2008 | OriginalPaper | Buchkapitel
Konfligierende Erinnerungen. Nationale Prägungen, Verständigungsversuche und eruopäische Geschichtsbilder
verfasst von : Konrad H. Jarausch
Erschienen in: „Schmerzliche Erfahrungen der Vergangenheit“ und der Prozess der Konstitutionalisierung Europas
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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In der Präambel des europäischen Verfassungsentwurfs ist die Geschichte in paradoxer Weise gleichzeitig abwesend und allgegenwärtig. Der in der intergouvermentalen Konferenz abgesegnete Entwurf beginnt mit einem positiven Hinweis auf das „kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas“ als Basis für die sich daraus ergebenden „unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen“. Zur Rechtfertigung einer besseren Zukunft wird die negative Seite der Vergangenheit nur in der euphemistischen Anspielung auf ein „nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa“ gestreift, ohne die Leiden der Weltkriege, des Holocausts oder des GULAGs explizit zu erwähnen. Die zerstörerische Wirkung des Nationalismus leuchtet knapp in der Erklärung auf, dass die auf ihre nationale Identität stolzen Völker Europas „entschlossen sind, die alten Gegensätze zu überwinden und immer enger vereint ihr Schicksal gemeinsam zu gestalten“.
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Dies rudimentäre Geschichtsbild von „Einheit in Vielfalt“ zeichnet sich durch Verschweigen vergangener Konflikte und naiven Fortschrittsglauben aus.