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01.09.2023 | Metalle | Gastbeitrag | Online-Artikel

Aluminium eröffnet Zerspanern neue Chancen

verfasst von: Jürgen Rainer Hirsch, Manfred Weigand

4:30 Min. Lesedauer

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Der Einsatz von Aluminium steigt – nicht nur in den Bereichen Elektromobilität, klassischem Fahrzeugbau, Luft- und Raumfahrt oder Bauwesen. Zerspaner und Werkzeughersteller bieten sich damit neue Chancen.

Aluminium als das dritthäufigste Element in der Erdkruste ist fast unbegrenzt verfügbar und es ist sehr leicht zu recyceln – und das oft ohne Qualitätsverluste. Rund 75 % – circa 750 Millionen t – des jemals produzierten Aluminiums werden heute noch verwendet. Dabei erfordert das Wiederaufschmelzen nur 5 % der Energie im Vergleich zur Neuherstellung. Der Metallverlust dabei ist gering. 

Interessant ist die große Verfügbarkeit des Metalls vor dem Hintergrund seiner hervorragenden Eigenschaften: Aluminium ist sehr leicht – nur ein Drittel der Dichte von Stahl – und als Legierung extrem belastbar und fest. Es lässt sich leicht umformen und verarbeiten, bildet umgehend eine schützende Oxidschicht bei Kratzern und leitet Elektrizität und Wärme. So lässt es sich vielseitig dort einsetzen, wo Gewichtsersparnis, Schutzfunktion, Stabilität und Korrosionsbeständigkeit gefordert sind.

Zahlreiche Anwendungen für Aluminium

Der derzeit stärkste Wachstumsmarkt für den Einsatz von Aluminium ist das Transportsegment, gefolgt vom Bauwesen, von elektrischen Anwendungen und Verpackungen. Aluminium ist das ideale Material, um bei Fahrzeugen das Gewicht deutlich zu reduzieren, ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen. Gegenüber Stahlbauteilen beispielsweise wiegen Aluminiumbauteile meist nur die Hälfte. Zum Einsatz kommt der Werkstoff in unterschiedlichsten Bauteilen, von Karosserie, Heckklappen und Türen über Fahrwerke, Motorblöcke, Zylinderköpfe und Getriebe bis hin zu Felgen. In Elektrofahrzeugen erhöht das leichte Aluminium die Reichweite. Aufgrund seiner guten Wärmeleitfähigkeit kommt das Metall zudem für die Herstellung der Batteriewannen zum Einsatz.

Für jedes Einsatzgebiet die passende Legierung 

Um die unterschiedlichen Anforderungen zu erfüllen, werden Aluminiumlegierungen in der chemischen Zusammensetzung und Verarbeitung an die jeweilige Anwendung angepasst. Die mechanischen Eigenschaften von Al-Legierungen unterscheiden sich deutlich von denen des reinen Aluminiums. Vor allem die Zugfestigkeit und die Dehngrenze werden durch das Zulegieren von Elementen wie Magnesium (Mg), Silizium (Si), Mangan (Mn), Zink (Zn) und Kupfer (Cu) deutlich erhöht – bei der Zugfestigkeit auf Werte von 300 bis 700 mPa.

Die naturharten Al-Mg-Legierungen werden zum Beispiel als Blechform- und Strukturteile im Automobilfahrwerk und in der Rohkarosse sowie in Hochgeschwindigkeitsschiffen eingesetzt. Die wichtigsten Werkstoffe für den allgemeinen Leichtbau, zu denen etwa Blechformteile als Außenteile der Automobilkarosserie zählen, sind die aushärtbaren Al-MgSi-Legierungen. Sie eignen sich auch besonders zur Herstellung komplexer Formen, zum Beispiel für Anwendungen im Bauwesen, in der Elektrotechnik und in vielen alltäglichen Gegenständen sowie auch bei Schienenfahrzeugen wie den ICE 1 bis 3. 

Al-ZnMg-Legierungen ohne Kupfer können gut Energie absorbieren und finden deswegen vermehrt Anwendung bei Crashelementen und Stoßfängern im Automobilbau. Hochfeste Al-Cu- und Al-ZnMgCu-Legierungen haben wegen der hohen Anforderungen an Materialqualität, Konstruktion und Verarbeitung ihre Einsatzgebiete beim Bau von Luft- und Raumfahrzeugen, aber auch im Werkzeug- und Formenbau sowie bei der Fertigung von Verbindungselementen wie Schrauben und Nieten. 

Zerspanung von Aluminium für hohe Qualität

Dass Aluminiumgusslegierungen sehr gut gießbar sind, ist ein weiterer Grund für den häufigen Einsatz des Materials im Leichtbau. Dabei werden etwa 80 % aller Aluminiumgussteile in Deutschland aus recyceltem Aluminium hergestellt. Der Werkstoff erfüllt hohe Anforderungen an Festigkeit und Zähigkeit, etwa für Sicherheitsteile im Fahrzeugbau. Besonders wichtig ist dabei der Siliziumanteil (Si) in der Legierung, der für hohe Fließ- und Formfüllungseigenschaften sorgt. 

Oft müssen Gussteile allerdings mittels Zerspanoperationen nachbearbeitet werden, um die Passgenauigkeit zu verbessern. Grundsätzlich kann Aluminium dabei mit allen spanenden Verfahren bearbeitet werden. Das ist vor allem beim Flugzeugbau von entscheidender Bedeutung. Hier gelten aus sicherheitstechnischen Gründen verständlicherweise sehr hohe Anforderungen an die Bauteile. Deswegen werden oftmals kleinere Bauteile nicht einfach durch Schweißen verbunden, sondern es wird das komplette Bauteil aus den Vollen gefräst. Auch Handyschalen bestehen aus den traditionellen Flugzeuglegierungen und werden mittels Fräsen hergestellt. Denn hier sind für eine perfekte Haptik sehr glatte Oberflächen gefordert. Das ist in dieser Güte nur mit Zerspanung möglich. 

Aber was gilt es bei der Zerspanung von Aluminium zu beachten? 

Mit sehr scharfen Schneiden ist Aluminium prinzipiell gut zerspanbar, es neigt aber zu Aufbauschneiden. Zudem bedingen unterschiedliche Legierungsbestandteile auch andere Beschichtungsspezifikationen. So ist zum Beispiel eine Aluminiumlegierung mit Silizium besser zerspanbar als eine mit Lithium. Das erfordert spezielle Lösungen, wobei neben der Werkzeuggeometrie und der Bearbeitungsstrategie auch die Werkzeugbeschichtung stark von der jeweiligen Anwendung abhängt.

Beim Beschichter CemeCon machen dabei Schichtwerkstoffe die Basis und 50 % einer Beschichtung aus. Die andere Hälfte setzt sich aus Faktoren wie Schichtdicke, Toleranz, Vorbehandlung und Finishing zusammen. Solche abgestimmten Lösungen sollen dann für hohe Standzeiten, hervorragende Bearbeitungsergebnisse und eine wirtschaftliche Fertigung sorgen. 
Beschichtungen auf Basis von TiB2 werden wegen der geringen Affinität zu Nichteisenmetallen und der hohen Härte schon lange bei der Zerspanung von Aluminium, Kupfer und Titan eingesetzt. Mit dem HiPIMS-Verfahren – der Weiterentwicklung des Sputterns – wurde die Performance hinsichtlich Schichthaftung, Dichte und Härte noch weiter gesteigert. 

Entscheidend, um die scharfen Schneidkanten zu erhalten, sind dabei die minimalen Schichtdicken von 2 µm und die feine Kristallstruktur. Darüber hinaus schützt der Schichtwerkstoff vor Aufbauschneiden. Die extrem glatte Schichtoberfläche sichert einerseits die optimale Spanabfuhr und reduziert andererseits die Temperatur im Zerspanprozess. Dabei senkt die dichte, geschlossene Schichtstruktur zudem die Diffusion und damit den Verschleiß bei hohen Einsatztemperaturen, wodurch sich die Standzeiten in der Nass- und Trockenbearbeitung erhöhen.

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