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2017 | Buch

Die Gödel'schen Unvollständigkeitssätze

Eine geführte Reise durch Kurt Gödels historischen Beweis

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Über dieses Buch

Im Jahr 1931 erschien im Monatsheft für Mathematik und Physik ein Artikel mit dem geheimnisvoll klingenden Titel Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I. In dieser Arbeit hat Kurt Gödel zwei Unvollständigkeitssätze bewiesen, die unseren Blick auf die Mathematik von Grund auf verändert haben. Gödels Sätze manifestieren, dass zwischen dem Begriff der Wahrheit und dem Begriff der Beweisbarkeit eine Kluft besteht, die wir nicht überwinden können. Die Mathematik fügt sich in kein formales Korsett.

Seit ihrer Entdeckung sind die Unvollständigkeitssätze in aller Munde und eine Flut an Büchern widmet sich ihrem fulminanten Inhalt. Doch kaum ein Werk behandelt die Gödel‘sche Arbeit in ihrer ursprünglichen Form − und dies hat triftige Gründe: Seine komplexen, in akribischer Präzision beschriebenen Argumentationsketten, die vielen Definitionen und Sätze und die heute weitgehend überholte Notation machen Gödels historisches Meisterwerk zu einer schwer zu lesenden Arbeit.

In diesem Buch wird Gödels Beweis aus dem Jahr 1931 detailliert aufgearbeitet. Alle Einzelschritte werden erläutert und anhand zahlreicher Beispiele verständlich erklärt. Doch dieses Buch ist mehr als eine kommentierte Fassung der historischen Arbeit. Die Beweise der Unvollständigkeitssätze in vollem Umfang zu verstehen, bedingt, die Geschichte zu verstehen, und so versetzen zahlreiche Exkurse den Leser in die Zeit zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zurück. Es ist die Zeit, in der die Mathematik die größte Krise ihrer Geschichte durchlebte, die Typentheorie und die axiomatische Mengenlehre Gestalt annahmen und sich Hilberts formalistische Logik und Brouwers intuitionistische Mathematik mit offenem Visier gegenüber standen.

Die 2. Auflage ist vollständig durchgesehen.

Stimme zur ersten Auflage:

„...eine didaktisch sehr gut gemachte Darstellung.“
Prof. Dr. Matthias Homeister, FH Brandenburg

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Chapter 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die rund 400 km lange Dampferfahrt entlang der Ostseeküste war für Rudolf Carnap, Herbert Feigl, Kurt Gödel und Friedrich Waismann die letzte Etappe ihrer Reise von Wien nach Königsberg. In Swinemünde stießen Kurt Grelling und Hans Hahn hinzu, und gemeinsam gingen die sechs am 4. September 1930 im Königsberger Hafen von Bord [14]. Ihr Ziel war die 2. Tagung für Erkenntnislehre der exakten Wissenschaften, die in der ostpreußischen Metropole vom 5. bis zum 7. September von der Berliner Gesellschaft für Empirische Philosophie abgehalten wurde.
Dirk W. Hoffmann
Chapter 2. Die formalen Grundlagen der Mathematik
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werfen wir einen Blick auf die Geschichte der mathematischen Logik und führen dabei mehrere Begriffe ein, die für das Verständnis der Gödel’schen Arbeit unabdingbar sind. Unsere Reise beginnt in Abschnitt 2.1 mit einem Ausflug in das späte neunzehnte Jahrhundert. Dort lernen wir Gottlob Frege kennen, der für die Entwicklung der modernen Logik Maßgebliches geleistet hat und der gleichzeitig zu den tragischen Figuren der Wissenschaftsgeschichte gehört.
Dirk W. Hoffmann
Chapter 3. Beweisskizze
Zusammenfassung
Nachdem wir uns in Kapitel 2 das notwendige Wissen angeeignet haben, um neben den formalen Details auch die philosophischen Aspekte der Unvollständigkeitssätze zu verstehen, ist es an der Zeit, zur Gödel’schen Arbeit zurückzukehren. In den wenigen, bisher zitierten Passagen hatte Gödel eine Bestandsaufnahme der Mathematik des frühen zwanzigsten Jahrhunderts vorgenommen und mit den Principia Mathematica sowie der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre zwei der damals vorherrschenden axiomatischen Systeme erwähnt. Waren diese Begriffe gegen Ende von Kapitel 1 noch inhaltsleere Hülsen, so erscheinen sie nach unserem historischen Exkurs in hellen Farben vor unserem geistigen Auge.
Dirk W. Hoffmann
Chapter 4. Das System P
Zusammenfassung
Der erste Teil der Gödel’schen Arbeit liegt hinter uns. Wir haben die Beweisskizze vollständig durchgearbeitet und wissen nun, auf welchem Weg Gödel den ersten Unvollständigkeitssatz beweisen wird. In diesem Kapitel wenden wir uns dem zweiten Teil der Arbeit zu, der sich mit der Präzisierung der skizzierten Beweisschritte beschäftigt.
Dirk W. Hoffmann
Chapter 5. Primitiv-rekursive Funktionen
Zusammenfassung
Im Anschluss an die Definition des formalen Systems P schaltet Gödel eine Zwischenbetrachtung ein, die sich über mehrere Seiten erstreckt. Sie hat eine Klasse zahlentheoretischer Funktionen zum Inhalt, die wir heute als primitivrekursive Funktionen bezeichnen.
Dirk W. Hoffmann
Chapter 6. Die Grenzen der Mathematik
Zusammenfassung
Bevor wir die Bühne zum großen Finale des Gödel’schen Beweises freigeben, wollen wir die bisher erarbeiteten Ergebnisse kurz rekapitulieren:
  • In Kapitel 4 haben wir das System P kennen gelernt und gezeigt, wie sich Formeln und Beweise arithmetisieren lassen. Indem wir jeder Formel und jeder Formelreihe eine Gödelnummer zugeordnet haben, konnten wir die Manipulation von Zeichenketten, und damit auch das Führen eines Beweises, arithmetisch deuten.
  • In Kapitel 5 haben wir den Begriff der primitiv-rekursiven Funktion eingeführt und anschließend auf Relationen ausgeweitet. Danach haben wir in akribischer Fleißarbeit 45 primitiv-rekursive Funktionen und Relationen erarbeitet. Am Ende stand die Erkenntnis, dass sich wichtige metamathematische Begriffe über formale Systeme primitiv-rekursiv formulieren lassen.
  • Am Ende von Kapitel 5 haben wir mit Gödels Satz V ein Bindeglied zwischen Formeln und primitiv-rekursiven Relationen geschaffen. Inhaltlich besagt dieser wichtige Satz, dass wir jede primitiv-rekursive Relation innerhalb von P syntaktisch repräsentieren können; d. h., wir können das Bestehen einer primitiv-rekursiven Relation für jede konkret vorgelegte Wertekombination innerhalb von P beweisen oder widerlegen.
Dirk W. Hoffmann
Chapter 7. Epilog
Zusammenfassung
In den Dreißigerjahren fielen die Reaktionen auf die Gödel’sche Arbeit sehr unterschiedlich aus. Von Hilbert ist überliefert, dass er die Unvollständigkeitssätze zunächst mit Zorn zur Kenntnis nahm [95]. Der Realität verschloss er sich jedoch nicht lange und arbeitete in den Folgejahren viele Beweisschritte, die Gödel nur skizzenhaft vorgetragen hatte, präzise aus.
Dirk W. Hoffmann
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Gödel'schen Unvollständigkeitssätze
verfasst von
Dirk W. Hoffmann
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-54300-9
Print ISBN
978-3-662-54299-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54300-9