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2024 | Buch

Rationalität und Egoismus im Recht

Befehl versus Nudging

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Über dieses Buch

Dieses Buch fragt danach, wie Recht und Rechtsprechung, Staats- und Rechtstheorie sowie moderne Verhaltensökonomie die Rationalität und den Egoismus des Menschen begreifen und wie dies die Wahl staatlicher Steuerungsinstrumente beeinflusst. Das scheinbar neuartige Instrument Nudging wird mit Blick auf Umweltschutzinstrumente, die Regulierung des Tabakrauchens und der Organspende in den öffentlich-rechtlichen Handlungsformenkatalog eingeordnet, wobei verfassungsrechtliche Grenzen diskutiert werden. Zielgruppe sind die an der "Metaebene" des Rechts und der Verhaltenssteuerung interessierten Leserinnen und Leser.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Teil I

Frontmatter
1. Der Mensch im Recht und ausgewählten Nachbarwissenschaften
Zusammenfassung
Im ersten Kapitel werden zwei menschliche Attribute – Rationalität und Egoismus – als zwei Stellschrauben staatlicher Verhaltenssteuerung analysiert und entsprechend ihrem Geltungsanspruch und ihrer Funktion eingeordnet: Zunächst wird der Blick auf das Recht selbst und in der Interpretation der Rechtsprechung des BVerfG und des EuGH gerichtet. Danach erfolgt eine Untersuchung der rechtstheoretischen Entwürfe von Thomas Hobbes, des Utilitarismus und der ökonomischen Theorie des Rechts, die den Erkenntnissen der modernen Verhaltensforschung gegenübergestellt werden. Es ergibt sich zwar ein nach utilitaristischer Überzeugung dominierendes rational-egoistisches Motiv, das ein von Befehl und Gehorsam bestimmtes Staats- und Rechtsverständnis nach sich zieht. Nicht erst durch die Erkenntnisse der modernen Verhaltensforschung muss dieses jedoch korrigiert werden. Denn spätestens die wissenschaftlich ermittelten Wahrnehmungsverzerrungen (sog. Biases) zeigen, dass der Mensch anders handelt als der Prototyp des „Homo Oeconomicus“. Doch wie sind Status Quo Bias und Co. einzuordnen – als Symptome eines fehlbaren Menschen oder als hilfreiche Daumenregeln für ein kapazitätsgerechtes Handeln?
Jana Maruschke

Teil II

Frontmatter
2. Nudging
Zusammenfassung
Durch den Standpunkt der Verhaltenswissenschaft und kognitiven Psychologie zu „neuem Nachdenken“ über das Verhältnis menschlicher Rationalität und Fehlbarkeit angeregt, wird zugleich eine Debatte über die Eignung verschiedener Steuerungsansätze angestoßen – nicht nur, um neue Erklärungen für die Grenzen konventioneller Politikansätze aufzuzeigen, sondern auch, um die Einführung des scheinbar neuartigen Ansatzes namens Nudging zu rechtfertigen. Um eine unvoreingenommene Annäherung an das Konzept von Nudging zu gewinnen, werden exemplarisch drei Politikfelder vorgestellt: Das Instrumentarium des Umweltschutzes sowie des Gesundheitsschutzes anhand der Regulierung des Tabakkonsums und der Organspende. Die drei Politikfelder werden mithilfe einer induktiven Vorgehensweise auf die wesentlichen Charakteristika von Nudging abgeklopft, was einen Definitionsvorschlag sowie eine in der Wissenschaft noch nicht erfolgte systematische Einordnung von Nudging in die Handlungsformenlehre des Verfassungs- bzw. Verwaltungsrechts ermöglicht. Das bietet Gelegenheit, die tatsächliche Neuheit des Steuerungsinstruments zu bewerten. Ebenso werden einzelne verfassungsrechtliche Fragen beleuchtet.
Jana Maruschke
3. Fazit
Zusammenfassung
Die Hoffnung, dass sich innovative Steuerungsideen unter dem Begriff Nudging verbergen, hat sich nur teilweise erfüllt. Genauso wenig ist die Befürchtung eingetreten, es käme mit Nudging ein Steuerungsinstrument auf den Plan, das besondere rechtliche oder ethische Risiken mit sich bringt. Nichts Neues, aber auch nichts Schädliches – dies steht für den Großteil der untersuchten Anschauungsbeispiele als Fazit. Die Debatte veranschaulicht aber, dass es angezeigt ist, sich bei staatlichem Informationshandeln der verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Dualität der Denkprozesse zu vergewissern und mithilfe von Debiasing und Framing die ermittelten Wahrnehmungsverzerrungen wie die Status Quo Bias, die Representative Heuristic, die Ankerheuristik oder die Optimismus-Verzerrung abzumildern. Dies fördert die Entscheidungsfreiheit des Effekt-Adressaten und ist verfassungsrechtlich eher zu befürworten als zu beanstanden. Anders sieht es bei den selteneren Steuerungsinstrumenten aus, die das reflektierende Denksystem vollständig umgehen und verdeckt, manipulativ und damit verfassungsrechtlich unzulässig operieren.
Jana Maruschke
Backmatter
Metadaten
Titel
Rationalität und Egoismus im Recht
verfasst von
Jana Maruschke
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-43825-8
Print ISBN
978-3-658-43824-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-43825-8

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