Erfolgsrezepte für Unternehmensorganisation

Es ist am späten Nachmittag. Die beiden Kollegen sind müde und wollen eigentlich nur schnell nach Hause. Sie kommen von einem Kundenunternehmen und hatten dort den ganzen Tag Besprechungen, ätzend und zäh. Sie sollten für dieses Unter-nehmen ein neues Einrichtungskonzept für chemisch/physikalische Laboratorien als Produkt entwickeln, einfach neue Labormöbel. Über viele Tage hatten sie sich die Anwendungsbereiche angeschaut, Gespräche geführt, beobachtet, Arbeitsprozesse analysiert. Außer ein paar geringfügigen Verbesserungen ist ihnen nichts eingefallen.

Veränderung geschieht dann, wenn sich etwas verändert. Das ist doch eine klare und einfache Aussage! Damit könnten wir es bewenden lassen, wenn wir nicht mehr Orientierung suchen würden. Da wäre zuerst einmal die Frage, was mit Veränderung gemeint sein könnte? Veränderungen bei Objekten und Kennzahlen meinen wir beobachten und messen zu können, was weitgehend auch für die Abläufe und Handlungen gültig ist. Etwas anderes ist es mit Veränderungen bei den Bedürfnissen, den Motivationen und Emotionen, die sich einer Objektivierung und Messung weitgehend entziehen. Da die wirksamen Modelle und Realitätsbilder meist nicht einmal mit den bewussten und kommunizierbaren übereinstimmen, haben wir dort schon bei der Transparenz unsere Schwierigkeiten.

Um aus der Veränderungssicht eine Handlungsorientierung ableiten zu können, müssen wir die Betrachtungen zum Unternehmen noch weiter detaillieren. Für die Transparenz der Wahlmöglichkeiten, die wir bei der Unternehmensgestaltung haben, gilt es die grundlegenden Muster und Eigenschaften von Menschen und Systemen auf die Organisationen und deren Anforderungen abbilden.

Aus den bisherigen Betrachtungen folgte ein bunter Strauß an Möglichkeiten Unternehmen zu gestalten. Aus der Vielfalt der dadurch entstandenen Möglichkeiten werden nur charakteristische Szenarien herausgegriffen. Schwerpunkt der Betrachtungen sind hier die unterschiedlichen Strukturen, Funktionsbereiche, Einheiten und Merkmale von Unternehmen aus Sicht der Systemischen Wirkungsausbreitung. Die Standardliteratur verliert dabei nicht seine Gültigkeit, sondern ist über die Portfoliobetrachtungen in die Modelle der Systemischen Wirkungsausbreitung integrierbar. Lineares Denken oder mechanistische Realitätsvorstellungen verschwinden ja nicht, wenn jemand über Systemisches nachdenkt. Allerdings haben wir aus dem systemischen Blickwinkel heraus wesentlich mehr Möglichkeiten Wirkungen und Wirkungsausbreitung zu erkennen. Dabei sollte in einem Unternehmen jede Funktion und jeder Bereich durch eine spezifische charakteristische Ausprägung gekennzeichnet sein, abhängig von Nutzen, der im Außen entstehen soll. Unser Ausgangspunkt werden hier zwei weitgehend unabhängige Dimensionen sozioökonomischer Systeme sein.

Nach den beschreibenden Untersuchungen brauchen wir auf dem Weg zu Handlungskompetenz noch die Themen der Analyse und Bewertung. Eine Analyse hat sich jeglicher Wertung zu enthalten, stellt im Grunde eine reine Wahrnehmung dar. Der Fokus liegt auf der Transparenz des Vorhandenen. Im Sinne der Wirkungsebenen sollten wir das Vorhandene nicht auf die Ergebnisebene einschränken. Auf allen Ebenen gilt es für diese Transparenz zu sorgen. Nur so können wir uns ein Verständnis über die zugrunde liegenden Wechselwirkungen erschließen. Allerdings haben wir es mit rekursiv vernetzten Systemen zu tun. Dort ist es nicht möglich über Wenn-Dann-Konstrukte praktikable Handlungsorientierungen zu bekommen. Hier hat es sich als funktional erwiesen, solche Analysen problemorientiert durchzuführen. Wir sollten demnach Probleme analysieren und keine Systeme.

Die bisherigen Betrachtungen gliederten sich in zwei wesentliche Bereiche. Am Anfang standen die Betrachtungen zu den Veränderungen in Unternehmen. Um dort Handlungsfähig zu werden braucht es eine höhere Differenzierung bezüglich der inneren Wirkungsmechanismen. Dieser zweite Bereich führte zu einem rekursiven Funktionsmodell, das wir hinsichtlich Karakteristikas und Bewertung weiter untersuchten. Dieses Funktionsmodell können wir als Netzwerk verstehen, in dem Mitarbeiter sowohl eine gestaltende Rolle haben, als auch von diesem Netzwerk beeinflusst werden. Was sich nun anschließt sind Betrachtungen zur Wechselwirkung zwischen Mensch und System, die Rückwirkung des Systems auf den Menschen und die systemgestaltenden Mechanismen, die aus den individuellen Prägungen erwachsen.

Die Betrachtung der Mitarbeiter im Unternehmen braucht noch für eine fundierte Handlungsorientierung ein erweitertes Verständnis der Wirkungsweise komplexer vernetzter Strukturen. Die Grundlage bildet sich hier über einen chaostheoretischen Ansatz, der sich mit den grundsätzlichen Eigenschaften rekursiver Netzwerkstrukturen befasst. In unserem Betrachtungsraum haben wir es mit sozioökonomischen Systemen als rekursives Netzwerk zu tun. In diesen Systemen spielt der Mensch eine bestimmende Rolle.

Als letzter Detaillierungsschritt zur Handlungskompetenz bei der Gestaltung von Unternehmen wenden wir uns nun der individuellen Orientierung zu. Es ist die Frage nach dem Ursprung der individuellen Prägungen, über die sich sozioökonomische Systeme bilden, die Mitarbeiter im Unternehmen wirksam werden, sich Unternehmen gestalten und verändern. Im Unternehmen haben wir es immer mit Individuen zu tun. Wenn wir dort bewusst und kompetent wirksam werden wollen ist eine Transparenz der Wirkungskette, von den individuellen Prägungen bis zu den sich ergebenden Eigenschaften der Organisation notwendig.

Systemische Wirkungsausbreitung ist zuerst einmal nur eine Kombination zweier unscharfer Begriffe. Systemisch deutet auf ein Denken in Systemen und deren Vernetzung hin, mit ihren systemspezifischen inneren und äußeren Eigenschaften. Wirkungsausbreitung charakterisiert die Vorstellung, dass jede Intervention, ob aktiv oder passiv – Nichtstun ist auch eine Intervention – sich als Wirkung in einem System ausbreitet und nicht reversibel ist. Die Vorstellungen der Systemischen Wirkungsausbreitung sind gut mit einer Analogie zu charakterisieren: Werfen Sie einen Stein in einen Teich, so wird der ganze Teich davon betroffen sein. Wenn die Wellen abgeklungen sind, wir also keine Wirkung mehr sehen, hat sich der Teich trotzdem verändert. Den Stein wieder aus dem Teich zu holen, macht die Wirkung nicht rückgängig. Ein Stein kann in mehrere Teiche gleichzeitig fallen, hierbei überschreiten wir die formallogische Grenze dieser Analogie, und die Teiche sind untereinander verbunden.