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2014 | Buch

Die unerklärliche Müdigkeit

Was uns in große Erschöpfung treiben kann und wie wir wieder zu Kräften kommen können

verfasst von: Peter Keel

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Dauernd müde und erschöpft ohne ersichtlichen Grund? Wir fragen uns was dahinter stecken könnte. Fehlt dem Körper das Eisen oder sind die Hormone schuld? Sind wir erschöpft, weil wir zu viel "am Hals haben" und wissen nicht wie uns entlasten? Oder steckt doch eine unheimliche Krankheit dahinter? Solche Fragen gehen einem durch den Kopf, wenn Körper und der Geist nicht mehr wollen. Der Gang zum Arzt bringt vielleicht nicht die gewünschte Antwort, sondern verunsichert noch mehr. Vermeintliche Lösungen entpuppen sich als Strohfeuer. Rasch fühlt man sich auf die psychosomatische Schiene geschoben, doch auch dies beunruhigt. Hat man gründlich genug nach einer körperlichen Ursache gesucht? Was kommt denn alles in Frage? Kann ich dem Arzt vertrauen? Ist es denn Burnout und ist das eine richtige Krankheit? Kann ich mir selber helfen oder muss sich zum Psychotherapeuten? Was kann und darf ich dort erwarten und welche Möglichkeiten gibt es? Gibt es überzeugende psychologische Erklärungsmodelle für anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung? Auf all diese Fragen geht der erfahrene Psychiater und Psychotherapeut Peter Keel, der sich seit Jahren mit stressbedingten Krankheiten wie Fibromyalgie und Müdigkeitssyndrom, aber auch Schlafstörungen befasst, anschaulich und leicht verständlich, aber auch wissenschaftlich begründet ein. Er gibt nicht nur Erklärungen, sondern auch einen Leitfaden für den Umgang mit Stress und Erschöpfung . Er spannt den Bogen weiter zu den Hintergründen von erschöpfendem Verhalten in der Kindheit und erklärt, weshalb es so schwierig sein kann, sich damit auseinander zu setzen. Zudem zeigt er auch, dass die Zunahme stressbedingter Krankheiten eine Erscheinung unserer schnelllebigen Zeit ist, in welcher immer mehr in immer weniger Zeit mit weniger Mitteln erreicht werden sollte.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Symptom Müdigkeit
Zusammenfassung
Müdigkeit ist ein normales körperliches Phänomen, welches uns anzeigt, dass wir Ruhe und Erholung brauchen, um den Organismus leistungsfähig zu halten. Es herrscht eine Homöostase oder ein Gleichgewicht zwischen Belastung und Erholung. Zu unterscheiden ist zwischen körperlicher Müdigkeit, oft auch als Erschöpfbarkeit bezeichnet, als Folge körperlicher Anstrengung und psychischer (geistiger) Ermüdung. Körperliche Müdigkeit äußert sich in einer verminderten Muskelkraft, welche Bewegungen erschwert. Sie verschwindet nach mehr oder weniger langem Ausruhen mit oder ohne Schlaf. Letzterer wird durch körperliche Müdigkeit nach Anstrengungen begünstigt.
Peter Keel
2. Störungen mit Müdigkeit, Erschöpfung und Schmerz
Zusammenfassung
Wie Abb. 2.1 zeigt, überschneiden sich eine Reihe von funktionellen (somatoformen) Störungen, welche von Müdigkeit und Erschöpfung sowie körperlichen Schmerzen gekennzeichnet sind, erheblich. Sie werden von Fachleuten dem Spektrum der stressbedingten Störungen, teilweise auch dem Spektrum der affektiven Störungen zugeordnet. Denn bei einer anhaltenden Stressbelastung und zunehmender Erschöpfung treten Symptome auf, welche einerseits in Richtung einer depressiven Störung weisen, andererseits aber auch körperlicher Natur sein können.
Peter Keel
3. Symptome ohne Befund: Was hinter Krankheiten ohne fassbare Ursache steckt
Zusammenfassung
Beschwerden ohne klar fassbare Ursache sind einer der häufigsten Gründe für Arztkonsultationen. Sehr häufig sind es Schmerzen, die den Rücken im Kreuzbereich, den Schulter-Nacken-Bereich und den Kopf sowie den Bauch betreffen. Aber auch Brustschmerzen, die ein Herzleiden befürchten lassen, Herzklopfen und Atemnot gehören dazu. Box 3.6 zeigt, dass es in jedem medizinischen Fachgebiet unklare Beschwerden gibt.
Peter Keel
4. Ursachen der Erschöpfung: Stress macht krank
Zusammenfassung
In einer Verbraucherzeitung wurden Fragen zur „süßen Sünde“ beantwortet. Eine Frage war, ob zu viel Schokolade Pickel verursache. Die Antwort lautete, dass wissenschaftlich kein Zusammenhang zwischen Schokoladenkonsum und unreiner Haut nachgewiesen sei. Die Schokoladenexpertin Sylvia Meyer hatte ihre ganz eigene Theorie: „Wenn wir unter Stress stehen, schüttet unser Körper Hormone aus, die zu Pickeln führen können. Gleichzeitig essen wir in „stressigen“ Zeiten oft auch mehr Süßigkeiten. Und so schließen wir einfach daraus, dass die Schokolade an allem schuld sei.“ Tatsächlich ist es aber der Stress!
Peter Keel
5. Behandlung von Symptomen ohne Befund: alles nur Placebo?
Zusammenfassung
Bei der Behandlung von Symptomen ohne Befund oder schlecht fassbaren Leiden wie Müdigkeit und Schmerz spielen Placeboeffekte eine große Rolle. Häufig werden Behandlungsmaßnahmen ohne klare Indikation (echte medizinische Begründung) eingesetzt, weil die Störung schlecht fassbar ist. In der Regel werden bei Müdigkeit relativ harmlose, natürliche Substanzen wie Vitamine oder Spurenelemente verabreicht, wobei auch diese (z. B. Vitamin D oder Eisen) bei Überdosierung gefährliche Nebenwirkungen haben können. In der Schmerzbehandlung kommen vor allem physikalische oder physiotherapeutische Maßnahmen sowie viele alternative Methoden zum Einsatz, deren Wirkung – bei Fehlen klar fassbarer Ursachen – (hauptsächlich) auf Placeboeffekten beruht. Daher ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Placebo“ und seiner Wirkungsweise angezeigt. Es handelt sich nämlich um ähnliche psychologische Wirkprinzipien wie bei echten Psychotherapien, aber mit kleinen, entscheidenden Unterschieden.
Peter Keel
6. Psychotherapie: Behandlung der Seele
Zusammenfassung
Der therapeutischen Beziehung zwischen Patienten mit Beschwerden ohne Befund und ihren Ärzten oder Therapeuten kommt eine große Bedeutung zu. Es wurde schon betont, wie wichtig es ist, dass sie Vertrauen in ihre Therapeuten haben können. Patienten mit solchen Beschwerden fühlen sich mit ihren Klagen nicht ernst genommen, wenn ihnen voreilig mitgeteilt wird, dass ihnen nichts fehlt. Dabei sind die Betroffenen besonders empfindlich, wenn es dem Therapeuten an Einfühlungsvermögen mangelt oder sie den Eindruck haben, dass man ihnen ihre Beschwerden nicht glaubt. Dies, weil sie als Kinder bereits einen Mangel an Liebe und Anerkennung erlebt haben. Häufig fühlten sie sich als Kinder auch nicht ernst genommen oder gar als Lügner hingestellt, wenn sie ihren Eltern über Missbrauchserlebnisse berichteten. Zudem hinterließen die als ungerecht erlebten Strafen tiefe Spuren und führten dazu, dass diese Manschen einen sehr stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn entwickelten. Entsprechend heftig können sie reagieren, wenn sie sich von Ärzten ungerecht behandelt fühlen oder Zeichen für mangelnde Einfühlung erkennen. Gleichzeitig macht es ihnen ihr Drang, von niemandem abhängig sein zu wollen, schwer, sich überhaupt auf eine Psychotherapie einzulassen. Sie fürchten mehr oder weniger bewusst, vom Therapeuten abhängig zu werden und diesem dann ausgeliefert zu sein, womit sie Gefahr laufen könnten, erneut ausgebeutet (missbraucht) oder unerwartet verstoßen zu werden.
Peter Keel
7. Erschöpfung und Schmerz überwinden: Psychotherapie bei funktionellen Störungen
Zusammenfassung
Patienten mit somatoformen Störungen haben oft Mühe, die Versicherung des Fehlens einer körperlichen Ursache zu akzeptieren und sich auf psychotherapeutische oder psychiatrische Maßnahmen einzulassen. Besonders gilt dies für die – sehr seltene – eigentliche Somatisierungsstörung (F 45.0), welche mit weiteren Krankheitssymptomen aus anderen Organsystemen einhergeht und nicht von Müdigkeit oder chronischen Schmerzen und Schwäche allein geprägt ist. Bei den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen und besonders bei der Fibromyalgie kann eine Einsicht, dass Verhaltensfaktoren an der Entstehung der Störung beteiligt sind, mit einem strukturierten Vorgehen häufig erarbeitet und eine Motivation für psychotherapeutische Maßnahmen leichter erzielt werden. Dabei hilft es, ein Stufenkonzept anzuwenden, wie es im Folgenden beschrieben wird.
Peter Keel
8. Medikamente gegen Müdigkeit, Erschöpfung und Schmerz
Zusammenfassung
Medikamente gegen Müdigkeit einzusetzen ist nur sinnvoll, wenn es ein entsprechendes Symptom oder einen Mangel zu behandeln gilt. Wie in Kap. 1 ausgeführt, kann z. B. ein Eisen- oder Vitaminmangel der Müdigkeit zu Grunde liegen, so dass es richtig ist, diesen entsprechend zu therapieren. Eine Einnahme von Vitaminen oder Spurenelementen ohne entsprechende Mangelerscheinungen ist aber letztlich unsinnig und verlorenes Geld, auch wenn die Pharmaindustrie gerne suggeriert, dass bei Müdigkeit solche und andere (oft pflanzliche) stärkende Präparate eine Wirkung hätten. Entsprechende Werbung für solche Präparate (übrigens auch Schmerzmittel) ist im Fernsehen, auf Plakaten und in Zeitschriften erstaunlich oft anzutreffen, woraus sich schließen lässt, dass mit diesen Produkten trotz fehlender nachgewiesener Wirksamkeit (offenbar nur auf Grund von Placeboeffekten) gute Geschäfte zu machen sind. Dies zeigt aber auch, wie weit verbreitet das Problem der Müdigkeit ist und der Wunsch, dieses mit einer Tablette zu beseitigen.
Peter Keel
9. Schwierigkeiten im Umgang mit somatoformen Störungen
Zusammenfassung
Manche Patienten mit somatoformen Beschwerden sind hartnäckig überzeugt, dass ihre Beschwerden körperlich bedingt sind, und zeigen Widerstand gegen die psychosomatische Sicht (Abschn. 3.4). Sie sind der Meinung, dass eine Ursache der Beschwerden gefunden werden muss, und suchen immer neue Spezialisten auf, in der Hoffnung, dass sie durch eine passive Intervention von ihren Beschwerden befreit werden könnten. Oft werden sie z. B. durch einen leicht abnormen Blutbefund oder durch in ihrer Bedeutung überbewertete degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule in dieser Ansicht scheinbar bestätigt. Allerdings besteht wie bereits erwähnt z. B. eine sehr geringe Korrelation zwischen den somatischen Befunden an der Wirbelsäule und den subjektiven Beschwerden, d. h., diese können das Ausmaß von Schmerz und Behinderung nicht erklären. Oder aber die Behandlung der scheinbaren Ursache (Vitamin- oder Eisenmangel, Hormonstörung bei Müdigkeit bzw. Bandscheibenschaden, Facettengelenksdegeneration, Instabilität eines Bewegungssegmentes bei Rückenschmerz) hat u. U. nur vorübergehend – auf Grund der Placebowirkung –, aber nicht anhaltend zum gewünschten Erfolg geführt.
Peter Keel
10. Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Ausblick
Zusammenfassung
Anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung ohne klar ersichtlichen Grund ist ein altes Phänomen. Die Neurasthenie, heute auch Müdigkeitssyndrom genannt, wurde bereits 1870 beschrieben, galt allerdings vorerst als Zeichen einer Nervenschwäche, also einer körperlichen Erkrankung. Erst mit den Entdeckungen der naturwissenschaftlichen Medizin konnte gezeigt werden, dass das Leiden keine fassbare Ursache hat und geriet bald in Vergessenheit. Denn nun betrachtete man die Betroffenen als eingebildete Kranke oder faule Leute.
Peter Keel
11. Anhang
Zusammenfassung
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie in den unten beschriebenen Situationen einschlafen, d. h. richtig einschlafen im Gegensatz zu sich müde fühlen? Gemeint ist nicht nur das Gefühl, müde zu sein, sondern richtig einzuschlafen. Die Fragen beziehen sich auf das übliche Leben in den letzten Wochen. Auch wenn Sie einige der beschriebenen Tätigkeiten in letzter Zeit nicht ausgeführt haben, versuchen, Sie sich vorzustellen, welche Wirkung diese auf Sie gehabt hätten.
Peter Keel
Backmatter
Metadaten
Titel
Die unerklärliche Müdigkeit
verfasst von
Peter Keel
Copyright-Jahr
2014
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-38162-1
Print ISBN
978-3-642-38161-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-38162-1

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