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1995 | Buch

Die Performance der Europäischen Währungsordnung

Eine Analyse der Interessenstrukturen im EWS

verfasst von: Thomas Lord

Verlag: Centaurus Verlag & Media

Buchreihe : Schriften zur Geldtheorie und Geldpolitik

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
A. Einleitung
Zusammenfassung
Die Quasi-Aufhebung der Wechselkursbandbreiten im Sommer 1993 markierte den vorläufigen Tiefpunkt der währungspolitischen Kooperation im Europäischen Währungssystem, das im März 1979 gegründet wurde. Die Entwicklungen, die das EWS bis heute erfuhr, waren vor allem politisch geprägt. Schon die Einführung des Systems war kein Resultat eines tiefen ökonomischen Denkprozesses, sondern das für viele unerwartete Ergebnis einer politischen Initiative. Denn die Meinung vieler Ökonomen hinsichtlich der Effizienz eines solchen Wechselkurssystems war überwiegend pessimistisch. Die politische ‘Tour de force’ der beiden Hauptakteure, des damaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt und des damaligen französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing, war trotz allem erfolgreich bei dem Bemühen, einen europäischen Wechselkursverbund zu etablieren. Dabei war die Interessenlage der Teilnehmerstaaten von sehr heterogener Natur. Die sogenannten Schwachwährungsländer erhofften sich u. a. Hilfe bei der Wiederherstellung der inneren und äußeren Stabilität ihrer Währungen, während die Starkwährungsländer, v. a. Deutschland, einen Weg suchten, sich vor einer weiteren Aufwertung und einer Passivierung der Leistungsbilanz zu schützen. Daneben war es ein gemeinsames Anliegen, durch die Etablierung einer festen Wechselkurszone in Europa einen Kontrapunkt zum US-amerikanischen Dollar zu schaffen und damit die Abhängigkeit von demselben abzuschwächen.
Thomas Lord
B. Interessen und Institutionen — Theoretischer Hintergrund und Implikationen für die Geld- und Währungspolitik
Zusammenfassung
Die Rolle der institutionellen Struktur von Volkswirtschaften stand in der traditionellen wirtschaftstheoretischen Analyse überwiegend im Hintergrund. Diese Struktur wurde nicht als veränderlicher Faktor, sondern als Datum des ökonomischen Prozesses behandelt. Aufgrund der impliziten Annahme eines meist rudimentären institutioneilen Rahmens wurde diesem in den Modellaussagen keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. In der neueren Wirtschaftstheorie wird dagegen dieser Rahmen selbst zum Untersuchungsgegenstand der Analyse.1 Diese Entwicklung im ökonomischen Denken läßt sich aus dem gewachsenen Interesse ableiten, die Natur wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und deren Wandel zu verstehen und erklären zu können. Aufgrund der Deter-minierung dieses Rahmens durch institutionelle Strukturen in einer Volkswirtschaft muß sich notwendigerweise dieses Interesse auf eine nähere Analyse gesellschaftlicher Institutionen und deren Entwicklung beziehen. Gleichwohl gibt es einige theoriengeschichtliche Ansätze, die sich schon viel früher mit der Frage des Entstehens und Wandels von gesellschaftlichen Institutionen auseinandersetzten.2 In der heutigen Literatur beschäftigt sich eine Reihe ökonomischer Theoriengebiete mit dem Phänomen der ‘Institution’. Sie können unter dem Begriff Moderne Institutionenökonomie zusammengefaßt werden.3 Im Gegensatz zu den frühen, theoretisch kaum fundierten Ansätzen versucht die Moderne Institutionenökonomie unter Verwendung des heutigen wirtschaftstheoretischen Instrumentariums die Konsequenzen der Einbeziehung von Institutionen in den gesellschaftlichen Prozeß, deren Rolle und deren Einfluß auf die Entwicklung von Volkswirtschaften zu analysieren.4
Thomas Lord
C. Das EWS als währungspolitischer Handlungsrahmen
Zusammenfassung
Bevor das EWS vertragstheoretisch untersucht wird sollen zunächst die geldpolitischen Institutionen in den Teilnehmerstaaten einer näheren Betrachtung unterzogen werden, um die Differenzen in den nationalen geldpolitischen Konzeptionen klarer erkennen zu können. Denn die Unterschiede in den Zielsetzungen der Geldpolitiken reflektieren die landesspezifischen, politischen und institutioneilen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten, deren Kenntnis für ein tieferes Verständnis des EWS notwendig ist. Aufgrund der Divergenz in den nationalen Politikpräferenzen unterliegen die europäischen Notenbanken in unterschiedlichem Maße rechtlichen, politischen und ökonomischen Grenzen, innerhalb derer sie Geldpolitik betreiben können. Inwieweit die Zentralbanken sich in ihrem Verhalten an den Zielvorstellungen der nationalen Regierungen anpassen müssen bzw. wie stark ihre geldpolitischen Entscheidungen von außen determiniert werden, hängt im wesentlichen von ihrer institutionellen Autonomie ab. Damit ist ein geeigneter Ansatz zur näheren Charakterisierung von Notenbanken gefunden. Die Unabhängigkeit und der Handlungsspielraum der EWS-Zentralbanken kann anhand zweier Kriterien verglichen werden:1
Thomas Lord
D. Die Performance des Europäischen Währungssystems — Nationale Interessen und institutioneller Wandel
Zusammenfassung
Der nun folgende Überblick über die Entwicklung wichtiger ökonomischer Größen im EWS soll dazu dienen, wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten aufzuzeigen; denn diese Diskrepanzen reflektieren letztlich die Unterschiede in den nationalen Interessen. Dazu werden zuerst auch die EG-Staaten (formell sind alle EG-Staaten EWS-Mitglieder) einbezogen, die nicht bzw. erst seit kurzem am Wechselkursmechanismus teilnehmen, um das ganze Spektrum der Gemeinschaft vergleichend zu erfassen. In der folgenden Tabelle 4 ist die Entwicklung ausgewählter makroökonomischer Variablen der Volkswirtschaften der Gemeinschaft in vier Jahreszeiträumen zusammengefaßt.1 Der Vergleich zeigt einerseits eine im Zeitablauf gewisse Konvergenz bei einigen Variablen, andererseits sind noch große Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu verzeichnen.
Thomas Lord
E. Abschließende Überlegungen
Zusammenfassung
Die Geschichte der währungspolitischen Kooperation in Europa war schon immer von einem Verhandlungsprozeß geprägt, in dem die vorgebrachten unterschiedlichen ökonomischen, politischen und ideologischen Argumente die nationalen Zielvorstellungen und wirtschaftspolitischen Präferenzen widerspiegelten. Die vielschichtigen nationalen Motive für eine engere Zusammenarbeit auf währungspolitischer Ebene zeigten sich in der Einführung und Entwicklung des EWS und nicht zuletzt in den Bestrebungen zur Etablierung einer Europäischen Währungsunion. Die dabei divergierenden Vorstellungen der Mitgliedstaaten über Zielrichtung, Funktionsweise und Weiterentwicklung der währungspolitischen Kooperation vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit auf anderen Gebieten verdeutlichen die Komplexität der Interessenstrukturen in der Gemeinschaft. Daß dabei die politisch Verantwortlichen ökonomische Sachverhalte und Implikationen in ihrem Handeln zu wenig berücksichtigen, liegt in dem wohl immer bestehenden ‘trade off’ zwischen der ökonomisch optimalen und der verhandlungspolitisch machbaren bzw. politisch erwünschten Lösung. Die Einführung des EWS bietet ein anschauliches Beispiel eines zwischenstaatlichen Verhandlungsspiels, in dem weniger das Finden einer gemeinsamen, ökonomisch optimalen Geldpolitik für interne und externe Währungsstabilität oder für andere makroökonomische Ziele im Vordergrund stand, sondern vielmehr das Finden eines Kooperationsniveaus, das mit den nationalen Interessen aller Mitgliedstaaten vereinbar war.
Thomas Lord
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Performance der Europäischen Währungsordnung
verfasst von
Thomas Lord
Copyright-Jahr
1995
Verlag
Centaurus Verlag & Media
Electronic ISBN
978-3-86226-372-1
Print ISBN
978-3-8255-0030-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-86226-372-1