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2012 | Buch

König, Bürgermeister, Bundeskanzler?

Politisches Wissen von Grundschülern und die Relevanz familiärer und schulischer Ressourcen

verfasst von: Meike Vollmar

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Entgegen der Annahme, politische Geschehnisse seien für Kinder zu abstrakt und komplex, belegen die Ergebnisse der Publikation, dass bereits Erstklässler über politisches Wissen verfügen. Dabei sind zwei Wissensbereiche voneinander zu unterscheiden. Für deren Niveau und Entwicklung sind ökonomische, kulturelle und soziale Ressourcen von Familie und Schule von unterschiedlicher Relevanz.

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Demokratie leben lernen“ wurden etwa 750 Grundschüler zu Beginn und Ende ihres ersten Schuljahres befragt. Zudem fanden Erhebungen bei den Eltern und Lehrkräften der Kinder statt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Schulische Leistungen stehen im Fokus zahlreicher wissenschaftlicher Studien. FiLM, IGLU, LISA&KO, LUST, PERLE, PISA, TIMMS und VERA – dies sind die Namen einer kleinen Auswahl von zahlreichen wissenschaftlichen Schulleistungsstudien. Außer Mathematik-, Deutsch- und naturwissenschaftlichen Kenntnissen werden meist die Lesekompetenz und die Fremdsprachenkenntnisse von Schülern untersucht. Diese Studien werden sowohl im Grundschulbereich als auch in weiterführenden Schulen durchgeführt. Schülerleistungen können auf dieser Basis oftmals international vergleichend analysiert werden, eine Evaluation der Bildungspläne ist ebenso möglich. Die Studienergebnisse können insofern als Orientierungshilfe für die Unterrichtsgestaltung dienen, Einblicke in das Lernverhalten der Schüler vermitteln und letztendlich die Frage beantworten, wie gut Schüler auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sind.
Meike Vollmar
2. Politisches Wissen innerhalb der politischen Sozialisationsforschung
Zusammenfassung
Die politische Sozialisationsforschung hat sich in Bezug auf politisches Wissen hauptsächlich auf zwei Aufgaben konzentriert: Erstens das Niveau politischen Wissens bei Kindern und Jugendlichen verschiedener Altersstufen und sozialer Gruppen zu ermitteln und zweitens den relativen Einfluss verschiedener Sozialisationsinstanzen wie beispielsweise Familie, Schule, Gleichaltrige und Medien auf die Vermittlung von politischem Wissen zu untersuchen (vgl. u. a. Greenstein 1965; Hess/Torney 1967; Hyman 1959; Jaros 1973; Jennings/Niemi 1974; Thompson 1979). Die erste Aufgabe beinhaltet die Erfassung des politischen Wissenstandes verschiedener sozialer Gruppen von Kindern und Jugendlichen und die Suche nach Erklärungen bzw. Gründen für Wissensunterschiede. Die Rolle der Sozialisationsagenten steht im Fokus der zweiten Aufgabe. Es wird versucht den Einfluss der einzelnen Agenten auf politisches Wissen zu bestimmen (vgl. Bar-Tal/Saxe 1990: 116 f.).3
Meike Vollmar
3. Politisches Wissen
Zusammenfassung
Studien zum politischen Wissen von Kindern verfügen selten über eine theoretische Systematisierung des Wissensbegriffs. Sie differenzieren zwischen verschiedenen „Wissensebenen“ wie der Kenntnis des Namens einer politischen Autorität, der Wahrnehmung und dem Verständnis ihrer politischen Rolle oder bewerteten Antworten der Kinder aufgrund ihrer Genauigkeit und der beinhalteten Einzelheiten (siehe dazu Tab. 2.1 aus Kapitelabschnitt 2.4, vgl. u. a. die Studien von Allen 1994; Allen/Kirasic/Spilich 1997; Greenstein 1965 oder auch Veröffentlichungen der NAEP Studien, u. a. Snyder/Dillow/Hoffman 2009). Oftmals existiert innerhalb von Studien zudem keine empirische Systematisierung, d. h. der Operationalisierung des politischen Wissensbegriffs (siehe dazu Tab. 2.1 aus Kapitelabschnitt 2.4). Insgesamt betrachtet, bestehen deutliche Unterschiede der Operationalisierung des politischen Wissens von Kindern (siehe dazu Kapitelabschnitt 2.5). Zum Teil dienten Antworten auf einzelne Fragen als Indikatoren politischen Wissens, teilweise wurde dasselbe Frageformat auf verschiedene politische Objekte angewendet. In einigen Studien werden verschiedene Wissensniveaus unterschieden, indem korrekte Antworten auf verschiedene Wissensfragen zu einem additiven Index summiert werden. Die verwendete Anzahl der Wissensfragen ist hierbei unterschiedlich. Sie schwankt zwischen einer Frage bis zu 24 Fragen (siehe dazu Tab. 2.1 aus Kapitelabschnitt 2.4). Oftmals werden zudem verschiedene politische Objekte nicht voneinander abgegrenzt. Ein Rückgriff auf die Forschung zum politischen Wissen von Erwachsenen, die sich mit verschiedenen Konzeptionen politischen Wissens auseinandersetzt, erscheint deshalb notwendig. Auf Basis dieser Erkenntnisse und des Forschungsstandes zum politischen Wissen von Kindern kann eine für Kinder geeignete Wissenskonzeption entwickelt werden. Auch die Operationalisierung und Messung von politischem Wissen wird vornehmlich innerhalb der Forschung mit erwachsenen Befragten thematisiert sowie diskutiert. Erkenntnisse der Erwachsenenforschung können deshalb ebenso als Basis für die Operationalisierung und Messung politischen Wissens von Kindern dienen.
Meike Vollmar
4. Einflussfaktoren auf politisches Wissen von Kindern
Zusammenfassung
Der Einfluss der Familie wird häufig in Studien zum politischen Wissen von Kindern untersucht, der Einfluss der Schule allerdings nur, wenn familiäre Faktoren ebenso berücksichtigt werden. Eine Strukturierung der, bisher zudem unverbundenen und einzeln betrachteten, familiären und schulischen Faktoren ermöglicht die Konzeptualisierung des Kapitalbegriffs von Bourdieu (1983). Der Einfluss der Familie und der Schule auf politisches Wissen von Kindern kann voneinander abgegrenzt und die jeweilige Einflussstärke der Agenten abgeschätzt werden. Um die Anwendbarkeit seines Kapitalbegriffs bei der Analyse des Niveaus und der Entwicklung politischen Wissens von Kindern zu erläutern, wird dieser im Folgenden zunächst dargestellt und anschließend auf familiäre und schulische Faktoren übertragen.
Meike Vollmar
5. Die Niveaus politischen Wissens von Kindern – empirische Analysen
Zusammenfassung
Welchen Einfluss besitzt die Familie auf das Niveau politischen Wissens von Kindern? Welchen Einfluss besitzt die Schule auf das Niveau politischen Wissens von Kindern? Und welcher Zusammenhang besteht zwischen den Einflüssen von Familie und Schule auf das Niveau des politischen Wissens von Kindern? Der Beantwortung dieser Fragen (vgl. dazu Forschungsfrage F1a, F1b, F2 aus Kapitelabschnitt 1.1) widmen sich die folgenden Kapitelabschnitte. Das Niveau politischen Wissens von Kindern beider Wissensbereiche – der politischen Perzeption sowie des Funktionswissens – wird sowohl zu Schuljahresbeginn als auch zu Schuljahresende untersucht (siehe Abb. 4.1 aus Kapitelabschnitt 4.2).
Meike Vollmar
6. Die Entwicklung politischen Wissens von Kindern – empirische Analysen
Zusammenfassung
Inwiefern beeinflussen familiäre und schulische Ressourcen die Entwicklung des Niveaus der politischen Perzeption und des Funktionswissens von Erstklässlern? Das folgende Kapitel widmet sich der Untersuchung dieser Entwicklung. Die Analysen berücksichtigen den separaten Einfluss familiären und schulischen Kapitals auf die Entwicklung des Wissensniveaus der Grundschüler (vgl. dazu Forschungsfrage F3a und F3b). Der Zusammenhang der Einflüsse der familiären und schulischen Ressourcen auf die Wissensniveauentwicklung wird ebenfalls untersucht (vgl. dazu Forschungsfrage F4, siehe Kapitelabschnitt 1.1). Im Interessenfokus steht sowohl die intra-individuelle als auch die inter-individuelle Entwicklung des Niveaus der beiden Wissensbereiche der befragten Grundschüler innerhalb ihres ersten Schuljahres. Die individuelle Wissensniveauentwicklung der Grundschüler kann anhand der individuellen Veränderung der politischen Wissensniveaus von Schuljahresanfang zu Schuljahresende analysiert werden (t2-t1, siehe Abb. 4.1, IIIa, Kapitelabschnitt 4.2). Die individuelle Entwicklung der Wissensniveaus wird im Folgenden dargestellt. Es handelt sich dabei nicht wie in Kapitelabschnitt 3.2.2.2 um Querschnittsanalysen, sondern um reine Panelanalysen. Auf der inter-individuellen Ebene können hingegen Wissensniveaudifferenzen zwischen verschiedenen Gruppen von Grundschülern zu Schuljahresbeginn und Schuljahresende gegenübergestellt werden (t2:t1, siehe Abb. 4.1, III, Kapitelabschnitt 4.2).
Meike Vollmar
7. Fazit
Zusammenfassung
Bereits die frühe politische Sozialisationsforschung zeigte, dass Kinder in politischer Hinsicht nicht als „unbeschriebene Blätter“ zu betrachten sind. Sie nehmen schon in jungen Jahren ihre politische Umwelt wahr und verfügen auch über affektive Bindungen zum politischen System. Im Forschungsinteresse aktueller Studien stehen aufgrund von methodischer und theoretischer Kritik an den frühen Sozialisationsstudien allerdings Jugendliche. Sie gelten in vielerlei Hinsicht als „Seismographen“ für Veränderungen in der politischen Kultur (Quenzel 2006: 4). Schulleistungsstudien berücksichtigen hingegen, entgegengesetzt des eigenen Erklärungsanspruchs, selbst bei Jugendlichen von Einzelfällen abgesehen, politisches Wissen nicht. Diese Forschungspraxis ist vor dem Hintergrund der demokratietheoretischen Relevanz politischen Wissens, dem Selbstverständnis des Bildungsauftrags vieler Grundschulen und deren Bildungsplan nicht nachvollziehbar. Der Forschungsfokus auf Jugendliche ermöglicht zudem keine klare Abgrenzung von familiären und außerfamiliären Einflüssen, da mehrere Sozialisationseinflüsse gleichzeitig wirken. Eine empirische Untermauerung politischer Lernprozesse von jungen Kindern fehlt daher bis heute.
Meike Vollmar
Backmatter
Metadaten
Titel
König, Bürgermeister, Bundeskanzler?
verfasst von
Meike Vollmar
Copyright-Jahr
2012
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-94334-3
Print ISBN
978-3-531-18376-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-94334-3