Skip to main content

2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

Die Legitimation von Bodycams bei der Polizei – Das Beispiel Hamburg

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Polizeiorganisationen sind wesentliche Akteure des Feldes der Inneren Sicherheit und als solche auch stets mit gesellschaftlichen Entwicklungen (demografischem Wandel, technischen und wissensbezogenen Veränderungen, sozialen Polarisierungen und Prozessen der Internationalisierung) konfrontiert. Auf diese reagieren sie in unterschiedlicher Weise, wobei sich für Polizeiorganisationen und ihre Mitglieder in verschiedener Hinsicht u. a. auch widersprüchliche Anforderungen ergeben. Ein Gewaltmonopol des Staates stellt immer eine Herausforderung dar. Jede unabhängige Stelle und jeder Mensch kann Gewalt falsch einsetzen oder Gewalt missbrauchen. Der polizeiliche Alltag wird beeinflusst von dem Aussprechen von Ver- und Geboten bis hin zu Eingriffen in die physische Unversehrtheit des Individuums. Das bedeutet, hier wird nicht nur die Ausübung von Gesetzen vollzogen, sondern es findet auch eine Gewaltanwendung statt (vgl. Kipping 2014, S. 98 f.). Dennoch ist diese Art der Gewaltanwendung demokratisch legitimiert. Im polizeilichen Alltag ist selten ein Tag wie der andere, sodass auf immer neue Situationen reagiert werden muss. Dabei kann es sowohl zu Gewalt gegenüber Polizisten kommen als auch Gewalt von Polizisten ausgehen. Ein von der Polizei dauerhaft benanntes Thema ist die gestiegene Gewalt gegenüber Polizeibediensteten und wie man dieser entgegenwirken kann. In diesem Zuge startete das erste Pilotprojekt zur Bodycam in Hessen. Die Ergebnisse des Pilotprojekts, die von der hessischen Polizei veröffentlicht wurden, gaben u. a. den Anlass, auch in Hamburg die Bodycam für die Polizei zu testen. Aufgrund des noch sehr jungen Themas Bodycam bei der Polizei in Deutschland ist wissenschaftliche Literatur Mangelware. Kipker und Gärtner (2015) setzten sich aus der juristischen Perspektive mit der Bodycam auseinander (vgl. ebd. 2015). Für die Ausführungen zu der Entwicklung in Hamburg in diesem Beitrag wurde sowohl ein Interview mit dem Verantwortlichen der Polizei Hamburg durchgeführt als auch an der Beschulungsmaßnahme zur Bodycam für die Polizeibediensteten teilgenommen. Im Folgenden soll zunächst ein Blick auf die USA geworfen werden, da die Gründe die zu einer Einführung von Bodycams geführt haben, einen anderen Fokus setzen als in Deutschland.

Sie haben noch keine Lizenz? Dann Informieren Sie sich jetzt über unsere Produkte:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Fußnoten
1
Aus Gründen der Lesbarkeit wird sofern nicht anders angegeben, die männliche Form verwendet. Es ist aber immer ausdrücklich auch das weibliche Geschlecht angesprochen.
 
2
Der Begriff „Bodycam“ folgt in Deutschland keiner einheitlichen Schreibweise (Hessen schreibt „Body-Cam“, Hamburg „Bodycam“). Da in diesem Artikel das Beispiel Hamburg zur Geltung kommt, wird dessen Schreibweise übernommen.
 
3
Das College of Policing in England und Wales fand heraus, dass die Bodycam als ein Mechanismus gesehen werden kann, der das Vertrauen der Öffentlichkeit in Polizei wiederherstellt (vgl. Ariel et al. 2014, S. 2).
 
4
Für Hamburg bestehen folgende Gesetzesgrundlagen für Videodokumentation: § 30 HmBDSG, § 58a StPO, § 100 h StPO, § 163 StPO, § 12a VersG, § 19a VersG, § 44, 45 i.V.m. § 36 StVO, § 8 Abs. 1–5 PolDVG.
 
5
Das polizeiliche Filmen wurde 1989 in das Versammlungsrecht eingefügt (vgl. Arzt 2015).
 
6
Hier spielt der Aspekt des Vertrauens bei polizeilicher Arbeit eine wichtige Rolle (siehe hierzu ausführlicher Wagener 2015, S. 14 ff.).
 
7
Angaben insgesamt.
 
8
Siehe hierzu auch die Ausführungen von Andreas Pudlat in diesem Band.
 
9
Weitere kritische Aspekte siehe Singelnstein und Puschke (2011, S. 3475 f.).
 
10
Siehe hierzu ausführlich Lehmann (2014) und Lehmann (2015).
 
11
In den USA wurde die Diskussion um eine verpflichtende Kennzeichnung nicht auf den Aspekt der Gewalt fokussiert. Hier konzentrierte sich die Debatte u.a. auf die professionelle Integrität von Polizei und den damit einhergehenden internen rechtlichen Schutzmechanismen für die Polizeibediensteten (vgl. Walker 2005).
 
12
Dieses Statement steht der Aussage von Rüdiger Seidenspinner „unsere Kolleginnen und Kollegen haben es satt, im Zeitalter von Video-Handies immer nur gefilmt zu werden, wenn sie tätig werden“ entgegen (Seidenspinner in GdP-Digit@l 2014).
 
13
Hessen greift auf eine bestehende Gesetzesgrundlage, welche mit der Einführung von Videodokumentation im Streifenwagen eingeführt worden ist, zurück (§ 14 Abs. 6 HSOG).
 
14
In NRW wurde der Antrag auf Erprobung abgelehnt (vgl. Drucksache NRW 2015).
 
15
In Rheinland-Pfalz findet eine wissenschaftliche Begleitung in Bezug auf juristische Fragen durch die Universität Trier statt.
 
16
In Saarland wird ebenfalls ein Pilotprojekt gestartet (vgl. SRonline 2015).
 
17
In Hessen war keine Gesetzesänderung nötig, um den Einsatz der Bodycam zu legitimieren. Die Gesetzesgrundlage beruht auf § 14 Abs. 6 HSOG. Im November wird es diesbezüglich eine Gesetzesänderung geben, so dass sowohl Tonaufnahmen gefertigt werden können, als auch die Funktion des pre-recordings aktiviert werden kann (vgl. Behördenspiegel 2015, S. 3).
 
18
Finanziert werden die Bodycams (ca. 20.000 €) aus dem 10-Millionenpaket der Bürgerschaft zur Verbesserung des Schutzes von Polizeibeamten (vgl. Interview HH, Abs. 71).
 
19
Näheres zu den technischen Details der Bodycams siehe weiter unten.
 
20
Alle beschulten Polizisten müssen sich in einer Liste eintragen und sind damit registriert, dass sie im Umgang mit der Bodycam und den damit verbundenen rechtlichen Anforderungen geschult sind.
 
21
Hessen hatte zum Start des Pilotprojektes eine Weste mit der Aufschrift „Videoüberwachung“. Dies wurde dann im Verlauf des Projektes in „Videodokumentation“ geändert.
 
22
In einer Bachelorarbeit wurden Polizeibeamte aus Bremen und Bremerhaven, wie diese zu einem möglichen Einsatz der Bodycam stehen, befragt. Hier zeigte die Umfrage, dass die Meinungen dazu sehr heterogen sind (vgl. Venzke 2014, S. 51 ff.).
 
23
Aus Hessen sind zwei Verfahren bekannt, bei dem die Aufnahmen als Beweismittel verwendet wurden (vgl. Becker 2015, S. 2). Im ersten Fall musste „eine Beweisführung indes nicht vorgenommen werden, weil der Strafbefehl von dem Beschuldigten nicht angegriffen und rechtskräftig wurde.“ (Becker 2015, S. 2). Im zweiten Verfahren wurde ebenfalls auf das Beweismittel (der Aufnahme der Bodycam) verzichtet (vgl. ebd. 2015, S. 2).
 
24
Als Beispiel wurde hier ein Urteil vom Amtsgericht Frankfurt am Main (06. November 2014) benannt, in dem ein Polizist wegen Körperverletzung im Amt und Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Es stellte sich später heraus, dass hier Falschaussagen vom Ankläger bestanden (vgl. hierzu Behr 2014).
 
25
Weitere Argumente führt Arzt (2014, S. 6 f.) auf.
 
26
In den USA besteht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht (vgl. Arzt 2014, S. 3).
 
Literatur
Zurück zum Zitat Ariel, B., Farrar, W. A. & Sutherland, A. (2014). The Effect of Police Body-Worn Cameras on Use of Force and Citizens’ Complaints Against the Police: A Randomized Controlled Trial. Criminology Journal of Quantitative 31(3), 509–535.CrossRef Ariel, B., Farrar, W. A. & Sutherland, A. (2014). The Effect of Police Body-Worn Cameras on Use of Force and Citizens’ Complaints Against the Police: A Randomized Controlled Trial. Criminology Journal of Quantitative 31(3), 509–535.CrossRef
Zurück zum Zitat BehördenSpiegel (2015). Newsletter Nr. 596. Netzwerk Sicherheit. Sep. 2015. BehördenSpiegel (2015). Newsletter Nr. 596. Netzwerk Sicherheit. Sep. 2015.
Zurück zum Zitat Behr, R. (2008). Cop Culture – Der Alltag des Gewaltmonopols: Männlichkeit, Handlungsmuster und Kultur in der Polizei (2. illustrierte Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Behr, R. (2008). Cop Culture – Der Alltag des Gewaltmonopols: Männlichkeit, Handlungsmuster und Kultur in der Polizei (2. illustrierte Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Zurück zum Zitat Innenausschuss Hamburg (20/31). Protokoll der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. 20. Wahlperiode. Nr. 20/31 vom 18.Sept. 2014. Innenausschuss Hamburg (20/31). Protokoll der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. 20. Wahlperiode. Nr. 20/31 vom 18.Sept. 2014.
Zurück zum Zitat Innenausschuss Hamburg (20/34). Protokoll der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. 20. Wahlperiode. Nr. 20/34 vom 09. Dez. 2014. Innenausschuss Hamburg (20/34). Protokoll der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. 20. Wahlperiode. Nr. 20/34 vom 09. Dez. 2014.
Zurück zum Zitat Interview HH (2015). Interview mit dem Verantwortlichen in der Hamburger Polizei zum Pilotprojekt Bodycam in Hamburg. Interview HH (2015). Interview mit dem Verantwortlichen in der Hamburger Polizei zum Pilotprojekt Bodycam in Hamburg.
Zurück zum Zitat Kipker, D.-K. & Gärtner, H. (2015). Verfassungsrechtliche Anforderungen an den Einsatz polizeilicher „Body-Cams“. Neue Juristische Wochenschrift 5/2015, 296–301. Kipker, D.-K. & Gärtner, H. (2015). Verfassungsrechtliche Anforderungen an den Einsatz polizeilicher „Body-Cams“. Neue Juristische Wochenschrift 5/2015, 296–301.
Zurück zum Zitat Kipping, K. (2014). Warum die Polizei Legitimität benötigt. Schriftenreihe der Gesellschaft für Kriminologie, Polizei und Recht. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft, 96–110. Kipping, K. (2014). Warum die Polizei Legitimität benötigt. Schriftenreihe der Gesellschaft für Kriminologie, Polizei und Recht. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft, 96–110.
Zurück zum Zitat Lehmann, L. (2014). Die Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten - altes neu aufgerollt? In M.A. Niggli & L. Marty: Risiken der Sicherheitsgesellschaft. Sicherheit, Risiko & Kriminalpolitik. Neue Kriminologische Schriftenreihe. Godesberg: Forum Verlag Godesberg, 369–383. Lehmann, L. (2014). Die Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten - altes neu aufgerollt? In M.A. Niggli & L. Marty: Risiken der Sicherheitsgesellschaft. Sicherheit, Risiko & Kriminalpolitik. Neue Kriminologische Schriftenreihe. Godesberg: Forum Verlag Godesberg, 369–383.
Zurück zum Zitat Lehmann, L. (2015). Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten. In B. Frevel & R. Behr (Hrsg.): Empirische Polizeiforschung XVII. Die kritisierte Polizei. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft, 209–230. Lehmann, L. (2015). Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten. In B. Frevel & R. Behr (Hrsg.): Empirische Polizeiforschung XVII. Die kritisierte Polizei. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft, 209–230.
Zurück zum Zitat Singelnstein, T. (2010). Polizisten vor Gericht. Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt. In Bürgerrechte & Polizei/CILIP 95, (1/2010), 55–63. Singelnstein, T. (2010). Polizisten vor Gericht. Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt. In Bürgerrechte & Polizei/CILIP 95, (1/2010), 55–63.
Zurück zum Zitat Singelnstein, T. & Puschke, J. (2011). Polizei, Gewalt und das Strafrecht – Zu den Änderungen beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. NJW 2011, Heft 48. München: C.H. Beck, 3473–3477. Singelnstein, T. & Puschke, J. (2011). Polizei, Gewalt und das Strafrecht – Zu den Änderungen beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. NJW 2011, Heft 48. München: C.H. Beck, 3473–3477.
Zurück zum Zitat Venzke, H. (2014). Prävention von Gewalt gegen Polizeibeamte durch den Einsatz von Videotechnik. Bachelor-Thesis. Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen. Venzke, H. (2014). Prävention von Gewalt gegen Polizeibeamte durch den Einsatz von Videotechnik. Bachelor-Thesis. Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen.
Zurück zum Zitat Wagener, U. (2015). Polizeiliche Berufsethik. Ein Studienbuch. Hilden/Rhld: Verlag Deutsche Polizeiliteratur GmbH. Wagener, U. (2015). Polizeiliche Berufsethik. Ein Studienbuch. Hilden/Rhld: Verlag Deutsche Polizeiliteratur GmbH.
Zurück zum Zitat Walker, S. (2005). The New World of Police Accountability. London: Sage.CrossRef Walker, S. (2005). The New World of Police Accountability. London: Sage.CrossRef
Metadaten
Titel
Die Legitimation von Bodycams bei der Polizei – Das Beispiel Hamburg
verfasst von
Lena Lehmann
Copyright-Jahr
2017
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-13435-8_12

Premium Partner