2010 | OriginalPaper | Buchkapitel
Pariser Pragmatismus – Französische EU-Vertragsreformpolitik von Amsterdam bis Lissabon
verfasst von : Joachim Schild
Erschienen in: Die Europäische Union nach dem Vertrag von Lissabon
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Im Kontext des Vertragsreformprozesses, den die Europäische Union während der letzten 15 Jahre durchlaufen hat, fiel Frankreich vom Amsterdamer Vertrag bis zum Vertrag von Lissabon eine Schlüsselrolle zu. Zunächst hat Paris als
demandeur
von institutionellen Reformen den Prozess der Umgestaltung des europäischen Primärrechts aktiv vorangetrieben und sich mit den bescheidenen Neuerungen des 1997 unterzeichneten Amsterdamer Vertrags nicht zufrieden geben wollen. Den Vertrag von Nizza verhandelte Paris in der zweiten Jahreshälfte 2000 in der zentralen Rolle der EU-Ratspräsidentschaft, deren Nutzung zur Beförderung nationaler Zielsetzungen – insbesondere bei der Ratsreform – Frankreich erhebliche Kritik seitens der EU-Partner eingebracht hat. Auch im Verfassungskonvent 2002-2003 konnten die Regierungsvertreter Frankreichs, gestützt auf eine enge deutsch-französische Abstimmung, eine herausgehobene Führungsrolle wahrnehmen und den Kern des Verfassungsvertrages – die institutionellen Reformen – deutlich erkennbar im Sinne französischer Präferenzen beeinflussen. Das nachfolgende Scheitern des Verfassungsvertrages ist ganz offenkundig maßgeblich durch Frankreich verursacht, dessen Bevölkerung den Vertrag über eine Verfassung für Europa (VVE) in einem Referendum am 29. Mai 2005 ablehnte.