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2017 | Buch

Der Zahlen gigantische Schatten

Mathematik im Zeichen der Zeit

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Über dieses Buch

Wie sehr Zahlen die vielfältigen Aspekte des Daseins durchdringen, ist wenig bekannt, und kaum jemand scheint bisher ermessen zu haben, wie unfassbar weit der Zahlen lange Schatten reichen. Das Buch spürt diesen Schatten nach und gelangt unversehens zu überraschenden Einsichten. Nicht was die Zahlen sind, wird hier erzählt, sondern was sie bedeuten.In der vorliegenden Neuauflage des Buches wurden zwei weitere Kapitel aufgenommen, die das weite Themenfeld ergänzen und abrunden: In ihnen wird erzählt, wie einerseits der eminenteste Philosoph des 20. Jahrhunderts darum rang, Sprache und Zahlen, Intuition und Regelwerk zueinander in Beziehung zu setzen, und wie es andererseits einem stillen französischen Gelehrten gelang, den Zahlen selbst ihre Geheimnisse zu entlocken. So treten zu den ursprünglichen acht Protagonisten Bach, Bohr, Descartes, Hofmannsthal, Laplace, Leibniz, Pascal, Pythagoras noch Fermat und Wittgenstein als neunter und zehnter hinzu, wodurch das Buch einen guten Abschluss erfährt, da nach Pythagoras die Zahl zehn jene der Vollkommenheit ist.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Pythagoras: Zahl und Symbol
Zusammenfassung
Niemand weiß, wie Pythagoras von Samos auf den Gedanken verfiel, alles, der gesamte Kosmos, uns selbst mit eingeschlossen, wäre Zahl. Die spärlichen historischen Indizien veranlassen bloß zu vagen Vermutungen: Eine knappe Generation vor Pythagoras, knapp 600 Jahre vor Beginn der christlichen Ära, lebte Thales von Milet, und es ist nicht ausgeschlossen, dass der junge Pythagoras im Zuge seiner ausgedehnten Bildungsreisen neben vielen anderen Weisen auch Thales, den ersten aller Philosophen, kennenlernte. Wir können die Zeit, in der Thales lehrte, deshalb recht genau fixieren, weil es ihm gelang, die totale Sonnenfinsternis am 28. Mai des Jahres 585 v. Chr. vorherzusagen – genau zu jenem Zeitpunkt, als eine Schlacht zwischen dem Heer des Lydiers Alyattes und jenem der Meder tobte: die Lydier gewannen, denn Alyattes war von Thales auf das Himmelsphänomen vorbereitet worden, während die entsetzten Meder angesichts der plötzlichen Verfinsterung des Himmels ihre Waffen fallen ließen.
Rudolf Taschner
Bach: Zahl und Musik
Zusammenfassung
Erklingt eine der Kompositionen Mozarts, Haydns, Beethovens, Schuberts oder Johann Sebastian Bachs, sind wir von der Tiefe des musikalischen Ausdrucks, den genialen Einfällen, den kunstvollen Verarbeitungen hingerissen. Verändert man nur eine Note, hören wir den Misston; lässt man nur eine Phrase aus, bricht das Werk in sich zusammen. Es ist dem rational-analytischen Denken sicher nicht gegeben, die Schönheit der musikalischen Komposition eines Genies auszuloten, sachliche Begriffe kennzeichnen nur unzureichend den im Kunstwerk verborgenen Gehalt.
Rudolf Taschner
Hofmannsthal: Zahl und Zeit
Zusammenfassung
Nichts wird geheimnisvoller empfunden als die Zeit. Wir schauen auf eine vergilbte Photographie unserer Groß- oder Urgroßeltern: Wohin sind das Lächeln der Gesichter, der scheue, erwartungsvolle Blick in die Kamera, das unbeholfen ausgedrückte Verlangen nach Zuneigung entschwunden? Wir blicken einem lächelnden, die Arme nach uns ausstreckenden Kleinkind in die Augen: Welches Schicksal wird es ereilen, wie wird es den Liebeskummer und das Streben nach Karriere ertragen, welche Entscheidungen für die Zukunft wird es treffen zu einer Zeit, in der wir selbst nicht mehr leben werden? Und im Rausch des Glücksgefühls dürfen wir – ohne Mephistopheles’ Fesseln fürchten zu müssen – unbesorgt »zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön!« – allein: der Wunsch bleibt unerfüllt, wir können dem Augenblick nicht nach Belieben Dauer verleihen.
Rudolf Taschner
Fermat: Zahl und Geheimnis
Zusammenfassung
»Ein Maulheld!«
So beschimpfte René Descartes seinen Zeitgenossen Pierre de Fermat. Doch der machte sich nichts daraus. Denn er wusste, dass er Descartes, so wie vielen anderen auch, an Scharfsinn und Ideenreichtum überlegen war. Descartes hatte das Koordinatensystem erfunden, um die Punkte des Raumes, ja sogar Kurven und Flächen mit Zahlen fassen zu können. Fermat tat es ihm gleich, schon 1637, noch bevor Descartes in seinen »Discours de la méthode« den Anhang »La Géométrie« beifügte. Darüber hinaus beherrschte Fermat dasHandwerk des Rechnens mit Koordinaten weitaus souveräner als sein rüder Landsmann aus La Haye en Touraine, einem Nest in der Mitte Frankreichs, das heute den Namen seines größten Sohnes trägt: La Haye Descartes, oder einfach nur: Descartes.
Rudolf Taschner
Descartes: Zahl und Raum
Zusammenfassung
»Warum sind die Berge blau?« soll Giordano Bruno als kleiner Bub seinen Vater bei einem Ausflug gefragt und von diesem die Antwort erhalten haben: dies käme daher, weil sie so weit weg sind. Der tiefe Eindruck von den Weiten des Raumes hat Giordano Bruno nie verlassen. Er war so prägend, dass Bruno ihn in seiner ganzen Wucht zu spüren und zu verkünden trachtete. Er war der erste, der – noch ohne dies astronomisch belegen zu können – behauptete: Die Sonne ist nur einer von Legionen von Sternen, die uns aus den uneinholbaren Tiefen des Weltraums entgegenleuchten, so unvorstellbar weit entfernt, dass ihr ursprünglich gleißendes Licht zum matten Schimmer verkümmert.
Rudolf Taschner
Leibniz: Zahl und Logik
Zusammenfassung
Kein Denker war von der Kraft der Logik mehr überzeugt als Gottfried Wilhelm Leibniz und kein anderer Gelehrter war je so universell gebildet wie er. Leibniz zählt zu den Philosophen wie zu den Historikern, zu den Theologen wie zu den Sprachwissenschaftlern, zu den Biologen wie zu den Geologen, zu den Mathematikern wie zu den Logikern, zu den Juristen wie zu den Diplomaten. Beherrscht war sein Denken vom Streben nach einer universellen Methode, mit der man Wissen erlangen und das Wesen des Kosmos verstehen könnte. Schon in jungen Jahren bezieht sich Leibniz auf einen Satz von Hobbes, wonach das Denken ein Rechnen sei. So forschte er nach einer »lingua universalis«, einer von symbolischer Logik geprägten Universalsprache, in der alle Fehler des Denkens in Gestalt von Rechenfehlern aufscheinen sollten.
Rudolf Taschner
Laplace: Zahl und Politik
Zusammenfassung
Zu den wichtigsten Ereignissen in bundesweiten Wahlkämpfen zählen die sogenannten »Elefanten-Runden«. In ihnen debattieren die Spitzenkandidaten der wichtigsten konkurrierenden Parteien untereinander und mit Journalisten vor den Fernsehkameras. Man ahnt kaum, welch dominierende Rolle Zahlen in diesen Konfrontationen spielen: Bei einer vor einigen Jahren stattgefundenen derartigen Veranstaltung warfen während ihrer gesamten Dauer von 90 Minuten die Teilnehmer insgesamt 196 Zahlen zur Unterstützung ihrer Argumente einander und den mehr oder weniger interessierten Wählerinnen und Wählern vor.
Rudolf Taschner
Wittgenstein: Zahl und Sprache
Zusammenfassung
»Onkel Ludwig, komm in den Salon, der Tee kocht schon!«
Wittgensteins Neffe ruft seinen berühmten Onkel herbei, der von Cambridge zu Besuch nach Wien gekommen war, der aber herrscht ihn barsch an: »Der Tee kocht nicht! Das Teewasser kocht.« Diese Szene der heftigen Zurechtweisung prägte sich im Gedächtnis von Wittgensteins Neffen unauslöschlich ein. Seinen Kindern erzählte er davon, wenn diese ihn über Ludwig Wittgenstein befragten, den eigenartigen Großonkel, der ihnen schrullig und unnahbar zugleich geschildert wurde. Er war es in der Tat. Und er war ein Gigant.
Rudolf Taschner
Bohr: Zahl und Materie
Zusammenfassung
Kaum eine andere naturwissenschaftliche Theorie hat so spektakuläre und nachhaltige Erfolge vorzuweisen wie die Quantentheorie, die uns mitteilt, was die stoffliche »Welt im Innersten zusammenhält«. Bis heute ließ kein einziges physikalisches Experiment leiseste Zweifel an der Gültigkeit dieser fundamentalen Theorie aufkommen – und dies will viel bedeuten, wenn man bedenkt, dass so hervorragende Physiker wie Albert Einstein und Erwin Schrödinger die Position der Quantentheorie als ein in sich geschlossenes Theoriengebäude ablehnten: sie meinten, dass es sich dabei um ein zwar brauchbares, aber noch verbesserungswürdiges System vorläufiger Hypothesen handle. Alle bisherige Erfahrung lehrt hingegen, dass sich Einstein und Schrödinger in ihrer Skepsis täuschten.
Rudolf Taschner
Pascal: Zahl und Geist
Zusammenfassung
L’homme n’est qu’un roseau, le plus faible de la nature, mais c’est un roseau pensant.
Nur ein Schilfhalm, das Zerbrechlichste in der Welt, ist der Mensch, aber ein Schilfhalm, der denkt. Das Universum hat es nicht nötig, sich zu wappnen, um ihn zu vernichten: ein Windhauch, ein Wassertropfen genügen, ihn zu töten. Aber selbst wenn das Universum ihn vernichten würde, so wäre der Mensch doch edler als das, was ihn zerstört, denn er weiß, dass er stirbt, und er weiß von der Übermacht des Weltalls über ihn. Das Weltall aber weiß nichts davon. Die ganze Würde des Menschen besteht im Denken, an ihm müssen wir uns aufrichten und nicht am Raum oder an der Zeit, die wir doch nie ausschöpfen werden. Bemühen wir uns daher, richtig zu denken, das ist die Grundlage angemessenen Verhaltens.
Blaise Pascal notierte diese Worte im Bewusstsein der Erbärmlichkeit menschlicher Existenz, ausgeliefert einer kalten, seelenlosen Welt, preisgegeben dem Verfall. Und er findet im Menschen Größe und Elend zugleich: »Der Mensch weiß, dass er hinfällig ist: Also ist er hinfällig, da er es ist. Groß aber ist er, weil er es weiß.«
Rudolf Taschner
Backmatter
Metadaten
Titel
Der Zahlen gigantische Schatten
verfasst von
Rudolf Taschner
Copyright-Jahr
2017
Electronic ISBN
978-3-658-13893-6
Print ISBN
978-3-658-13892-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-13893-6