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2017 | Buch

»Doch ist das Wirkliche auch vergessen, so ist es darum nicht getilgt«

Beiträge zum Werk Siegfried Kracauers

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Über dieses Buch

Siegfried Kracauers Werk in seiner Breite und Originalität steht im Zentrum dieses Bandes, der in internationaler und interdisziplinärer Perspektivierung eine Vielzahl der Themen, Denkfiguren und Schreibweisen des Autors analysiert. Kaum ein Intellektueller steht wohl so konsequent und facettenreich für das 20. Jahrhundert wie Siegfried Kracauer, dessen Todestag sich am 26. November 2016 zum 50. Mal jährt. Wie nur wenige andere hat Kracauer ein Spektrum an Interessen und Disziplinen abgedeckt, das für die kulturellen und intellektuellen Konstellationen seiner Zeit paradigmatische Geltung besitzt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
„Doch ist das Wirkliche auch vergessen, so ist es darum nicht getilgt“
Zur Gegenwart Siegfried Kracauers
Zusammenfassung
Kaum ein anderer intellektueller Autor kann wohl auf so konsequente und facettenreiche Weise exemplarisch für das 20. Jahrhundert stehen wie Siegfried Kracauer, dessen Todestag sich im November 2016 zum 50. Mal jährt. Denn Kracauer hat ein Spektrum an Interessen abgedeckt, das eine Konstellation, oder mit einem anderen Begriff des frühen 20.
Jörn Ahrens, Paul Fleming, Susanne Martin, Ulrike Vedder

Gegenwart im Feuilleton

Frontmatter
Kracauers feuilletonistische Städtebilder
Zusammenfassung
„Die Erkenntnis der Städte ist an die Entzifferung ihrer traumhaft hingesagten Bilder geknüpft“ – mit diesem für seine Städtefeuilletons programmatischen Satz beschließt Kracauer einen am 8. 11. 1931 in der Frankfurter Zeitung unter dem Titel „Berliner Landschaft“ erschienenen Artikel (Kracauer 2011, 5.2, S. 702). Der Satz ist nicht leicht zu entschlüsseln, da er ins Allegorische ausgreift: Derjenige, der Städte als Räume der Moderne ergründen will, muss sie lesen und einzuordnen verstehen.
Claudia Öhlschläger
Puppen, Gehäuse, Fabelwesen. Dämonie der Dinge in Der verbotene Blick und Weihnachtlicher Budenzauber
Zusammenfassung
„Ist doch diese Zeit die der kleinen Dämonen, die sich das ganze Jahr über nicht austoben dürfen.“ – So erläutert Kracauer im Stadtbild Weihnachtlicher Budenzauber (1932) seine Beobachtungen zur „Jagd von Gegenständen“ (W 5.4, S. 323), die auf einem Berliner Weihnachtsmarkt ihre Anziehungskraft auf durcheinander strömende Passanten ausüben. Wenn die gewohnten Straßen und Plätze in der festlichen Übergangszeit einer Phantasmagorie von Märchenillusionen weichen, kommt ein Durcheinander von „Krimskrams“ (ebd.) ans Tageslicht.
David Wachter

Literatur und Sprache

Frontmatter
Vergesellschaftung in der Sprache
Zu Kracauers Romanen Ginster und Georg
Zusammenfassung
Schon vor dem Ersten Weltkrieg verfasste Siegfried Kracauer gelegentlich fiktionale Prosa; erste Erzählungen publizierte er seit 1925. Seine beiden großen Romane Ginster. Von ihm selbst geschrieben und Georg sind Produkte der Weimarer Republik: Ginster erschien 1928 zunächst in Auszügen in der Frankfurter Zeitung, bevor die Buchausgabe im Herbst bei S. Fischer ausgeliefert wurde. Während die zeitgenössische Kritik Kracauers ersten Roman feierte, blieb der zweite der Öffentlichkeit lange vorenthalten.
Sven Kramer
Die Hotelhalle als kritischer Topos in Kracauers Schriften und in der zeitgenössischen Literatur
Zusammenfassung
Das Büro, das Kino, die Straße, der Arbeitsnachweis, das Vergnügungslokal–konzentriert man sich mit Kracauer auf einzelne Orte, so ermöglicht das Nachdenken über die jeweilige räumliche Ordnung zugleich weitgehende Einsichten in gesellschaftliche, ökonomische und kulturelle Ordnungen. Diese Denk- und Deutungsstrategie hat Kracauer beispielsweise in „Über Arbeitsnachweise. Konstruktion eines Raumes“ (Frankfurter Zeitung, 17. 6. 1930) formuliert, einem Aufsatz über die Platzierung, Architektur und Ausstattung von Vermittlungsstellen für Arbeitslose.
Ulrike Vedder
Schreiben in der Fremde. Siegfried Kracauers Traum vom guten Englisch
Zusammenfassung
Siegfried Kracauers Werk soll im folgenden Beitrag in einem Kontext diskutiert werden, der zunächst vielleicht nicht einschlägig zu sein scheint: Mehrsprachigkeit. Meist wird dies mit Autoren verbunden, die vornehmlich literarische Werke verfassen und zur so genannten Migrationsliteratur gezählt werden. Die Rolle der Zwei- oder Mehrsprachigkeit im Bereich der Philosophie oder der Kulturtheorie dagegen hat bisher wenig Beachtung gefunden.
Dorothee Kimmich

Gesellschaft als Mosaik

Frontmatter
The Poetics of Sociology. Second Nature and Narrative in the Early Kracauer
Zusammenfassung
Nature should be singular. Whether we think of what the Greeks called physis as the totality of non-subjects or as the rules for bringing that totality into stable appearance, it can suffer copying but no alteration. Between subject and natural object, there can be no middling value.
Leif Weatherby
Die Klasse ohne Eigenschaften. Kracauers Angestelltenstudie als politische Soziologie der Mittelschicht
Zusammenfassung
Man muss nicht stark übertreiben, um die Mittelklassen als die politische Hauptfigur des 20. Jahrhunderts zu identifizieren. Kein Faschismus ohne Massenzulauf von Angestellten und Kleinbürgertum, kein westlicher oder östlicher Wohlfahrtsstaat, der nicht systematisch die Mitte unterstützt und ihr Aufstieg durch Leistung in Aussicht gestellt hätte, keine neoliberale Hegemonie ohne Appell an all jene, die hart arbeiten, sich an die Regeln halten und sogar zu Shareholdern aufrücken können. Schwierigkeiten bereitet nur, dass das mögliche Subjekt so unscharf bestimmt ist.
Tilman Reitz
Kaleidoskopisches Denken. Metaphern und Ironie als Erkenntnisinstrumente Siegfried Kracauers
Zusammenfassung
Bei der Lektüre von Siegfried Kracauers Schriften fällt der häufige Gebrauch von Metaphern, besonders solchen aus dem Bereich der Architektur auf. Letzteres mag naheliegen: Kracauer ist promovierter Architekt, er hat, wenn auch ungern, als Architekt gearbeitet, bevor er als Journalist tätig wurde und für die Frankfurter Zeitung dann viele Architekturkritiken schrieb. Kracauers OEuvre setzt sich neben seiner Dissertation aus den journalistischen Arbeiten, Romanen und seinen wissenschaftlichen Untersuchungen zusammen.
Christine Resch

Musik

Frontmatter
Der Exilant als Gesellschaftsbiograph. Kracauer mit Offenbach in Frankreich
Zusammenfassung
Am 24. Februar 1931 erscheint in der Frankfurter Zeitung eine Miszelle, die andeutet, wie unversehens und unfreiwillig man sich im Exil wiederfinden kann. Das Unbehaustsein beginnt, wenn Andere ihre Ohren verschließen und Fenster verriegeln. Die ersten Stationen des Exils sind die toten Winkel der allgemeinen Aufmerksamkeit.
Ethel Matala de Mazza
Entzauberte Flächen. Versuch über die Musik bei Siegfried Kracauer
Zusammenfassung
Kracauer und die Musik–nicht Wenige werden hinter diesem Incipit einen notgedrungen kurzen Artikel erwarten. Kracauer gilt als musikferner Theoretiker. Zwar spielt die Verwendung von Musik innerhalb des Zeichensystems Film in der Theorie des Films eine gewisse Rolle, und natürlich kommt verschiedenen Erscheinungsformen des Tanzes innerhalb seiner Feuilletons der Berliner Zeit hohe Aufmerksamkeit zu, doch mit autonomer Musik setzt sich Kracauer auf den ersten Blick kaum je explizit auseinander. Dabei veröffentlicht er 1937 mit Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit eine Monographie über einen Komponisten, der jedoch schon bald der Ruf anhaftet, ein besonders unmusikalisches Buch über ein musikalisches Phänomen zu sein.
René Michaelsen

Fotografie und Film

Frontmatter
Zum Bild des Autors Siegfried Kracauer
Porträtfotos aus den Jahren 1947 bis 1955
Zusammenfassung
Wer Siegfried Kracauer kennt, verbindet mit dem Namen wohl ein bestimmtes Bild, möglicherweise das vom Suhrkamp Verlag meist publizierte Porträt des Autors.
Maria Zinfert
Physical Redemption. Psychophysics, Messianism, and the Origins of Kracauer’s Theory of Film
Zusammenfassung
The title Theory of Film: The Redemption of Physical Reality (1960) neatly encapsulates the myriad, interdisciplinary directions one associates with the name Siegfried Kracauer. In the half century since his death, such interdisciplinary methods and interests have been recognized as offering up a robust model of cultural criticism “between” disciplines — between literature and theory, between media such as photography and film, and between intellectual milieus in Europe and in the United States. Let us, however, not forget too quickly the criticism that Kracauer’s thinking has garnered and the anxiety it has produced as it entwines film with other intellectual pursuits, such as philosophy, theology, and messianism, as captured in the titular promise of redemption.
Matthew Handelman
“Ursprüngliche Impulse,” “urges,” “Triebe,” “besoin fondamental”
Kracauer, Eisenstein, and Bazin on the Media-Anthropological Foundations of Cinema
Zusammenfassung
During the 1940s, moving from three different perspectives, the writings of Siegfried Kracauer, André Bazin and Sergei Eisenstein converged towards a common question: the question of identifying the “ursprüngliche Impulse” (Kracauer), the “urges,” the “Triebe” (Eisenstein), and the “besoin fondamental” (Bazin) that could explain the appearance of cinema at the end of the 19th century and its main properties and tendencies as a medium.
Antonio Somaini
Natural History: Rethinking the Bergfilm
Zusammenfassung
Disputed since the publication of From Caligari to Hitler (1947), Siegfried Kracauer’s argument that Weimar cinema reveals proto-fascist psychological dispositions is further problematized when films of “pre-Hitler Germany” are analyzed in relation to the interwar crisis of historicism (Kracauer 2004, S. li). The nexus between fascism and historicism is indeed vexed and ambiguous, not least on account of the incongruous, often-contradictory meanings that the latter term has acquired from twentieth-century scholars and critics.
Nicholas Baer
Teleology Against the Grain. Rereading From Caligari to Hitler
Zusammenfassung
Conceived from the start as a history of German cinema, Siegfried Kracauer’s From Caligari to Hitler is devoted to the years between 1918 and 1933. The book covers this period chronologically to mount its now famous argument about the Weimar Republic, its films, and their political implications. From its beginnings onward, that argument holds, Weimar cinema reflects the Germans’ mental dispositions, the authoritarian fixations that led to the rise of Hitler — if it didn’t in fact help prepare that rise, as the title suggests: more than just chronology, From Caligari to Hitler strongly implies causality.
Johannes von Moltke

Philosophie und Geschichte

Frontmatter
Weltflucht und Gedächtnisbild
Philosophische Aspekte des Realismus in Kracauers Bildtheorie
Zusammenfassung
Die folgenden Betrachtungen gehen medienphilosophischen Aspekten von Kracauers Überlegungen zu technisch reproduzierten Bildern nach. Sie werden in den Kontext unterschiedlicher Diskurse über Fotografie und über ein Genre gestellt, dessen Zenit er kritisch begleitet hat, nämlich die Filmwochenschau. Die Folie der Lektüre bilden hier eine Passage aus Thomas Manns Zauberberg und Hans Magnus Enzensbergers ideologiekritischer Abgesang auf das Genre, ein spätes Echo von 1957 auf Kracauers Pionierarbeit aus dem Jahre 1931.
Gerhard Schweppenhäuser
Geschichtsschreibung als multimediales Verfahren. Kracauers History
Zusammenfassung
Kracauers letztes, 1969 erschienenes Buch History. The Last Things Before The Last scheint von seinen anderen Schriften abgekoppelt zu sein. Ausschlaggebend für diesen Eindruck ist nicht, dass es unabgeschlossen blieb und drei Jahre nach dem Tod des Verfassers aus dem Nachlass erschien.
Detlev Schöttker
Sorge um Aufklärung. Kracauers Nachdenken über das Problem der Geschichte
Zusammenfassung
Im Oktober 1947, lange nach seiner Flucht Ende Februar 1933 aus Berlin nach Paris, später nach Marseille und von dort aus schließlich im Frühjahr 1941 über Lissabon nach New York, entstand ein Text Siegfried Kracauers, der sich zu Begriff und Zukunft jüdischer Kultur in den USA äußert. Kracauer verfasste den Text als Beitrag für eine von Elliot E. Cohen, dem Herausgeber der Zeitschrift Commentary, angestoßene Debatte über „Jewish Culture in America“; neben seinem eigenen Beitrag waren Artikel von Hannah Arendt, Benjamin Ginzburg, Solomon Grayzel und anderen vorgesehen.
Birgit R. Erdle
Backmatter
Metadaten
Titel
»Doch ist das Wirkliche auch vergessen, so ist es darum nicht getilgt«
herausgegeben von
Jörn Ahrens
Paul Fleming
Susanne Martin
Ulrike Vedder
Copyright-Jahr
2017
Electronic ISBN
978-3-658-13239-2
Print ISBN
978-3-658-13238-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-13239-2