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18.04.2024 | Künstliche Intelligenz | Schwerpunkt | Online-Artikel

Generative KI soll Industrie Milliardenschub geben

verfasst von: dpa, Thomas Siebel

4 Min. Lesedauer

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Mit dem Einsatz von GenAI könnte die Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe laut einer Studie deutlich zulegen. Ein Teil der Arbeitsplätze dürfte sich dabei stark verändern – nicht jedoch die klassischen Industriejobs.

Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 hält generative künstliche Intelligenz (GenAI) immer stärker Einzug in Wirtschaft und privaten Alltag. Zahllose Anwendungen in Chatbots, Softwareentwicklung oder Qualitätssicherung unterstreichen das enorme Potenzial der Technologie. „Unternehmen können sie nutzen, um Kosten zu senken, die Effizienz und Produktivität durch die Automatisierung (einiger) kognitiver Aufgaben zu steigern oder Ideen für Innovationen zu generieren“, schreibt etwa Stanislav Ivanov von der Varna University of Management im Kapitel The Economics of Generative AI. Eine andere Möglichkeit ist, dass Unternehmen GenAI als angesagtes Thema verstehen und es allein aus Image-Gründen nutzen.

Was auch immer die Motivation ist: Die erfolgreiche Implementierung von generativer KI muss Stanislav zufolge stets einer grundlegenden wirtschaftlichen Logik folgen: Wird das Unternehmen dadurch wirtschaftlicher? Stehen Vorteile und Kosten des GenAI-Einsatzes in einem sinnvollen Verhältnis?

Über solche Fragen sollten sich Verantwortliche in Industrieunternehmen nicht allzu lange den Kopf zerbrechen. Diesen Schluss lässt zumindest eine Studie des Forschungsinstituts IW Consult zu, die von Google in Auftrag gegeben wurde. Danach könnte der Einsatz von generativer KI die Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe um bis zu 7,8 % erhöhen, was einer Gesamtsteigerung von 56 Milliarden Euro entspräche.

GenAI wirkt sich unterschiedlich auf Beschäftigte aus

Vor allem rund 600.000 angestellte Akademiker und Bürobeschäftigte im verarbeitenden Gewerbe müssten sich allerdings auf starke Veränderungen ihrer Arbeit durch KI einstellen. Bei weiteren 4,1 Millionen Beschäftigten könnte generative KI die Arbeit unterstützen, etwa bei der Optimierung von Programmcodes oder als Ideengeber beim Produktdesign. Klassische Industriejobs wie etwa Reparatur- oder Wartungsarbeiten seien hingegen nicht oder nur schwer automatisierbar. In diesem Bereich, in dem 3,3 Millionen und damit 41 % aller Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe arbeiten, werde KI deutlich seltener zum Einsatz kommen.

Aus der IW-Studie geht hervor, dass mehr als 50 % der Industriebetriebe in Deutschland schon KI einsetzen. Damit liege die Branche deutlich über dem Durchschnitt der deutschen Wirtschaft (17 %). KI werde in der verarbeitenden Industrie dazu verwendet, interne Systeme zu automatisieren (42 %), Dokumente zu verfassen (31 %) und Daten zu analysieren (24 %).

Fähigkeiten und Limits von generativer KI

Generative KI ist eine Variante der künstlichen Intelligenz, die selbstständig neue Inhalte wie Texte, Bilder, Musik oder Programmcodes generieren kann. Von besonderer Bedeutung sind dabei Deep-Learning-Modelle und Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT. In einem Beitrag für die Zeitschrift HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik stellen die Autoren um Stephen Leible von der Universität Hamburg die herausragenden Fähigkeiten von generativer KI zusammen:

  • Generierung von und Arbeit mit Inhalten, zum Beispiel im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Texten
  • Erkennen und Klassifizieren von Mustern in großen, unstrukturierten Datenmengen
  • Generierung und Verbesserung von Programmcode
  • Automatisierung von Prozessen wie A/B-Tests
  • natürliche Sprachverarbeitung, und hier insbesondere die Ausgabe korrekter, situativ angepasster, und verständlicher Sprache
  • Kreativität, etwa in Form von Denkanstößen für Brainstormingsitzungen
  • Adaptivität, die sich beispielsweise zeigt, indem die Generative KI zielgruppenspezifisch auf physikalische Fragestellungen antwortet
  • breites Domänenwissen, insbesondere in diversen Grundlagendomänen wie im Bereich von Informationssystemen.

Den besonderen Fähigkeiten stellt das Team um Leible aber auch die Grenzen der Algorithmen gegenüber, zu denen unter anderem das Erfinden von Informationen (Halluzinationen) gehören sowie Schwierigkeiten beim Lösen von Gleichungen oder beim Umrechnen von Einheiten.

GenAI soll Produktivitätsvorteile auf Weltmärkten sichern

Laut Enno de Boer von McKinsey wenden bereits einige Industrieunternehmen generative KI an. Groß ist das Potenzial dabei etwa in der Produktentwicklung, in der Beschaffung und im Servicebereich, wo Daten oftmals unstrukturiert vorliegen. Gleiches gilt für die Produktionstechnik: "Generative KI dient als eine Art Abkürzung zu Anwendungsfällen, die die Produktivität der Mitarbeiter erhöhen, indem sie viele unstrukturierte Daten oder dokumentationsintensive Prozesse automatisieren", so de Boer.

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, ergänzt, dass die reale Arbeitsproduktivität im Maschinenbau und anderen Bereichen des verarbeitenden Gewerbes seit 2018 mit einem jährlichen Wachstum von lediglich 0,4 % nahezu konstant geblieben sei. "Durch generative künstliche Intelligenz könnte die Branche eine beachtliche KI-Dividende erzielen und damit ihre Produktivitätsvorteile auf den Weltmärkten sichern", so Hüther.

Einsatz von generativer KI alternativlos?

Dennoch sollten Unternehmen den umwälzenden Charakter des Einsatzes von generativer KI nicht unterschätzen, wie Stanislav Ivanov schreibt. Neben den Vorzügen der generativen KI seien dabei zum einen die Kosten für ihren Einsatz nicht zu unterschätzen, zum anderen bewirke die Implementierung von generativer KI, dass Arbeitsplätze substituiert, verbessert und verändert würden – und zwar gleichzeitig. In dem Zuge würden nicht Arbeitnehmer durch generative KI ersetzt, sondern "Arbeitnehmer, die KI nutzen, werden Arbeitnehmer ersetzen, die keine KI nutzen." Stanislov führt den Gedanken noch weiter: "Unternehmen, die KI einsetzen, werden Unternehmen ersetzen, die dies nicht tun."

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