Skip to main content

2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

3. Die räumliche Theorie als Mikromodell der Wahlentscheidung und Makromodell des Parteienwettbewerbs

verfasst von : Franz Urban Pappi, Anna-Sophie Kurella, Thomas Bräuninger

Erschienen in: Parteienwettbewerb und Wählerverhalten im deutschen Mischwahlsystem

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Ausgehend vom klassischen Fall ämtermotivierter Parteien und politikorientierter Wähler werden die Erweiterungen des Basismodells behandelt: stochastische statt deterministische Wahlfunktionen mit Politikdistanzen zwischen Wählern als Nachfragern und Parteien als Politikanbietern auf einer oder mehreren Politikdimensionen, Policy-Orientierung der Parteien, Einfluss von Kandidaten- und Parteivalenzen, die Wettbewerbssituation in Mehrparteiensystemen unter den Bedingungen von Mehrheits- und Verhältniswahl sowie Mischwahlsystemen.

Sie haben noch keine Lizenz? Dann Informieren Sie sich jetzt über unsere Produkte:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Fußnoten
1
Welcher Spielschein gewinnt, ist wohl irrelevant. Es zählt nur die Höhe des Gesamtgewinns.
 
2
Wir diskutieren hier nicht, ob zyklische Mehrheiten und Agenda-Manipulation (Riker 1982) empirisch häufig sind (Regenwetter et al. 2006), ob sie durch Deliberation entschärft werden können (Miller 1992; Dryzek und List 2003) oder letztere erst möglich machen (McGann 2006).
 
3
Wir schließen damit strategisches Wählen aus.
 
4
Mit der Annahme der Verbindlichkeit der Kandidatenangebote treten Probleme der glaubhaften Zusicherung (credible commitment) und der Verantwortlichkeit (accountability) in der Prinzipal-Agenten-Beziehung von Wähler und Repräsentant in den Hintergrund. Diese stehen im Mittelpunkt der Literatur zu political agency (für einen Überblick siehe Ashworth 2012), die sich jedoch weitgehend mit Selektions- und moral hazard-Problemen zwischen Wählern und einem einzelnen Repräsentanten oder einem Amtsinhaber und einem Herausforderer beschäftigt (vgl. Fox und Shotts 2009). Ein gänzlich anderer Literaturzweig stellt in Rechnung, dass Politikergebnisse von den Angeboten der Kandidaten/Parteien abweichen können, allerdings aufgrund von exogenen Faktoren und nicht als Folge strategischen Handelns (vgl. Grofman (1985) zu discounting und Kedar (2005) zu Koalitionswählen). Wähler können diese bei ihrer Wahlentscheidung (im Erwartungswert) antizipieren und berücksichtigen. Verbindlichkeitsprobleme treten ebenfalls in citizen-candidate-Modellen nicht auf, da hier policy-motivierte Wähler gleichzeitig Kandidaten sind und ihre Angebote ihren Idealpunkten entsprechen (Osborne und Slivinski 1996; Besley und Coate 1997).
 
5
Eine andere Frage ist dann, ob und wann Parteien bewusst unklare Signale senden (Shepsle 1972; Bräuninger und Giger 2018).
 
6
Duggan (2008) bezeichnet dies als stochastic partisanship Modell unter der Annahme, dass die stochastischen additiven Nutzenterme individuelle Parteipräferenzen widerspiegeln, die unabhängig von den Politikangeboten der Parteien sind. Davon unterschieden werden sogenannte stochastic preference Modelle, bei denen die Parteien die Verteilung der Wähleridealpunkte nicht mit Sicherheit beobachten können (die Idealpunkte also Zufallsvariablen darstellen). Gehlbach (2013) differenziert entsprechend zwischen Modellen mit individueller und mit aggregierter Unsicherheit. Wir gehen auf die zweite Modellklasse nur am Rande ein.
 
7
Allgemeiner handelt es sich beim Gleichgewichtspunkt um das utilitaristische Optimum, also den Punkt x, der die Summe der individuellen Nutzenterme, \({\sum }_{i}{u}_{i}(x)\), maximiert. Bei quadratischen Präferenzen entspricht dieser dem Mittelwert der Idealpunkte.
 
8
Dann kommt es auf die Ereignisfolge an. Ashworth und Bueno de Mesquita (2009) lassen die Kandidaten erst ihr Wahlprogramm wählen und dann in teure Valenzpolitik investieren. Das führt zu einem Trade-off zwischen Valenzinvestitionen und Politikpolarisierung. Ämter-motivierte Kandidaten werden divergente Programme wählen, weil ähnliche Politikangebote das Wahlergebnis zu abhängig von der Valenz machen und die Wettbewerbskosten in die Höhe treiben würden (vgl. auch Zakharov 2009). Serra (2010) diagnostiziert einen „Trade-off bezüglich der Eigenschaften von Kandidaten: sie werden eher ihre hohe Valenz oder die niedrige Polarisierung betonen, aber nicht beides“ (S. 426, unsere Übersetzung).
 
9
Aragones und Palfrey (2002) finden Gleichgewichte mit gemischten Strategien in einem begrenzten Strategieraum, die sich dem Medianwähler annähern, wenn die Anzahl der verfügbaren Strategien groß ist. Dass es die Wähler mit Kandidaten zu tun haben, die ihren Wahlkampf mit „Lotterien“ als Politikangebot bestreiten (Ansolabehere und Snyder 2000, S. 334), macht den Ansatz weniger attraktiv.
 
10
Das Ergebnis wird gemeinhin als folk theorem oder „Volksweisheit“ (Groseclose 2001) bezeichnet, da es nicht einem einzigen Autor zugeschrieben werden kann.
 
11
Das Politikangebot \({z}_{B}\) löst
$$\frac{\partial c}{\partial {z}_{B}} = \frac{1}{2}-\frac{v}{2 a {\left({z}_{B}-{x}_{med}\right)}^{2}} = 0$$
und ist wegen
$$\frac{{\partial }^{2}c}{\partial {z}_{B}^{2}}({z}_{B}) >0$$
ein lokales Minimum. Weiterhin gilt dann \({z}_{B}=c.\)
 
12
Die Einschränkung bezieht sich auf den Umstand, dass es bei mehreren Parteien oder Kandidaten Anreize für strategisches Wählen gibt.
 
13
Genauer ist ein Strategienvektor z* genau dann ein lokales Nash-Gleichgewicht, wenn es für alle j eine Umgebung \({U}_{j}\subseteq X\) von \({z}_{j}^{*}\) gibt, so dass \({V}_{j}\left({z}_{1}^{*},\dots ,{z}_{j}^{*}, \dots {z}_{K}^{*}\right)\ge {V}_{j}\left({z}_{1}^{*},\dots ,{z}_{j}, \dots {z}_{K}^{*}\right)\) für alle \({z}_{j}\in {U}_{j}\) gilt.
 
14
Effektiver Konfliktraum bezeichnet den Raum, der durch die Positionen der Parteien in einem höherdimensionalen Konfliktraum aufgespannt wird. Vgl. zum Zusammenhang von Zahl der cleavage-Dimensionen und Anzahl Parteien Taagepera und Grofman (1985) und zu Konfliktstruktur und Mehrkameralismus Humphreys (2008) und Bräuninger (2003). Die Frage der Kausalität bleibt dabei offen.
 
15
Das schließt ein, dass es einen Standpunkt gibt, der von den Aktivisten präferiert wird.
 
16
Die weiteren Bedingungen der Stetigkeit der Zielfunktionen in z sowie die Konvexität und Kompaktheit des Strategienraums X sind aufgrund der C2-Differenzbarkeit der Vj gegeben. Dies sind zusammen hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen für die Existenz eines Nash-Gleichgewichts in reinen Strategien.
 
17
Wir gehen hier auf die umfangreiche Literatur zu Parteiorganisation und Kandidatenauswahl im Allgemeinen und speziell in Deutschland nicht ein und verweisen nur auf Katz (2001) sowie auf Kap. 9.
 
18
Die alternative Annahme, dass die Parteien versuchen, die Wahrscheinlichkeit für den Gewinn genau einer einfachen Mehrheit von Wahlkreises zu maximieren, führt zum selben Ergebnis (Austen-Smith 1996, S. 137). Wenngleich plausibel, sind diese Zielfunktionen der Parteien in der empirischen Anwendung nicht gebräuchlich, da die Wahrscheinlichkeiten q selbst komplexe Ausdrücke darstellen. In Kap. 7 verwenden wir als Zielfunktion der Parteien für die Mehrheitskomponente des deutschen Mischwahlsystems den Stimmenabstand zum ersten Verlierer bzw. den (negativen) Stimmenabstand gegenüber der führenden Kandidatin.
 
19
Die Literatur zum Parteienwettbewerb in mehreren Wahlkreisen ist überschaubar. Neben den grundlegenden Arbeiten von Robertson (1976), Austen-Smith (1984, 1986) verweisen wir auf Snyder (1994), Ansolabehere et al. (2012) und die in Polborn und Snyder (2017) diskutierte Literatur.
 
20
Wir nehmen beide als stetig an. Die Verteilungsfunktionen seien G und F.
 
Metadaten
Titel
Die räumliche Theorie als Mikromodell der Wahlentscheidung und Makromodell des Parteienwettbewerbs
verfasst von
Franz Urban Pappi
Anna-Sophie Kurella
Thomas Bräuninger
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32861-0_3