2002 | OriginalPaper | Buchkapitel
Evolutionäre Spieltheorie
verfasst von : Professor Siegfried K. Berninghaus, Priv.-Doz. Dr. Karl-Martin Ehrhart, Dr. Werner Güth
Erschienen in: Strategische Spiele
Verlag: Springer Berlin Heidelberg
Enthalten in: Professional Book Archive
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Evolutionäre Spiele wurden erstmals in der biologischen Forschung untersucht.1 Dort bietet dieses Paradigma vor allem einen neuen Ansatz zur Erklärung der Herausbildung spezieller (zumeist genotypisch, aber auch phänotypisch geprägter) Verhaltensweisen in Tierpopulationen durch natürliche Selektion. Motiviert ist dieser Ansatz durch die in vielen Tierpopulationen gemachte Beobachtung, daß selbst „schwer bewaffnete“ Tiere in Revier-und Paarungskämpfen ihre Waffen nur in den seltensten Fällen einsetzen, um einen Rivalen tödlich zu verletzen (siehe z.B. Maynard Smith und Price [1973]). So treten beispielsweise Giftschlangen, die mit einer tödlichen Waffe ausgerüstet sind, in Revierkämpfen höchstens als „Ringer” auf, um einen Rivalen zu vertreiben, ohne ihre tödlichen Giftzähne einzusetzen.2 Die Brunftkämpfe der meisten Wildarten mögen auf den ersten Blick furios aus sehen, seltener3 wird aber ein an diesen Kämpfen beteiligter Hirsch seinem Rivalen einen tödlichen Stoß mit seinem Geweih versetzen, wenn dieser sich im Kampf abwendet. In der älteren biologischen Forschung (z.B. Huxley, Lorenz) wurden diese Phänomene noch durch das Prinzip der Erhaltung der eigenen Art erklärt, das friedliches Verhalten gegenüber Rivalen der eigenen Art postulierte. Von dieser eher metaphysisch anmutenden Erklärung, die einer biologischen Spezies eine das Individuum transzendierende Rationalität zumaß, ist man in den letzten Jahren abgerückt. Die Evolution von Spezies ist plausibler auf der individuellen Ebene4 zu erklären.