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2009 | Buch

Naturnaher Wasserbau

Entwicklung und Gestaltung von Fließgewässern

verfasst von: Heinz Patt, Peter Jürging, Werner Kraus

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Technik und Ökologie sind in diesem Werk zum naturnahen Wasserbau gleichwertige Partner. In einer fachübergreifenden Blickweise wendet sich das Fachbuch an die in Wasserwirtschafts- und Naturschutzverwaltungen sowie die in Planungsbüros tätigen Ingenieure, Landespfleger und Biologen sowie an alle, die für Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern zuständig oder daran interessiert sind.

Die drei Autoren beschreiben die Entwicklung der Fließgewässer mit ihren Lebensräumen und erläutern auf dieser Grundlage die Methoden des naturnahen Wasserbaus. Umfassende Hinweise zur aktuellen rechtlichen Situation, zum Planungsablauf und auf neue Aspekte bei der Gewässerunterhaltung sind ebenso enthalten wie hydrologische, hydraulische und morphologisch-sedimentologische Grundlagen. Vorgestellt wird ein geschlossenes Bild für Planung und Durchführung naturnaher Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen an unseren Fließgewässern.

Das Buch enthält zahlreiche erläuternde Abbildungen, Grafiken und abschließend 32 Farbtafeln, um die Grundlagen und die Gestaltungsmöglichkeiten des naturnahen Wasserbaus bei Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern aufzuzeigen.

Die 3. Auflage wurde insbesondere im Hinblick auf die laufenden Arbeiten im Rahmen der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie ergänzt. Dazu gehören u.a. die Arbeiten zur Gewässerstruktur, zu den Fließgewässerlandschaften, die Grundlagen für die Bestandsaufnahme nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie und nicht zuletzt die ersten Schritte bei der Maßnahmenplanung. Änderungen bei den rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes, Hochwasserschutzgesetz) wurden ebenfalls berücksichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Zielsetzung
Zusammenfassung
Für den Naturhaushalt bedeutet jeder menschliche Eingriff eine Veränderung der natürlichen Lebensbedingungen und birgt deshalb die Gefahr der Störung des ökologischen Gleichgewichts in sich. In der Vergangenheit hat die Natur die aufgetretenen Instabilitäten durch ihr Regenerationsvermögen ausgleichen und überdecken können.
2. Rechtlicher Rahmen
Zusammenfassung
Die anthropogenen Nutzungsansprüche an Fließgewässern und Auen und der Flächenbedarf des wirtschaftenden Menschen einerseits und der nachhaltige Schutz der empfindlichen Lebensräume und der zum Hochwasserschutz erforderliche Wasserrückhalt andererseits erfordern ein Abwägen oft gegensätzlicher Interessen. Grundlage der dabei zu treffenden Entscheidungen ist ein umfangreiches rechtliches Regelwerk, das hier in seinen Grundzügen vorgestellt werden soll. Hierbei sollen insbesondere diejenige Rechtsnormen benannt werden, die bei Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern häufig von Bedeutung sind. Die dabei getroffene Auswahl ist mit Sicherheit nicht vollständig.
3. Morphologie der Fließgewässer
Zusammenfassung
Geologische und klimatische Einflussfaktoren im jeweils durchflossenen Naturraum bestimmen die Entwicklung der Fließgewässer. Langfristige Prozesse bilden den Rahmen, in den sich kurzfristige Abläufe einfügen. In einem natürlichen Fließgewässer sind Linienführung und Längsprofil vorwiegend durch das Relief geprägt, während Erosion, Transport und Sedimentation das Gewässerbett formen. Langfristige und kurzfristige Prozesse überlagern sich ständig und finden ihren Ausdruck in der Gewässer- und Auenmorphologie (Bild 3.1).
4. Lebensraum Fließgewässer
Zusammenfassung
Natürliche Gewässer sind mit ihren Lebensräumen und Lebensgemeinschaften vielfältige Ökosysteme. Diese reichen von maritimen Ökosystemen wie Tiefsee-, Schelf-, Brandungs-, Watt- und Brackwasserbereichen über Stillgewässer wie Seen, Weihern, Altgewässern, Hochmoorschlenken und nur zeitweilig wasserführenden Kleingewässern bis hin zu Quellen, Bächen, Flüssen und Strömen. Alle genannten Gewässerlebensräume werden von den unterschiedlichsten physikalischen, chemischen und biotischen Faktoren geprägt. Zu den physikalischen zählen vor allem Wasseraustauschvorgänge, Temperaturund Lichtverhältnisse sowie Substratbeschaffenheit, zu den chemischen die Sauerstoffverhältnisse, anorganische Stoffe, vor allem Nährstoffe, und zu den biotischen Faktoren insbesondere die Nahrungskette. Da die Gewässerlebensräume von unter- schiedlichsten Kombinationen dieser Umweltfaktoren bestimmt werden, gibt es in natürlichen Gewässern eine Vielfalt an spezifischen Gewässerbiotopen und dementsprechend eine unglaubliche Fülle an Lebensgemeinschaften. Die meisten unserer Gewässerlandschaften haben sich durch anthropogene Einflüsse weit von ihrem natürlichen Zustand (s. Kap. 3.4) entfernt. Dementsprechend haben sich ihre Lebensräume und damit auch ihre Lebensgemeinschaften im Laufe der Zeit stark verändert. Um dieser Entwicklung zielführend entgegenwirken zu können, ist das Verständnis um die Vorgänge in natürlichen Gewässern unabdingbare Voraussetzung.
5. Gewässergüte, Gewässerstruktur
Zusammenfassung
Durch anthropogene Eingriffe und Belastungen wurde das Selbstreinigungsvermögen (s. Kap. 4.2.4) der Fließgewässer in vielen Fällen überschritten. Trotz der Fortschritte in der Klärtechnik und des intensiven Baus moderner Kläranlagen, sind einige Gewässer bereichsweise immer noch derart verschmutzt, dass keine Voraussetzungen zur Ansiedlung von Lebewesen vorhanden sind. Da eine naturnahe Gestaltung eines Fließgewässers nur dann sinnvoll ist, wenn die Ge- wässergüte bestimmten Mindestanforderungen genügt, sollen hier die wichtig- sten Methoden zur Beurteilung der Gewässergüte kurz umrissen werden. Als weiteres Qualitätsmerkmal ist in diesem Kapitel die Gewässerstruktur (vormals Gewässerstrukturgüte) enthalten. Unter diesem Begriff ist die Bewertung der vorhandenen Strukturen an den Fließgewässern und ihrer unmittelbaren Umgebung zu verstehen. Die Gewässerstrukturkartierung dient gleichermaßen der Zustandsbeschreibung wie auch der Ableitung von Entwicklungszielen (s. Kap. 9).
6. Hydrologische Grundlagen
Zusammenfassung
Die Hydrologie ist die Wissenschaft vom Wasser, seinen Eigenschaften und seinen Erscheinungsformen auf und unter der Landoberfläche. Der Anwendungsbereich beschränkt sich auf das Festland und die Inseln im Meer (DIN 4049 Teil 1). Dazu gehören die Fließgewässer (Potamologie = Flusskunde) und Seen (Limnologie = Seenkunde). Für die Hydrologie der Fließgewässer wird auch der Begriff „Gewässerkunde“ verwendet. Die Hydrogeologie beschäftigt sich mit dem unterirdischen Wasser (Grundwasser u. a.). Forschungsschwerpunkte sind jeweils die physikalischen, chemischen und biologischen Verhältnisse. Der natürliche Wasserhaushalt eines Einzugsgebietes ist von seinen Hauptparametern Niederschlag, Verdunstung, Versickerung, Abfluss und Rückhalt abhängig. Das Zusammenspiel der einzelnen Größen und deren Anteile am Wasserkreislauf prägen die hydrologischen Parameter. Das hydrologische Messwesen (Hydrometrie) und hydrologische Auswerteverfahren dienen der Beschaffung bzw. Aufbereitung der für wasserbauliche Maßnahmen erforderlichen Bemessungsparameter (u. a. Lecher et al., 2001; Maniak, 1997 und 2001; Bronstert, 2005).
7. Hydraulische Nachweise
Zusammenfassung
Im naturnahen Wasserbau sind hydraulische Nachweise erforderlich, um die vorhandenen Verhältnisse (Ist-Zustand) zu überprüfen, die voraussichtlichen Auswirkungen einer Maßnahme abzuschätzen und eine geeignete Baumethode auswählen zu können. Für die hydraulischen Nachweise werden heute sehr oft EDV-Programme verwendet, deren theoretischen Grundlagen dem Bearbeiter oft nicht bekannt sind. Pausibiliätskontrollen zur Überprüfung der Rechenergebnisse haben deshalb eine besondere Bedeutung. Im Folgenden sollen einige grundlegende Zusammenhänge der Hydraulik erläutert werden, die in Verbindung mit dem naturnahen Wasserbau nützlich sein können.
8. Feststofftransport in Fließgewässern
Zusammenfassung
Die Laufentwicklung eines natürlichen Fließgewässers wird maßgeblich von den Feststofftransportvorgängen geprägt. Das permanente Zusammenspiel von Strömung und Relief, die Wirkungen wechselnder Abflüsse auf Erosion, Transport und Ablagerung sowie die Auswirkungen von Störungen (z. B. durch das Wurzelwerk von Bäumen und Sträuchern) sind die Gründe, warum sich in natürlichen Fließgewässern die vielfältigsten Strukturen ausbilden (ATVDVWK, 2002b). An der Vielzahl empirischer Parameter in den Berechnungsformeln zum Feststofftransport spiegelt sich wieder, dass viele Zusammenhänge immer noch nicht abschließend geklärt sind und wahrscheinlich auch nicht geklärt werden können (Gyr & Hoyer, 2006). Da die Einflussparameter sehr unterschiedlich sind, und sich dazu noch ständig verändern, werden auch zukünftige Formeln nur unter ganz speziellen Voraussetzungen ableitbar sein. Bei allen Betrachtungen zum Feststofftransport sollte man sich daher keine exakten Rechenergebnisse erwarten, sondern vielmehr die grundsätzlichen Zusammenhänge im Auge behalten. Neben den Transportprozessen spielen auch ökotoxikologische Gesichtspunkte eine bedeutende Rolle, da sich viele Schadstoffe mit den Sedimenten abgelagert haben und heute in unseren Flüssen eine erhebliche Altlast darstellen können (BMU, 2003b).
9. Flussgebietsmanagement, Fließgewässerentwicklung
Zusammenfassung
In den letzten Jahren haben zahlreiche neue europäische Richtlinien das wasserwirtschaftliche Handeln geprägt. Dazu zählen u.a. die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) und die Europäische Hochwasserschutzrichtlinie. Im Hinblick auf die Bewirtschaftung der Gewässer („Oberflächenwasserkörper“) und des Grundwassers, ist insbesondere die EG-Wasserrahmenrichtlinie von Bedeutung. Wesentliche Instrumente der Wasserrahmenrichtlinie sind die Bewirtschaftungspläne für Einzugsgebiete (Art. 13 EG-WRRL) und die Maßnahmenprogramme (Art. 11 EG-WRRL) (s. auch Kap. 2.1). Die Europäische Hochwasserschutzrichtlinie wird dazu beitragen, die Flächen in Gewässernähe (im Wesentlichen die „Überschwemmungsgebiete“) für den Wasserrückhalt zu sichern und damit einer für den Abfluss unverträglichen Nutzung zu entziehen. Es ist zu hoffen, dass diese Areale zukünftig für die naturnahe Gestaltung der Fließgewässer, d. h. für eine Verbesserung der Gewässerstruktur, zur Verfügung stehen werden.
10. Naturnahe Gestaltung
Zusammenfassung
Eines der wichtigsten Ziele des naturnahen Wasserbaus ist es, einem Fließgewässer ausreichend Raum zu überlassen, so dass es sich durch Eigendynamik frei entwickeln kann. Lassen die bestehenden Randbedingungen eine freie Entfaltung nicht zu, muss der Mensch lenkend eingreifen. Der naturnahe Wasserbau bedient sich dabei der eigendynamischen Entwicklung oder solcher Bauweisen und Materialien, wie sie an der Stelle im Gewässer auch natürlich vorkommen könnten.
11. Baumaterialien im naturnahen Wasserbau
Zusammenfassung
Können Fließgewässersysteme in unseren oft dicht besiedelten und genutzten Talräumen nicht ihrer eigendynamischen Gestaltung überlassen werden, so sind sie möglichst naturnah zu sichern. Dabei finden solche Materialien Verwendung, wie sie am jeweiligen Gewässer auch natürlich vorkommen könn- ten. Im naturnahen Wasserbau verwendete Baumaterialien sind in erster Linie Pflanzen, geschüttete oder gesetzte Steine und Holz. In Ausnahmefällen finden für Sonderkonstruktionen auch Metalle in Form von Pfählen und Drahtgeflechten (ggf. auch Spundwände) sowie Geotextilien aus Kunststoffen oder Naturfasern Verwendung. Abdichtende Materialien wie Beton, Asphalt, Kunststofffolien, Pflasterungen u. a. kommen daher für naturnahe Bauweisen im allgemeinen nicht in Betracht.
12. Gewässerunterhaltung
Zusammenfassung
Für die Entwicklung von Fließgewässern spielt die Gewässerunterhaltung eine besondere Rolle, da diese nach Abschluss von Baumaßnahmen den Entwicklungsprozess maßgeblich beeinflussen. Deshalb sollte die Gewässerunterhaltung bereits frühzeitig in die Planung integriert werden. Rechtliche Grundlage der Gewässerunterhaltung ist § 28 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Details und die Abgrenzung zum Ausbau wurden bereits in Kap. 2.4.3 behandelt. Ergänzende Regelungen finden sich im Naturschutzrecht und im Fischereirecht.
Backmatter
Metadaten
Titel
Naturnaher Wasserbau
verfasst von
Heinz Patt
Peter Jürging
Werner Kraus
Copyright-Jahr
2009
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-76981-1
Print ISBN
978-3-540-76979-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-76981-1