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2010 | Buch

Die Geldgesellschaft

Aus der Finanzkrise lernen

verfasst von: Udo Reifner

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Ist die Finanzkrise vorbei? Können wir zur Tagesordnung übergehen? Haben wir die Fragen gelöst und wissen wir, wie es weiter geht? Antworten gab es schon vor den Fragen. Alle Zeitungen hatten Ende 2008 Sonderseiten herausgebracht, mit denen sie die Krise einfach erklären wollten. In der Öffentlichkeit erläuterten dieselben Wirtschaftsweisen, Wirtschaftspolitiker und Bankenchefs, die die V- gangenheit gesteuert hatten, warum die Krise kam und wie wir die Zukunft me- tern werden. Dabei gaben sie anfänglich noch gerne zu, dass sie und ihre Kol- gen (Kolleginnen gab es weniger) von falschen Annahmen über das selbstständige Wirken des Marktes, die abnehmende Rolle des Staates in der Wirtschaft und die Erfolge einer rein finanziellen Unternehmensführung geleitet worden waren und falsche Prognosen und Einschätzungen verbreitet hatten. Sie sprachen von der Notwendigkeit von Regulierung statt Deregulierung, von Verstaatlichung statt von Privatisierung, von unmoralischen statt von Top-Managern, von nachhaltiger Wirtschaft statt vom shareholder value, von Brot und Arbeit statt von der Eig- kapitalrendite. Für das Andere, das Unverständliche, kamen kurzfristig die anderen, die Philosophen (Süddeutsche Zeitung), Psychoanalytiker (Handelsblatt), Ethiker und Alternativen zu Wort. Doch das ist nun alles vorbei. Das Geldsystem hat sich stabilisiert und an die staatlichen Defizite haben wir uns schon gewöhnt. Die- nigen, die uns die schlimmste Krise seit 100 Jahren prophezeit hatten, erfreuen uns nun wieder mit optimistischen Prognosen, wenn man nur „der Wirtschaft“ ihren Lauf lässt und ihr nicht in den Rücken fällt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Geldkollaps: Was ist passiert?
Zusammenfassung
Wir haben eine Krise des Finanzsystems, die durch eine „Subprime-Krise“ in Amerika ausgelöst wurde. Geht es uns jetzt schlechter, haben wir weniger Brot, Autos oder Arbeit? Ist eine Bombe vom Himmel gefallen, ein Krieg ausgebrochen? 7 Bio. € sollen in der Welt „vernichtet“ sein, das entspricht etwa allen Wirtschaftsleistungen Deutschlands (2,2 Bio. € pro Jahr) für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren. 816 Mrd. €, die die deutschen Banken als Vermögen in den Bilanzen aufführen, seien, so die Aufstellung des Aufsichtsamtes vom 26.02.2009, mehr oder minder wertlos und müssten staatlich gestützt werden. Der Marktwert aller Aktiengesellschaften hat sich von September 2008 auf März 2009 fast halbiert, als der Deutsche Aktienindex DAX von 6.600 auf 3600 und der amerikanische Dow Jones Index von 11000 auf 6500 abstürzte. Fehlt uns denn wirklich etwas oder haben wir uns, wie der Präsident des Internationalen Währungsfonds meint, nur in den Zahlen der Bilanzen geirrt und sollten sie schleunigst in Ordnung bringen?
Udo Reifner
2. Geldpolitik: Wie wird reagiert?
Zusammenfassung
Geld ist ein Gemeinschaftsgut. Es verbindet alle Menschen in einer Gesellschaft so miteinander wie es auch Straßen und Sprache, Frieden und nationale Souveränität und viele andere Gemeinschaftsgüter tun. Deshalb wird es von staatlichen Institutionen wie den Zentralbanken verwaltet, vom Staat beaufsichtigt und durch Regeln vor Missbrauch und Funktionslosigkeit geschützt. Hat der Staat versagt?
Udo Reifner
3. Geldsystem: Wie funktioniert es?
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt des Finanzsystems steht das Geld. Scheinbar kann diese Wirtschaft ohne Geld, das selbst nichts ist, aber doch alles bedeutet, nicht funktionieren. Das Geld erst bringt die Dinge dorthin, wo wir sie brauchen, wo sie produktiv sind, wo sie sinnvoll zusammenwirken können. Ohne Geld geht kein Arbeiter an die Arbeit, ohne Geld gibt kein Bauer seine Milch ab, ohne Geld stellt kein Fabrikant Arbeiter ein und ohne Geld schließen die Theater. Geld ist das universelle Transportmittel. Es verteilt Arbeit, Güter und Dienstleistungen. Fällt es aus, so scheint es nicht weniger schlimm zu sein, als wenn alle Schiffe, Flugzeuge, Autos, Lastwagen und Züge auf einmal ihren Dienst aufgeben und die Computerfabriken keine Teile mehr bekommen, die Arbeiter nicht mehr zur Arbeit finden, der Bauer seine Milch nicht mehr abtransportieren kann. Dabei transportiert das Geld nichts außer sich selbst in einem System, in dem es überall und nirgends auftaucht und auch wieder verschwindet. Es ist gerade zur rechten Zeit am rechten Ort, um die wirklichen Transporteure mit Waren zu versorgen, die sie dorthin bringen, wo ihnen das Geld schon vorausgeeilt ist. Geld ist somit nur ein Mittel, das sich in Millisekunden transportieren kann und dadurch erst sichtbar, einsehbar und verlässlich die Beförderung unserer Wirtschaftsgüter von der Arbeit zum Konsum organisiert.
Udo Reifner
4. Geldprobleme: Wie kam es zur Krise?
Zusammenfassung
Über die Ursachen der weltweiten Finanzkrise herrscht keine Einigkeit. Täter und Opfer, Politiker und Banker, Europäer und Amerikaner, Dritte Welt und Gläubigerstaaten, Neo-Liberale, Konservative und Linke, Volkswirte, Juristen und Soziologen – so unterschiedlich wie die Interessenstandpunkte, so unterschiedlich sind auch die Beschreibungen und ihre Ursachenforschungen. Doch ein paar Grundthesen scheinen über jeden Verdacht erhaben zu sein: 1. Die Krise kam aus Amerika. 2. Sie ist eine Krise im Anlagegeschäft. 3. Es ist eine Wirtschaftskrise. 4. Sie wurde durch das Versagen der formellen Finanzaufsicht möglich. Ein Bekenntnis zu dieser Anschauung sichert einen Platz in der veröffentlichten Meinung und bei der Planung der Zukunft.
Udo Reifner
5. Geldkontrolle: Gibt es keine Regeln?
Zusammenfassung
Das Geldsystem als Instrument des Wirtschaftens wird seit dem Auftreten der ersten Tauschmittel von jeder Gesellschaft in Zaum gehalten. Die Schrecken einer sich verselbstständigenden Maschinerie, die ohne Sinn und Steuerung mit entfesseltem Wucher, unkontrollierter Gier, seelenloser Organisation und unbarmherziger Härte die Reichtümer der Gesellschaft verwaltet, waren allen Epochen Ansporn genug, nach Kontrollen Ausschau zu halten. Entsprechend hat die Menschheit in ihrer Geschichte mit Religion und Moral, mit dem Geldrecht, mit Wettbewerb und kollektiver Marktmacht, mit staatlicher Aufsicht und der Eingrenzung einer auf Geldbesitz oder bloßer Verfügungsgewalt über Geld beruhenden wirtschaftlichen Macht, mit Steuern und dem Geldschöpfungsmonopol des Staates versucht, dieser Lokomotive der Wirtschaft Gleise und einen der Gemeinschaft verpflichteten Lokführer zu geben.
Udo Reifner
6. Geldideologie: Wie erklärt das Geldsystem die Krise?
Zusammenfassung
Wir werden von Büchern über die Finanzkrise überschwemmt. Die zurzeit verkauften neuen Bücher zur Wirtschaftskrise in Deutschland (mehr gibt es allerdings zum Thema persönliche Krise) stammen dabei vornehmlich von Wirtschaftsjournalisten der großen Zeitungen wie Süddeutsche Zeitung, Financial Times und Handelsblatt, die ihre tägliche Arbeit als Kommentatoren für und in der Finanzwelt noch einmal verwerten können, von Investmentberatern, die damit Kundschaft suchen, von Bankmanagern, von Vertretern natürlichen Geldes oder alternativer Wirtschaftsformen, die glauben, ihre Theorien in der allgemeinen Ratlosigkeit durch die Krise bestätigen zu können, von Wirtschaftsprofessoren, die im Nirwana des Weltfinanzsystems ihre intellektuelle Unsterblichkeit mit abstrakten alles erklärenden Denkmodellen beweisen wollen und schließlich von einer Fundamentalopposition, die sich in ihrer Wut auf das System, oder was sie dafür hält, endlich bestätigt fühlen.
Udo Reifner
7. Geldperspektiven: Was können wir tun?
Zusammenfassung
Die Menschheit hat mit dem Geldsystem ein so komplexes System der Kooperation und Verteilung seiner Früchte sowie seiner Risiken entwickelt und alle unsere Lebensbereiche daran so angepasst, dass seine Mechanismen, Werte und Antriebe überall wirksam werden. Macht und Ohnmacht, Reichtum und Armut, Schönheit und Hässlichkeit, Freud und Leid, Leben und Tod, Liebe und Hass, Krieg und Frieden – alles wird heute vom Geld mitbestimmt. Das Geldsystem hat sich zum dominierenden Kommunikationssystem unseres Planeten entwickelt.
Udo Reifner
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Geldgesellschaft
verfasst von
Udo Reifner
Copyright-Jahr
2010
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-92221-8
Print ISBN
978-3-531-17077-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-92221-8

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