Skip to main content

2016 | Buch

Homo hortulanus

Die Sinnzuschreibungen in privaten Hausgartengestaltungen

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Zentraler Ausgangspunkt des vorliegenden Bandes ist die Erschließung eines weitgehend unerschlossenen Themenfeldes der deutschsprachigen Soziologie: der gartensoziologische Forschungszweig. Von Interesse sind hierbei die Manifestation der Sinnzuschreibungen in der privaten Hausgartengestaltung in der Bundesrepublik Deutschland sowie die jeweiligen,

mit diesen Sinnzuschreibungen verknüpften Legitimationsstrategien.

Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Wendepunkte und Krisen wird der private Garten als Ort der Selbstbestimmung und Freiheit, als Natur und Familienidyll oder Raum technischer und kultureller Lebenswelten gedeutet. Dabei verhält sich seine Konstruktion keineswegs immer analog zum gesellschaftlichen Orientierungsrahmen. Vielmehr steht sie in einem fortwährenden Spannungsfeld zum „Nicht-Garten“ jenseits des Gartenzauns, vor dem es die eigenen Errungenschaften zu schützen gilt. Die Komplexität gärtnerischer Sinnzuschreibung vereint vielschichtige heterotope Gegensätze wie Kultur und Natur oder weltliche Gestaltung und paradiesische Idee und positioniert sich dabei stets neu zwischen Öffentlichkeit und Privatheit, bürgerlichen Traditionen und postmodernen Idealen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Chapter 1. Die Sinnzuschreibungen in Gärten: Gartengestaltungen als Handlungen, legitimierende Ideen und materielle Objektivationen
Zusammenfassung
„Show me your garden, provided it be your own, and I will tell you what you are like“ heißt es beim berühmten englischen (Garten-)Philosophen Alfred Austin und hinterlässt eine unermüdliche Nachfolgerschaft an Rezipienten. Zum Ausdruck kommt bei Austin die unmittelbare eigene Erfahrung der Bildung zur privaten Gartengestaltung, die er laut seinen biographischen Beschreibungen der Überwindung seiner früheren Missgeschicke verdankt. Nur im persönlichen Pflanzen der Bäume und Sträucher, im Gestalten der inneren und äußeren Grenzen des Gartens und Arrangieren der Blumenbeete gelinge es, vom Laien- zum Expertentum der adäquaten Gartengestaltung zu avancieren.
Christina Waldeyer
Chapter 2. Die Konstruktion der Typen und der Typologie privater Hausgartengestaltungen
Zusammenfassung
Wenn sich die Sinnzuschreibungen in den privaten Hausgartengestaltungen, wie es die Prämisse des vorherigen Kapitels betonte, aus den drei Ebenen der legitimierenden Idee, Handlung und materiellen Objektivation zusammensetzt, die zugleich im Rahmen der nachfolgend auszuführenden Ratgebermethode eine Verengung auf die legitimierenden Ideen erfahren, erfordern diese als Bestandteil einer gärtnerischen Sinnzuschreibung wiederum eine Verfestigung zu intersubjektiv zugänglichen Konstrukten, um nicht auf das Einzelindividuum reduziert zu bleiben, sondern ebenso von anderen Subjekten verstanden werden zu können. Die Ermöglichung des Fremdverstehens bildet in der Tradition Alfred Schütz’ die Invariantsetzung bestimmter Phänomene zu sprachlich vermittelbaren „Typen“ sowie die Wechselwirkung dieser Typen mit den jeweiligen Relevanzen eines Handelnden, die sich zusammengenommen in der Ausbildung intersubjektiver Wissensstrukturen widerspiegeln. Die Schütz`sche phänomenologische Handlungstheorie basiert hierbei auf der Auseinandersetzung mit Max Webers Paradigmen und erweitert sie zugleich durch die eigenen Terminologien.
Christina Waldeyer
Chapter 3. Das methodische Vorgehen der Studie: Zur Rekonstruktion des homo hortulanus
Zusammenfassung
Die Sinnzuschreibungen einer Zeitspanne bzw. einer Generation hinterlassen ihre Spuren stets in ihren Artefakten, z.B. den schriftlichen und mündlichen Darstellungen ihrer Akteure. Vornehmlich kann der Bestand schriftlicher Aufzeichnungen über Jahrzehnte konserviert und im Kontext ihrer Entstehungshistorie analysiert werden, um den spezifischen Ausprägungen des gartengestaltenden Menschen und seiner wandelbaren Ideen einer Gartengestaltung nachzuspüren, die gartengestaltenden Handlungsanweisungen sowie das Verständnis der materiellen Objektivationen als Gartenorte bzw. Gartenräume zu ihrem Wirkungszeitpunkt zu identifizieren und damit die Sinnzuschreibungen herauszuschälen, die letztlich insgesamt der Gartengestaltung zugesprochen werden. Zu diesem Zweck bietet sich die authentische und belastbare Gartenliteratur besonders an. Innerhalb des weiträumigen Gartenliteraturspektrums ist es wiederum die Textgattung der Ratgeberliteratur, die die Analyse der Sinnzuschreibung einer gestalterischen Handlung ermöglicht.
Christina Waldeyer
Chapter 4. Die Typen des homo hortulanus
Zusammenfassung
Die Aufarbeitung der Sinnzuschreibungen in der privaten Hausgartengestaltung und des ersten gärtnernden Menschen anhand seiner jeweiligen Ratgeberliteratur beginnt zum Ende der vierziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts als Neuformulierung der deutschen Gartenkultur nach den aufzehrenden Jahren der beiden Weltkriege, welche diese auf ihre Grundlagen zurückversetzt hatten. Die aufkeimende Gartengestaltungskultur privater Hausgärten in der Bundesrepublik Deutschland sieht sich einerseits mit verwüsteten, brachliegenden Terrains oder vernachlässigten und verwaisten Altgärten konfrontiert, denen es gelten sollte, ein neues Gesicht zu geben. Sie kann andererseits aber auch nicht auf die Erfahrungen der Vorkriegsjahre zurückgreifen, denn deren abgezirkelte, geometrisch angelegte Gärten waren, so ihre ratgebenden Texte, von einer strengen, künstlich geformten Inszenierung, welche die Betrachtung über den Nutzen stellten und ihren Zuschauern eine illegitime Distanz abverlangten.
Christina Waldeyer
Chapter 5. Die Sinnzuschreibungen in der Typologie privater Hausgartengestaltungen
Zusammenfassung
„Show me your garden, provided it be your own, and I will tell you what you are like“, hieß es einleitend beim berühmten englischen (Garten-)Philosophen Alfred Austin. Austin deutete den Garten als einen Ausdruck seiner Gestalter und Spiegel ihrer Identität und Kultur und folglich als ein kulturelles und zugleich lebendes Artefakt, welches die Ideen und Handlungen eines Gestalters im Kontext seines jeweiligen gesellschaftlichen Werdens als wirkungsvolle Symbole manifestiert. Weder seien jedoch der physikalische Ort und Raum noch die gartengestaltende Handlung allein von Bedeutung, vielmehr deren Sinnzuschreibung durch die Akteure und ihre jeweilige Sedimentierung in normativen Vertextungen vor dem Hintergrund des jeweiligen gesellschaftlich-historischen Handlungsfeldes.
Christina Waldeyer
Chapter 6. Schlussbetrachtungen und Forschungsdesiderate der Gartensoziologie
Zusammenfassung
Zentraler Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war es, ein weitestgehend unberücksichtigtes Themenfeld der deutschsprachigen Soziologie als gartensoziologischen Forschungszweig zu erschließen. Von Interesse waren hierbei die Manifestation der Sinnzuschreibungen in der privaten Hausgartengestaltung in der Bundesrepublik Deutschland sowie die jeweiligen, mit diesen verknüpften Legitimationsstrategien. Dabei galt es, das junge Forschungsfeld auf ein konsistentes Fundament zu stellen und auf diesem Weg weiträumig für die Soziologie nutzbar zu machen.
Christina Waldeyer
Backmatter
Metadaten
Titel
Homo hortulanus
verfasst von
Christina Waldeyer
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-13454-9
Print ISBN
978-3-658-13453-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-13454-9