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30.12.2013 | Automobil + Motoren | Schwerpunkt | Online-Artikel

Das Technik-Jahr 2013

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

7 Min. Lesedauer

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Emissionsarme Mobilität, umweltschonendes Bauen, Industrie 4.0, Klimawandel und Energiewende: Das Thema Nachhaltigkeit hat die Berichterstattung der Springer für Professionals Technik-Redaktion in diesem Jahr bestimmt. Ein Blick zurück auf 2013.

Nachhaltigkeit ist zu einem wichtigen Handlungsprinzip in unserer Gesellschaft geworden. Kaum ein Industriezweig kommt heute ohne nachhaltiges Handeln aus. Bei der Herstellung von Produkten kommt es längst nicht mehr nur auf Qualität und Wirtschaftlichkeit an. Vielmehr sollen Produkte so umweltschonend und nachhaltig wie möglich produziert werden. Ökobilanzen oder der CO2-Fußabdruck von Produkten sind zu wichtigen Kriterien bei der Kaufentscheidung geworden.

Markt für grüne Technologien wächst

Die Märkte für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz haben sich in Deutschland wie auch global zu wichtigen Wirtschaftsfaktoren entwickelt, wie die im Auftrag des Bundesumweltministeriums erarbeitete Studie "GreenTech made in Germany 3.0" zeigt. Im Jahr 2011 erreichte das globale Volumen für diese Märkte 2.044 Milliarden Euro. Im Jahr 2025 soll es nach Schätzungen mit über 4.400 Milliarden Euro mehr als doppelt so groß sein.

Mit der Green Economy sind demnach große Marktchancen und Potenziale verbunden. Umwelt- und Effizienztechnologien treiben das Wachstum und die technischen Innovationen entlang der industriellen Wertschöpfungskette an. Ob Automobilbau, Maschinen- und Anlagenbau, die Elektrotechnik, die chemische Industrie, die Energie-und Umwelttechnik oder das Bauwesen - alle Industriezweige profitieren vom Trend zur nachhaltigen Entwicklung. Energie- und Rohstoffeffizienz wird mehr und mehr zum Wettbewerbsfaktor.

Emissionsarme Mobilität

Betrachtet man den Automobilbau im Hinblick auf Nachhaltigkeit, dann sollen hier vor allem schädliche Emissionen und Schadstoffeinträge in die Umwelt noch stärker vermieden werden. Das betrifft die CO2-Emssionen, aber auch die NOx- und Partikelschadstoffe. Vor allem Partikelemissionen rücken derzeit wieder in den Fokus der Entwickler und Öffentlichkeit. Denn diese ultrafeinen Partikel haben deutliche negative Auswirkungen auf das Klima und die Gesundheit der Menschen. Vor allem Ottomotoren mit Direkteinspritzung sind wohl gefährlicher für Umwelt und Gesundheit als bislang angenommen. Tests, die die Deutsche Umwelthilfe bei der Abgasprüfstelle der Fachhochschule Bern in Auftrag gegeben hat, sollen das bestätigen. Die Forscher haben herausgefunden, dass der Ausstoß gefährlicher Partikel im realen Straßenverkehr deutlich höher ist als im Testlabor. Im Beitrag "Ottomotoren mit Direkteinspritzung sind schmutziger als gedacht" aus dem Channel Automobil- und Motorentechnik werden die genauen Ergebnisse der Untersuchung erläutert.

Nachhaltiges Kleben und Bauen

Nachhaltige und emissionsarme Mobilität ist auch eng mit dem Thema Leichtbau verknüpft. Denn werden das Gewicht und die Funktion bewegter Masse optimiert, dann ergibt sich ein beachtliches Potenzial, den Rohstoff- und Energiebedarf nachhaltig zu minimieren. Immer häufiger verwenden neben dem Automobilbau verschiedenste Industrien neue Materialien und Konstruktionsweisen, um "klassische" Werkstoffe wie Stahl und Leichtmetall durch Faserverbundkunststoffe zu ersetzen. Das soll Gewicht reduzieren und damit Energie sparen. Mit dem Einsatz von Verbundwerkstoffen kommen auch neue Fertigungs- und Reparaturmethoden zum Tragen, insbesondere die Klebtechnik.

Vor allem bei der Verbindung unterschiedlicher Materialien und Werkstoffe sind Klebstoffe das Mittel der Wahl. Ohne die Klebtechnik wäre es oftmals kaum möglich, nachhaltige Produkt-, Prozess- und Systemlösungen zu realisieren, wie im Artikel "Nachhaltig, weil geklebt" erläutert wird. So spielen bei alternativen Energiegewinnungstechnologien Klebstoffe eine wichtige Rolle. Beispielsweise werden die Rotorblätter moderner Windenergieanlagen, die aus glasfaserverstärktem Kunststoff bestehen, zum Großteil mithilfe von Klebstoffen gefügt. Oder man baut die Türme für Windkraftanlagen zukünftig aus Holz statt aus Beton oder Stahl. Die unter Einsatz der Klebtechnik realisierten Holztürme wären eine ökologische und ökonomische Alternative zur bisherigen Bauweise.

Überhaupt sind im Bereich des Bauwesens innovative Entwicklungen beim ressourcenschonenden Bauen und beim Einsatz nachhaltiger Materialien ein wichtiges Thema in diesem Jahr gewesen, wie zum Beispiel aus der Serie "Nachhaltigkeit beim Bauen" des Channels Bauwesen hervorgeht. Die zunehmende Anwendung umweltschonender Oberflächentechniken unterstreicht diesen Trend - beispielsweise bei der Umstellung auf eine chromfreie Vorbehandlung von Aluminiumprofilen für Gebäudefassaden.

Lesen Sie mehr zu den Themen Industrie 4.0, energieeffiziente Leistungselektronik und Energiewende auf Seite 2.

Mit Industrie 4.0 effizient produzieren

Nach allen Beobachtungen am Markt wird die zunehmende Digitalisierung in der Industrie auch die bisherigen Engineering-Prozesse im Maschinenbau Schritt für Schritt ändern. Stichwort ist hier Industrie 4.0. Die Produktion der Zukunft muss intelligent, wandelbar, effizient und nachhaltig sein, möchte sie wettbewerbsfähig bleiben. Künftig steuern Produkte ihren Fertigungsprozess selbst und nach individueller Nachfrage. Produkt- und Produktionssysteme sind über System- und Firmengrenzen miteinander vernetzt. Die Grundlage dieser Entwicklung, kurz unter dem Begriff Industrie 4.0 gefasst, sind cyber-physische Systeme, die reale Objekte mit der virtuellen Welt verbinden. Durch die Möglichkeiten der cyber-physische Systeme ließen sich Produktionslinien schnell umgestalten und anpassen. Damit können auch Kleinserien und individuelle Produkte rentabel gefertigt werden. Eine intelligente Energie- und Prozesskontrolle soll eine effizientere Produktion ermöglichen. Jedoch zeigen sich die Maschinen- und Anlagenbauer bei Industrie 4.0 noch zurückhaltend, wie aus dem Artikel "Industrie 4.0: Maschinen- und Anlagenbau zögerlich" hervorgeht. Hingegen sind die deutschen Early Adopters von Industrie 4.0 vor allem die Automobilzulieferer.

Energieeffiziente Leistungselektronik

Doch nicht nur die Produktion insgesamt, sondern auch jede elektronische Komponente muss vor dem Hintergrund einer ressourcenschonenden Zukunft energieeffizient arbeiten. Die Energieeffizienz komplexer elektronischer Systeme war deshalb auch im Bereich der Elektrotechnik in diesem Jahr ein wichtiges Thema. Denn Mikrocontroller steuern Fahrzeugantriebe und Industrieanlagen, elektronische Bauteile helfen bei der schnellen Datenübertragung und Leistungselektronik regelt die Energieversorgung. Die Weiterentwicklung dieser Systeme zu größerer Energieeffizienz ist wichtig, um die Elektromobilität weiter auf den Weg zu bringen oder um Klimaschutzziele zu erreichen. Beispielsweise hat Norbert Pieper vom Elektronikhersteller Vishay im Interview mit dem E-Technik-Channel erzählt, wie einfach es ist, etwa mit spannungsgesteuerten Leistungshalbleitern, sogenannten IGBTs, energieeffiziente Schaltungen zu entwickeln.

Volatile Energieträger besser speichern

Hocheffiziente Leistungselektronik und innovative elektronische Systeme sind auch nötig, wenn in Zukunft ein großer Teil des Energiebedarfs durch Wind- oder Sonnenergie gedeckt werden soll. Denn für die Einspeisung und die Verteilung des Stroms im Netz sind komplexe Elektroniksysteme notwendig. Intelligente Elektronik kann zum Beispiel einen Solarstromspeicher bereits bei geringer Sonneneinstrahlung laden, wie der ASD Sonnenspeicher zeigt. Das System ist kürzlich mit dem German Renewables Award vom Cluster Erneuerbare Energien Hamburg ausgezeichnet worden. Da viele erneuerbare Energien wie Strom aus Windkraft und Photovoltaik stark fluktuierend anfallen, müssen geeignete Techniken entwickelt werden, um diese volatilen Energieträger besser zu speichern. Hier sind in der vergangenen Zeit sichtbare Fortschritte erzielt worden. Eine Speichertechnik mit ausreichender Kapazität, die wetterbedingte Stromüberschüsse langfristig aufbewahren kann, hat zum Beispiel das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gemeinsam mit Partnern weiter entwickelt. Die Wissenschaftler glauben an die Lösung der Speicherproblematik durch "Power-to-Gas": H2O-Elektrolyse und Methanisierung.

Stockende Energiewende

Um allerdings eine Wende weg von der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Öl und Kohle und der Spaltung von Uran hin zu den erneuerbaren Energien zu schaffen, ist eine effektive Energie- und Klimapolitik notwendig. Eine solche Politik muss nicht nur den unerwünschten Klimawandel durch erneuerbare Energien vermeiden, sondern auch Anpassungsstrategien an die Folgen des Klimawandels umfassen. Fachleute warnen aber derzeit vor einer zu langsamen Weiterentwicklung der Energiewende. Denn die im neuen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD enthaltenen Vereinbarungen verlangsamen den Ausbau der erneuerbaren Energien, wie aus dem Artikel "Fortschreitende Energiewende oder Wendemanöver?" aus dem Channel Energie + Umwelt hervorgeht.

Im Energie-Kapitel des Koalitionsvertrages finden sich zwar die grundlegenden Ziele des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) wie Klimaschutz, EE-Ausbau und Energieeffizienz wieder. Allerdings lassen sich inhaltliche und strategische Abweichungen ausmachen: Mit den neuen EE-Ausbauzielen von 40 bis 45 Prozent bis 2025 beziehungsweise 55 bis 60 Prozent bis 2035 wird die Dynamik der Energiewende verlangsamt beziehungsweise verschoben. Damit droht das auch vom SRU nach wie vor kategorisch geforderte 2-Grad-Klimaziel aus dem Blick zu geraten.

Um Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz nachhaltig voranzutreiben, sind vereinte Anstrengungen notwendig. Technische Entwicklungen und Forschungsarbeiten können ihren Beitrag zu einer Green Economy leisten. Doch ohne unterstützende gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen bleibt Nachhaltigkeit ein Lippenbekenntnis. Nachhaltigkeit ist ein Gemeinschaftsprojekt.

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