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2008 | Buch

Design als Rhetorik

Grundlagen, Positionen, Fallstudien

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Über dieses Buch

Auf welche Art wirkt und überzeugt Design? Was wissen GestalterInnen von den Regeln, die sie, teilweise unbewusst, anwenden? Die zeitgenössische Designforschung entwickelt zunehmend ein Interesse an den rhetorischen Mechanismen der Design-Praxis.

Der vorliegende Sammelband stellt die klassische Kommunikationslehre der Rhetorik als eine neue und umfassende Metatheorie des Designs vor. Sie betrifft prinzipiell alle Bereiche heutigen Designs – vom Grafik-Design über die Architektur bis zur Interfacegestaltung.

"Design als Rhetorik" führt drei Bereiche zusammen: Das Buch stellt die historisch relevanten Texte vor und bildet als Positionsbestimmung die kontroverse zeitgenössische Diskussion ab. Zudem versammelt es in Fallstudien Beiträge zu den wichtigsten Forschungsfeldern wie etwa „Interaktive Rhetorik", „Rhetorik Design und Gender", „Rhetorik des World Wide Web".

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Design als Rhetorik
Auszug
Dieser Sammelband widmet sich der Rhetorik als Kompetenz zur Beschreibung und zum Verstehen von Design. Solche Versuche wurden in den letzten vierzig Jahren punktuell immer wieder einmal unternommen, ohne dass daraus eine konsistente, rhetorisch informierte Designtheorie abgeleitet worden wä re. Warum also diese Grundlegung zu diesem Zeitpunkt? In jüngerer Zeit wä chst im Bewusstsein einer neuen Generation von Designforschern und -forscherinnen das Unbehagen am hermeneutischen Paradigma der meisten derzeitigen Kulturtheorien zum Design. Im Mittelpunkt dieser Modelle stehen oft normative Konzepte des Designs, philosophische Metaphern zur Phä nomenologie der Bilder oder aber kunsthistorische Deutungen entlang gä ngiger Topoi. Kurzum: dem Design nachgeschaltete überlegungen, die sich auf die fassbaren Artefakte oder historischen Umstä nde beziehen. Um den Gestaltungsprozess und seine Bedingungen in der Praxis geht es in der Regel nicht. Wir hingegen, selbst als Gestalter praktisch erfahren und deshalb ohne Berührungsä ngste zur Disziplin, suchen nach Modellen, die der Produktionsä sthetik der gestalterischen Praxis Rechnung tragen: Modellen, die unsere gestaltete Welt nicht nur aus der Position der Rezipienten interpretieren, sondern diese Interpretation durch eine Betrachtung der Praxis bereichern und ergä nzen. Unsere Suche zielt auf die Regeln und Zusammenhä nge des Gestaltungsprozesses selbst, auf die impliziten Annahmen und die expliziten Wirkungen der Gestaltung. Ein möglicher systematischer Zugang zu diesen Fragen, so die These der Herausgeber, liegt in der Betrachtung und Nutzung einer über viele Jahrhunderte erprobten und angewandten Erfahrungswissenschaft: der Rhetorik. Ihre Tauglichkeit für dieses Unterfangen, ihre Stä rken wie auch ihre Grenzen sollen deshalb im Folgenden vorgeführt werden.
Gesche Joost, Arne Scheuermann

Grundlagen

aus: Die Beziehungen zwischen Musik und Rhetorik im 16.–18. Jahrhundert (1941)
Auszug
Die Poeterey ist eine stumme Musik, und die Musik ist eine stumme Poeterey“. Dieser Ausspruch eines Dichters des 17. Jahrhunderts ist, glaube ich, mehr als eine schöne Antithese; es liegt ihm ein tiefer Sinn zugrunde. Denn hören wir ein Gedicht vortragen, so schweigt die Musik, die in ihm verborgen liegt , hören wir eine Musik, so schweigt die Poesie, die diese wiederum in sich birgt. Erst in der Verbindung beider, im Lied, in der Arie usw. ergä nzen und verdeutlichen sie sich gegenseitig, dann spricht die Musik für die Poesie und die Poesie für die Musik.
Hans-Heinrich Unger
Visuell-Verbale Rhetorik (1965, 2007)
Auszug
Die Rhetorik gehört zu den kaum erforschten Gebieten des Designs, wenngleich der Designer in seiner alltä glichen Entwurfsarbeit unausweichlich mit rhetorischen Phä nomenen konfrontiert wird. Herstammend aus dem klassischen Altertum, ist die Rhetorik mit der Aura des Traditionellen belastet. Auf den ersten Blick eignet sie sich nicht zum Studium moderner Kommunikation, die vielfach auf den visuellen oder retinalen Raum rekurriert, und die ihre Stä rke aus dem Zusammenspiel von Sprache und Bild sowie Ton und Musik zieht.
Gui Bonsiepe
Aus: The Figure in Film (1983)
Auszug
Ein Tropus wird gemeinhin als ein sprachliches Ausdrucksmittel verstanden, das die übliche Bedeutung der verwendeten Wörter — sozusagen ihre Innerlichkeit — verä ndert, wä hrend in einer Figur die Zusammenstellung der Worte, also ihr ä ußeres Arrangement, umgewandelt wird. Autoren sind unterschiedlicher Meinung, was die Bedeutung dieser beiden Begriffe angeht. Einige bezweifeln, ob diese Unterscheidung überhaupt angebracht ist oder Sinn macht, denn es wird wohl kaum eine Verä nderung in der Wortstellung geben, die überhaupt keine Auswirkung auf die Bedeutung hat. Besonders in dem Begriff rhetorische Figuren bezieht sich das Wort Figur sowohl auf die Tropen als auch auf die Figuren.2 Dies ist nicht nur praktisch, sondern es vermeidet auch eine Unterscheidung, die im Film von nur geringem Wert ist.
N. Roy Clifton
Declaration by Design: Rhetorik, Argument und Darstellung in der Designpraxis (1985)
Auszug
Wenn es ein zentrales Thema in den Designwissenschaften gibt, dann dürfte dies sicherlich das der Kommunikation sein.1 Direkt oder indirekt haben die Kommunikation und ihre benachbarten Themen mehr Diskussionen zur Designtheorie und -praxis in Gang gesetzt als jedes andere. Und damit beziehe ich mich nicht nur auf das Grafikdesign, in dem die Kommunikation ganz offensichtlich das zentrale Anliegen ist, und in dem die Konzepte der klassischen Rhetorik mittlerweile mit vielversprechenden Ergebnissen angewandt werden2, sondern auch auf Design im weiteren Sinne, das vom Industrie- und Produktdesign bis zur Architektur und Stadtplanung reicht, und für das es keine übergreifende Theorie der Rhetorik gibt. Es mag auf den ersten Blick nicht auffallen, doch nehmen die Kommunikation und die Rhetorik in diesem erweiterten Bereich starken Einfluss darauf, wie wir die für den menschlichen Gebrauch gemachten Dinge verstehen. Denken wir nur an die zahlreichen geschichtswissenschaftlichen, soziologischen, ä sthetischen und kulturwissenschaftlichen Studien zum Design in den letzten Jahrzehnten: Sie sind zwar nicht explizit rhetorisch, doch dringen sie in der Behandlung von Themen wie dem Einfluss des Designers und der Wirkung des Designs auf die Konsumentengruppe oder die Gesellschaft weit in den Bereich der Rhetorik vor.3 Ebenso behandeln diese Studien zentrale Aspekte der Rhetorik, wenn sie sich mit dem Designprozess selbst beschä ftigen, mit dem Einfluss der persönlichen Haltungen, Werte oder Designphilosophie des jeweiligen Gestalters oder mit der Art und Weise, in der die sozialen Aspekte der Organisation, des Managements und der Firmenkultur ein Design bestimmen. Wenn darüber hinaus Untersuchungen zur ä sthetik des Designs die Form nicht nur als Wert an sich begreifen, sondern eben auch als Mittel zur Unterhaltung, zur Belehrung und zur Informationsweitergabe — oder ganz allgemein als ein Mittel, den Dingen die für jeden gewünschten Effekt nötige Erscheinung zu verleihen —, dann sind diese Studien auch deshalb rhetorisch zu nennen, weil sie das Design als Vermittlungsinstanz zwischen den Designern und dem intendierten Publikum konzipieren.
Richard Buchanan

Positionen

Beredsamkeit der Formen — Anmerkung zu einer Rhetorik des Designs
Auszug
Das Empfundene wirkt stä rker als das Gedachte: diese Erfahrung finden wir schon in den frühen antiken Erkenntnislehren formuliert. Dass nur Gleiches durch Gleiches wahrgenommen werden kann, war die eine Theorie (Empedokles); dass nur Entgegengesetztes das Entgegengesetzte empfinden könne, behauptete eine andere (Anaxagoras). Einig waren sich alle über die Eindrucksmacht der Sinnlichkeit; selbst für Platon stand fest, dass Empfindungen die Gedanken erwecken, sie hervorziehen. Die Bewertungen, die solche Urteile unweigerlich hervorrufen, wechseln freilich von Fall zu Fall. Für die Sensualisten versteht sich die Qualifizierung von selber. Doch auch Kant betont, dass Begriffe, denen wir Realitä t geben wollen, ohne die Anschauung nicht auskommen; Husserl wird spä ter noch ergä nzen, dass „einsichtige Gedanken“ Sinnlichkeit benötigen.
Gert Ueding
Rhetorisches Gestalten: Zwischen Strategien wä hlen, sich dem Publikum anzupassen
Abstract
Die Rhetorik bietet mit ihrer eindeutigen Fokussierung auf das Publikum Designern und Designerinnen verschiedene Möglichkeiten, die Bedürfnisse und Erwartungen von Anwendern und Anwenderinnen zu antizipieren und jene sogar direkt in den Designprozess miteinzubeziehen. Zu den verschiedenen rhetorischen Ansä tzen, die dem Design zur Verfügung stehen, gehören die klassische Rhetorik, die Situations-Analyse, Nutzer- zentriertes Feedback, die Postmoderne sowie die sozialen Aspekte von Konvention und ä sthetik. Es geht nicht darum, ob die Rhetorik dem Design nützlich sein kann, sondern vielmehr, welcher Ansatz der jeweiligen Designaufgabe mit Hinblick auf ein spezifisches Publikum in einer gegebenen Situation am besten gerecht wird.
Charles Kostelnick
Rhetorik — Design — Macht
Auszug
Der Begriff „Design-Rhetorik“ ist so abstrus wie der Begriff „Koch- Rhetorik“. Zugegeben: Köche wollen bewirken, dass ihre Speisen von den Gä sten bevorzugt werden. Aber sind ihre „Canards à l’orange“, ihre „Tournedos Rossini“ und ihre „Choucroutes “ deshalb rhetorisch?
Heiner Mühlmann
Rhetorik im Kommunikationsdesign
Abstract
Designer und Designerinnen verwenden Farben, Schriften, Bilder und andere grafische Elemente, um greifbare, visuelle Gegenstä nde zu entwickeln, die der Kommunikation mit einem bestimmten Publikum dienen sollen. Dieser Prozess beinhaltet in der Regel den Versuch, dieses Publikum zu beeinflussen oder gar zu überreden. Also muss das, was durch das visuelle Material ausgedrückt wird, glaubhaft und überzeugend sein. Es bietet sich von daher an, das Kommunikationsdesign als rhetorische Praxis zu betrachten. Um den heutigen Herausforderungen in Gesellschaft, Technologie und multimedialen Kommunikationsbereichen gerecht werden zu können und um die Komplexitä ten und Limitierungen zu meistern, die der Gestaltung des Kommunikationsprozesses und den daraus resultierenden Produkten zu eigen sind — so die Argumentation einiger Designschaffender —, bedarf das Design nicht nur eines Könnens, sondern auch eines Wissens im Sinne einer wissenschaftlichen Grundlage.
Hanno Ehses

Zwischenspiel

Sichtbare Rhetorik im Alltag — ein Augenschein
Auszug
„Man geht einen ansteigenden Waldweg hinauf und sieht um sich, um einen Ast zu finden, den man als Stock verwenden kann. Der Augenblick, in dem man den Entschluss gefasst hat, sich solcherart umzusehen, hat nicht allein zur Folge, dass sich das bisherige Ausblicken auf den Wald vollkommen verä ndert, sondern dass sich das Aussehen des Waldes ebenso vollkommen verä ndert.“1
Christian Jaquet

Fallstudien

Bildrhetorik der Frühen Neuzeit — Gestaltungstheorie der Antike. Paradigmen zur Vermittlung von Theorie und Praxis im Design
Auszug
In mancher Hinsicht findet sich die Designpraxis heute in derselben Lage wie die bildenden Künste um 1400. Das gestalterische Tun steht derzeit sogar noch unvermittelter neben den geistes- und sozialwissenschaftlichen Metasystemen, die der epistemologischen Chimä re Designwissenschaft ihre Theoriebezüge leihen und ihre wechselnden Aufgaben diktieren möchten , als die Praxis der visuellen, plastischen und gebauten Medien am Ende des Mittelalters neben den theologischen und philosophischen Gebä uden der scholastischen ä sthetik stand, die ihr höchstens ikonographische Stichworte liefern konnten. Praxisorientierte Schriften von und für Designer — fundierte Arbeitsanleitungen oder Orientierungshilfen für alle Bereiche der professionellen Gestaltung , persönliche Standort- bestimmungen , designorientierte Programmschulungen oder Bildarchive — kommen mit pragmatischen Derivaten von Theorie aus. Zwischen ihnen und den Bezugsdisziplinen, die zur Begründung von Designwissenschaften herangezogen werden — philosophische ä sthetik, Linguistik, Semiotik, Kommunikationswissenschaft, Psychologie oder Soziologie -, gibt es einen ebenso tiefen Graben, wie er sich seit der Spä tantike zwischen einerseits der rezeptbuchartigen Dokumentation handwerklicher Verfahren der visuell gestaltenden Künste etwa durch Theophilus Presbyter (12. Jh.) oder den ikonographischen Musterbüchern und den etwa bei Thomas von Aquin (1224/1225–1274) theologisch und andererseits philosophisch begründeten Theorien des Schönen aufgetan hatte.
Ulrich Heinen
Architektur und rhetorische Inszenierung
Auszug
In seinem 1934 erschienenen Werk The Life of Forms in Art (Originaltitel: „La vie des formes„) beschreibt Henri Focillon die Form in der Kunst als nicht notwendigerweise an eine bestimmte Zeit oder historische Periode gebunden. Mit Bezug auf ein politisches Traktat von Balzac definiert er: „Everything is form and life itself is form.“1 Für Focillon befinden sich formale Muster in der Kunst in einem kontinuierlichen Stadium der Bewegung; sie sind Ausdruck ihrer Zeit und reichen gleichzeitig darüber hinaus.2 Er schreibt weiter: „Form may, it is true, become formula and canon; in other words, it may be abruptly frozen into a normative type. But form is primarily a mobile life in a changing world. Its metamorphoses endlessly begin anew…3“ Wä hrend man das Zeitalter des Barock hauptsä chlich auf das 17. Jahrhundert beziehen wird, lassen sich barocke Formen kontinuierlich, dynamisch und in unterschiedlich intensiver Prä senz über die Jahrhunderte hinweg verfolgen. Es sind diese Perioden der Intensitä t, die hier von besonderem Interesse sind. Im vorliegenden Text geht es um die Metamorphosen, die die barocke Form — insbesondere in der Gestaltung von Orten der Unterhaltung oder „Entertainment Destinations“ — von 1920 bis 1930 und von 1990 bis zum Jahr 2000 durchlief. Dabei wird vorwiegend ein Thema im Vordergrund stehen, das oft mit der Barockkultur des 17. Jahrhunderts assoziiert wird, nä mlich die Idee des {teatrum mundi} oder des Welttheaters.
Angela Ndalianis
Affekttechniken des Designs
Auszug
Es ist dunkel. In der Großküche eines Vergnügungsparks kä mpfen zwei Kinder um ihr überleben. Witternde Raubsaurier befinden sich im Gebä ude, und die Kinder müssen sich so leise wie möglich bewegen. Auf ihrer Flucht vor den tödlichen Velociraptoren stoßen das Mä dchen und ihr Bruder zu den Erwachsenen. Die Gruppe krabbelt gemeinsam über die unter der Decke angebrachten Bleche der Haustechnik, um sich in Sicherheit zu bringen — als sich plötzlich eines der Bleche löst und ein Saurier unter ihnen auftaucht. Ein beherzter Tritt gegen die Schnauze schüttelt ihn vorerst ab, das Mä dchen jedoch verliert dabei den Halt und stürzt durch die offene Luke. Nur mit einer Hand hä lt sie sich noch fest. Sie wird unter Mühen wieder hinaufgezogen — … der Raubsaurier steht nun direkt unter den Kindern und …: springt auf sie zu! … uns direkt ins Gesicht! Ein Aufschrei geht durch die Menge. Der Saurier verfehlt das Mä dchen und stürzt auf den Boden zurück. Ein Fauchen ertönt, zeitgleich das Aufatmen der Zuschauer.
Arne Scheuermann
Audiovisualistische Rhetorik in zeitbasierten Medien: über die kognitive Relevanz diagrammatischer Visualisierungen
Auszug
Die hier vorgelegte Skizze geht auf semiotische Untersuchungen zurück, die Anfang der 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts an der hfg ulm (Hochschule für Gestaltung) gemacht wurden. Den Gegenstand der Analyse bildete seinerzeit die visuellverbale Rhetorik mit dem Ziel, zu einem Verstä ndnis des Zusammenspiels von statischem Text und Bild, vor allem in der Werbung, beizutragen. Ende der 90er-Jahre wurde die Thematik auf zeitbasierte Medien ausgedehnt und im Rahmen von Seminaren über Audiovisualistik oder audiovisualistische Rhetorik an der Koeln International School of Design (ehemals Fachbereich Design an der Fachhochschule Köln) behandelt.
Gui Bonsiepe
Die rhetorische Pattern-Language des Films
Auszug
Dieser Beitrag stellt ein Notationsverfahren für audio-visuelle Patterns (AVPs) vor, mit dem auditive und visuelle Parameter von Multimedia-Produkten visualisiert werden können. Dieser Ansatz ermöglicht die Anwendung einer visuellen, auf Mustern und Strukturen basierenden Herangehensweise für die Analyse von dynamischen audio-visuellen Medien wie Film, Animation und Werbung. Darüber hinaus ist das Verfahren eine Grundlage für eine vergleichende Analyse rhetorischer Strukturen der Medien und ein Werkzeug, um emotionale Reaktionen der Zuschauer antizipieren zu können. Um diese These zu validieren, wurden zwei Tests durchgeführt, in denen die Vorhersagen des Notationssystems mit den tatsä chlichen Reaktionen von Probandinnen verglichen wurden, die diese auf zehn ausgewä hlte Werbefilme zeigten. Diese ersten Ergebnisse belegen, dass das Notationssystem der AVPs relativ stichhaltige Vorhersagen in Bezug auf die Stä rke der emotionalen Erregung zulä sst.
Gesche Joost
Der Reiz des Einfachen. Zur Rhetorik und ä sthetik des Web 2.0
Auszug
Laut Auskunft der Bundesnetzagentur wurden im Jahr 2006 in Deutschland ungefä hr 22 Milliarden SMS-Nachrichten verschickt, aber nur ungefä hr 170 Millionen MMS-Botschaften. Fortschrittsglä ubige mag dies erstaunen, bietet doch die MMS, die Bilder, Töne, Filme enthalten kann, ein weit größeres Repertoire an kommunikativen Möglichkeiten als die auf 160 Textzeichen begrenzte SMS. Man könnte vom Pac-Man-Phä nomen sprechen: Dieses Spiel war in seiner Einfachheit auch erfolgreicher als die meisten weit aufwendigeren Spiele, die danach erschienen sind. Höhere technische Komplexitä t einer Anwendung bedeutet offensichtlich nicht in jedem Fall einen größeren Erfolg oder größere Beliebtheit. Das gilt besonders, wenn zusä tzliche Komplexitä t nur ornamentalen Zierrat befördert. Dies mussten auch die Webdesigner zu Beginn der Internetzeit lernen: Zunä chst waren sie derart fasziniert von der Möglichkeit, bunte Bilder, bewegte Grafiken und quietschende Sounds zu übermitteln, dass sie nach dem kommunikativen Wert solchen Zierrats gar nicht erst gefragt haben. Bunte Startseiten, die der eigentlichen Homepage vorangestellt werden, inhaltlich aber kaum etwas beitragen, sind ein eindrucksvolles Beispiel dieser Art von ornatus]
Olaf Kramer
Das Design des Rechts. Das globalisierte Immaterialgüterrecht und sein Display
Auszug
In einem Sinne zielt der Titel dieses Beitrages auf die dogmatische „Perspektive“ des Rechts. Das Design des Rechts ist in dieser Perspektive Designrecht. Es schützt den Produktionsprozess des Designers. Im engeren Sinne gibt es einen designorientierten Bereich des Immaterialgüterrechts und im weiteren Sinne die allgemeinen Rechte, die dem Gestalter zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel die juristischen Institutionen des Vertrages, der Rechtspersönlichkeit und der Grundrechte. Das Immaterialgüterrecht ist im 19. Jahrhundert im Kontext der Nationalstaaten kodifiziert, das heißt, es ist in die systematische und positivierte Form eines Gesetzes gebracht worden. Im deutschen Recht gibt es neben dem Urheberrechtsgesetz das Marken-, Geschmacks- und Gebrauchsmustergesetz mit unterschiedlichen Schutzvoraussetzungen und Reichweiten.1 Das bedeutet, dass der Designer natürlich auch schon vor dem 19. Jahrhundert im Kontext sozialer Institutionen arbeitete und die Eigentümlichkeiten seiner Kollegen und Konkurrenten mit dem einen ungewissen Risiko respektieren und mit einem anderen ungewissen Risiko ignorieren konnte.2 Schon vorher gab es Vorteile und Sanktionen in beiden Fä llen, sodass man als Gestalter immer die Chancen und Risiken aller Handlungsmöglichkeiten zwischen angepasster Kopie und abgewandter Idiosynkrasie, zwischen Wiedererkennbarkeit und überraschung einkalkulieren musste.3 Im Laufe der Industrialisierung wurde aber auch das Regime gestal- terischer Eigentümlichkeiten und Anschlusszwä nge in die moderne Form des Gesetzes und Eigentumsschutzes gebracht, transformiert und verä ndert. Der Designer war nun durch das Gesetz und seine Ausnahmen, durch das Gericht, den Gerichtsvollzieher und die Polizei, alle zusammen wiederum durch die Armee geschützt.
Fabian Steinhauer

Bibliografie

Kommentierte Bibliografie zu Design und Rhetorik
Auszug
Die nachfolgenden Titel sollen einen knappen überblick über die wichtigsten Beiträ ge zur Diskussion um Design als Rhetorik geben. Zum Teil ohne Kommentar aufgenommen sind weiterführende Texte der in diesem Band vertretenen Autoren. Hier verweisen wir auf die Kontextualisierungen in den Fußnoten der jeweiligen Beiträ ge. Nicht aufgenommen sind Standardtitel zur Rhetorik oder zum Design allgemein.
Gesche Joost, Arne Scheuermann
Backmatter
Metadaten
Titel
Design als Rhetorik
herausgegeben von
Gesche Joost
Arne Scheuermann
Copyright-Jahr
2008
Verlag
Birkhäuser Basel
Electronic ISBN
978-3-7643-8348-0
Print ISBN
978-3-7643-8345-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-7643-8348-0