Die private Konsumnachfrage im Ausgabensystem

Mit circa 55 Prozent des Bruttosozialprodukts wird der weitaus größte Teil aller Güter und Dienstleistungen in unserer Volkswirtschaft für Zwecke des privaten Konsums verwendet. Während diese Quote im Verlauf der letzten zwanzig Jahre nahezu-konstant geblieben ist, hat sich die Struktur der Konsumgüternachfrage im gleichen Zeitraum deutlich verschoben¹: Mit dem Anstieg der Realeinkommen bei gleichzeitig sinkender Arbeitszeit sind bestimmte Güterpakete, wie Reisen, Hobby- und Freizeitgüter, das eigene Kraftfahrzeug und andere hochwertige Gebrauchsgüter, in der Gunst der Konsumenten überdurchschnittlich stark angestiegen. Die Ausgaben für den täglichen Bedarf, so zum Beispiel für Ernährung und Kleidung, weisen dagegen ständig sinkende Budgetanteile auf.

Grundlage der mikroökonomischen Theorie der Konsumentenachfrage ist die Analyse der Haushaltsentscheidungen zur Aufteilung eines gegebenen Ausgabenbetrages auf die verschiedenen Güter des verfügbaren Warenkorbes.

Im Jahre 1954 veröffentlichte Stone ¹ erstmals die Ergebnisse der empirischen Anwendung eines vollständigen Nachfragesystems, das allen in Abschnitt 3 des vorigen Kapitels dargestellten Restriktionen aus der Theorie der Konsumentennachfrage genügt.

In der amtlichen Statistik der Bundesrepublik Deutschland finden sich zwei Veröf f entlichungsrei’hen, die regelmäßig über die Entwicklung der Struktur des privaten Verbrauchs informieren: In den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen¹ werden die Komponenten der ‘jährlichen Käufe der privaten Haushalte im Inland’ ausgewiesen. Die laufenden Wirtschaftsrechnungen² berichten monatlich über die Budget- und Ausgabenstruktur dreier ausgewählter Haushaltstypen.

Nach der Diskussion der allgemeinen theoretischen Grundlagen volständiger Nachfragesysteme im ersten Kapitel der Arbeit, der Analyse der Eigenschaften des ‘linear expenditure system’, das wir aus der Vielzahl spezifizierter vollständiger Nachfragesysteme herausgegriffen haben, im Kapitel 2., sowie der Darstellung des empirischen Befundes der Nachfrageentwicklung in den drei Haushaltstypen der Wirtschaftsrechnungen seit 1960 (bzw. 1964) im dritten Kapitel, sollen nun das Ergebnis unserer ökonometrischen Analyse, also der Anwendung des linearen Ausgabensystems in seinen unterschiedlichen Varianten auf das vorgegebene Datenmaterial, erläutert werden. Diese Analyse gliedert sich in drei Teile.