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2012 | Buch

Ausbildungsreife

Kontroversen, Alternativen und Förderansätze

herausgegeben von: Günter Ratschinski, Ariane Steuber

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

'Ausbildungsreife' ist zum zentralen Lenkungsbegriff für die Eingliederung Jugendlicher in das deutsche Ausbildungs- und Berufssystem geworden. Er dient der Arbeitsverwaltung zur Auswahl vermittlungsfähiger Bewerber und für Berufsvorbereitungsmaßnahmen als pädagogische Zielgröße. In diesem Band wird das Konzept 'Ausbildungsreife' aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, theoretisch erörtert, in seiner Anwendbarkeit überprüft und auf Praktikabilität hin untersucht.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Einleitung
Zusammenfassung
In Deutschland ist der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt wesentlich durch den Einstieg in das duale System der Berufsausbildung geprägt. Zwei Drittel der Schulabgänger1 (exakt 66,1 % im Jahre 2010) entscheiden sich für eine Ausbildung im dualen System (Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 2011, S. 14). Jugendliche bewerben sich entweder direkt bei den Betrieben oder sie lassen sich über die Bundesagentur für Arbeit vermitteln. Anders als in akademischen Ausbildungsgängen oder in den schulischen Berufsausbildungen europäischer Nachbarländer erfolgt der Übergang nicht abhängig von den formalen schulischen Abschlüssen, sondern er wird marktwirtschaftlich durch Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsstellenmarkt reguliert (Frommberger, 2010). Entscheidend sind die tatsächlichen Kenntnisse, Kompetenzen und Ressourcen für eine erfolgreiche Bewerbung. Wenn Betriebe Bewerber ablehnen, wird das in letzter Zeit seltener mit fehlender Eignung für die angebotene Position begründet, als vielmehr mit fehlender Ausbildungsreife.
Günter Ratschinski, Ariane Steuber

Der Stellenwert der Ausbildungsreife

Frontmatter
Verdient die „Ausbildungsreife“ ihren Namen? Anmerkungen zu einer neuen Rubrik für alte Klagen
Zusammenfassung
Eigentlich dürfte die Defi nition des Begriffs „Ausbildungsreife“ keine Schwierigkeiten bereiten. Der „Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland“ hat im Januar 2006 einen Kriterienkatalog mit 24 Merkmalen vorgelegt, in dem Ausbildungsreife sowohl nominal als auch operational defi niert wird. Der Katalog soll für alle Beteiligten Klarheit schaffen und den Berufsberatern eine Handlungsstrategie liefern (Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland, 2006). Wenn Betriebe allerdings klagen, dass sie keine geeigneten Bewerber für ihre Ausbildungsplätze fi nden, muss man – nach Meinung des Expertenkreises – zwischen drei Konzepten unterscheiden: Erstens der Ausbildungsreife, das ist der Zustand, in dem ein Jugendlicher ohne Hilfe eine Ausbildung bewältigten kann, zweitens der Berufseignung, eine Merkmalskombination, die nachweislich mit guten Berufsleistungen und mit Berufszufriedenheit einhergeht, und drittens der Vermittlungsfähigkeit, die vom Markt, von den Betrieben und von Merkmalen der Person abhängt.
Günter Ratschinski
Ausbildungsversorgung und Ausbildungsreife im Policy-Prozess
Zusammenfassung
Seit der Etablierung des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 1969 gehörte die ausreichende Bereitstellung von betrieblichen Ausbildungsplätzen zu den zentralen Reizthemen der berufl ichen Bildungspolitik. Zuletzt gelangte die Debatte in den Jahren 2003/2004 in den Fokus der Öffentlichkeit. Als Ergebnis wurde im Jahr 2004 der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs von der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft geschlossen, um nach eigenem Bekunden jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen ein Ausbildungsangebot zu machen und somit den Fachkräftenachwuchs zu sichern. Die im Ausbildungspakt vertretenen Wirtschaftsverbände hielten hierbei die Verbesserung der Ausbildungsreife der Absolventen der allgemeinbildenden Schulen für einen zentralen Ansatzpunkt, um einen verbesserten Übergang von der Schule in die berufl iche Bildung zu ermöglichen. Aus diesem Grund wurde neben der Etablierung des Sonderprogramms Einstiegsqualifi zierung für Jugendliche und der Selbstverpfl ichtung zur Einwerbung neuer Ausbildungsplätze als wesentliches Element des Pakts eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die einen Kriterienkatalog zu einem einheitlichen Verständnis darüber entwickeln sollte, was unter Ausbildungsreife zu verstehen ist.
André Riemer
Der Hauptschulabschluss als bildungspolitisches Postulat und die Wirklichkeit der Ausbildungsreife
Was sagt der Hauptschulabschluss über die (tatsächliche) Ausbildungsreife aus?
Zusammenfassung
Wenig überraschend stammt dieses Zitat aus der Wirtschaft – indes überrascht der Zeitpunkt dieser Mängelrüge schon: Denn es war im Jahr 1965(!), als der (seinerzeit noch unter diesem Namen fi rmierende) Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) die Auswertung von Ergebnissen von Tests mit Lehrlingen, die die Volksschule mit einem Abschusszeugnis verlassen haben, unter der Überschrift: „Warum werden unsere Lehrlinge immer schlechter?“ (Bild Zeitung vom 8. Januar 1965, zitiert nach Berufsbildende Schule Wissen, 2005; siehe auch: Goddar, 2010) veröffentlichte.
Cortina Gentner, Jörg Meier
Die Berufsberatung in der Wahrnehmung Jugendlicher – zwei Jahre nach Einführung des Kriterienkatalogs zur Ausbildungsreife
Zusammenfassung
Seit Einführung des Kriterienkatalogs für Ausbildungsreife 2006 sollen die Berufsberater die Fähigkeit einer erfolgreichen Ausbildungsdurchführung der Jugendlichen abschätzen. Die Defi nition der Ausbildungsreife soll für Betriebe, Jugendliche, Schulen und Eltern Klarheit bezüglich der in der Ausbildung benötigten Anforderungen schaffen. Für die Berufsberater ist sie zugleich eine Handreichung für ihre tägliche Arbeit mit den Jugendlichen. Als negative Konsequenz müssen sich Berufsberater im Spannungsfeld zwischen den Erwartungen der Jugendlichen an eine hilfreiche Beratung und dem Wunsch der Unternehmen nach geeigneten Auszubildenden neu positionieren. Dabei lässt die Defi nition des Kriterienkatalogs den Beratern einen Interpretationsspielraum bei der Beurteilung der Ausbildungsreife.
Philipp Struck

Ursachen mangelnder Ausbildungsreife

Frontmatter
Pflegen oder pflücken? Ausbildungsreife als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Zusammenfassung
Schön gewachsen ist er, weder Unkraut, Unwetter noch Schädlinge konnten ihm was anhaben. Rotleuchtend, appellierend zum Pfl ücken und Verbrauchen. Reif. Schon hat man ein Bild vor Augen: So soll sie sein, die Frucht. Ähnliches suggeriert der Begriff Ausbildungsreife. Reif sein für eine Ausbildung, egal welche. Wie man es geworden ist, die Bedingungen zur Reife stehen nicht im Vordergrund. Man ist es, oder eben nicht. Ob der Begriff der Reife überhaupt geeignet ist, die Entwicklungen von Fähigkeiten zur Ausbildungsaufnahme zu beschreiben oder ob der Blick nicht viel mehr auf die Bedingungen gerichtet werden muss, unter denen sich diese Fähigkeiten entwickeln, soll nachfolgend erläutert werden.
Peter Straßer
„Moratorium 2.0“. Oder: Wie das Übergangssystem in Sozialisations- und Individuationsprozesse eingreift
Zusammenfassung
Die „Jugend … ist ein Produkt und Projekt der europäischen Moderne“, so spitzt der bekannte Jugendsoziologe Richard Münchmeier zu, wenn er die besondere Rolle des Jugendalters in unserer Zeit beschreiben will (Münchmeier, 2002, S. 101/102). Die Befunde der Jugendforschung sind in der Tat deutlich: Die Moderne öffnete allmählich – seit vielleicht 250 Jahren – einen „Bildungs- Zwischenraum“ zwischen Kindheit und Erwachsenenleben (Gillis, 1994). Diesen Zwischenraum nennen wir „Moratorium“. Waren anfangs die männlichen Heranwachsenden des Adels und der bürgerlichen Schichten gemeint, die sich auf den Ritterakademien, im Gymnasium oder in der Universität in einem tendenziellen Freiraum bewegten und (selbst-) bilden konnten, so eroberten im 20. Jahrhundert auch die Arbeitersöhne und – noch später – die Arbeitertöchter einen von den Zwängen des Erwerbslebens halbwegs entkoppelten – schulisch strukturierten – Freiraum, den auch sie für die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit nutzen konnten.
Arnulf Bojanowski

Alternative Erfassungen

Frontmatter
Berufswahlkompetenz. Versuch einer zeitgemäßen Operationalisierung der Berufswahlreife
Zusammenfassung
Das Konzept der Berufswahlreife, das Super vor über 50 Jahren als Index für eine altersgemäße Berufsentwicklung einführte1, erlebt gegenwärtig eine Renaissance. Die Zahl der Veröffentlichungen zu dem Thema ist nach Jahren relativer Stagnation auch im deutschsprachigen Raum wieder angestiegen (u.a. Läge & Hirschi, 2008) und es ist von Experten der berufl ichen Ausbildung als ein Aspekt der Ausbildungsreife herangezogen worden (Expertenkreis Ausbildungsreife, 2006).
Günter Ratschinski
Ausbildungsreife oder Berufswahlkompetenz – ein förderpädagogischer Strukturierungsversuch mit dem Identitätsstatus-Modell
Zusammenfassung
Ausbildungsreife ist ein vielschichtiger Begriff und fi ndet seit seiner grundlegenden Defi nition im Kriterienkatalog des Nationalen Pakts (Bundesagentur für Arbeit, 2006) eine breite Verwendung. Trotz dieser Verwendung muss eine grundsätzliche Kritik an der Konstruktion des Begriffes geübt werden. Ratschinski (in diesem Band, S. 28f.) wendet sich z. B.
Frank Ahrens
Längst kommt das Neue: Benachteiligte gestalten die Krise
Zusammenfassung
Die etwas kryptische Überschrift dieses Beitrags ist dem Aufsatz Homi K. Bhabhas (2000) „Wie das Neue in die Welt kommt: Postmoderner Raum, postkoloniale Zeiten und die Prozesse kultureller Übersetzung“ entlehnt und kennzeichnet den Versuch, dessen Konzept eines „dritten Raum[s]“ (ebd., S. 326) innerer Verhandlung von der Figur des postkolonialen Migranten auf (durchaus auch inländische) benachteiligte Jugendliche zu übertragen. Er basiert auf einem Vortrag, den ich anlässlich des 40jährigen Jubiläums eines Niedersächsischen Bildungsträgers gehalten habe und ist überwiegend in essayistischem Duktus belassen. Ich greife dabei auf zentrale Ergebnisse meiner noch unveröffentlichten Dissertation (Koch, 2010) zurück, in der ich den Traditionslinien benachteiligter Jugendlicher in einer ländlichen Region Niedersachsen nachgegangen bin und im Anschluss an Pierre Bourdieu (1987; 2001) zentrale Strategien tradierter Habitus nachzuweisen versucht habe. Soweit nicht gesondert gekennzeichnet, beziehen sich sämtliche Ausführungen auf diese Arbeit.
Martin Koch

Professionelle Zuständigkeiten

Frontmatter
Das Konstrukt der Ausbildungsreife und Wirksamkeiten Sozialer Arbeit am Übergang Schule-Beruf
Zusammenfassung
Die Begründungszusammenhänge und Konnotationen, mit denen das Thema der Ausbildungsreife vorwiegend verbunden wird, können geradezu als Einladung zur kritischen Refl exion aus Sicht der Sozialen Arbeit in der berufl ichen Integrationsförderung verstanden werden. So wird die vermeintlich mangelnde Ausbildungsreife junger Menschen in vielen Diskussionen der medialen und fachlichen Öffentlichkeit lediglich auf das Individuum reduziert, während gesamtgesellschaftliche Entwicklungslinien, veränderte Anforderungen des Arbeitsmarktes, defi zitäre Voraussetzungen im Bildungssystem sowie grundlegende Hürden am Übergang Schule-Beruf nicht hinreichend differenziert einbezogen werden. Gleichermaßen ist festzuhalten, dass der Ausbildungsreifebegriff vornehmlich von Seiten der Wirtschaft verwendet und geprägt wird, was mit einer an spezifi schen Interessen orientierten Perspektive verbunden ist (Rebmann & Tredop, 2006, S. 93ff.).
Christian Bleck
Berufsorientierung als Bildungsherausforderung für Jugendhilfe und Schule
Zusammenfassung
Seit 20 Jahren bleiben in Deutschland etwa 15 % eines Altersjahrgangs der nachwachsenden Generation ohne eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Knapp 8 % verlassen die Schule ohne einen Abschluss. Diese und ähnliche Werte werden angesichts der heute etablierten Mindestvoraussetzungen für den Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung zu Recht als Indikatoren einer Krise gedeutet. Allerdings sind diese Werte zugleich – von kurzzeitigen Schwankungen abgesehen, die aber immer oberhalb von 10 % bzw. 7 % lagen – Bestwerte in der historischen Entwicklung des deutschen Bildungswesens. Noch bis in die die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts lag die Quote derer, die über keine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verfügten, in der Nähe von 50 % und die Quote der Abgänger ohne Schulabschluss lag knapp unter 20 %. Mochte es vor 50 Jahren mit oder ohne Schulabschluss noch vertretbar sein zu überlegen, ob man im Anschluss an die Schule nicht gleich „mit dem Geldverdienen beginnen“ und dafür auf eine Ausbildung verzichten sollte, so fehlen dafür heute alle Voraussetzungen auf der Seite des Arbeitsmarktes und des Beschäftigungssystems.
Hermann Rademacker

Förderansätze

Frontmatter

Institutionelle Förderung

Das „Neustädter Modell“ – ein präventives Übergangssystem! Berufl iche Bildung für Haupt- und Realschüler
Zusammenfassung
Das hier beschriebene „Neustädter Modell“ wurde bundesweit mehrfach ausgezeichnet. So überreichte der Bundespräsident der Kooperativen Gesamtschule Neustadt a. Rbge. den ersten Preis des Wettbewerbs „Deutschlands beste Schulen, die zur Ausbildungsreife führen“ der Hertie-Stiftung. Beim bundesweiten Wettbewerb „Deichmann-Förderpreis gegen Jugendarbeitslosigkeit“ standen die Kooperative Gesamtschule Neustadt a. Rbge. und die Berufsbildenden Schulen Neustadt a. Rbge. erneut an der Spitze der Preisträger. Bildungspolitiker und Schulleitungen aus anderen Bundesländern sind häufi g in Neustadt a. Rbge. zu Gast, um eine Übertragung des Modells zu prüfen.
Bernhard Marsch, Marina Poppe, Christine Buchholz, Herwig Dowerk, Martina Klemke
Übergänge schaffen – die Berufseinstiegsklasse (BEK)
Zusammenfassung
Der Bildungsgang Berufseinstiegsklasse stellt seit dem Schuljahr 2009/10 ein Regelangebot der „Berufseinstiegsschule“ dar. Neben der Berufseinstiegsklasse ist auch das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zur neu etablierten „Berufseinstiegsschule“ zu zählen. Beide Bildungsgänge werden in Vollzeitunterricht durchgeführt. Der Bildungsgang „Berufseinstiegsklasse“ wurde im Schuljahr 2006/2007 zunächst als Schulversuch in Niedersachsen eingerichtet. Der nachfolgende Beitrag referiert Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung der Jahre 2006 – 2008. Zur Anreicherung der Materialien wurden im Sommer 2011 stichprobenartig, nicht repräsentative Telefoninterviews mit Lehrenden von vier Pilotschulen durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung finden sich im Abschnitt „Nacherhebung“.
Melanie Held, Peter Straßer

Inhaltliche Förderschwerpunkte

Ist Kooperatives Lernen eine geeignete Lernform für Jugendliche in der Berufseinstiegsklasse?
Zusammenfassung
Die schulische Berufsvorbereitung soll die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen sichern, ihnen berufl iche Handlungskompetenz vermitteln und sie auf die wachsenden Anforderungen des sich stetig wandelnden Arbeitsmarktes vorbereiten. In der Berufseinstiegsklasse (BEK) liegt dabei ein besonderes Augenmerk auf der Stärkung der sozialen Kompetenzen der Schüler. Insbesondere sollen deren „Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit, Ausdauer, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit“ (Nds. Kultusministerium, 2010, S. 4) gefördert werden. Zur Förderung sozialer Kompetenzen sind laut einschlägiger Literatur insbesondere offene Lernumgebungen, in denen die Schüler kooperativ in der Gruppe arbeiten, geeignet. War kooperatives Lernen in den 1960er Jahren noch relativ unbekannt, so ist es heute eine gängige und anerkannte Unterrichtsmethode im gesamten Bildungsbereich (Johnson & Johnson, 2008, S. 16).
Isabell Palwitz, Ariane Steuber
Sprachbildung im Kontext beruflicher Tätigkeiten – auf der Suche nach einer methodisch-didaktischen Konkretisierung
Zusammenfassung
Sprachkompetenzen sind „Einstellungskriterium und (…) Zugangsvoraussetzung für die Teilnahme an berufl icher Arbeit und Bildung“ (Pätzold, 2010, S. 168). Trotz des Wandels in der Arbeitswelt gelten nach wie vor die klassischen Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechtschreiben) als zentrale Anforderungskriterien zur Feststellung von Ausbildungsreife. Der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland defi niert im Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife Mindestanforderungen an die sprachlichen Kompetenzen von „ausbildungsreifen“ Jugendlichen. Diese werden in den Merkmalsbereichen „Schulische Basiskenntnisse“ und „Psychologische Leistungsmerkmale“ aufgeführt. Im Merkmal Rechtschreiben wird von den Jugendlichen das fehlerfreie Schreiben und verständliche Formulieren einfacher Texte verlangt. Zur Feststellung werden u.a. Schulnoten herangezogen. Des Weiteren sollen die Jugendlichen Texte sinnentnehmend lesen und adressatengerecht in deutscher Standardsprache kommunizieren können.
Ariane Steuber
Bildungsförderung durch Sport?
Retrospektive auf ein ambitioniertes Sportprojekt mit benachteiligten Jugendlichen
Zusammenfassung
In diesem Buchbeitrag wird die Fragestellung diskutiert, ob Sport und Bewegung eine Bildungsrelevanz für benachteiligte Jugendliche besitzen. Es geht es um das sportliche Sich-Bewegen unabhängig davon, ob es im Kontext von Verein, Schule, im Jugendzentrum oder auf der Straße stattfi ndet. Wie verhält sich der Sport gegenüber benachteiligten Jugendlichen? Wie verhalten sich benachteiligte Jugendliche zum Sport? Sport und Bewegung wird ein breites Spektrum an positiven Funktionen zugeschrieben. Hierzu gehören gesundheitsbezogene, persönlichkeitskeitsbildende, kompetenz- und bildungsfördernde Zuschreibungen (Laging, 2008). Gibt es einen Transfer auf den Berufsund Ausbildungsbereich? Der Sport gilt als mittelschichtsorientiert. Können dennoch auch Benachteiligte profitieren?
Claudia Tunsch
Transnationale Mobilitätsprojekte als didaktischer Weg zur Ausbildungsreife
Zusammenfassung
Im vorliegenden Artikel soll sich dem Thema Ausbildungsreife aus einer pädagogischen Sicht genähert werden, indem ein bestimmter Ansatz von Mobilitätspädagogik für die Benachteiligtenförderung vorgestellt wird. Mobilitätsprojekte sollen als didaktisches Element diskutiert werden, die das Lernen sozialer Kompetenzen fördern sollen. Da die Zielgruppe sozial benachteiligter Jugendlicher im Fokus steht, sollen vor allem die sozialen Aspekte von Ausbildungsreife Beachtung fi nden. Durch die differenzierte Benennung sozialer Kompetenzen und deren Einbettung in eine übergeordnete Mobilitätspädagogik sollen sowohl der derzeitige Forschungsstand abgebildet werden als auch konkrete Antworten auf eine Didaktik der Benachteiligtenförderung gegeben werden.
Sonja Sterner
Ausbildungsreife, Berufsvorbereitung und berufliche Benachteiligtenförderung: Ein kurzes Resümee
Zusammenfassung
Der Begriff „Ausbildungsreife“ konnte sich erst etablieren, nachdem Lehrlinge in Auszubildende umbenannt wurden und Lehre in Ausbildung. Das ist 1969 im ersten Berufsbildungsgesetz geschehen. Davor sprach man von Berufsreife oder Berufswahlreife. Ausbildungsreife wurde schnell zum Zielbegriff pädagogischer Maßnahmen der Berufsvorbereitung. In den „Lehrgängen zur Förderung der Berufsreife (LFB)“ Mitte der 1970er Jahre wurde neben Berufsreife auch Ausbildungsreife als Maßnahmenziel genannt (Bobzien, Fahle & Popp, 1979). Der Begriff ist intuitiv leicht verständlich und deshalb gern genutzt. Er erfüllte in verschiedenen Zusammenhängen unterschiedliche Funktionen. Zuletzt wird er als allgemeine Klage über die Mangelzustände der Bewerber um Ausbildungsplätze herangezogen. „Fehlende“ und „mangelnde Ausbildungsreife“ sind zu stehenden Begriffen geworden. In der politischen Auseinandersetzung haben es die Arbeitgeber verstanden, ihn „als Vermittlungshemmnis im Übergang von der Schule in den Beruf dauerhaft auf die Agenda zu setzen“ (Riemer, in diesem Band) und damit ein Argument für die Vermeidung der angedrohten Ausbildungsabgabe zu liefern.
Günter Ratschinski, Ariane Steuber
Backmatter
Metadaten
Titel
Ausbildungsreife
herausgegeben von
Günter Ratschinski
Ariane Steuber
Copyright-Jahr
2012
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-94286-5
Print ISBN
978-3-531-18274-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-94286-5