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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

§ 38 Girogeschäft allgemein und Kontoeröffnung

verfasst von : Reinhard Singer

Erschienen in: Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Als Girogeschäft werden Bankgeschäfte, bezeichnet, die der Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs dienen. Bis zum 30.9.2009 entsprach dies auch der aufsichtsrechtlichen Definition in § 1 Abs. 1 Satz Nr. 9 KWG aF (Voraufl. Rn. 1). In der Zwischenzeit wurden der bargeldlose Zahlungsverkehr und das diesbezügliche Aufsichtsrecht grundlegend neu geordnet. Impulsgeber für die Neuerungen waren Ende der 1990er-Jahre einsetzende Bestrebungen der Europäischen Union, einen EU-weiten Binnenmarkt für den Zahlungsverkehr zu schaffen. Auf der Grundlage der EU-Überweisungsrichtlinie 97/5/EG vom 27.1.1997 (ABl. 1997 L 43/25) hatte der deutsche Gesetzgeber bereits das Giro- und Überweisungsrecht grundlegend neu gestaltet und – in überschießender Umsetzung der Richtlinie – nicht nur bei grenzüberschreitenden Überweisungen Mindestausführungsfristen festgelegt sowie eine verschuldensunabhängige Haftung der Bank bei verspäteter Ausführung oder Verlust des Überweisungsbetrages eingeführt (§ 676b und § 676c BGB aF). Aus europäischer Perspektive war der angestrebte einheitliche Binnenmarkt jedoch nur unvollkommen verwirklicht, weil die Überweisungsrichtlinie nur grenzüberschreitende Transaktionen betraf und lediglich eine Mindestharmonisierung der mitgliedstaatlichen Regelungen verlangte. Die EU-Zahlungsdiensterichtlinie 2007/64/EG vom 13.11.2007 (ABl. 2007 L 319/1) verfolgte daher vor allem das Ziel, das Zahlungsverkehrsrecht im Bereich der Europäischen Union weiter zu vereinheitlichen, den Wettbewerb auf dem Gebiet der Zahlungsdienstleistungen zu stärken und die Stellung des Verbrauchers in Bezug auf die Kosten, Sicherheit und Effizienz des Zahlungsverkehrs zu verbessern (vgl. insbes. Erwägungsgrund 4). Mit Wirkung zum 31.10.2009 ist der zivilrechtliche Teil der weitgehend auf Vollharmonisierung des Zahlungsdiensterechts abzielenden Richtlinie nahezu „eins zu eins“ in das BGB übernommen worden. Die §§ 675c – 676c BGB haben die bisherigen Vorschriften zum Überweisungs-, Zahlungs- und Girovertrag (§§ 676a – 676h a.F.) abgelöst und bilden nun die Grundlage für eine vollständige Neuordnung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (vgl. dazu Grundmann, WM 2009, 1109 und 1157; Köndgen, JuS 2011, 481; Nobbe WM 2011, 961; Reymann, DStR 2011, 1959; JuS 2012, 781; Schürmann, 11 ff.; zur Gesetzgebungsgeschichte eingehend Staudinger-Omlor, BGB, 2012, Vorbem. 1 ff. zu §§ 675c-676c; MünchKommBGB-Casper, BGB, 6. Aufl. 2012, vor § 675c Rn. 3 f.). Der Girovertrag ist damit nicht abgeschafft, sondern verkörpert – soweit er Zahlungsdienste zum Gegenstand hat (vgl. unten Rn 5) – eine besondere Ausprägung eines neuen Vertragstyps, des Zahlungsdienstevertrags, und zwar in Gestalt eines Zahlungsdiensterahmenvertrages gemäß § 675f Abs. 2 BGB (Staudinger-Omlor, BGB, 2012, § 675f Rn. 12; MünchKommBGB-Casper, § 675f Rn. 20, 34). Darüber hinaus umfasst der bankübliche Girovertrag in der Regel weitere Leistungen wie das Inkasso von Schecks und Wechseln sowie darlehensrechtliche Regelungen zu Überziehungskrediten und zur Verzinsung von Guthaben (Fournasier, AcP 212 (2012) 410 (415)). Das neue Regelwerk ist im Interesse einer einheitlichen Regelung für alle Zahlungsdienste nicht nach einzelnen Instrumenten gegliedert, sondern folgt nach der Regelung allgemeiner Vorschriften (§§ 675c-675e) und Rahmenbestimmungen über den Zahlungsdienstevertrag (§§ 675f- 675i) im „besonderen Teil“ dem chronologischen Ablauf des Zahlungsvorgangs, angefangen von der Autorisierung durch den Zahler und dessen Authentifizierung (§§ 675j-675m) über die Ausführung von Zahlungsvorgängen (§§ 675n-675t) bis hin zur Haftung des Zahlungsdienstleisters und Zahlers (§§ 675u-676c; vgl. dazu näher Köndgen, JuS 2011, 481, 484; Grundmann, WM 2009, 1109, 1110). In nächster Zukunft sind weitere Änderungen der nationalen Regelungen durch Veränderungen der europarechtlichen Rahmenbedingungen zu erwarten: Die überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie vom 25.11.2015 (PSD II – RL (EU) 2015/2366) trifft neue Regelungen vor allem für mobile und Online-Zahlungen sowie für deren bessere Sicherheit. Sie muss bis 13.01.2018 in deutsches Recht umgesetzt sein. Gleichzeitig ändern sich durch die Umsetzung der Zahlungskontenrichtlinie vom 23.07.2014 (RL 2014/92/EU) die Rahmenbedingungen zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie durch das am 18.4.2016 verkündete Zahlungskontengesetz (ZKG) umgesetzt, das Verbrauchern einen Rechtsanspruch auf ein Basiskonto (dazu näher Rn. 11) gewährt und die Vergleichbarkeit von Kontoentgelten verbessern sowie den Wechsel zwischen Kontoanbietern erleichtern soll.

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Metadaten
Titel
§ 38 Girogeschäft allgemein und Kontoeröffnung
verfasst von
Reinhard Singer
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-52807-5_38