Strategische Innovationen

In zunehmendem Maße entdecken Unternehmer und Politiker, dass Innovationen die Quellen für zukünftigen Wohlstand sind. Innovationen werden mittlerweile auch als Lösung für alle Probleme präsentiert. Und jeder weiß natürlich, was Innovationen sind, aber was sind Innovationen denn eigentlich

Strategische Innovationen sind die Quelle der zukünftigen Gewinnströme. Ohne diese innovativen Aktivitäten sind Unternehmen nicht imstande, Wettbewerbsvorteile zu schaffen und in der Marktwirtschaft zu überleben. Heutzutage wird Innovation meistens als etwas Technisches oder F&E-bezogenes interpretiert. Das Gegenteil ist aber wahr. Die Kreation von Mehrwert oder eines Wettbewerbsvorteils ist nicht ausschließlich abhängig von neuen technischen Produkten oder Verfahren. Andere Quellen der Erneuerung sind zum Beispiel neue Märkte, neue Organisationsformen und neue Distributionsformen.¹ Diese Arten von Erneuerungen haben das Potenzial, in jeder Branche und jedem geografischen Markt neue Wettbewerbs- bzw. Marktsituationen und auch Mehrwert zu schaffen. Aus diesem Grund werden diese Formen von Erneuerungen in diesem Buch mit dem Begriff „strategische Innovationen“ bezeichnet. Die strategischen Innovationen repräsentieren die Erneuerung der Marktwirtschaft über den gesamten Zeitraum.

In diesem Kapitel wird die Geschäftsmodellinnovation erläutert, wobei die Perspektive des einzelnen Unternehmens im Vordergrund steht.

Inversionen sind Umkehrungen von existierenden Managementauffassungen. Die Marktgeschichte ist übersät mit Inversionen, manche davon waren so durchgreifend, dass sie die Welt, in der wir leben, für immer verändert haben. Man denke dabei z. B. an die Dampfschiffe, die den Transport von den Wetterverhältnissen unabhängig machten und auch einen festen An- und Abfahrtsplan ermöglichten. Die Erfindung des Automobils ersetzte die Kutsche und die tierische Kraft durch eine Maschine. Der Personal Computer ersetzte das Bedürfnis nach zentraler Datenverarbeitung und erlaubte den Menschen, die Informationen am eigenen Schreibtisch zu verarbeiten. Der Laptop ermöglichte danach die mobile Verarbeitung, unabhängig von einem Standort. Das Fließband revolutionierte den Produktionsprozess und invertierte die Nachfrage an geschulten Mitarbeitern in ungeschulte Mitarbeiter. Das Handy machte das Telefonieren von einem Festanschluss unabhängig.

In der Marktwirtschaft und insbesondere bei strategischer Innovation ist das Lösen von Paradoxien ein immanenter Teil der Entscheidungsfindung. Paradoxien entstehen aufgrund der Marktdynamik. Bestehende Strukturen, Verhalten und Vorgehensweisen müssen angepasst oder erneuert werden. Die Erneuerung ist eine Aufgabe des Top-Managements, da die Paradoxlösungen strategische Erneuerungen beinhalten.

Was bis jetzt über strategische Innovation dargestellt wurde, hat mehr mit der kreativen Schaffung einer neuen Wirtschaftswelt und eines neuen Unternehmens der Zukunft zu tun als mit den Finanzen. Bei Kreativität denkt man nicht gleich an die wirtschaftlichen Aspekte. Trotzdem geht nichts ohne Geld als Maßstab, und daher wird in diesem Kapitel der wirtschaftliche Motor der strategischen Innovationen erläutert.

Warum sollen der Vorstand, der Geschäftsführer, der leitende Angestellte, der Mitarbeiter, der Beamte, der Wissenschaftler und jeder andere Leser dieses Kapitel lesen? Ist es nicht viel zu philosophisch? Die meisten unter uns sind doch Praktiker? Ist es nicht viel zu weit weg von den Managementproblemen, die zu lösen sind? Wird der Aktienkurs mit den Erkenntnissen aus diesem Kapitel steigen? Warum ist Zeit so wichtig, und wieso sind angeblich Zeitdimensionen so großartig? Viele berechtigte Fragen. Antworten gibt es aber auch, und zwar eindeutige.

Unternehmen wachsen und werden einzigartig mithilfe strategischer Innovationen. In den vorherigen Kapiteln wurde gezeigt, welche kreativen, inhaltlichen, wirtschaftlichen und zeitlichen Aspekte bei den strategischen Innovationen eine Rolle spielen. Es war möglich, einige generelle Regeln aufzustellen, aber Innovationen werden nie gänzlich voraussagbar sein, sonst sind es keine Innovationen mehr. Die Anzahl und die Vielfalt an Möglichkeiten sind einfach viel zu groß. Aber dieser Ozean an neuen Möglichkeiten birgt gleichzeitig die gute Nachricht. Durch das Potenzial an unzähligen Möglichkeiten kann jedes Unternehmen seine eigenen Kombinationen kreieren und so Einzigartigkeit erreichen.

Jedes Unternehmen ist in der Lage, strategische Innovationen zu kreieren. Die Schaffung von strategischen Innovationen ist jedoch für die meisten Unternehmen kein Routinevorgang. Trotzdem sollten die innovativen Aktivitäten in die Unternehmen integriert werden, damit die Zukunftsgestaltung so viel wie möglich in eigener Regie gehalten wird. Dazu ist es erforderlich, alle Aktivitäten in einer umfassenden Vorgehensweise zu koordinieren. Dazu wird eine solche Methodologie — der strategische Innovationszyklus — präsentiert und erläutert. Der strategische Innovationszyklus ermöglicht es jedem Unternehmen, auf eine systematische Weise die strategischen Innovationen selbst zu schaffen und eine einzigartige Position zu erreichen. Er ist ein Instrument, womit Schritt für Schritt alle Themen aus den vorigen Kapiteln in der Praxis umgesetzt werden können. Dieses Instrument wird seit vielen Jahren in unterschiedlichen Branchen und Firmengrößen eingesetzt.

Nur Religionen und Politiker versprechen eine bessere Zukunft. Die Privatwirtschaft muss es aber immer wieder beweisen. Deshalb ist die Kreation der eigenen Zukunft die herausforderndste und aufregendste Aufgabe in der Marktwirtschaft. Die Zielsetzung der Lissabon-Strategie verlangt ein solches Verhalten. Bis zum Jahre 1500 war Europa höchstens gleichwertig zu anderen Wirtschaftsregionen in der Welt zu sehen. Bis dahin spielte China in der Weltwirtschaft tausende Jahre lang eine wirtschaftlich herausragende Rolle. Die Erfolge und Hegemonie in den letzten Jahrhunderten von verschiedenen europäischen Ländern, den USA und Japan, drohen nur ein kurzes Intermezzo zu werden, wenn nicht die schöpferischen und unternehmerischen Kräfte mobilisiert werden. Daher wird das Gestalten der eigenen Zukunft wichtiger denn je. Die Marktwirtschaft ist in den wichtigsten und aussichtsreichsten Regionen der Welt das dominante Koordinationssystem der unternehmerischen Aktivitäten geworden. Daher ist es die Kernaufgabe der Geschäftsführungen, strategische Innovationen zu schaffen, mit deren Hilfe die eigene Zukunft gestaltet werden kann. Für Mitarbeiter ist nichts mehr motivierend, als zur Gestaltung der eigenen Zukunft beitragen zu können.