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2001 | Buch

Multimedia und Multi-Moderne: Schlüsselbilder

Fernsehnachrichten und World Wide Web — Medienzivilisierung in der Europäischen Währungsunion

verfasst von: Peter Ludes

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Einleitung
Wahrgenommene Bilder: Fernsehnachrichten, World Wide Web und die Europäische Kommunikationsunion
Zusammenfassung
Dieses Buch präsentiert die Bilanz einer Medienepoche und zugleich die Bilanz einer Epoche der Fernsehforschung. Dass Derartiges am Ende des Jahrhunderts überhaupt möglich ist, ist den historischen und wissenschaftlichen Kontinuitäten geschuldet, von denen die Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zumindest in Westeuropa und Nordamerika bestimmt sind. Freilich waren dies politische und wirtschaftliche Kontinuitäten, innerhalb derer sich auch eine historisch beispiellose gesellschaftliche und kulturelle Dynamik entwickeln konnte. Eines der vom Wandel ebenso hervorgerufenen wie diesen bewirkenden Phänomene war das Femsehen, das seit den 50er Jahren in einem Lande nach dem anderen die Zeitbudgets der Menschen eroberte. Spätestens mit dem berühmten Fernsehduell im USA-Präsidentenwahlkampf zwischen Kennedy und Nixon am 26.9.1960 war auch skeptischen Beobachtern klar, welchen Strukturwandel der politischen Öffentlichkeit dieses noch so junge Medium schon hervorgerufen hatte und in Zukunft zur Folge haben würde. Man muss sich einmal aus der Retrospektive von mehr als vier Jahrzehnten am Beispiel eben der Fernsehnachrichten klar machen, welche zeitlichen Horizonte dieses Tempo und diese Intensität des Wandels hatten: Erst 1960 wurde von der ARD eine eigene Nachrichtenredaktion für die „Tagesschau“ (unter Hans-Joachim Reiche) eingerichtet. Langsam entstand seitdem jene Mischung aus Film-und Wortnachrichten, deren dramaturgisches Arrangement ja die typischen Fernsehnachrichten entstehen lässt, an deren Grundstrukturen sich — trotz aller Designreformen — nichts geändert hat.
Wolfgang R. Langenbucher

Fernsehnachrichten und World Wide Web — Medienzivilisierung in der Europäischen Währungsunion (bis einschließlich Kap. 11)

1. Ein halbes Jahrhundert Information über Bildschirmmedien
Zusammenfassung
Es gehört zu den Grundmerkmalen menschlicher Gesellschaften, dass ihre Mitglieder ihre Umwelten und sich selbst kontinuierlich beobachten müssen. Nur mit Hilfe von Kommunikationsmitteln, die für die überwiegende Mehrheit verständlich, ja selbstverständlich sind und mit denen auch die Verständigung über Generationen hinweg gesichert wird, lassen sich die Überlebenschancen in Konkurrenz und im Kampf mit anderen menschlichen Gesellschaften und natürlichen Feinden verbessern. Und nur, wenn diese Kommunikationsmittel im Konkurrenzkampf als wirklichkeitsgerechtere Orientierungen in sich mehr oder weniger schnell verändernden, mehr oder weniger gefährlichen Umwelten dienen können, werden sie langfristig genutzt. Was aber als kommunikativ sinnvoll und als wirklichkeitsgerechte Orientierungshilfe erscheint, wird je unterschiedlich durch fantasievolle Spiele, interessengeleitete Verzerrungen, Wunschvorstellungen oder angstvolle Projektionen verzerrt. Es kann als (Selbst-)Beruhigungsmittel, zur Inszenierung oder zur manipulativen, strategischen Steigerung der Reputationen und Privilegien von Gruppen oder Individuen dienen.
Peter Ludes
2. Multimedia und Multi-Moderne
Zusammenfassung
Neuere medienhistorische Untersuchungen (vor allem von Faulstich 1996, 1997 und 1998, Faßler und Halbach 1998) verdeutlichen, dass in der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte Medien wichtige Orientierungs- und Steuerungsfunktionen und damit teilweise Integrationsfunktionen erfüllten. Hierbei entwickelten sich immer unterschiedliche Mediengruppen, in der archaischen Periode von den kulturellen Anfängen bis zur Blütezeit der ersten Hochkulturen, also etwa 2500 vor unserer Zeitrechnung, Mensch-, Gestaltungs- und Schreibmedien und das Opferritual als einerseits erstes Herrschafts- und Unterdrückungsmedium, andererseits auch als erstes Unterhaltungsmedium. In der hochkulturellen Periode zwischen 2500 vor unserer Zeitrechnung bis etwa 800 unserer Zeitrechnung wurden aus Kultmedien profane Kommunikationsmedien; die Menschmedien blieben dominant, die Gestaltungsmedien verfielen, und es kam zu einem ersten Aufschwung der Schreibmedien. Im Mittelalter etablierten sich systemspezifische Medien und Teilöffentlichkeiten: Minnesänger und Hofnarr für die Teilöffentlichkeit Burg bzw. Hof und Magister für Kloster und Universität; hierzu traten intersystemische Medien, welche die traditionellen Grenzen gesellschaftlicher Interaktionsräume aufbrachen, wie z. B. Wanderprediger (vgl. Winter 1996).
Peter Ludes
3. Hauptfernsehnachrichtensendungen: Visualisierung und Orientierung
Zusammenfassung
Nach verschiedenen Vorläufersendungen begannen im Mai bzw. Juli 1948 die CBS Evening News mit Douglas Edwards als regelmäßig ausgestrahlte 15-minütige Nachrichtensendung des Networks CBS. Am 14. Februar 1949 folgten die NBC Nightly News, am 12. Oktober 1953 die ABC Evening News. NBC knüpfte in der Fernsehnachrichten-Berichterstattung an die Berichterstattungskonventionen der stärker unterhaltenden Kinowochenschauen an. CBS hingegen baute auf die Erfahrungen und die Reputation, die das Network durch seine Radioberichterstattung während des Zweiten Weltkriegs gesammelt hatte. In der Probe- und Einführungsphase von Fernsehnachrichtensendungen konkurrierten somit von Beginn die Nachrichtenabteilungen verschiedener Fernsehunternehmen (auf überregionaler Ebene neben CBS, NBC und ABC auch noch das DuMont-Network) um Werbegelder, Publika, journalistisches Personal, Zugang zu Nachrichtenquellen und Reputation. Fernsehnachrichtensendungen erreichten zunächst lediglich eine Minderheit der US- amerikanischen Bevölkerung: 1950 besaßen aber bereits rund 4 Millionen US- Haushalte ein Fernsehgerät, mit dem man durchschnittlich 4 Kanäle empfangen konnte. 1953 gab es pro 1.000 Einwohner 169 Fernsehgeräte.
Georg Schütte, Joachim Friedrich Staab
4. „Kollektives Gedächtnis“ und „kollektive Vernachlässigung“
Zusammenfassung
Bereits in den sechziger Jahren beschrieb Murray Edelman in den USA eine Tendenz zur symbolischen Politik: Unter (zeitlichem) Rechtfertigungs- und Entscheidungsdruck wird politisches Handeln in der Öffentlichkeit zum Ritual, durch das politisch Handelnde zwar täglich ihre Handlungs- und Reaktionsfähigkeit unter Beweis stellen, jedoch darüber hinaus keine adäquaten und weiterführenden politischen Entscheidungen treffen und implementieren (Edelman 1964/1976).
Joachim Friedrich Staab, Georg Schütte
5. Informationsangebote im World Wide Web
Zusammenfassung
Das World Wide Web wird keine politische Revolution oder fundamentale Veränderungen der Machtverhältnisse fördern oder gar direkte Demokratie hervorrufen (Davis 1999, S. 5)79 — vielmehr wird es durch dieselben Hauptakteure der US-amerikanischen Politik dominiert werden, die bisher andere Medien nutzten. Zweifelsohne werden öffentliche Meinungen aber schneller und weiter verbreitet; Politiker werden immer rascher, hastiger reagieren müssen. Aber die Mobilisierung öffentlich geäußerter Meinungen wird weiterhin in einem hohen Maße durch die Gruppen und Individuen geprägt sein, die bereits Ende des zwanzigsten Jahrhunderts die politische Landschaft dominierten. Und die Informationen, die das Publikum elektronisch erhält, werden hauptsächlich von den gleichen Quellen kommen, auf die es sich bereits Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verließ; es wird kaum zu mehr Interaktionen für mehr Menschen kommen als bisher. Die Produktion politischer Nachrichten und Informationen ist Ergebnis der Interaktionen offizieller Institutionen, von Repräsentanten und Repräsentantinnen von Interessengruppen und der Nachrichtenmedien. Diese Interaktion wird auch die Präsentation von Nachrichten und Informationen im World Wide Web prägen.
Peter Ludes
6. Die Notwendigkeit einer Europäischen Informationsunion
Zusammenfassung
Wie die in Kapitel 3 und 4 interpretierten Inhaltsanalysen nachwiesen, spielte Europa als Thema in den Hauptfemsehnachrichtensendungen der USA, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nur eine untergeordnete Rolle. Bemerkenswert ist allerdings, dass Westeuropa nach der Bundesrepublik für die Tagesschau die wichtigste Ereignisregion war, in den CBS Evening News aber erst nach den USA und Asien beachtet wurde; die stärkere kommunikative Vernetzung der DDR mit Westeuropa wurde deutlich darin, dass die Aktuelle Kamera Westeuropa stärker beachtete als Osteuropa und — wenn auch in kontinuierlicher Abgrenzung — die BRD nach der DDR als wichtigste Ereignisregion berichtenswürdig fand. Fast vollkommen ausgeblendet sind in unseren Datenmengen von den fünfziger Jahren bis Ende der 90er Jahre allerdings die europäischen Institutionen; selbst in den drei Datenmengen von 1990, 1995 und 1998 ist kein Anstieg der Berichterstattung über diese bei den CBS Evening News oder der Tagesschau erkennbar. Weder Europa, noch die Institutionen der Europäischen Union tauchen also in dem „kollektiven Gedächtnis“dieser medienspezifischen Teilöffentlichkeiten auf. Dies verändert sich zwar mit der Etablierung der Europäischen Währungsunion unter ökonomischen Gesichtspunkten ftin- damental (s. Kap. 7, unten), aber die (in der sozialwissenschaftlichen und journalismuswissenschafllichen Literatur hervorgehobene Bedeutung von) Öffentlichkeit für politische Entscheidungsbildung wird nicht hinreichend vorbereitet. Dies änderte sich auch nicht in den von uns untersuchten WWW-Informationsangeboten, mit Ausnahme von OneWorld Online.
Peter Ludes
7. Reflexive Medienzivilisierung in der Europäischen Währungsunion
Zusammenfassung
Die Fragmentierung und Spezialisierung medienspezifischer Öffentlichkeiten seit der Durchsetzung des Kabel- und Satellitenfernsehens reduzierte die Gemeinsamkeiten durch Fernsehinformationssendungen verbreiteter Themen und Perspektivierungen. Dies dürfte zu einer Verstärkung der „Unübersichtlichkeit“ und zu neuen Konfliktfeldern, auf Grund nicht durchschauter, neuartiger, unterschiedlicher Perspektivierungen beitragen. Schlüsselbildsequenzen, die an allgemein bekannte Typifizierungen anknüpfen, bieten deshalb Grundelemente der transnationalen Orientierungs- und Kommunikationsmittel, die auch das Projekt Europa verständlich werden lassen.
Peter Ludes
8. Zusammenfassung und Medienwechsel (Vom Buch zur CD-ROM)
Zusammenfassung
Trotz aller perspektivischer Begrenzungen der bisher vorgestellten Forschung ergeben sich eindeutig allgemeine Trends der Fernsehnachrichtenentwicklung seit ihrem Beginn. Alle Sender mussten zunächst mit Testsendungen das neue Medium und das neue Genre erproben. Die ersten Sendungen wurden von relativ wenigen MitarbeiterInnen produziert, die aus anderen journalistischen Arbeitsfeldern kamen: in den USA bei CBS mehr vom Hörfunk, bei NBC von der Kino Wochenschau, bei der Tagesschau (mit Wochenschaumaterial) v. a. vom Hörfunk und bei der Aktuellen Kamera eher von den Druckmedien. Nachrichtensendungen konnten zunächst in keinem dieser Länder täglich ausgestrahlt werden; sie erreichten nur wenige tausend, dann einige zehntausend ZuschauerInnen in einem regional begrenzten Raum, wenn auch mit dem Anspruch, eine nationale Femsehnachrichtensendung zu etablieren. Zunächst in den USA, dann in der Bundesrepublik, dann in der DDR entwickelten sich Femsehnachrichtensendungen innerhalb ihrer ersten zehn Jahre zu tagesaktuellen Beobachtern vor allem politischer, wirtschaftlicher und sportlicher Ereignisse, mit Berichterstattungen über Katastrophen und Wettervorhersagen, die von mehr Zuschauerinnen regelmäßig rezipiert wurden als Hörfonknachrichten, je spezifische Tageszeitungen (wenn auch nicht alle Tageszeitungen insgesamt) und Kinowochenschauen, die in Kinos als Vorfilme gezeigt und in den sechziger Jahren nach und nach nicht mehr produziert wurden.
Peter Ludes
9. Verzeichnis der im Buch und auf der CD-ROM ausgewerteten Medien
Zusammenfassung
Enthält auch Literaturangaben zu früher veröffentlichten Fallstudien (mit * gekennzeichnet).
Peter Ludes
10. Verzeichnis der 72 Tabellen zum Buch
Peter Ludes
11. Dank
Zusammenfassung
Das Teilprojekt „Die Entwicklung von Fernsehnachrichtensendungen in den USA, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR“ im Sonderforschungsbereich Bildschirmmedien der Universität-GH Siegen wurde von mir 1987/1988 konzipiert und im Laufe seiner Förderung durch die DFG von Oktober 1989 bis Dezember 1997 auf Grund der Datenlage, des Standes der Forschung, der Medienentwicklung und der forschungsökonomischen Rahmenbedingungen re-spezifiziert. Projektleiter waren von 1989 bis 1991 Rainer Geißler und Christian W. Thomsen, seit 1992 Rainer Geißler und der Autor. Das Teilprojekt „Umbrüche der Medieninformation in den USA und der Bundesrepublik Deutschland“ wurde von mir 1996/97 konzipiert und von der DFG 1998/99 gefördert. Den Sprechern des Sonderforschungsbereiches, Helmut Kreuzer, Christian W. Thomsen imd Helmut Schanze, danke ich für ihre wichtigen Anregungen. Seit 1998 erfolgten die Arbeiten zu Kap. 6, 7 und 12 auch im Kontext des von Peter Gendolla, Volker Roloff und mir geleiteten Abschluss-Ringprojektes „Bildschirmmedien: Theorien, Ästhetik, Pragmatik“.
Peter Ludes
Backmatter
Metadaten
Titel
Multimedia und Multi-Moderne: Schlüsselbilder
verfasst von
Peter Ludes
Copyright-Jahr
2001
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-83363-1
Print ISBN
978-3-531-13590-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-83363-1