Skip to main content

2014 | Buch

Dueck's Jahrmarkt der Futuristik

Gesammelte Kultkolumnen

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

In der IT-Welt genießen die Kolumnen des IBM-Vordenkers Gunter Dueck einen legendären Ruf. Leidenschaftlich subjektiv nimmt er Aktuelles und Zukünftiges aufs Korn. Der vorliegende Band vereint als nun dritte Sammlung 40 neue Werke des Kultautors. Es geht um die aktuellen Themen der Zeit, um die Technologien der Zukunft besonders rund um Cloud Computing, um Innovation, neue Bildung und neues Management. Dueck: "Ich sage nur voraus. Werfen Sie mir nicht vor, ich würde die Welt so wollen, wie ich sie prognostiziere. Ärgern Sie sich nicht über mich - finden Sie lieber Ihren Platz im Morgen!"

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Life Alienation Syndrome

Es geht hier um Eifersucht. Beim bekannten Parental Alienation Syndrome sind geschiedene Elternteile eifersüchtig, wenn das gemeinsame Kind noch den anderen liebt. So sind Familien eifersüchtig, wenn der Hauptverdiener zu viel arbeitet. Der Arbeitsgeber wiederum schaut argwöhnisch auf das Privatleben der Leistungsträger. Der Tagesgeschäftsmanager mag keine Kundengefälligkeiten auf Kosten des Gewinns usw. Wenn jemand in dieser Weise eifersüchtog ist, macht er das, worauf er eifersüchtig ist, gnadenlos madig. Er entfremdet mit System. Ich möchte aufzeigen, dass das, was eigentlich nur in Scheidungsfamilien psychologisch zum Thema gemacht wird, ein ganz weit verbreitetes Übel darstellt.

Gunter Dueck
2. Didaktik für Profs und Mathetik für Studis

Meine damaligen Leiden, die Professoren im Studium zu verstehen, erlebte ich in meinen Kindern neu. Die Lehre ist schlecht wie damals, die Studenten lernen unprofessionell und auf sich gestellt. Der Stoff ist nach 30 Jahren kaum verändert – mitten in einer Technologie- und Managementrevolution. Ich rege mich auf. Wenn ich diese Kolumne heute, wieder ein paar Jahre später lese – da kratze ich mich am Kopf. Ich war ganz schön mutig, so etwas zu schreiben, und ich habe bestimmt vielen auf den Fuß getreten. Aber bitte: es stimmt doch so!

Gunter Dueck
3. Das Momentum eines Projektes

Damit ein Projekt gelingt, muss es in Schwung kommen und in Schwung gehalten werden. Meist denkt man, es brauche nur Geld. Wer Geld hat, wird mit dem Projekt Erfolg haben! Na, einen Berliner Flughafen bekommt man nicht so einfach aus Geld gebaut. Es gilt, die Mittel – von denen Geld nur eines ist – in Energie zu verwandeln, die das Projekt treibt, und alle erzeugten Energien sollten dem Ziel zustreben, mit Momentum!

Gunter Dueck
4. Geisteswissenschaft und Informatik

Computervirtuosen werden neudeutsch auch TECHies genannt, und nur für diese Kolumne habe ich die Geisteswissenschafter analog ARTies getauft und dann die getrennten Welten der beiden verschiedenen Spezies kommentiert. Computer machen manchmal dumm, dann enthält das Internet doch wieder das Wissen der Welt, Informatik unterstützt die Forschung, aber sie industrialisiert einst geachtete Arbeitsplätze zu bloßen Call-Center-Jobs mit Mindestlohn herunter. Beide Seiten, die Techies und die Arties, sollten beide Aspekte desselben immer vor Augen haben.

Gunter Dueck
5. Der Turing-Mensch und Phasic Instinct

Diese Kolumne habe ich zur Zeit des Erscheinens meines Buches

Abschied vom Homo Oeconomicus

geschrieben, das ich selbst gerne mit

Phasic Instinct

getitelet hätte. Die Hauptthese, ganz kurz: In langen Aufschwungund Abschwungphasen der Wirtschaft bilden sich dazu passende Weltanschauungen heraus, die immer dann komplett wechseln, wenn Abschwung in Aufschwung übergeht oder umgekehrt. In einem Abschwung wird optimiert, gestresst und rationalisiert, Wettbewerb und Darwinismus werden heilig gehalten, Mitarbeiter sind bedauerliche Kostenblöcke etc. Im Aufschwung sind die Mitarbeites die Seele des Unternehmens, sie wollen sich im Team und in der Gemeinschaft entwickeln, müssen freudig im Flow arbeiten, die Zukunft und die Innovation stehen im Vordergrund. Es gibt also verschiedene Gesamtzustände der Menschheit! Da die bisherigen Wirtschaftstheorien das nie berücksichtigten, sind sie alle falsch. Das klingt jetzt ein bisschen überheblich von mir, aber der Harvard Business Review hat das in seiner Rezension des Buches auch so anerkannt – und das Buch wurde als eines von zehn für den Wirtschaftsbuchpreis des Handelsblattes nominiert.

Gunter Dueck
6. Bluepedia

Nach den Erfolgen der Wikipedia, die damals noch negativ mit dem Brockhaus und Duden verglichen wurde und nicht so kritiklos dastand wie heute, wollte ich gerne eine IBM interne Wikipedia aufbauen. Das gab Widerstände! „Darf dann jeder im Intranet unserer Firma reinschreiben, was er will?“ – „Ja, schon“, sagte ich. Was danach passierte, können Sie hier lesen. Es ist der Status von 2007. Bluepedia ist heute längst weltweit implementiert und selbstverständlich geworden. Es gab dafür auch einen „Corporate Innovation Award“. Ich habe die Kolumne darüber ein bisschen in die Metaebene gehoben und daraus ein kleines Lehrstück über Innovation an sich gemacht.

Gunter Dueck
7. Sport – dank Technologie?

Meine kurze Auseinandersetzung mit dem Sport – die Technologie ist für den Sport gut oder schlecht, die extremen Belohnungen für die Sieger reizen dazu, „Dark Science“ einzusetzen…

Gunter Dueck
8. Mathe-Gier gepaart mit Tunnelblick

Die mathematische Optimierung sucht eine beste Lösung unter vielen, die dann Optimum genannt wird. Im Optimum ist mindestens eine Ressource komplett verbraucht, sonst ginge es ja noch besser. Mathematische Lösungen sind deshalb oft extrem, sie gehen genau an die Grenze. Banken setzen zum Beispiel ihr Eigenkapital bis an jede Grenze ein und brechen unter Umständen zusammen, wenn sie Verlust machen – denn dann sinkt das Eigenkapital und damit die Grenze erlaubter Kredite. Sie müssen folglich die Kredite zurückschrauben, machen mehr Verlust – Teufelsspirale. Diese Kolumne ist in etwa Anfang Juli 2008 geschrieben worden, also noch vor der großen Krise, die im September mit der Pleite von Lehmann erst so richtig begann. Ich wollte sagen: Mathematische Optima bergen oft Risiken, weil sie keine Reserven halten oder „Robustheit des Ganzen“ fast nie als Nebenbedingung stellen.

Gunter Dueck
9. Projekte, Strukturen und Herzblutenergie

Projekte scheitern sehr oft an starren Strukturen und an ausufernden Meetings. Herzblut fehlt! Oft kreieren Projekte leblose Prozesse. Es ist wie bei Frankenstein: Berater kaufen Fleisch, Augen, Knochen und Sehnen. Dann bauen sie eine Leiche zusammen, sie liegt nun endlich als Monster („neuer Geschäftsprozess“) auf dem Tisch. Dann sagen die Berater zu ihrem Kunden: „Nun müssen Sie diesen Prozess nur noch zum Leben bringen.“ Heute versuchen es alle mit „agil sein“…

Gunter Dueck
10. Culture Technologies – Dreimal mehr in Herz und Kopf!

Ich beginne mit dieser Kolumne, bzw. eigentlich mit einer Rede vor der damaligen Ministerin Schavan, das Ende der Kreidezeit in den Schulen zu fordern. In Anlehnung an die damals gerade beginnende weltweite Kampagne „The Smarter Planet“ der IBM möchte ich einen „Brighter Planet“. Ich plädiere dafür, neue Bildungstechnologien zu entwickeln und Deutschland zum Exporteur von „Culture Technologies“ aufzubauen.

Gunter Dueck
11. Dynamische Infrastrukturen

Dieser Begriff wurde bis 2008/2009 für flexible „atmende“ IT-Strukturen verwendet. Man sah damals allergrößtes Potential darin, alles zu „virtualisieren“ und ins Netz zu verlegen, besonders den Speicherplatz. Ich wurde zu Weihnachten 2008 bei der IBM zum Leiter dieses neuen Wachtstumsfeldes ernannt. Fast der gesamte CeBIT-Auftritt der IBM rankte sich im März 2009 um „DI“. Ich musste mich damals über Weihnachten blitzschnell einarbeiten und schrieb diesen Artikel noch vor der CeBIT. Wenn Sie diese Kolumne lesen, dann bitte auch gleich die darauf folgende.

Gunter Dueck
12. Cloud – über die Wolke des IT-Himmels

Während der CeBIT diskutierte ich mit höchstrangigen IBM Managern aus den USA, ob die Kunden denn so genau wüssten, was „Dynamische Infrastrukturen“ wären. Es wäre schwer zu erklären. Sie dächten darüber nach, das ganze Geschäftsgebiet anders zu benennen. Genau zur CeBIT 2009 kam der Name Cloud auf. Wir fanden ihn zuerst nicht so gut wie DI. Was soll Cloud? Ich war natürlich besorgt, die Definitionen zu ändern, weil ich dann meine ganze Umsatzbuchführung auf den Kopf gestellt sah (das ist übrigens sehr oft ein wichtiger Grund im Leben, lieber nichts zu verändern!). Ich schrieb aber gleich zur CeBIT schon einmal diese Kolumne. Über Cloud. Sie erschien im Juni 2009 (ich muss immer etwa drei Monate vorher „liefern“). Im August 2009 meldete Gartner, „Cloud sei auf dem Höhepunkt der Hypekurve“ angekommen. So schnell verändert sich die IT!

Gunter Dueck
13. Zukunftsausschau

Ich zitiere aus der Kolumne selbst: „Im Rahmen des BMBF-Foresight-Prozesses 2008 habe ich einmal in die Zukunft schauen sollen. In einem kleinen Team (Amina Beyer-Kutzner vom BMBF, Volker Wiedemer vom BMBF/VDE/VDI, Kerstin Goluchowicz von der TU Berlin) sind diese Gedanken wieder und wieder fruchtbar diskutiert worden. Wir nannten sie ‚Zukunftsskizzen‘ und verteilten sie in Englisch und in Deutsch als kleines Heftchen auf dem Internationalen Workshop ‚From Foresight to Innovation – Bridging the Gap‘“. Diese Kolumne enthält die Ergebnisse längeren Nachdenkens. Alles fügte sich später zu meinem Buch

Aufbrechen

zusammen. Zum Buch selbst schrieb ich eine eigene Kolumne – weiter hinten in diesem Band!

Gunter Dueck
14. Blitzkarriere

Diese Kolumne bespricht gar garstige Theorien, die ich in meinem damals erschienenen neuen Buch

Direktkarriere

vom Zaum gebrochen hatte. Es handelt sich um einen sarkastischen Ratgeber, wie man es durch meine neue Lehre „Neurotic Leadership Programming (NLP)“ fertigbringt, ohne jede Arbeit befördert zu werden, indem man zu dem gegebenen Managementjob genau passende Neurosen vorspielt. Ich nahm eine echte wissenschaftliche Studien zur Grundlage, die herausfand, dass hohe Business-Bosse in puncto Zwanghaftigkeit, Hysterie, Narzissmus usw. höhere Neurosenmesswerte aufweisen als Neurotiker solcher Störungen, die deswegen in Anstalten verwahrt werden. Interessant, nicht wahr? Ich leitete daraus einen „ernst“ gehaltenen Ratgeber ab, der natürlich eine Satire ist, aber das merken Sie vielleicht nicht, wenn Sie alles lesen. Schauen Sie sich spaßeshalber die Rezensionen bei Amazon an, da schimpfen solche Leute, die diese Kolumne dazu nicht kennen. Manche meiner Chefs bei IBM hatten das Buch leider auch erst anders verstanden und mir das „sehr nachdrücklich gesagt“.

Gunter Dueck
15. Das Erhabene, die Sterne und die Informatik

Diese Kolumne ist ein Beitrag zu einem Astronomie-Sonderheft. Astronomie ist so faszinierend! Ich habe eine spezielle Beziehung zu ihr, weil meine Frau im Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg arbeitet. Dort kommen so viele Besucher vorbei! Besucht jemand noch Informatiker? Ich vergleiche die verschiedene Art der Begeisterung für die beiden Fächer und plädiere für den Aufbau einer erhabenen Vision für die Informatik der Zukunft.

Gunter Dueck
16. Die Zahlenwahlspiel, die Finanzkrise und mein Geduldigkeitsproblem

Ich stelle hier ein Spiel dar, mit dem die Ökonomen seit Jahren experimentieren. Man gewinnt das Spiel, wenn man weiß, wie viel Schlaue, Überschlaue und Überüberschlaue es gibt. Es ist wichtig, den Grad der „Dummheit“ zu kennen. Ich zeige, dass es etwas mit dem Vorausahnen mehrerer Züge am Finanzmarkt zu tun hat.

Gunter Dueck
17. Internet – aber viel mehr davon, bitte!

Dies schrieb ich im Januar 2010 – es gab Gerüchte über ein iSlate (wie Schiefertafel) von Apple. Endlich! Das Internet kommt wieder ein bisschen einfacher zu uns! Ich schrieb über neue Services. Ich zitiere aus dieser Kolumne: „Die Tafel funktioniert auch als Navi über GPS. Das wird bald wahr! Ich werde Bücher darin lesen, Zeitungen blättern, die REWE-Sonderangebote studieren, ob es Cola- Light-Kisten für Johannes billiger gibt. Ich habe meine Mails per LotusLive aus dem Netz da, inklusive Messenger, ich kann per Flatrate beliebig Musik hören und Fernsehen, alle Filme zu jeder Zeit. Die Tafel funktioniert als Kamera und als Bildtelefon – alles geht damit.“ Das iSlate hieß dann in Wirklichkeit iPad und erschien am 3. April 2010. Heute kann es alles, was ich mir damals wünschte! Steve Balmer, Chef von Microsoft, hat meine Kolumne damals bestimmt nicht gelesen. Oder doch, und er hat gelacht? Und Nokia? Und Blackberry? Und Dell und HP? War es nicht sonnenklar, wie alle kommen würde?

Gunter Dueck
18. Shift happens oder AUFBRECHEN!

Anfang 2010 erschien mein Buch

Aufbrechen

, von dem einige Grundzüge in der Kolumne besprochen werden. Ich zeige auf, dass alles rund um das Internet zu einer Industrialisierung der Dienstleistungen führt. Die geht so weit, dass ziemlich viel Einfaches nicht mehr Gegenstand eines Berufes ist (und damit bezahlt wird), sondern vom einstigen Kunden nun selbst erledigt wird. Zum Beispiel brauchen wir kaum noch zur Bank! Wir kaufen im Netz und finden durch Googeln, wo wir uns sonst hätten beraten lassen (Gesundheit, Recht). Unsere Gesellschaft, so folgere ich, muss sich „upgraden“ und neue Berufe und Industriezweige aufbauen, die „der Computer nicht selbst kann“. Warum packen wir nicht an, warum brechen wir nicht auf? Mit selbstfahrenden Autos, 3D-Druck oder synthetischer Biologie?

Gunter Dueck
19. Leichenpredigt zu Lebzeiten

Eine Fortsetzung zur vorigen Kolumne. Ich klage, dass wir eben nicht aufbrechen, sondern die Industrialisierung der Dienstleistungen als „Kostenoptimierung“ sogar noch aktiv bis überaus aggressiv vorantreiben und damit (weil wir nichts Neues aufbauen) einige Wirtschaftsbranchen in den Untergang treiben. Heute (2014) werde ich oft gefragt, was denn die Printmedien, die Verlage, die Banken etc. tun sollten, um wieder gute Gewinne zu machen. Sie alle haben das Internet zehn Jahre wahrgenommen oder als neumodisch registriert. Aber erst jetzt (!) wird der Wandel durch das Internet

ernst genommen

! Ich zeige in meinen Vorträgen ab und an ein Bild eines Hundertzehnjährigen, der ein frisch geborenes Baby in den Händen hält und sagt: „Du sollst später einmal für meinen Unterhalt sorgen.“ Ich will sagen: Innovationen müssen zeitig betrieben werden. So viele verschlafen den Wandel, und viele davon merken es nicht, weil sie ja nicht wieder aufwachen.

Gunter Dueck
20. Lebensabschnittstheorien

Die Informatik hat ihre Kinderjahre hinter sich. Sie ist erwachsen geworden. Ich selbst forschte in der Nachrichtentechnik (Kryptographie, Codierung, Netze). Die ist nun überall „drin“, die Infomatik auch. Ist es nicht Zeit für eine neue Vision? So wie Industriezweige heranreifen und wieder in anderen aufgehen, so verändern sich auch Wissenschaften – genauso langsam. Wohin? Sollten wir nicht einmal nachdenken und etwas Neues wollen, wirklich wolle

Gunter Dueck
21. Mein Zwitterleben – real und digirreal

Eine wüste Satire über die grassierende Unsitte, seine Zeit mit Telefonkonferenzen zu verschwenden. Wenn Sie heute einen Manager bitten, ein Problem zu lösen, denkt er nicht etwa selbst nach – nein. Er sagt: „Wir müssen uns zusammensetzen.“ Und dann streiten wieder drei oder vier Leute am Telefon und zwanzig hören zu. Viele haben gelernt, während der Telefonsitzungen anderes zu erledigen. Sie steigern bei eBay und tätigen Bankgeschäfte, antworten auf Mail oder chatten paarweise über die schreckliche Konferenz. Es ist furchtbar. Bestimmt stellt man das danach fest: Die Kommunikation ist nicht gut gewesen (weil die meisten ja nicht zugehört haben). Deshalb, so finden die Manager, wäre es sicherlich besser, man würde noch mehr Telefonkonferenzen abhalten.

Gunter Dueck
22. Automotivierte IT

Diese Kolumne schrieb ich Ende 2010 und forderte neues Denken rund um Autos. Es zeichnte sich damals schon ein Trend zum Carsharing ab. Die echte Idee, nur selbstfahrende Autos zuzulassen und private zu verbieten – und damit einen Großteil der benötigten Autos, der Parkhäuser und Tank-/Aufladeinfrastrukturen einzusparen, propagierte ich erst später, als ich über Googles mögliche Pläne nachdachte…

Gunter Dueck
23. Neurotisierende Optimierung

Diese Kolumne schließt an eine frühere hier im Band an („Mathe-Gier“). Ich zeige, dass bei zu starker Optimierung „alles ganz verrückt“ wird. Woran erkennt man das überzogene? Wenn Menschen sehr oft „Hör auf“ rufen. Das tun sie beim Sparwahn oder bei Putzteufeln… In der Wirtschaft wird Lean Management bis zum Wahnsinn betrieben – weil es falsch verstanden wird.

Gunter Dueck
24. Cloudwirbel

Ich komme nochmals auf Cloud Computing zurück, diesmal Anfang 2011, also zwei Jahre nach dem Hype-Höhepunkt Mitte 2009. Jetzt – 2011 – gibt es schon Cloudlösungen, und es zeichnet sich ab, dass das Cloud Computing zu einer gigantischen Industrialisierung der IT führen wird. Heute (2014) hat die IBM ihr Intel-Server-Business an Lenovo verkauft, die Hardwareumsätze brechen ein. Die Serverhersteller stehen an einem Scheidepunkt. Sie alle haben gemeinsam Cloud Computing in den Himmel gehoben, aber nicht bedacht, dass man eben wirklich weniger Server braucht, wenn man sie in der Cloud gemeinsam benutzt – so, wie man viel weniger Autos braucht, wenn alle zu Carsharing übergehen. Vom Verkaufsschlager Cloud zum Kulturschock Cloud. Sie können vielleicht beim Lesen fühlen, worunter ich schon damals litt – an dem, was heute passieren würde. Weinender Prophet an den Ufern Babylons.

Gunter Dueck
25. Kooperation, Frauen und die F-Quote

Heute wird immer härter um eine Quote von Frauen in Schlüsselpositionen gerungen. Warum sind da so wenige Frauen? Sind etwa die bösen Männer dagegen? Ich versuche eine finale Antwort. Nach psychologischen Tests sind Frauen mehr kooperativ gestimmt und Männer mehr kompetitiv. Diese Unterschiede (die es unzweifelhaft statistisch gibt) bedeuten aber, dass im Durchschnitt Männer und Frauen ganz verschiedene, ja gegensätzliche Wirtschaftsauffassungen haben. Wer „Mehr Frauen!“ will, sollte sich dann auch „Mehr Kooperation!“ auf die Fahnen schreiben etc. DAS ist das Problem! Die Männer sind gar nicht „gegen die Frauen“, sondern gegen deren kooperativen „weiche“ Auffassungen. Und deshalb werden Frauen nicht so oft befördert – es sei denn, sie haben typisch männlich kompetitive „harte“ Weltsichten.

Gunter Dueck
26. Professionelle Intelligenz

Nachdem ich im Buch

Aufbrechen

vor der zu starken Industrialisierung der Wirtschaft gewarnt und einen neuen Aufbruch gefordert hatte, schrieb ich ein Folgebuch zum Menschen, der ja der Industrialisierung als Person nur entgehen kann, wenn er sich höher bildet. Heute geht es in den Berufen nicht nur bloß darum, Experte zu sein, man muss auch verhandeln, anleiten, lehren, verkaufen und managen können. In einem Wort: Wir brauchen Professionals. Der Mensch hat viele Intelligenzen, die normale, die emotionale, die kreative etc., diese alle müssen wir nun aktivieren lernen. Die Schule aber füllt uns nur mit Wissen ab (aktiviert nur den „IQ“). Alles andere – das Verkaufen, Managen, Kommunizieren – kommt im Bildungssystem kaum vor, ist aber entscheidend wichtig ab Tag 1 unserer Berufstätigkeit. In dieser Kolumne finden sie eine Zusammenfassung meines Buches

Professionelle Intelligenz

.

Gunter Dueck
27. OpenEmpowerment

Ich setze die vorhergehende Kolumne fort. Die Wissensgesellschaft braucht einen neuen Menschen. Erziehung und Bildung müssen sich darauf neu ausrichten. Menschen werden nicht nur gebildet und ausgebildet, sondern auch „empowert“. Die heutigen Statistiken zeigen, dass Kinder mit Eltern aus der Wissensgesellschaft dramatisch bessere Chancen im Leben haben als die „anderen“. Menschen aus bildungsfernen Schichten schaffen ja auch das Abitur, aber sie werden eben nach alter Sitte nach den alten Kopfnoten der Zeugnisse erzogen (Betragen, Fleiß, Mitarbeit, Ordnung). Die öffentliche Diskussion sieht nicht, dass wir unter einem neuen Menschenbild erziehen müssen, sie vergleicht nur voller Neid die Kinder von Reichen mit Kindern von Armen. Das ist nicht der Punkt. Es gibt „Empowerte Kinder“ und andere. Wenn man das so sieht, hat man sofort einen Plan, die Erziehung und die Bildung neu zu konzipieren. Ich blase hier einmal dafür ins Horn.

Gunter Dueck
28. Shuhari und zu viel Shu im Kopf

Shu-Ha-Ri sind drei Stufen des Lernens und Könnens in der japanischen Kampfkunst. Der Lehrling lernt und übt lange, lange Zeit alle Handgriffe hundert Prozent nach Vorschrift („Shu“). Danach versucht er, die Handgriffe zu variieren, um flexibler zu werden. Er übt, mit Überraschungen umzugehen und langsam seinen eigenen Stil zu finden („Ha“). Der Meister aber kennt keine Regel mehr, er hat sich von ihnen ganz gelöst („Ri“). Ich ziehe in der Kolumne Parallelen: Die derzeitige Industrialisierung und Prozessorientierung zwingt uns, alles 100 % nach Vorschrift zu erledigen! Das ist Stufe „Shu“. Darf ein Bankberater einen eigenen Stil entwickeln und „abweichen“? Wird es noch Meister geben?

Gunter Dueck
29. Untrolle in Meetings und im Leben

Im Internet gibt es bekanntlich Trolle, die absichtlich mit polarisierenden Kommentaren die Gemeinschaft stören. Auf Veganerportalen schwärmen sie von Fleisch, in Frauengruppen diskutieren sie über das „kleinere Gehirn“. So verursachen sie einen Aufschrei und zerstören die Diskussionen der Gruppe. Ich fand, ich müsste einmal auf eine andere Sorte von Zerstörern hinweisen, die Untrolle. Das sind Menschen, die faktisch wie Trolle wirken, es aber nicht absichtlich sind. Die sind doch viel gefährlicher? Ich zähle viele Arten auf. Da ist derjenige, der drei Viertel der Sitzungszeit mit dem Streiten über eine schwach unrichtige Passage im zu genehmigenden Protokoll verbraucht und andere wahnsinnig macht, da sind wieder andere Leute, die auf einer einzigen Zahl herumreiten, dann…

Gunter Dueck
30. Genial daneben – die totale Evaluation

Vor vielen Jahren wütete ich einmal in einer Kolumne gegen die zu starke Evaluation in der Wissenschaft („Du gleichst dem Geist, den du evaluieren kannst, nicht mir!“, im Sammelband

Panopticon

). Studenten werden nur noch als Credit Points erfasst, Wissenschaftler schielen auf Impact. Aus dem ursprünglichen Interesse für Wissenschaft wird eine Sucht nach Punkten aller Art. Ich setze hier meine Kritik fort. Alles, was ich je schwarz an die Wand malte, kam doch so! Und es wird noch schlimmer! Die Wissenschaft selbst wird „mittelmäßig“, wenn sie nur noch in Punktelisten gewürdigt wird. Aber nichts geschieht, keiner protestiert – ich fühle mich allein. Denn die Besten finden es gut, wenn sie viele Punkte und Boni bekommen und die Mittelmäßigen haben zu wenige Punkte oder Impakt, um gegen das System glaubwürdig opponieren zu können. Da denke ich doch: Die Besten tragen die Schuld an dem, was nun noch kommt.

Gunter Dueck
31. Über Phatische Kommunikation, das Netzwerken und Wenigkanalmenschen

Phatische Kommunikation betreibt nur die Aurechterhaltung eines Kontaktes, es werden keine Inhalte gesendet. Regelmäßiges „Guten Morgen!“, ist schon so etwas oder der häufige Blick des Babys zur Mutter: „Bist du da?“ Heute wird das Netzwerken als absolut notwendig in den Himmel gehoben, aber die phatische Kommunikation ist kein Thema. Zum Beispiel wird das triviale Kommentieren auf Facebook absolut herabgewürdigt: „Lauter Banales!“ Ja, Facebook ist oft so banal wie „Guten Tag“, es hält den Kontakt, jedes Like tut das auch. Das Wesen der phatischen Kommunikation wird gar nicht gesehen. Ich versuche, deren Wert herauszuarbeiten. Es gibt seit kurzem ein kleines eBook von mir dazu:

Verständigung im Turm zu Babel.

Gunter Dueck
32. Auf der Suche nach gesundem Menschenverstand

Die Prozessorientierung der Welt ist auch dank Informatik so weit fortgeschritten, dass jede Ausnahme, die im Prozess nicht geregelt ist, zu einer Leidenstour durch wirre Instanzen gerät. Ausnahmen sind schrecklich! Deshalb vermeidet sie jeder, so gut er kann. Sogar ein Arzt könnte versucht sein, lieber eine normale Diagnose zu stellen als eine außergewöhnliche, weil er dann eine Prozessausnahme am Hals hat und Begründungen schreiben muss. Kein gesunder Menschenverstand mehr! Keine Flexibilität! Nur Konformität und ein häufiges Gefühl von Sinnverlust. Muss das sein, dem Prozess zuliebe?

Gunter Dueck
33. Warnung vor Lustlosigkeit auf Identitätssuche

Der neue Mensch der Wissenschaftgesellschaft wird eine „Persönlichkeit 2.0“ haben, die Unternehmen bekommen ganz neue Profile, das Menschenbild wird sich verändern. Arbeiten wir aber nun an einer Vision? Ich sehe nur lustloses Anpassen. Unternehmen auf Facebook? „Wir stellen einen Werkstudenten ein, der aufpasst, dass nichts Kritisches passiert.“ Neues Bildungsideal? „Wir kehren im nächsten Jahrzehnt wieder zum ganz alten G9 zurück.“ Ich warne wieder einmal.

Gunter Dueck
34. Wildes Wunschkind Innovation

Eine Kolumne zu einem Buch von mir:

Das Neue und seine Feinde

. Die Unternehmen wünschen sich Innovation wie ein neues Kind, aber es soll bitte nicht wild sein, sondern brav angepasst, und es soll durchschlafen. Innovation ist aber neu, überraschend, laut und fordernd! Innovation ist „hysterisch“, also auf Abenteuer und Neues aus – keine Langeweile! Sie erschreckt in Unternehmen das zwanghafte Prinzip (Angst, dass sich etwas ändert). Sie stört das Prozess-Immunsystem des Unternenehmens, das jede Ausnahme bekämpft…

Gunter Dueck
35. Bluepedia und die möglichen Folgen

Ich stelle mir im Internet neue Wissenssammlungen vor! Da steht dereinst nicht nur, was Keuchhusten ist, sondern der Arzt oder Medizinstudent findet 100 Husten-Hörproben von Patienten, damit er lernt, wie es sich anhört. Die Wikipedia und die IBM Bluepedia (hierüber im Band eine eigene Kolumne) sind erst ein Anfang. Ich gründete damals eine Software-Wikipedia, die nun etwa 1000 Einträge hat. Inzwischen (2014) ziehen wir eine Plattform hoch, in der Sie Musiknoten finden können, programmiert im LilyPond-Format…

Gunter Dueck
36. Vorstellungsbilder rund um die Informatik

Welchen Platz hat eine Wissenschaft in der Welt? Welchen Stellenwert? Kernphysik stand einmal im Zentrum, dann Psychologie oder Management, jetzt Informatik. Wie ändern sich Vorstellungen? Sollte man nicht die Richtung einer Wissenschaft ändern, wenn sich die Welt verändert? Speziell: Sollte man die Informatik mehr der Welt öffnen, wo doch nun alle ein Tablet und Smartphone haben?

Gunter Dueck
37. Kopfwäsche durch Android

Die Internetrevolution führt überall zu neuen Infrastrukturen. Die müssen in Deutschland natürlich erst am besten DIN-vernormt verabschiedet werden. Überall tagen Ausschüsse – ohne schnellen Fortschritt. Was tut man, wenn man neue Produkte hat und die Plattformen dafür noch fehlen? Faktisch wird eben das kostenlose Betriebssystem Android eingesetzt, in Kameras, Kaffeemaschinen, Waschmaschinen, Autos und so weiter. Bis sich ganz Deutschland etwas garantiert Bestes ausgedacht hat, ist Android überall drin. Dann können die Deutschen wieder schimpfen, dass sie von den Amerikanern abhängig sein müssen!

Gunter Dueck
38. Grenzkontrolle im Kopf

Die USA hören, so hört man immer mehr, alles ab. Alles. „Alles, was Sie am Telefon je sagten und im Internet je hinterließen, ist Teil der Anklage.“ Beginnen wir bald, unsere Worte zu wählen, als sei die NSA wie Gott immer bei uns? Ich diskutiere die verschiedenen Sichten Europas und der USA. Ist Sicherheit des Ganzen wichtiger als die geschützte Privatsphäre? Ja, und geht es überhaupt um Sicherheit? Ich glaube immer stärker, dass die Abhörpraktiken eigentlich den Auftakt zu einer Aufrüstungsspirale für kommende Cyber-Wars bilden. Die nächsten Kriege werden doch nicht mit Panzern geführt?!

Gunter Dueck
39. Wahlen und Internet-Neuland

Meine Gedanken zu den Rededuellen der Schlüsselkontrahenten vor Wahlen. Da geben sie hundert Mal geübte Antworten und krümmen sich unter der Dauerbeobachtung im Netz…

Gunter Dueck
40. Gegen Mesakommunikation und Ethnozentrismus

Metakommunikation ist bemüht, das gegenseitige Verhältnis übergreifend und transparent zu klären: „Wie gehen wir ab jetzt miteinander um?“ Meta ist griechisch „daüber hinaus“. Mesa ist griechisch „innen“. Ich wende mich gegen Mesakommunikation, die einfach nur das eigene Innen kennt, also borniert die eigenen Standpunkte vertritt, ohne das Außen eines Gedankens zu würdigen. Diese Haltung führt bei Gruppen zu Ethnozentrismus, der die Regeln, die Kultur und die Vorstellungen der eigenen Welt verabsolutiert.

Gunter Dueck
Backmatter
Metadaten
Titel
Dueck's Jahrmarkt der Futuristik
verfasst von
Gunter Dueck
Copyright-Jahr
2014
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-55371-4
Print ISBN
978-3-642-55370-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-55371-4