluding with a discussion.
Moritz Hess, Gerhard Naegele, Jürgen Bauknecht
Kapitel 5. Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer – Finnland, Dänemark, Niederlande, Deutschland und das Vereinigte Königreich im Vergleich
Zusammenfassung
Renten- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gelten EU-weit seit Anfang dieses Jahrtausends als die wichtigsten Instrumente, um die Erwerbsbeteiligung älterer Personen zu erhöhen (Naegele & Bauknecht 2017; Bäcker 2018; Hess 2018). Dieses Kapitel behandelt entsprechende Aktivitäten in den „EXTEND-Ländern“ Niederlande, Finnland, dem Vereinigten Königreich sowie Dänemark. Dabei werden zunächst die jeweiligen nationalen Alterssicherungssysteme vorgestellt, um anschließend relevante Reformen der Renten- und Arbeitsmarktpolitik sowie deren potenzielle Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen zu analysieren.
Philipp Stiemke
Kapitel 6. Indexing the retirement age to life expectancy
Zusammenfassung
Many European countries have implement reforms aimed at extending working lifes and delaying retirement. One prominent reform is the increase of the legal retirement age. Some countries have gone even further by linking/indexing the legal retirement age to the life-expectancy (see chapter 2.2.3 and 5. in this book). The chapter at hand tries to answer the following two questions on this issue.
Wouter De Tavernier
Kapitel 7. Gesundheit vor und nach der Rente
Zusammenfassung
Die Beziehungen zwischen Gesundheit und Verrentung sind sehr komplex. Einerseits ist Gesundheit eine wesentliche Determinante des Renteneintrittszeitpunkts (van den Berg, Elders & Burdorf 2010; Rice et al. 2010), andererseits sind sowohl frühere Arbeitsbedingungen wie auch der Übergangsprozess selbst wichtige Einflussfaktoren (im Sinne von „Fernwirkungen“) auf die (spätere) Gesundheit in der Rente (Platts et al. 2013). Der Zusammenhang zwischen Gesundheit, Beschäftigungsbedingungen vor und Lebensqualität nach dem Berufsaustritt ist abhängig von der sozioökonomischen Position (SEP) der älteren Arbeitnehmer*innen und Rentner*innen.
Sascha de Breij, Dorly J. H. Deeg
Kapitel 8. Rentenübergänge bei erwerbstätigen privaten Pflegepersonen - Wünsche und Erwartungen
Zusammenfassung
Zu Hause alt werden ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein politisches Ziel. Die Maxime ambulant vor stationär ist wegweisend für die offizielle Pflegepolitik (nicht nur) in Deutschland und soll dazu beitragen, möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Häuslichkeit zu ermöglichen (§3 SGB XI). Das Altwerden zu Hause kann aber im Kontext einer pflegerischen Versorgung zu einer stark belastenden Herausforderung werden; insbesondere dann, wenn die häusliche Pflege überwiegend oder gar ausschließlich von Angehörigen übernommen wird. Von den aktuell knapp 3,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten (2019), werden rund vier Fünftel im häuslichen Umfeld gepflegt (Hielscher, Kirchen-Peters & Nock 2017); dabei zumeist von überwiegend engsten Angehörigen.
Ronja Christofczik
Kapitel 9. Vereinbarkeit von beruflicher und häuslicher Pflege - „Double Duty Carers“ in Deutschland
Zusammenfassung
Das Thema „Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege“ ist vor dem Hintergrund des sozio-demografischen Wandels in Deutschland, aber auch international, von mehrfacher Relevanz, denn es betrifft die künftige Versorgung und Pflege behinderter und älterer Menschen ebenso wie die Zukunft der Arbeitswelt - beides Bereiche, die vor besonderen Herausforderungen stehen. So lebten in Deutschland im Jahre 2019 3.4 Millionen Pflegebedürftige, die Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz erhielten (Statistisches Bundesamt 2019). Hinzu kommen noch jene Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die Unterstützung durch Dritte erhalten (z.B. bei der Haushaltsführung), ohne Leistungen der Pflegeversicherung zu beziehen. Unterschiedliche Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Hilfe- und Pflegebedürftigen weiter steigen wird (vgl. auch 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung; Statistisches Bundesamt 2015).
Monika Reichert
Kapitel 10. Working longer in the professional HCS sector?
Zusammenfassung
Since the early 1990s, the European service sector has been growing and employment in this sector has risen. Within the service sector the Health and Care Sector (HCS) plays a dominant role – as part of the social protection system but also in economic terms. Against this background, the HCS has particular relevance: it is not only the ageing of society that is responsible for a rising demand of care workers, but also changing family and household structures as more persons are living alone and depend on professional or informal care (Schulz & Radvanský 2014: Schulmann, Reichert & Leichsenring 2019).
Sebastian Merkel, Daniel Holman, Mervi Ruokolainen, Moritz Hess
Kapitel 11. „Good Practices“ zur Vermeidung und Überwindung von sozialen Ungleichheiten vor und beim Rentenübergang
Zusammenfassung
Im Allgemeinen versteht man unter „Good Practice“ eine Technik, ein Programm oder eine Maßnahme, die nachweislich und zuverlässig zu einem gewünschten Ergebnis (beispielsweise Reduktion von Fehlzeiten in einem Betrieb) geführt hat (Bretschneider, Frederick & Wu 2004). Diese “Good Practices“ können dann als Richtschnur oder Vorbild für andere Akteure - Einzelpersonen, Unternehmen oder nationale/supranationale Politiken - dienen, die vergleichbar gute Ergebnisse erzielen wollen. Zum betrieblichen Age-Management gibt es dazu schon eine längere Forschungstradition und zahlreiche empirisch abgesicherte Ergebnisse (Walker & Taylor 1998; Walker 1999; Naegele & Walker 2006, 2010).
Gerhard Naegele, Moritz Hess
Kapitel 12. Later Life Workplace Index – Ein Instrument zur Unterstützung betrieblicher Beschäftigungspraktiken
Zusammenfassung
Der Later Life Workplace Index (LLWI) ermöglicht es zu identifizieren, mit welchen, auf ihre älteren Mitarbeiter*innen gerichteten Konzepten und Maßnahmen Betriebe gut auf die erfolgreiche Beschäftigung von Erwerbstätigen bis zum Rentenalter und darüber hinaus vorbereitet sind. Für die hier betrachtete spezielle Zielgruppe kommt es dabei besonders darauf an, dass er auch die besonderen Dimensionen der Arbeits- und Beschäftigungssituation benachteiligter Arbeitnehmer*innen abbilden kann.
Julia Finsel, Max Wilckens, Anne Marit Wöhrmann, Jürgen Deller
Kapitel 13. „Good Practice“ im Alternsmanagement der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund alternder Gesellschaften ist der Gesundheits- und Sozialsektor von besonderer Bedeutung: Nicht nur allein die Alterung der Gesellschaft führt zu einem steigenden Bedarf an Pflegekräften, sondern auch Veränderungen in den Familien- und Haushaltsstrukturen: Mehr Menschen leben allein und sind auf (professionelle und/oder informelle) Unterstützung angewiesen. Der Sozialsektor ist derzeit durch einen Fachkräftemangel gekennzeichnet, der sich über das gesamte Bundesgebiet erstreckt (Bundesagentur für Arbeit 2019), und es kann davon ausgegangen werden, dass er sich noch weiter zuspitzen wird (vgl. Kapitel 10 in diesem Buch).
Sebastian Merkel, Helmut Wallrafen
Kapitel 14. Work Engagement for Senior Employees as a Good Practice
Zusammenfassung
The main aim of the “Work Engagement for Senior Employees” training program is to reduce senior employees’ (55+) perceptions of age discrimination at work and increase their engagement for their current working career. The program is based on recognizing and optimizing employee’s own personal resources. In the program employees’ late-career management preparedness (i.e., career management self-efficacy and preparation for dealing with career setbacks) is fostered using a peer group training in the organizational context.
Jukka Vuori, Mervi Ruokolainen, Salla Toppinen-Tanner
Kapitel 15. Demografie-Tarifverträge in Deutschland – eine neue Gestaltungsoption
Zusammenfassung
Die Einstellung der deutschen Tarifparteien, insbesondere aber der Gewerkschaften, zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit war jahrzehntelang und ist bei vielen noch heute ambivalent. Vor allem in den Branchen, in denen die gesundheitsbedingten Frühverrentungen hoch sind und die Arbeitsbedingungen als überdurchschnittlich belastend gelten, war die Position der hier vertretenen Gewerkschaften stark auf die Beibehaltung von Frühverrentungsoptionen und gegen die „Rente mit 67“ gerichtet (vgl. Kapitel 4.2.2.1 in diesem Buch). Allerdings wächst auch bei vielen Gewerkschaftsvertreter*innen das Bewusstsein, dass eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Anbetracht der multidimensionalen Herausforderungen des demografischen Wandels eine Option ist, mit der man sich kritisch und objektiv auseinandersetzen muss.
Philipp Stiemke, Moritz Hess, Gerhard Naegele
Kapitel 16. Economic evaluation of „good practices” in the EXTEND context
Zusammenfassung
Demographic ageing is one of the most persuasive phenomenon in our century, and has influence on several aspects of our public and private lives. People are expected to work longer to alleviate the financial burdens of the social security system. This elicits several questions faced by policy makers and workplace managers.
Mariann Rigó, Moritz Hess
Kapitel 17. Schlussfolgerungen und wichtige „Policy Pointers“
Zusammenfassung
Zunahme/Vertiefung sozialer Ungleichheiten im Verrentungsgeschehen bestätigt
EXTEND hat - empirisch breit abgesichert – belegen und damit bereits vorliegende Befunde bestätigen können, dass soziale Ungleichheiten im Verrentungsgeschehen weit verbreitet sind und sich im Zuge der verschiedenen renten-, arbeitsmarktpolitischen und betrieblichen Reaktionen auf die vielfältigen ökonomischen Herausforderungen des demografischen Wandels sich weiter akzentuiert, differenziert und sogar noch zugenommen haben. Dies konnte vor allem mittels der Lebenslagedimensionen Einkommen, soziale Absicherung, Gesundheit, soziale Integration und insgesamt Lebensqualität nachgewiesen werden. Damit kann auch die zentrale Forschungshypothese als bestätigt gelten: Die in den meisten EU-Mitgliedsstaaten eingeführten Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit (wie ‚Rente mit 67‘ in Deutschland oder die EU-weit erfolgte Schließung von Frühverrentungsoptionen) bergen die Gefahr in sich, nicht nur neue soziale Ungleichheiten zu generieren, sondern zudem solche sozialen Ungleichheiten, die bereits während des gesamten vorherigen Erwerbslebens bestanden haben, zu verschärfen bzw. in ihrer kumulativen Wirkung sogar noch zu erhöhen.
Moritz Hess, Gerhard Naegele
Kapitel 18. Conclusion – Policy Priorities from EXTEND
Zusammenfassung
Over the past 50 years, across Europe, older workers have been commonly regarded as a reserve army of labour: to be jettisoned from employment when the supply of labour is plentiful or when fears about the adverse social consequences of youth unemployment are running high; and, alternatively, to be encouraged or forced to remain in employment when labour is scarcer and the costs of pensions and pre-retirement benefits are regarded as ‘too high’. The latter scenario reflects the latest and current policy perspective towards older workers, and the classic supply and demand for labour logic is overwhelmed by the neoliberal ideology that now underpins, to varying extents, policy making in Europe. The present strong and virtually universal focus on both closing early exit pathways and raising pension ages, which is the dominant policy fix for the perceived fiscal crisis created by population ageing, began in the late 1990s with the abandonment of measures, such as pre-retirement, which paradoxically encouraged older workers to leave employment prematurely (Walker 1997).
Alan Walker
Erratum zu: Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang
Ergebnisse des EXTEND-Projektes
Gerhard Naegele, Moritz Hess
Backmatter
Metadaten
Titel
Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang
herausgegeben von
Prof. Dr. Gerhard Naegele
Moritz Hess
Copyright-Jahr
2020
Electronic ISBN
978-3-658-31663-1
Print ISBN
978-3-658-31662-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1