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1989 | Buch

Zur Theorie der Unternehmung

Schriften und Reden von Erich Gutenberg Aus dem Nachlaß

herausgegeben von: Prof. Dr. Horst Albach

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Rückblicke

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Vorbemerkung
Zusammenfassung
Ich hatte immer Vorbehalte gegen die Interpretation literarischer oder wissenschaftlicher Werke durch die Autoren selbst. Denn es ist nicht auszuschließen, daß die Überlegungen, die der ursprünglichen Konzeption zugrunde liegen, verblassen und durch Vorstellungen ersetzt oder überdeckt werden, die aus einer späteren Zeit stammen. Der Versuch einer Rückbesinnung auf die seinerzeitigen subjektiven und objektiven Bedingungen der Konzeption fördert nicht mit Notwendigkeit die Situation zutage, aus der das — hier vor allem interessierende — wissenschaftliche Werk entstand. Die spätere allgemeine wissenschaftliche Entwicklung des Fachs oder die eigene Entwicklung läßt die Dinge, über die abgehandelt wird, in Perspektiven sehen, die die ursprüngliche Absicht des Autors undeutlich machen und so entweder der Willkür oder gewissen Wunschvorstellungen oder einfach Fehldeutungen Vorschub leisten. Die Folge sind dann Interpretationen, in denen die Sache selbst nicht mehr so anwesend ist, wie sie ursprünglich gedacht wurde.
Horst Albach
Erstes Kapitel. Die Lehrzeit
Zusammenfassung
Nach meiner Rückkehr aus dem ersten Weltkrieg entschloß ich mich Anfang Januar 1919, an der technischen Hochschule Hannover Naturwissenschaften, insbesondere Physik und Chemie zu studieren. Ich begann meine Studien im Januar 1919 und betrieb sie mit großem Interesse. Nach zwei (Zwischen—) Semestern gab ich mein Studium schweren Herzens auf, um dem Wunsche meiner Familie folgend, als Teilhaber in die von meinem Vater und Herrn Heinrich Niebaum im Jahre 1873 in Herford in Westfalen gegründete Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen einzutreten. Die Fabrik stellte, zunächst in kleinen Verhältnissen, landwirtschaftliche Geräte, Pflüge, Eggen u.s.f. her. Später ging man zur Fabrikation von Dreschmaschinen, Göpeln und stationären Sauggasmaschinen über. Die technische Leitung lag bei meinem Vater, die kaufmännische bei Herrn Niebaum. Mein Vater stammte aus Zörbig in der damaligen preussischen Provinz Sachsen, Herr Niebaum aus Herringhausen bei Herford. Er war der Sohn eines Landwirts, als zweiter Sohn nach dem damaligen Recht nicht erbberechtigt. Beide waren in einer großen Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen in Halle an der Saale beschäftigt gewesen, mein Vater in technischen, Herr Niebaum in kaufmännischen Abteilungen.
Horst Albach
Zweites Kapitel. Die Ausgangslage
Zusammenfassung
Die Anfänge betriebswirtschaftlichen Denkens lassen sich bis in die Zeit des Merkantilismus zurückverfolgen, in eine Zeit also, die die großen gesamtwirtschaftlichen Probleme weitgehend durch administrative Gebote und Verbote zu lösen versuchte, auch Eingriffe in einzelwirtschaftliches Geschehen nicht scheute. Die betriebswirtschaftliche Literatur erreichte ein hohes Niveau. Viele Bücher der Vertreter der ≫Handlungswissenschaft≪, wie sich die Betriebswirtschafter damals nannten, sind heute noch reizvoll genug, urn gelesen zu werden.
Horst Albach
Drittes Kapitel. Die Theorie der Unternehmung
Zusammenfassung
Die erste Frage, die ich damals zu beantworten hatte, läßt sich so formulieren: Kann man mit guten Gründen die Unternehmung als ein System von Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Gütermengen auffassen und als ein solches in theoretischer Absicht beschreiben? Die zweite Frage lautete: Ist es richtig zu sagen, daß die Unternehmung den Charakter eines Reaktionsgefüges besitze, derart, daß sie auf Änderungen in den außerbetrieblichen Daten oder auf von der Unternehmung selbst initiierte Datenänderungen reagiert? Drittens war zu fragen: Wenn die Unternehmung mit Recht als ein ≫reagierendes System≪ aufzufassen ist, derart, daß jeweils ein bestimmter Ausgangszustand durch Datenänderungen und durch sie ausgelöste Reaktionen im Gesamtgefüge des Unternehmens in einen anderen Zustand überführt wird, — kann man dann davon ausgehen, daß diese Zustandsänderungen zu Prozessen führen, die darauf gerichtet sind, im Unternehmen diejenigen Möglichkeiten der Prozeßgestaltung zu realisieren, die angesichts der eingetretenen Lage als die günstigste erscheint? Laßt sich also das Unternehmen auch als ein System von Anpassungsprozessen an durch Datenänderungen ausgelöste neue Situationen begreifen? Viertens: Wenn sich theoretisches Bemühen die Aufgabe stellt, zu Aussagen von jeweils größtmöglicher Allgemeinheit zu gelangen, müssen dann nicht aus dem Kalkül alle Umstände ausgeschlossen werden, die akzidenteller Natur, und damit für das Problem selbst also nicht von Wichtigkeit sind?
Horst Albach
Viertes Kapitel. Bauen am System
Zusammenfassung
Wie ich schon sagte, habe ich mich im Mai 1928 an der Universität Münster für das Fach der Betriebswirtschaftslehre habilitiert, nachdem die Professoren Fritz Schmidt und Wilhelm Kalveram von der Universität Frankfurt ihre positiven Gutachten über meine Habilitationsarbeit abgegeben hatten. Ich blieb Assistent am Seminar für Wirtschaftspolitik, dessen Leiter Professor Dr. W.F. Bruck war. Im November 1929 hatte ich persönliche Differenzen mit Herrn Professor Bruck, der zur Kündigung meiner Assistentenstelle führten. Nach vielen vergeblichen Bemühungen (es war eine Zeit großer Arbeitslosigkeit) gelang es mir, bei der Revisions- und Treuhandgesellschaft der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse in Berlin eine Stellung zu finden, die ich Anfang März 1930 antrat. Da ich nach den damaligen gesetzlichen Bestimmungen nur für zwei Jahre als Privatdozent beurlaubt werden konnte, wenn ich meiner venia legendi in Münster nicht verlustig gehen wollte, mußte ich mich nach einer Stellung in einer Stadt umsehen, von der aus Münster einigermaßen gut zu erreichen war. Ich fand eine Stellung bei der Deutschen Wirtschaftsprüfung-AG in Essen, einer neu gegründeten Gesellschaft, deren Filiale in Dortmund ich übernahm.
Horst Albach
Fünftes Kapitel. Die Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre
Zusammenfassung
Die Erfahrungen, die ich in meiner nun schon langjährigen Praxis machte, die Beoabachung der wissenschaftlichen Entwicklung, die die Betriebswirtschaftslehre in jenen Jahren genommen hatte, die intensivierte Beschäftigung mit Fragen der ≫theory of the firm≪ und ihrer Weiterentwicklung in der Zeit nach Marshall, das weiter fortgeführte Studium der Werke von Cournot und Pareto hatten mich in meiner Ansicht bestärkt, daß meine Vorstellungen vom Unternehmen als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie aus dem Jahr 1928 geeignet seien, die damalige Konzeption auszubauen. Jedenfalls war mir im Jahr 1936, wenn ich meine Erinnerungen einmal auf dieses Jahr fixieren darf, wenigstens in Umrissen klar, in welcher Richtung ich weiter gehen sollte. Aber natärlich hatte ich starke Zweifel, ob mir meine berufliche Inanspruchnahme genügend Zeit lassen würde, meine Pläne auszuführen. Unter diesem Druck stand ich immer. Ais ich glaubte, ihm entgehen zu können, wenn ich im Herbst 1938 den Ruf an die Bergakademie Clausthal-Zellerfeld annahm, entschied das Schicksal wieder gegen mich.
Horst Albach

Die Theorie der Unternehmung

Frontmatter
Erstes Kapitel. Die Produktionstheorie
Zusammenfassung
Zunächst möchte ich mich bei Ihnen, Herr Ellinger, und Ihnen, meine Damen und Herren, für die Einladung zu diesem Vortrag bedanken und Ihnen sagen, wie sehr ich mich freue, gewissermaßen im Rahmen meines alten Seminars über einige Fragen der Produktionstheorie, insbesondere der Produktionsfunktion vom Typ B zu sprechen.
Horst Albach
Zweites Kapitel. Die Entscheidungstheorie
Zusammenfassung
Ich möchte mich zunächst für die liebenswürdige Einladung zu diesem Vortrag bedanken und Ihnen sagen, welche Freude es mir bereitet, vor Ihnen über einige Fragen zu sprechen, die den gegenwärtigen Stand der betriebswirtschaftlichen Disziplin betreffen und die vielleicht Ihr Interesse find en werden.
Horst Albach
Drittes Kapitel. Die Allgemeine Theorie der Unternehmung
Zusammenfassung
Richtet man den Blick auf die Betriebswirtschaftslehre von heute, Ende der siebziger Jahre, dann zeigt sich ein thematischer Reichtum und eine methodische Differenzierung, die keinen Vergleich mit der Betriebswirtschaftslehre zuläßt, von der ich soeben gesprochen habe. Der wissenschaftliche Fortschritt hat auch in der Betriebswirtschaftslehre zu weiterer Spezialisierung geführt. Sie hat sich als notwendig erwiesen, wollte die Disziplin ihre Einsichten in die betrieblichen Prozesse vertiefen und gleichzeitig ihre Möglichkeiten, an Problemen der Prozeßgestaltung teilzunehmen, ausloten. Jede Disziplin erreicht einmal den Zustand, in dem der wissenschaftliche Fortschritt zunehmend Spezialisierung verlangt. In diesem Fall bedeutet wissenschaftliche Arbeit keinen Rückzug ins Spezialistentum.
Horst Albach

Die Betriebswirtschaftslehre: Eine Wissenschaft

Frontmatter
Erstes Kapitel. Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft
Zusammenfassung
Am 22. Mai 1984 verstarb Erich Gutenberg, emeritierter ordentlicher Professor der Betriebswirtschaftslehre der Universität zu Köln. Am 22. Mai 1957, also auf den Tag genau 27 Jahre vor seinem Tode, hat Gutenberg seine berühmte Rede aus Anlaß des Universitätstages der Universität zu Köln im Gürzenich gehalten: Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft15. Diese Rede markiert den Abschluß einer Entwicklung unseres Faches und sichert zugleich den Neubeginn, den Gutenberg im Jahre 1951 mit seinen ≫Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre≪ eingeleitet hatte. Die Ära der Handelshochschulen war endgültig zu Ende16. Gutenberg hat der Betriebswirtschaftslehre einen festen Platz unter den Wissenschaften in der Universität gesichert. Das Verständnis der Betriebswirtschaftslehre als einer ≫Kunstlehre≪ 17 war dank Erich Gutenberg der Erkenntnis gewichen, daß die Betriebswirtschaftslehre eine wissenschaftliche Disziplin ist, die kraft der durch sie vermittelten theoretischen Einsichten zur Unternehmensführung in der Praxis befähigt.
Horst Albach
Zweites Kapitel. Der Absatz
Zusammenfassung
Im Juni 1984 erschien die 17. Auflage des Zweiten Bandes der ≫Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre≪ von Erich Gutenberg, einen Monat nach seinem Tode 24.
Horst Albach
Drittes Kapitel. Die Produktion
Zusammenfassung
Die These, daß der zweite Band der ≫Grundlagen≪ die eigentliche von Gutenberg ausgelöste Revolution in der Betriebswirtschaftslehre war, mag Verwunderung hervorrufen, wird doch das Neue in der von Erich Gutenberg begründeten Betriebswirtschaftslehre in seiner Produktionstheorie gesehen. Das liegt natürlich vor allem daran, daß der erste Band vier Jahre vor dem zweiten Band erschienen ist. Tatsächlich aber waren beide Bände im Jahre 1949 in einem einzigen Manuskript vereint, als Erich Preiser Gutenberg anbot, den Band über ≫Betriebswirtschaftslehre≪ für die von ihm herausgegebene ≫Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft≪ zu übernehmen. Preiser schlug vor, das Buch in zwei Bänden herauszubringen, da das Manuskript für einen Band zu umfangreich erschien. Die endgültige Drucklegung des Zweiten Bandes verzögerte sich nur deshalb, weil Gutenberg den Ruf nach Köln annahm und dadurch zunächst mit anderen Aufgaben ausgelastet war. Wichtig für das Verständnis der beiden ersten Bände ist aber auch, daß Gutenberg den Abschnitt über die ≫Determinanten des Betriebstyps≪ im Ersten Band ursprünglich als einen eigenen Band geplant hatte, der das Gesamtwerk einleiten sollte 78.
Horst Albach
Viertes Kapitel. Die Finanzen
Zusammenfassung
Zu diesen drei Problemen hat Gutenberg selbst Beiträge im dritten Band seiner ≫Grundlagen≪, den ≫Finanzen≪, geliefert. Im Jahre 1968 erschien dieser Band, den Gutenberg bereits 1955 angekündigt hatte 133 und der zwischenzeitlich von manchem Rezensenten der beiden ersten Bände mit Ungeduld erwartet, ja, vielleicht gar schon abgeschrieben worden war 134.
Horst Albach
Fünftes Kapitel. Unternehmensführung
Zusammenfassung
Gutenberg wagte auch in den ≫Finanzen≪ nicht, das ≫Geheimnis richtiger Investitionsentscheidungen≪ zu lüften. Hierin kommt die Achtung vor der Individualität menschlichen Handelns zum Ausdruck, aus der sich bei aller Rationalität der Methoden das je Einmalige guter Unternehmensführung ableitet.
Horst Albach
Sechstes Kapitel. Unternehmer und Wirtschaftsordnung
Zusammenfassung
Gutenberg hatte sich mit der Frage des Verhältnisses von Unternehmer zu Unternehmen bereits in den zwanziger Jahren intensiv auseinandergesetzt, als er auf der Suche nach einer allgemeinen Theorie des Unternehmens die Arbeiten Schumpeters über die Rolle des Pionierunternehmers in der wirtschaftlichen Entwicklung studierte. Er hatte erkannt, daß diesen Unternehmern ≫jenes Einmalige (anhaftet), das der Ausdruck überschüssiger expansiver unternehmerischer Energien ist≪149. Er hatte von diesem ≫Einmaligen≪ abstrahieren und auf das ≫generelle≪ der Unternehmen durchstoßen wollen. Das war das Ziel seiner Habilitationsschrift. Er entdeckte als die hinter dem je Besonderen des Unternehmers stehende ≫Urfunktion einzelwirtschaftlicher Betätigung≪ 150 die Produktivitätsbeziehung. Die Steuerung dieser Produktivitätsbeziehung übertrug Gutenberg in seiner Habilitationsschrift dem ≫psycho-physischen Subjekt≪.
Horst Albach
Siebentes Kapitel. Der Lehrer und Mensch
Zusammenfassung
Heinrich Rittershausen hat einmal auf die Frage, wie er sich den Erfolg des Gutenbergschen Werkes erkläre, gesagt: ≫Nicht jedem wird ein Mellerowicz zuteil≪. Nicht jeder fasziniert aber auch in einem kargen Vorlesungsgebäude, ≫die Scheune≪ genannt, 1.300 Studenten und einen Schäferhund durch Vorlesungen über Produktions- und Kostentheorie. Und so wäre die Würdigung des wissenschaftlichen Werkes unvollständig ohne den Hinweis auf die große Wirkung, die die Vorlesungen Erich Gutenbergs auf die Studenten und für die Verbreitung seiner Ideen hatten. Gutenberg konnte in der Vorlesung das Generelle sichtbar machen, mit Mitteln auch, die in Köln noch zu Beginn der 50er Jahre revolutionär erschienen: mit Formeln und Kurven. Aber die Formeln und Kurven lebten aus der Anschauung. Gutenberg beschrieb die Wirklichkeit aus der Fülle seiner praktischen Anschauungen, um gemeinsam mit den Studenten den Prozeß der Abstraktion nachzuvollziehen, der zu der Beschreibung der Wirklichkeit in der Formel, in der Kurve, führt.
Horst Albach
Backmatter
Metadaten
Titel
Zur Theorie der Unternehmung
herausgegeben von
Prof. Dr. Horst Albach
Copyright-Jahr
1989
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-61539-9
Print ISBN
978-3-642-64865-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-61539-9