2010 | OriginalPaper | Buchkapitel
Die Hermeneutik des Technischen Wissens und die Zukunft der Bildung
verfasst von : Prof. Dr. phil. habil. DPhil. h. c. Walther Ch. Zimmerli
Erschienen in: Technologisches Wissen
Verlag: Springer Berlin Heidelberg
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Die Formulierung des Titels ist in verschiedener Hinsicht anstößig: Allein schon über technisches Wissen nachdenken zu wollen scheint unmöglich, weil paradox zu sein; Technik, im Wortsinne aus dem griechischen ‚techne‘ abgeleitet, scheint mehr mit Können und Kunst als mit Wissen und Kognition zu tun zu haben. Theoretisches Wissen — gewiss; aber technisches Wissen? Und in der Tat lebt unsere abendländische epistemologische Tradition von der Differenz zwischen Technik und Wissen. Wissen, griechisch ‚episteme‘, ist die — idealistisch oder materialistisch interpretierte — Repräsentation der Welt durch den Menschen und folgt seit der Antike eher dem Muster des kontemplativ-beschauenden Erfassens der Welt als dem des technisch-pragmatischen Umgestaltens. Aber diese scharfe Entgegensetzung, noch bis in die Bildungssysteme des 19. und 20. Jahrhunderts hinein konstitutiv sowohl institutionell für den akademischen Betrieb, als auch individuell für das eigene Selbstverständnis, beginnt zu verschwimmen. Genauer: die Wissenstopologie des 21. Jahrhunderts ist durch eine tendenzielle Hybridisierung von Wissen und Können, von theoretischer und praktischer Welterfassung gekennzeichnet. Erneut institutionen-theoretisch formuliert: spätestens seit sich die Polytechnischen Schulen zu Technischen Hochschulen und diese zu Universitäten entwickelten, wurde deutlich, dass sich der Alleinvertretungsanspruch in wissenschaftlicher Hinsicht, den die klassischen Universitäten erhoben hatten (und zum Teil immer noch erheben), nicht mehr halten lie? Interessant wird es sein, als nächsten Schritt das Zusammenwachsen von (Technischen) Universitäten und Fachhochschulen sowie in einem dritten Schritt die Annäherung von hochschulischer und dualer Bildung, das heißt von Wissen und bislang — in den deutschsprachigen Ländern — noch mittelalterlichzünftisch organisierte Berufsbildung im Handwerk zu beobachten.