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2003 | Buch

Politische Steuerung im Wandel: Der Einfluss von Ideen und Problemstrukturen

herausgegeben von: PD Dr. Katharina Holzinger, Prof. Dr. Christoph Knill, Dr. Dirk Lehmkuhl

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Faktoren des Steuerungswandels: Das Zusammenspiel von Ideen, Bedingungen und Mustern politischer Steuerung

1. Faktoren des Steuerungswandels: Das Zusammenspiel von Ideen, Bedingungen und Mustern politischer Steuerung
Zusammenfassung
Die Analyse von Mustern, Problemen und Veränderungen politischer Steuerung hat in der Politikwissenschaft eine lange Tradition. Allerdings hat sich im Zeitablauf — nicht zuletzt in Reaktion auf politische Entwicklungen — der konkrete Fokus der wissenschaftlichen Diskussion beständig verändert (Mayntz 1998). Stand beispielsweise in den sechziger Jahren primär das Ziel im Vordergrund, politische Steuerung durch den Abbau von organisatorischen Defiziten in Politik und Verwaltung zu verbessern, bewirkte die Perzeption weitreichender Implementationsprobleme ab den siebziger Jahren eine deutliche Verschiebung in der politikwissenschaftlichen Forschungsperspektive. Diese konzentriert sich nun insbesondere auf die institutionellen und instrumentellen Rahmenbedingungen der Formulierung und Implementation von Politik (Mayntz 1983; Pressman und Wildavsky 1973; Scharpf 1978). Die jüngste Veränderung im analytischen Fokus der Steuerungsdiskussion lässt sich seit Mitte der neunziger Jahre beobachten. Im Zentrum steht dabei die Untersuchung der Auswirkungen von Globalisierung und Europäisierung auf nationalstaatliche Steuerungsmuster.
Katharina Holzinger, Christoph Knill

Neue Ideen als dominante Ursache von Steuerungswandel

Frontmatter
2. Der Staat als ökonomisches System. Die politische Ökonomie und ihre Ansprüche an die Steuerungsfähigkeit des frühneuzeitlichen Staates
Zusammenfassung
Ein vom Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte erarbeiteter Datenbestand, der im Rahmen eines Projektes zur Erforschung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesetzgebungstätigkeit angelegt werden konnte, gestattet nun genauere Aussagen zum Ausmaß und zur quantitativen Entwicklung staatlicher Regulierungsdichte in den Jahrhunderten vom ausgehenden Mittelalter bis zur Epochenschwelle des 18. Jahrhunderts — jedenfalls insoweit, als die Regulierung im Wege der Gesetzgebung erfolgte. Grundlage des Datenbestandes ist eine systematische Erfassung der Gesetzgebungstätigkeit des Heiligen Römischen Reiches und seiner wichtigsten Territorien (zu diesem Projekt: Härter 1993, 61ff. und 1996, 1ff.). Erfasst wurde dabei vor allem die sogenannte „Policeygesetzgebung“, die den ganz überwiegenden Anteil an der frühneuzeitlichen Gesetzgebung ausmachte. Das Charakteristische dieser Form der Gesetzgebung lag in ihrer Funktion: Sie diente nicht lediglich dazu, tradiertes Gewohnheitsrecht aufzuzeichnen oder im Wege wissenschaftlicher Überarbeitung zu „romanisieren”, sondern primär dazu, politische Handlungsziele zu verwirklichen. Bei den Policeygesetzen stand also, stärker als bei der ohnehin nur vereinzelt auftretenden mittelalterlichen Gesetzgebung, die Steuerungsfunktion im Vordergrund. Die Gesamtheit der dabei im Einzelnen anvisierten politischen Ordnungsziele war im Zieltopos der sogenannten „guten Policey“ zusammengefasst (Simon 1994, 386f.).
Thomas Simon
3. Die Regulierung des Eisenbahnsystems in den Vereinigten Staaten vom Ende des Bürgerkrieges bis zum New Deal
Zusammenfassung
Betrachtet man politische Steuerung in liberal-demokratischen Systemen über längere Zeiträume, so wird deutlich, dass zentrale Einsichten der jüngeren Steuerungsdebatte auch für länger zurückliegende Prozesse Gültigkeit beanspruchen können. Zu diesen Einsichten gehört die Feststellung, Steuerung der Gesellschaft sei nur als Steuerung in der Gesellschaft möglich. Politische Steuerung kann den in einer Gesellschaft vorfindbaren Strukturen und Mechanismen nicht entfliehen. Sie kann sich dabei auch nur der momentan vorfindbaren Ressourcen bedienen, zu denen neben den materiellen Ressourcen vor allem das Wissen, die Werthaltungen und die zum fraglichen Zeitpunkt geltenden Normen dieser Gesellschaft gehören. Akteure in dieser Gesellschaft können nur mit diesen Ressourcen in Interaktion mit anderen Akteuren dieser Gesellschaft auf wahrgenommene Probleme einwirken. Dabei reagieren sie häufig auf Probleme, die vorhergehende politische Entscheidungen selbst induziert haben. Dies gilt insbesondere für ökonomische Entwicklungen.
Matthias Gsänger
4. Dimensionen und Ursachen des Wandels politischer Institutionen im 20. Jahrhundert: Erkenntnisse aus europäischen und nordamerikanischen Grenzregionen
Zusammenfassung
In einer Zeit, in der häufig von einer „Entgrenzung der Politik“ (so zum Beispiel das Motto des deutschen Politologentages 2000 in Halle) die Rede ist, bietet es sich an, die damit zusammenhängenden Veränderungen für die Politik in Räumen zu untersuchen, die davon besonders betroffen sein müssten: Grenzregionen, das heißt Regionen, die an den Rändern der Nationalstaaten liegen beziehungsweise Regionen, die diese nationalstaatlichen Grenzen überschreiten.
Joachim Blatter
5. Steuerungswandel in der europäischen Umweltpolitik?
Zusammenfassung
Betrachtet man die Literatur zur Umweltpolitik der Europäischen Union (EU), so drängt sich schnell der Eindruck auf, dass es in diesem Politikbereich seit Beginn der neunziger Jahre zu einem umfassenden Wandel in den Ideen und Mustern politischer Steuerung gekommen ist. Vielfach ist die Rede von „neuen Instrumenten“ (Collier 1997; Golub 1998; Knill und Lenschow 2000; Héritier 2002) oder gar der „Transformation umweltpolitischen Regierens in der EU“ (Lenschow 1999). Im Zentrum steht dabei die Abkehr von klassischen Formen ordnungsrechtlicher Intervention hin zu kooperativen und kontextorientierten Mustern politischer Steuerung, die auf die umfassende Zusammenarbeit privater und öffentlicher Akteure bei der Formulierung und Implementation politischer Programme abheben.
Katharina Holzinger, Christoph Knill, Ansgar Schäfer

Veränderte Steuerungsbedingungen als dominante Ursache von Steuerungswandel

Frontmatter
6. Transformation politischer Steuerung im Rahmen distributiver Politiken der Europäischen Union
Zusammenfassung
Die Europäische Union (EU) wird in der politikwissenschaftlichen Fachdebatte als ein System betrachtet, dessen Steuerungsfunktionen sich im wesentlichen auf regulative Politiken beschränken, Politiken also, die mittels Recht- und Regelsetzung insbesondere das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes gewährleisten’. Demgegenüber wird der Einsatz distributiver oder gar re-distributiver Politiken, also Politiken, die mittels Finanzinstrumenten steuern und auf verteilende bzw. umverteilende Wirkungen abzielen, als im EU-System kaum realisierbar angesehen, weswegen solche Politiken bisher auch nur in vergleichsweise begrenztem Ausmaß zur Entfaltung kamen. Soweit dies aber dennoch geschah, wie im Falle der Gemeinsamen Agrarpolitik, entpuppten sie sich eher als dysfunktionale Interventionen denn als zielgerichtete und effektive Formen politischer Steuerung2.
Ingeborg Tömmel
7. Die europäische Beschäftigungsstrategie: Innovative Steuerung durch Peer Review
Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Beitrags wird ein neues Steuerungskonzept vorgestellt, das darauf ausgerichtet ist, die Arbeitsmarktpolitik innerhalb der Europäischen Union (EU) zu verbessern. Das zentrale Ziel dieses Steuerungskonzeptes ist es, die Übertragbarkeit erfolgreicher Maßnahmen in einzelnen Mitgliedstaaten auf den gesamten Bereich der EU zu fördern. Im Mittelpunkt steht dabei das sog. Peer Review-Programm, in dessen Rahmen versucht wird, den Transfer erfolgreicher beschäftigungspolitischer Strategien zwischen den Mitgliedstaaten zu erhöhen. Das entscheidende Instrument zur Verwirklichung dieser Ziele ist der Aufbau strukturierter Diskussions- und Interaktionsprozesse zwischen politischen und administrativen Akteuren auf nationaler und europäischer Ebene.
Anastasios Bisopoulos
8. Zentralisierung der Steuerung: Ein genereller Trend in der Umweltpolitik?
Zusammenfassung
Liest man Berichte über den Kampf gegen die Umweltverschmutzung aus dem 19. Jahrhundert, so ist man erstaunt darüber, wie sehr die damaligen Probleme den heutigen gleichen. Es finden sich die gleichen Bedenken über die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Es gibt die selben Auseinandersetzungen über die Frage, ob die Regulierung und Implementation auf der lokalen oder zentralen Ebene erfolgen soll. Lokale Politiker treten für niedrige Umweltschutzstandards ein, um die Beschäftigung auf der lokalen Ebene nicht zu gefährden. Die Vertreter von strengen Umweltschutzstandards argumentieren, dass die lokale Verantwortlichkeit deshalb zu einem Regulierungswettlauf nach unten führen werde, oder zumindest zu laxer Durchsetzung der Umweltgesetzgebung.
Inger Weibust

Veränderte Steuerungsbedingungen und Ideen als Ursachen des Steuerungswandels

Frontmatter
9. Kommunikationspolitik in Kanada — politische Steuerung zwischen Protektionismus und Wettbewerb
Zusammenfassung
Kaum ein Politikfeld war in der jüngsten Vergangenheit vergleichbaren technologischen Innovationsschüben ausgesetzt wie die Kommunikationspolitik. Tempo und Qualität der Neuerungen lassen den Bereich als geradezu prädestiniert erscheinen für die Analyse von Veränderungen der politischen Steuerung, zumal sich innerhalb des Policy-Sektors die vergleichende Untersuchung zweier Fälle anbietet — einmal der Individualkommunikation (Telekommunikation), zum anderen der Massenkommunikation (Radio und Fernsehen). Die Frage nach Verlauf und Ausmaß des steuerungspolitischen Wandels erhält besonderen Reiz in einem nationalen Kontext, der eine sehr spezifische, von beachtlicher Kontinuität der Problemdefinitionen und Antworten bestimmte Traditionslinie im staatlichen Umgang mit Kommunikationstechnologien ausgebildet hat.
Dagmar Eberle
10. Medienpolitik — Genese und Ausdifferenzierung eines Politikfeldes
Zusammenfassung
Medienpolitik nimmt heute neben den klassischen Politikfeldern einen fast gleichrangigen Status ein, obwohl es dafür keine eigenständige Ressorts in Bund und Ländern gibt. Die Zuständigkeiten für Medien (Rundfunk, Film, Telekommunikation, Presse, Internet, „Multimedia“) sind in Deutschland nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch innerhalb des Bundes und der jeweiligen Länderregierungen zwischen mehreren Ressorts aufgeteilt. Medienpolitische Fragen ressortieren in erster Linie bei den Ländern. Grundlage dafür ist deren Kulturhoheit und das Verständnis von Rundfunk und Film als der Kultur zuzurechnende Politikfelder. Der Bereich der Telekommunikation war dagegen immer eine Domäne des Bundes. Seit der Auflösung des Ministeriums für Post und Telekommunikation sind wichtige Aufgaben (z. B. die Bedingungen für den Wettbewerb in den verschiedenen Segmenten des Telefonmarktes) auf die Regulierungsbehörde übertragen worden. Mit der Schaffung eines „Bundesbeauftragten für Angelegenheiten der Kultur und der Medien (BKM)“ (1998) hat auch die Bundesregierung gewisse Kompetenzen in den Massenmedien.1
Manfred Mai
11. Das Internet: Strukturverstärker oder mehr? Wandel und Kontinuität politischer Steuerung im Bereich des medialen Jugendschutzes in Deutschland
Zusammenfassung
Eine häufig im Zusammenhang mit der Verbreitung des Internets gehörte These bezieht sich auf die folgenschweren Implikationen, die dieses neue Medium für staatliche Versuche der regulativen Einflussnahme besitzt. Nicht nur wird dabei von anarchischen Strukturen im virtuellen Raum („Anarchy in Cyberspace“) gesprochen, auch wird darauf verwiesen, dass die technische Struktur des Internets in vielfältiger Weise dem Erreichen am Gemeinwohl orientierter Politiken entgegensteht. Mit dem medialen Jugendschutz in Deutschland widmet sich der vorliegende Beitrag eingehend einem dieser Bereiche, in denen traditionell mit starker staatlicher Einflussnahme versucht wurde, politisch gesetzte Ziele zu erreichen. Im Zeitalter der „digitalen Revolution“ hingegen, so die These, ist das Erreichen des Ziels eines Schutzes von Kindern und Jungendlichen immer stärker gefährdet. Diese These stützt sich nicht zuletzt auf die Annahme, dass durch die Internationalisierung der Kommunikation und Konvergenz digitalisierter Medien dem Staat Möglichkeiten zur direkten Einflussnahme entzogen würden. Folglich müssten in dem Maße, in dem die etablierten Ansätze politischer Regulierung zum medialen Jugendschutz ins Leere laufen, neue Formen und Instrumente des Jugendschutzes eingesetzt werden.
Dirk Lehmkuhl
Backmatter
Metadaten
Titel
Politische Steuerung im Wandel: Der Einfluss von Ideen und Problemstrukturen
herausgegeben von
PD Dr. Katharina Holzinger
Prof. Dr. Christoph Knill
Dr. Dirk Lehmkuhl
Copyright-Jahr
2003
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-663-11093-4
Print ISBN
978-3-8100-3837-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-11093-4