Skip to main content

2014 | OriginalPaper | Buchkapitel

7. Kritik der Politischen Ökonomie – Wachstum als Imperativ kapitalistischen Wirtschaftens

verfasst von : Alexandra Krause

Erschienen in: Marx für SozialwissenschaftlerInnen

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Dieses Kapitel setzt sich mit der Wachstumsdynamik kapitalistischer Ökonomien auseinander. Was in kapitalistischen Gesellschaften wächst, ist der Geldreichtum derjenigen, deren Vermögen die Potenz haben, gewinnbringend investiert zu werden. Lohnarbeit hat dabei die Rolle, für möglichst wenig Lohn bei möglichst hoher Arbeitsleistung einen möglichst großen Beitrag zu diesem Vermögenswachstum zu leisten - die Lohnabhängigkeit derjenigen, die selbst kein Kapital haben, wird also ausgebeutet. Inwiefern dieses Kapitalwachstum tatsächlich zwingend ist und wie damit die wachsende Ausbeutung der Lohnarbeit einhergeht, soll im Folgenden erläutert werden.

Sie haben noch keine Lizenz? Dann Informieren Sie sich jetzt über unsere Produkte:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Fußnoten
1
Der Begriff BRICS-Ökonomien setzt sich aus den Anfangsbuchstaben jener fünf Schwellenländer zusammen, denen aufgrund ihrer Größe sowie ihrer hohen Wachstumsraten zugetraut wird, dass sie die entwickelten Industrieländer in Zukunft einholen, wenn nicht sogar überholen könnten. Es handelt sich dabei um Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika.
 
2
Eine augenscheinliche Unzulänglichkeit dieser knappen Erklärung des Geldes besteht zunächst darin, dass in der Herstellung von Papiergeld offenbar weniger Wert vergegenständlicht ist als es repräsentiert. Marx selbst erklärt das Papiergeld auf der Grundlage seiner Geldtheorie im dritten Kapitel von MEW 23, S. 138–143. Ein weiterer und gewichtigerer Einwand ergibt sich dadurch, dass das Geld heute lediglich durch nationale Gewaltmonopole geschützt ist. Es ist nicht mehr, wie noch bis Anfang der 1970er Jahre durch das Bretton-Woods-Währungssystem, über den Dollar als goldgestützte Leitwährung des Weltwährungssystems an die in der Goldware selbst vergegenständlichte Arbeit gekoppelt. Darüber hinaus haben die zahlreichen Produkte, die auf den modernen Finanzmärkten gehandelt werden, offensichtlich keinen Bezug mehr zum Wert des Goldes als universeller Geldware. Die theoretischen Herausforderungen, die sich aus der rasanten Entwicklung der Wertschöpfung durch Finanzmarktprodukte für Marx’ Werttheorie ergeben, wurden bislang erst ansatzweise untersucht (eine Einführung in klassische Auseinandersetzung findet sich z. B. bei Harvey 1982: Kap. 10). Als zentrale Leistung seiner Analyse des Geldes kann allerdings nach wie vor gelten, dass er die scheinbar natürliche Eigenschaft des Goldes, universell austauschbar zu sein, auf das gesellschaftliche Verhältnis der getauschten Waren als Arbeitsprodukte zurückgeführt hat, während sich auch moderne Geldtheorien auf funktionalistische Analysen des Geldes beschränken und das Rätsel seiner universellen Austauschbarkeit selbstbewusst für unlösbar erklären (z. B. Bofinger 2010).
 
3
Historisch betrachtet war diese Entwicklung recht jung: bis ins 13. Jahrhundert hinein beschränkte sich der Warentausch global auf wenige Gebrauchsgüter. Mit der Entwicklung des Handwerks stieg die Produktivkraft der Arbeit erheblich an und folglich auch der Anteil der Warenproduktion am gesamten gesellschaftlichen Produktionsvolumen. Doch erst ab dem 13. bis ins 16. Jahrhundert hinein setzten sich Warenproduktion und Warentausch in den ersten europäischen Gesellschaften allgemein durch (Mandel 1968). Gesamtgesellschaftlich blieb die Warenproduktion allerdings am Bedarf orientiert, was Marx schematisch als W – G – W fasst (MEW 23: 164).
 
4
Während sich die Moralphilosophie seit Aristoteles mit der Frage auseinandergesetzt hatte, nach welchen Kriterien gerechte Preisverhältnisse normativ begründet werden könnten, nimmt Adam Smith in seinen ökonomischen Studien den Prozess der Preisbildung dann auch anhand der beobachtbaren Preisbewegungen auf den sich entwickelnden Warenmärkten in den Blick. Er hat als erster zwischen dem Gebrauchs- und dem Tauschwert der Waren unterschieden und ihren Tauschwert auf die Arbeit zurückgeführt, welche die Warenproduzenten für ihre Herstellung verausgaben (Heinrich 1999, S. 36 f.). Smith begründet den Tauschwert der Waren durch eine „subjektive Arbeitswertlehre“ (ebd., S. 40), indem er den Preis einer Ware auf die Arbeitsmenge zurückführt, die ihr Käufer selbst dafür hätte verausgaben müssen. Einerseits legt er seiner Erklärung des Preises also das darin zum Ausdruck kommende Verhältnis der Warenproduzenten als Teilnehmer an einer gesellschaftlichen Arbeitsteilung zugrunde; andererseits führt er den Wert der Waren in seiner Erklärung des Preises letztlich auf das individuelle Kalkül der Warenbesitzer zurück (ebd., S. 37 ff.). Im Unterschied dazu erklärt David Ricardo den Tauschwert der Waren durch die in ihnen selbst vergegenständlichte Arbeitsmenge, gemessen in der zu ihrer Produktion durchschnittlich verausgabten Arbeitszeit, so dass seine Erklärung auf einer „objektiven Arbeitswertlehre“ fußt (ebd., S. 46 ff.). Marx fokussiert seine Analyse dann allerdings darauf, dass dieser Durchschnitt keine gegebene objektive Größe ist, sondern das Verhältnis, in dem die Warenproduzenten über die Marktpreise ihrer Waren zueinander stehen und durch ihren Wettbewerb selbst permanent verändern. In der Rezeptionsgeschichte des Kapitals haben sich am Verhältnis von Quantität und Qualität innerhalb der Marxschen Wert- und Mehrwertlehre immer wieder heftige Debatten entzündet (für eine Übersicht siehe z. B. Heinrich 1999).
 
5
Der begriffliche Unterschied zwischen Mehrwert und Profit wird im 5. Abschnitt dieses Kapitels thematisiert.
 
6
Da Unternehmen nur im Zusammenspiel zwischen ihrem Profitstreben auf der einen und ihrem durch das staatliche Gewaltmonopol garantierten Eigentumsrecht an den Produktionsmitteln auf der anderen Seite dazu in die Lage versetzt werden, fremde Arbeit für diesen Zweck auszubeuten, behandelt Marx den historischen Prozess der ursprünglichen Akkumulation, in dem sich das Privateigentum an Produktionsmitteln in England gesamtgesellschaftlich durchgesetzt hat, im 24. Kapitel des ersten Bandes des „Kapitals“ als eine entscheidende politische Voraussetzung der Bedeutungszunahme des kapitalistischen Wachstumsimperativs. Hier thematisiert Marx den Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus, der zur Trennung der arbeitenden Bevölkerung von ihren Produktionsmitteln geführt hat. Der Prozess der ursprünglichen Akkumulation hatte die Verwandlung allen gesellschaftlichen Reichtums in Privateigentum und damit auch die Scheidung der Produzenten von ihren Produktionsmitteln zum Ergebnis. Marx konzentriert sich in diesem Kapitel auf die Entwicklungen in England seit dem 14. Jahrhundert, die er als eine Jahrhunderte währende gewaltsame Umwälzung darstellt (MEW 23, S. 743). Inzwischen ist dieser Prozess unter anderem von Thompson noch genauer herausgearbeitet worden (Thompson 1968).
 
7
Die Marxschen Reproduktionsschemata waren in der Rezeptionsgeschichte seines Werkes äußerst umstritten. Die Diskussion drehte sich vor allem um die Frage, ob die wertmäßigen und stofflichen Austauschprozesse gesamtgesellschaftlich mit Notwendigkeit Überproduktions- oder Unterkonsumtionskrisen auslösen würden oder nicht. Rosa Luxemburgs Kritik zielte dann darauf, dass Marx die Interdependenz zwischen kapitalistischen Wachstumsprozessen und der Vereinnahmung nicht kapitalistischer gesellschaftlicher Zusammenhänge für weiteres Wachstum durch imperialistische Landnahmen vernachlässigt hätte. Der sechste Abschnitt kommt auf das Konzept der Landnahme zurück. Einen Überblick über die Diskussion um die Reproduktionsschemata geben z. B. Rosdolsky (1968) und Hickel (1970).
 
8
Marx bezeichnet die Arbeitslosen als industrielle Reservearmee, die durch ihre Existenz zum einen disziplinierend auf die Lohnforderungen der Beschäftigten wirkt und die das Kapital zum anderen von der Schranke der tatsächlichen Bevölkerungsgröße relativ unabhängig macht (MEW 23, S. 661 ff.).
 
9
An dieser Argumentation hat sich in der Rezeptionsgeschichte des „Kapitals“ eine lange Kontroverse um das so genannte „Transformationsproblem“ entfacht. Zu ihren klassischen Protagonisten gehören Böhm-Bahrwerk und Hilferding. Der grundlegende Streit bezog sich darauf, ob sich die Kategorien der „Oberfläche“ der kapitalistischen Konkurrenz, also Produktionspreise und Profitraten, tatsächlich aus Marx’ werttheoretischen Analysen des ersten und zweiten Bandes des „Kapitals“ ableiten lassen. Eine Übersicht über die klassischen Positionen in diesem Streit findet sich bei Gilles Dostaler (1982), in der neueren Literatur siehe zum Beispiel Michael Heinrich (1999) oder Andrew Kliman (2007).
 
10
Auch an der Erklärung der Tendenz zum notwendigen Sinken der Profitrate entzündete sich eine ausführliche Kontroverse. Die Idee der allgemein sinkenden Profitrate geht nicht ursprünglich auf Marx zurück. Bereits klassische Ökonomen wie Smith (dem die Konkurrenz als entscheidender Auslöser galt) und Ricardo (der auf die Rolle beschränkter Naturbedingungen fokussierte) hatten argumentiert, dass die Profitrate langfristig sinken müsse. Marx beanspruchte allerdings als erster einen der kapitalistischen Verwertungslogik immanenten Grund für diese Tendenz gefunden zu haben. Spätere Autoren haben Marx’ Ableitung dahingehend kritisiert, dass sich der Zusammenhang zwischen Produktivkraftsteigerungen und der Entwicklung der Profitrate mathematisch nicht notwendig in deren Fall ausdrücken muss, man also nicht von einem Gesetz im strengen mathematischen Sinn sprechen könne (vgl. Heinrich 1999; Okishio 1974).
 
Metadaten
Titel
Kritik der Politischen Ökonomie – Wachstum als Imperativ kapitalistischen Wirtschaftens
verfasst von
Alexandra Krause
Copyright-Jahr
2014
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-18865-2_7

Premium Partner