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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. ÖPP-Felder – Versuch einer Kategorisierung

verfasst von : Michael Schäfer

Erschienen in: Öffentlich-Private Partnerschaften

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

In den vorherigen Kapiteln wurde vor allem geklärt, dass der Begriff „Öffentlich-Private Partnerschaft“ viel weiter gefasst werden muss, als das bisher der Fall war. Jetzt soll gezeigt werden, welche Ziele ÖPP haben müssen, damit die Interessen jeder Seite dauerhaft gewahrt sind. Privat-Öffentliche Bündnisse sind für ziemlich alle Bereiche unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens denkbar. Etwas ganz Besonderes aber sind sie, wenn es um unsere Existenzbedingungen geht. Frisches Trinkwasser in allerhöchster Qualität muss jeden Tag und in jeder Jahreszeit aus dem Hahn fließen. Das verlangt eine ganz außergewöhnliche Qualität der Partnerschaft: Verlässlichkeit unter allen nur denkbaren Bedingungen. Die Erledigung der Aufgabe steht über allem. Das entspricht dem besonderen Verständnis von ÖPP im Bereich der Daseinsvorsorge. Ich liefere die Begründung, warum sie eine ganz besondere Spezies sind, und warum sie bevorzugt als gemeinsames Unternehmen oder als langfristig angelegtes Betriebsführungsmodell uns begegnen. Das Außergewöhnliche kommt zum Schluss. Das sind zum Beispiel die eher seltenen Allianzen von Kommunen und Kirchen. Aber auch der Mix von Kommune, Staat und Stadtwerk beim Betrieb von Großflughäfen in München und Köln/Bonn. Dort funktioniert diese öffentlich-öffentliche Liaison. Partnerschaften geht man ein, damit Aufgaben besser gelöst werden. Deshalb sind Kompetenzen eines potenziellenpotentiellen Partners entscheidend und nicht, aus welcher Eigentümergattung er kommt.

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Fußnoten
1
Nach Difu-Berechnungen liegt der Investitionsbedarf allein auf kommunaler Ebene im Zeitraum 2002 bis 2020 bei 704 Mrd. EUR. In dieser Summe sind auch die Investitionen enthalten, die von den Kommunen bis dato nicht realisiert wurden. Gar nicht berücksichtigt wurden der kommunale Wohnungsbau und Finanzinvestitionen. Die größten Einzelpositionen innerhalb des definierten Gesamtbedarfs von 704 Mrd. EUR sind laut Difu die Straßen (23 %), die Schulen (zehn Prozent) sowie der ÖPNV und die Sportstätten mit je fünf Prozent. Grabow weist zu Recht darauf hin, dass trotz absolut gestiegener Investitionen der Rückstand weiterwachse. Berücksichtigt werden muss auch, dass die Investitionen seit 2003 nicht einmal die Abschreibungen decken. Das beweist erstens den Verzehr von investivem Vermögen und ist zweitens ein Beleg dafür, dass die Differenz zwischen getätigten Investitionen und dem tatsächlichen Bedarf immer größer wird.
 
2
Ich lege Wert darauf, dass selbige in Deutschland in der Mehrzahl sind. Über sie wird nur wenig bis gar nicht berichtet. Stattdessen werden nur diejenigen an den Pranger gestellt, die ÖPP-Desaster zu verantworten haben. Es ist natürlich berechtigt, dies öffentlich zu tun. Leider reduziert sich die publizistische und wissenschaftliche Befassung nahezu ausschließlich auf die Negativbeispiele. Folgerichtig ist auch die öffentliche Bewertung von ÖPP-Projekten mehrheitlich negativ.
 
3
Die deutschen Staatsschulden (Bund, Länder, Kommunen) lagen Ende 2018 bei 2,06 Billionen Euro. Deutsche Bundesbank www.​bundesbank.​de – Zugriff am 28. Juli 2019.
 
4
Ich habe den Begriff „Absicht“ deshalb in Anführung gesetzt, um deutlich zu machen, dass es sich real um keine seriöse Zielprojektion handelt. Denn es geht am Ende darum, eine temporäre Einschränkung öffentlicher Kreditaufnahme (regelmäßig unter Hinweis auf die bereits vorhandene Verschuldung des potentiellen Kreditnehmers) dadurch zu umgehen, dass ein privater Dritter ins Obligo geht. Dies aber nur scheinbar, denn faktisch ist die öffentliche Hand der Kreditnehmer. Mit der ÖPP-Konstruktion entzieht sich dieser Sachverhalt der Bewertung durch die zuständigen Kommunalaufsichten.
Leider immer erst dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist – aber prüfen kann man eben erst am Ende – kommen viele Landesrechnungshöfe dieser „Umwegfinanzierung“ auf die Schliche.
 
5
Im Kap. 6 zeige ich, dass es zum Begriff „angemessen“ offenbar sehr unterschiedliche Interpretationen gibt. In allen Beispielen, die ich aus der Literatur selektiert und aufgearbeitet habe, geschah dies leider immer zum Nachteil der Öffentlichen Hand.
 
6
Finanzierungslücken zur Realisierung dringend nötiger öffentlicher Investitionen werden auch auf kommunaler und staatlicher Ebene in nicht wenigen Fällen dadurch geschlossen, dass Kreditaufnahmen aus den Kernhaushalten (dort sind sie wegen externer oder selbstverordneter Schuldenbremsen ausgeschlossen) in eigene Unternehmensbeteiligungen verlagert werden. Auch hier gilt: wenn existentiellen Infrastrukturinvestitionen endlich der gebotene Vorrang eingeräumt würde, wären solche Umwege nicht nötig.
 
7
Dieser Kanon wurde von den Autoren entwickelt. Basis waren die Zielbestimmungen in der ÖPP-Definition von Schäfer, die für das vorliegende Buch erarbeitet wurde.
 
8
Ich schreibe „Praxis“ deshalb in Anführung, weil damit jene Beispiele gemeint sind, die ich nicht direkt zur Kenntnis nehme, sondern nur in der wissenschaftlichen und publizistischen Reflektion. Dort, das habe ich an anderer Stelle schon festgehalten, dominieren die Dokumentationen des Scheiterns.
 
9
In den Kap. 6 und 10 habe ich unter Bezug auf die wissenschaftliche Literatur das Gros der dort genannten Beispiele für gescheiterte ÖPP-Projekte (in erster Linie betrifft das Vorhaben im Infrastruktur- und Baubereich) gründlich aufgearbeitet, analysiert und bewertet. Hier nur die Anmerkung, dass die „üppigen“ Verträge – im Extremfall waren es 36.000 Seiten für ein Bauprojekt – in der Tat genau das Gegenteil zu der gerade dokumentierten Forderung regelten: die Risiken, oft umfangreich und bei Lebenszyklusmodellen auch langlaufend, wurden nahezu komplett auf den öffentlichen Partner übertragen.
 
10
Weggesperrt deshalb, weil sie wegen der schon thematisierten Reduktion von ÖPP auf reine Vertragspartnerschaften in der wissenschaftlichen Literatur so gut wie gar nicht vorkommen.
 
11
Es liegt auf der Hand: das schwarz-weiße, also zweifarbige Zebra, steht für die zwei Eigentumsformen, die in einem ÖPP-Unternehmen quasi unter einem Dach vereinigt sind.
 
12
Nicht zu vergessen (für unser Thema aber nicht von Relevanz) sind die vielen Einzelfirmen, z. B. die Handwerksbetriebe, bei denen die Inhaber alle Haftungsrisiken tragen. Auch dort sind die Gründungen z. B. in Gestalt der Eintragung in die Handwerksrolle ein feierlicher, ja ritueller Akt.
 
13
Gleichwohl begründet der Bund neue Beteiligungen nur, wenn „wichtige Bundesinteressen es erfordern.“ Es entspricht einem ordnungspolitischen Grundsatz unserer Sozialen Marktwirtschaft, staatliche Unternehmensbeteiligungen auf das Notwendige zu reduzieren. Deshalb wird das wichtige Bundesinteresse an einer Beteiligung fortwahrend überprüft. Entfallt es, prüft der Bund Privatisierungsmöglichkeiten.
 
14
Aussagen zur Struktur und zur Zahl von ÖPP-Unternehmen finden sich in unserer quantitativen ÖPP-Zusammenfassung unter Punkt 5.3
 
15
Wir haben hier bewusst die laut Definition erforderliche Mindestbeteiligung von 25.1 % des privaten oder öffentlichen Miteigentümers etwas großzügig ausgelegt. Denn bei der Post ist der Bund über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zwar „nur“ mit 20,57 % beteiligt. Damit ist der Staat aber der mit weitem Abstand größte Einzelaktionär. Das funktioniert real fast wie eine Sperrminorität, denn es verschafft einen maßgeblichen Einfluss.
 
16
Weitere hoheitliche Leistungen sind die Bildung oder auch der Brand- und Katastrophenschutz. Auch dort agieren – neben kommunalen – auch private Anbieter in der Leistungserbringung, z. B. als Betreiber von Schulen oder als Auftragnehmer bei Krankentransporten.
 
17
Ausführlich befasse ich mich mit den komplexen Zusammenhängen von Kommunal- und Privatwirtschaft und der Daseinsvorsorge in den Kap. 8 und 12.
 
18
Das ist ein Organisationsgrad nahe 100 %, denn von wenigen Ausnahmen, das sind im Regelfall sehr kleine Versorger oder Netzbetreiber, sind quasi alle „echten“ Stadtwerke auch Mitglied ihres Interessenverbandes.
 
19
Das belegen die repräsentativen Erhebungen, die die Autoren eigens für dieses Buch mit hohem zeitlichem Aufwand realisiert haben. Die Ergebnisse präsentiere ich in einer geschlossenen und vergleichenden Darstellung im Punkt 3 des nachfolgenden fünften Kapitels.
 
20
Derartige Enkelgesellschaften finden sich beispielsweise recht häufig in der Energiewirtschaft. Stellvertretend dafür sei die E.dis AG mit Sitz in Fürstenwalde (Land Brandenburg) genannt. An diesem Unternehmen sind die E.on Beteiligungs GmbH mit 65,5, die E.on Sverige AB mit 1,5 und kommunale Beteiligungsgesellschaften aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit 33 % beteiligt. Das ist nach Definition ein ÖPP-Unternehmen. Die E.dis AG wiederum ist Allein- bzw. Miteigentümer von rund 30 Tochtergesellschaften. Darunter befinden sich 20 kommunale Energieversorger, die bis auf zwei Ausnahmen im Mehrheitsbesitz von Städten in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind. E.dis hält in allen 20 Fällen mehr als 25,1 % der Anteile, d. h. alle 20 Enkelbeteiligungen sind ebenso wie die E.dis AG als Muttergesellschaft echte ÖPP-Unternehmen.
 
21
Diese hier nur kurz skizzierten Enkel-ÖPP-Gesellschaften können im vorliegenden Buch leider nicht weiter behandelt werden. Lohnenswert wäre die wissenschaftliche Befassung aber auf jeden Fall, denn neben grundsätzlichen Übereinstimmungen mit den direkten Töchtern von öffentlichen Körperschaften und der Privatwirtschaft gibt es eben auch eine ganze Reihe von Unterschieden, die eine gründliche Befassung rechtfertigen würden.
 
22
Ich sprach mit ihm am 9. August 2018.
 
23
Ausführlich können Sie sich über das Thüga-Modell, das sich inzwischen schon in zwei Jahrhunderten, dem 20. und dem 21., bewährt hat, im Kap. 11 informieren. Dort wird auch die dahinter liegende Beteiligungsphilosophie vorgestellt, die weitgehend unverändert auch schon gelebt wurde, als die Thüga noch eine 100prozentige Tochter des privaten E.on-Konzerns war.
 
24
Hier ist der Gesellschafter-Mix noch um eine Facette reicher. Denn neben dem Bund mit 30,92 %, sind auch das Land Nordrhein-Westfalen (30,94 %) die Stadt Köln (31,12 %) und zusätzlich ein kommunales Unternehmen, die Stadtwerke Bonn (6,06 %) beteiligt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch die beiden Landkreise Rhein-Sieg und der Rheinisch-Bergische Kreis mit zusammen 0,94 % mit an Bord sind.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Baumgärtner, F., Eßner, T., Scharping, R. (Hrsg.): Public private partnership in Deutschland. F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH. Frankfurt a. M. (2009) Baumgärtner, F., Eßner, T., Scharping, R. (Hrsg.): Public private partnership in Deutschland. F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH. Frankfurt a. M. (2009)
Zurück zum Zitat Beteiligungsbericht des Bundes, 2017, Stand Februar 2018: Bundesministerium der Finanzen, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln (2018) Beteiligungsbericht des Bundes, 2017, Stand Februar 2018: Bundesministerium der Finanzen, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln (2018)
Zurück zum Zitat Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband (Hrsg.): PPP-Handbuch. Leitfaden für Öffentliche-Private Partnerschaften. vvb Vereinigte Verlagsgesellschaft mbH & Co, KG Bad Homburg (2009) Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband (Hrsg.): PPP-Handbuch. Leitfaden für Öffentliche-Private Partnerschaften. vvb Vereinigte Verlagsgesellschaft mbH & Co, KG Bad Homburg (2009)
Zurück zum Zitat Deutscher Bundestag, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Referat Öffentlichkeitsarbeit (2016) Deutscher Bundestag, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Referat Öffentlichkeitsarbeit (2016)
Zurück zum Zitat Lämmerzahl, T.: Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben. Duncker & Humblot, Berlin (2007)CrossRef Lämmerzahl, T.: Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben. Duncker & Humblot, Berlin (2007)CrossRef
Zurück zum Zitat Leinemann, R., Thomas, K.: ÖPP-Projekte konzipieren – ausschreiben – vergeben. Praxisleitfaden für Auftraggeber und Bieter, Bundesanzeiger Verlagsges. mbH, Köln (2006) Leinemann, R., Thomas, K.: ÖPP-Projekte konzipieren – ausschreiben – vergeben. Praxisleitfaden für Auftraggeber und Bieter, Bundesanzeiger Verlagsges. mbH, Köln (2006)
Zurück zum Zitat Berliner Zeitung: Das Prognose-Problem. Beitrag vom 6./7. September 2019. Autor: Kai Schlieter. Berlin Berliner Zeitung: Das Prognose-Problem. Beitrag vom 6./7. September 2019. Autor: Kai Schlieter. Berlin
Zurück zum Zitat Gabler Wirtschaftslexikon: 19. Aufl. Springer, Wiesbaden (2018) Gabler Wirtschaftslexikon: 19. Aufl. Springer, Wiesbaden (2018)
Zurück zum Zitat Projektdatenbank Öffentliche Hand der PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH, Internetrecherche am 14. 08. 2018 Projektdatenbank Öffentliche Hand der PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH, Internetrecherche am 14. 08. 2018
Zurück zum Zitat Schäfer, M.: Breitbandversorgung – inzwischen (fast) so wichtig wie frisches Wasser. Unternehmerin Kommune, Berlin (Juni 2016) Schäfer, M.: Breitbandversorgung – inzwischen (fast) so wichtig wie frisches Wasser. Unternehmerin Kommune, Berlin (Juni 2016)
Zurück zum Zitat Schäfer, M.: Kommunalwirtschaft. Eine gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche Analyse. Springer Gabler, Wiesbaden (2014) Schäfer, M.: Kommunalwirtschaft. Eine gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche Analyse. Springer Gabler, Wiesbaden (2014)
Zurück zum Zitat Schäfer, M., Otto, S.-J.: Das kommunale Nagelstudio. Springer Fachmedien, Wiesbaden (2016)CrossRef Schäfer, M., Otto, S.-J.: Das kommunale Nagelstudio. Springer Fachmedien, Wiesbaden (2016)CrossRef
Metadaten
Titel
ÖPP-Felder – Versuch einer Kategorisierung
verfasst von
Michael Schäfer
Copyright-Jahr
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-28273-8_4

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