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2008 | Buch

Regional Governance und integrierte ländliche Entwicklung

Ergebnisse der Begleitforschung zum Modell- und Demonstrationsvorhaben „Regionen Aktiv“

herausgegeben von: Michael Böcher, Max Krott, Sebastian Tränkner

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Theo Augustin Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit dem Wettbewerb „REGIONEN AKTIV – Land gestaltet Zukunft“ erprobte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) einen neuen Förderansatz mit dem Ziel, die Erfahrungen und Fäh- keiten der Menschen in den ländlichen Regionen zu aktivieren. So können sie ihre Region, auf der Basis ihrer speziellen regionalen Stärken, selbst voranbr- gen statt als passive Fördermittelempfänger dauerhaft auf Hilfe von außen an- wiesen zu sein. In den teilnehmenden Modellregionen sollte ein Prozess in Gang gesetzt werden, der sich in Zukunft selbst trägt und somit zum Vorbild für den gesamten ländlichen Raum und seine Verbindungen zur Stadt wird. Die Zeit ist reif dafür, diesen Ansatz stärker in die Politik für ländliche Räume in Deutschland einzubringen. So kommt z. B. auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem aktuellen Bericht „Das neue Paradigma für den ländlichen Raum“ zu dem Schluss, dass die Landwirtschaft in den meisten Regionen der OECD-Staaten nicht mehr die zentrale Bedeutung für die Entwicklung der ländlichen Räume hat. Man kann also durch die Förderung der Landwirtschaft allein, so sinnvoll sie aus anderen Gründen auch sein mag, die ländlichen Räume nicht voranbringen. Dazu bedarf es stattdessen eines sektorübergreifenden und regionalen Ansatzes.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Regional Governance und integrierte ländliche Entwicklung
Auszug
In der wissenschaftlichen und politischen Diskussion über eine Erfolg versprechende Politik zur Entwicklung von Regionen ist seit einiger Zeit der Begriff „Governance“ verstärkt ins Blickfeld geraten. In der politikwissenschaftlichen Diskussion beschreibt Governance zunächst einmal, dass gesellschaftliche Entscheidungen durch das gleichberechtigte und freiwillige Zusammenwirken zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren, die in netzwerkartigen Beziehungen interagieren, durch die Kombination verschiedener Koordinationsmechanismen wie Markt und Verhandlungen zustande kommen (Böcher 2006: 120). Damit verbunden ist die Feststellung, dass ökonomische und (zivil)gesellschaftliche Akteure mehr Einfluss auf politische Prozesse ausüben (Peters/Pierre 1998, Eberlein/Kerwer 2002) und dass politische Entscheidungen häufig zwischen den verschiedenen Akteuren und politischen Ebenen ausgehandelt werden, ohne dass dabei der Staat im traditionellen Sinne politische Entscheidungen einseitig hierarchisch durchsetzt (Tränkner 2006). Vor allem in Politikfeldern mit Steuerungsproblemen (z. B. Umweltpolitik) werden die Potenziale von Governance zurzeit breit diskutiert.
Michael Böcher, Max Krott, Sebastian Tränkner
Der Steuerungsansatz von Regionen Aktiv—Initiierung von Wirkungsketten der Veränderung
Auszug
Das Modell- und Demonstrationsvorhaben „Regionen Aktiv—Land gestaltet Zukunft“ wurde im Jahr 2001 durch das ehemalige Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) als bundesweiter Wettbewerb initiiert. Gesucht wurden Regionen, die die folgenden vier Ziele modellhaft in ihrer Region umsetzen:
  • Verbraucherorientierung,
  • natur- und umweltverträgliche Landbewirtschaftung,
  • Stärkung ländlicher Räume und Schaffung zusätzlicher Einkommensquellen sowie
  • Stärkung der Stadt-Land Beziehungen. Unter Berücksichtigung der o. a. Ziele sollten sich die Akteure in den Regionen zu einer Regionalen Partnerschaft zusammenfinden und ein auf den spezifischen Stärken, Schwächen und Potenziale ihrer Region basierendes integriertes Regionalentwicklungskonzept (REK) verfassen. Für die Umsetzung der REK stellte das Ministerium den Regionen im Zeitraum von 2002 bis 2005 insgesamt über 50 Millionen Euro zur Verfügung.
Sebastian Elbe
Wettbewerb, Kooperation und regionale Netzwerke
Auszug
Die Raumentwicklungspolitik verfolgt das Ziel, Entwicklungen in kleinen, lokalen und regionalen Räumen mit der Entwicklung im Gesamtraum eines Staates in Einklang zu bringen. Dies setzt voraus, dass Planung und Maßnahmen zentraler und dezentraler Institutionen koordiniert werden. In der deutschen Raumentwicklungspolitik hat die Region als Umsetzungsebenen bei der Vernetzung der verschiedenen räumlichen Planungsebenen in den letzen Jahrzehnten immer mehr an Gewicht bekommen. Dadurch sollen die Prozesse angestoßen werden, die die regionalen Interessenskonflikte zwischen den gesellschaftlichen Akteuren ausgleichen können (BBR 2000: 199). Allgemein wird davon ausgegangen, dass diese gewünschte nachhaltige regionale Entwicklung durch kreative Zusammenarbeit öffentlicher und privater Akteure besser erreicht werden kann als mit den traditionellen Förderinstrumenten. Als ein mögliches Steuerungsinstrument wird der Leistungswettbewerb gesehen. Damit soll die Zusammenarbeit und die Bereitschaft der Akteure innovative Lösungen zu suchen gefördert werden (Fürst 1993, Danielzyk 1994, Blotevogel 1999). Umgekehrt ist aber auch denkbar, dass Wettbewerb zur Verfestigung der Kooperationen und bestehender Routinen und Strukturen führt, dass Lernprozesse verhindert und Innovationsimpulse nicht ausgelöst werden, oder dass lediglich ein zeitlich begrenzter Innovationsimplus sowie Frustrationseffekte bei Verlierern auslöst wird.
Anna Meincke
Erfolgsfaktoren integrierter ländlicher Entwicklung
Auszug
Erfolgsfaktoren (EF) für kooperative regionale Entwicklungsprozesse werden seit einiger Zeit sowohl wissenschaftlich (Adamaschek/Pröhl 2003, Benz/Fürst/Kilper/Rehfeld 1999, Brendle, Böcher 2002, Schubert/Fürst/Rudolph/Spieckermann 2001, Diller 2002, Tränkner 2004) als auch in der Praxis (Böcher 2005, BStMLU 2003, UBA 2002, Lindloff/Schneider 2001, Lückenkötter 2001) diskutiert. Gefragt wird dabei nach Faktoren, die regionale Entwicklungsprozesse erfolgreich machen. Diese Faktoren, welche den Prinzipien von Regional Governance folgen, beruhen weitgehend auf der Freiwilligkeit der Akteure, der Intersektoralen Kooperation und einer Einbindung von gesellschaftlichen Akteuren neben Politik und Verwaltung beruhen.
Michael Böcher, Sebastian Tränkner
Die Bewertung des Regionen Aktiv-Ansatzes aus ökonomischer Sicht
Auszug
Modellvorhaben sind prinzipiell geeignet, neue Ansätze in der Förderpolitik zu erproben. Da mit Hilfe von Modellvorhaben wie Regionen Aktiv nicht nur inhaltliche Ziele verfolgt werden, sondern auch eine gewisse Außenwirkung erzielt werden soll, ist eine kontinuierliche Evaluierung unerlässlich. Im Rahmenbegleitender Evaluierungen (Begleitforschung) sollen daher Fortschritte kritisch betrachtet, Ergebnisse analysiert und öffentlich diskutiert werden. Bislang wird der Erfolg von Modellvorhaben schwerpunktmäßig in der Sensibilisierung für neue Themenschwerpunkte (z. B. integrierte, nachhaltige Entwicklung), in der Etablierung neuer Verhaltens- und Arbeitsweisen und in der Initiierung neuer Prozesse und Organisationsstrukturen gesehen. Neben diesen ‘weichen’ Aspekten sind aber insbesondere auch die ‘harten’ ökonomischen Auswirkungen dieses Förderinstruments von Interesse — geht es doch letztlich darum, die Regionen zu befähigen, sich auf Dauer im nationalen und internationalen Leistungsvergleich und Konkurrenzkampf behaupten zu können. Auf Dauer reicht es daher nicht aus, Modellvorhaben wie Regionen Aktiv nur aufgrund ihrer „Werbewirksamkeit“ zu finanzieren. Spätestens wenn der Reiz des Neuen verloren gegangen ist und erste Ermüdungserscheinungen bei der Zielgruppe auftreten, muss unter Beweis gestellt werden, dass der Ansatz nicht nur interessant, sondern tatsächlich (ökonomisch) tragfähig und sinnvoll ist. Nur wenn der Ansatz effizient für alle Beteiligten ist, hat er auch in Zukunft eine Berechtigung, ergänzend zu Instrumenten der Regelförderung eingesetzt oder in diese integriert zu werden.
Katrin Weiß
Wissen von innen—Fokusgruppen in der Begleitforschung zu Regionen Aktiv
Auszug
Die Regionalen und Bundes-Fokusgruppen sind das zentrale Element des Wissenstransfers in der zweiten Phase der Begleitforschung für „Regionen Aktiv“. Sie sorgen für eine direkte Erhebung der praktischen Erfahrungen in den ausgewählten Regionen, für eine direkte Einflussnahme regionaler AkteurInnen auf die Schlussfolgerungen der Begleitforschung und für den Rückfluss der gewonnenen Erkenntnisse an regionale AkteurInnen.
Robert Lukesch, Harald Payer, Jutta Rabenau
Backmatter
Metadaten
Titel
Regional Governance und integrierte ländliche Entwicklung
herausgegeben von
Michael Böcher
Max Krott
Sebastian Tränkner
Copyright-Jahr
2008
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91100-7
Print ISBN
978-3-531-15277-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91100-7