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2016 | Buch

Religionspolitik und Politik der Religionen in Deutschland

Fallstudien und Vergleiche

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Über dieses Buch

Dieser Band beschäftigt sich mit einem zunehmend wichtigeren Bereich der politischen Auseinandersetzung in Deutschland: der Religionspolitik. Nicht nur Demonstrationen mit religions- bzw. islamkritischem Inhalt, sondern auch vielfältige Themen politischer Entscheidung von der Religionsfreiheit und staatlichen Regulierung von Religion bis hin zu Biopolitik, Sterbehilfe und Lebensschutz zeigen die Bedeutung religiöser wie auch säkular geprägter Positionen in öffentlichen Diskussionen und politischen Streitthemen. Anders als erwartet hat die Säkularisierung in Deutschland nicht zu einem Verschwinden von Debatten über Religion geführt. Im Gegenteil kann unter Bedingungen religiöser Pluralisierung sogar von einer neuen, für manche überraschenden Bedeutung religionspolitischer Diskurse gesprochen werden.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Politik der Religionen in der postsäkularen Gesellschaft

Frontmatter
Religionspolitik in Deutschland – ein Politikbereich gewinnt neue Konturen
Einleitung
Zusammenfassung
Wer gegenwärtig die Zeitungen aufschlägt, das Fernsehgerät anschaltet oder sich im Internet informiert, der wird immer öfter mit Bildern, Aussagen und Fragen konfrontiert, die den Zusammenhang von Religion und Politik problematisieren. Derzeit wird nicht nur das Verhältnis zwischen Politik und Religion im Sinne einer konfliktreichen Verbindung im weltpolitischen Geschehen verhandelt, sondern zunehmend auch die Frage nach der Art des Trennungsverhältnisses zwischen Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften in westlichen Demokratien und speziell in der Bundesrepublik Deutschland thematisiert.
Antonius Liedhegener, Gert Pickel
Religionspolitisch relevante Theoriedebatten in Deutschland – eine vorläufige Skizze
Zusammenfassung
Versucht man gegenwärtig, das komplexe Feld der Religionspolitik theoretisch zu erschließen, fällt zuallererst auf, dass die einschlägige Debatte in der Hauptsache implizit ausgetragen wird. Die gerade in Deutschland mittlerweile populäre Rede von der „Rückkehr“ der Religionen (Riesebrodt 2001) bzw. der „Götter“ (Graf 2004; Beck 2008, Kap. II) hatte ja in erster Linie vor Augen, dass aus religiösen Gewissheiten und Offenbarungsansprüchen nicht selten Intoleranz, Mord und Terror erwachsen.
Oliver Hidalgo

Deutsche Religionspolitik im europäischen Vergleich

Frontmatter
Postsäkulares Parlament
Der Deutsche Bundestag als postsäkularer Ort
Zusammenfassung
Die sechzehnte Legislaturperiode des Deutschen Bundestags schloss 2009 mit einem kleinen liturgischen Experiment. Durchgeführt wurde es von den Prälaten Karl Jüsten und Bernhard Felmberg, die Patrick Schwarz als „Hauspastoren der Berliner Republik“ vorstellt. Die beiden Prälaten boten etwas an, was der säkulare parlamentarische Betrieb nicht vorsieht: ein Abschiedsritual für ausscheidende Parlamentarier.
Mariano Barbato
Ist der Katholizismus noch entscheidend?
Eine Analyse des Abstimmungsverhaltens im Deutschen Bundestag zum Embryonenschutz
Zusammenfassung
In den letzten Jahren ist der Deutsche Bundestag immer mehr mit der Aufgabe konfrontiert worden, sich mit biomedizinischen Themen auseinanderzusetzen und die Handlungsspielräume von Forschung und Ärzteschaft zu regulieren. Dabei handelt es sich weniger um sachpolitische Entscheidungen, sondern es gilt vielmehr zu klären, inwieweit der Mensch manipulativ und selektiv in das menschliche Leben eingreifen darf. Um diese moralische Problemstellung zu lösen, greifen Bundestagsabgeordnete unter anderem auf religiöse Moralnormen zurück, wie den christlichen Wert, die Schöpfung Gottes zu bewahren.
Caroline Preidel
Religion im moralpolitischen Diskurs
Position und Einfluss der Kirchen in der deutschen Debatte um die embryonale Stammzellforschung
Zusammenfassung
Als eine „neue Form der Barbarei“ verurteilte der Kölner Erzbischof Kardinal Meissner die Entscheidung des Bundestages von 2002, welche die humane embryonale Stammzellforschung in Deutschland ermöglichte (Schwägerl 2002a, S. 1). Als „menschenfreundliche Innovation“ begrüßte der CDU-Bundestagsabgeordnete Hintze hingegen die Forschung. Sie ermögliche die Erfüllung des biblischen Auftrags der Heilung (Schwägerl 2002b, S. 3). Diese Äußerungen am Ende einer umfangreichen und kontrovers geführten Debatte um die Regulierung der deutschen Stammzellforschung stehen beispielhaft für die grund- wie gegensätzlichen Wertevorstellungen, die hier aufeinandertrafen.
Kerstin Nebel
Außen religiös, innen säkular?
Zum Zusammenhang zwischen Säkularisierungsgrad und Einstellungen zu politischem Einfluss religiöser Gruppen
Zusammenfassung
Religion und Politik können auf unterschiedliche Art und Weise miteinander verquickt sein. Zum einen kann von politischer Seite aus versucht werden, die religiöse Seite zu beeinflussen. Zum anderen können religiöse Gruppen ihrerseits versuchen, Einfluss auf die Politik auszuüben.
Hendrik Lange
Die Europäisierung der Religionspolitik und ihre Folgen für die Kirchen und deren Europaverständnis
Zusammenfassung
Seit dem Vertrag von Maastricht wird die Frage der Anerkennung von Religionen und religiösen Traditionen im öffentlichen Raum zunehmend auch auf europäischer Ebene aufgeworfen. Damit verbunden sind vertikale wie horizontale Wertkonflikte sowie Fragen des Religionsverfassungsrechts, die bis vor zwanzig Jahren fast ausschließlich noch dem nationalen Kontext vorbehalten waren (Liedhegener und Gerstenhauer 2010). Im vorliegenden Beitrag wird die Frage aufgeworfen, ob diese Veränderungen eine Europäisierung der kirchlichen Religionspolitik nach sich ziehen.
Lazaros Miliopoulos

Ausblick

Frontmatter
Nationale Pfadabhängigkeit oder internationale Konvergenz?
Eine quantitativ-vergleichende Analyse religionspolitischer Entwicklungen in 31 europäischen Demokratien 1990-2011
Zusammenfassung
Die religionspolitischen Regime Europas befinden sich gegenwärtig unter erheblichem Anpassungsdruck. Vor dem Hintergrund eines wachsenden weltanschaulichen Pluralismus und der einwanderungsbedingten Präsenz religiöser Minderheiten sind politische Konflikte über Status und Rechte religiöser Gruppen, die öffentliche Zurschaustellung religiöser Symbole sowie Religionsunterricht an öffentlichen Bildungseinrichtungen zu zentralen Herausforderungen europäischer Demokratien avanciert (Bader 2007; Casanova 2007; Liedhegener 2008; Minkenberg 2008; Monsma und Soper 2009; Willems und Minkenberg 2003). Trotz ihrer Bedeutung für die Bereiche Immigration und Integration, Sozialpolitik und gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie für Fragen der öffentlichen Sicherheit und des Terrorismus fangen wir erst langsam an zu verstehen, wie die Staaten Europas auf diese Herausforderungen reagieren.
Richard Traunmüller
Säkularisierung und religiöse Pluralisierung als Inkubatoren einer (neuen) Religionspolitik?
Zusammenfassung
In den letzten Jahren hatte eine Vielzahl an öffentlichen Debatten das Spannungsverhältnis zwischen gesellschaftlicher Integration und der Zunahme religiöser Pluralität zum Gegenstand. Häufig wurde in ihnen die Überzeugung geäußert, dass in der religiösen Pluralisierung ein beachtlicher Zündstoff für den zukünftigen Zusammenhalt der deutschen politischen Gemeinschaft liege (siehe besonders plakativ und provokativ: Sarrazin 2010). Als Hauptprobleme für die aufkommenden (kulturellen) Konflikte wurden, je nach normativer und ideologischer Position der gefragten Person oder Gruppe, eine mangelnde Integrationsbereitschaft auf der Seite der neu zur politischen Gemeinschaft hinzugestoßenen Bürger oder eine mangelnde Aufnahmebereitschaft auf der Seite der Integrationsgesellschaft ausgemacht (Pickel 2012, S. 228-231; speziell auch Oberndörfer 2010 und Bielefeldt 2010).
Gert Pickel
Laizismus- und Säkularismusdebatten in den bundesdeutschen Parteien
Zusammenfassung
Der Nachbar der Simpsons, Ned Flanders, bekommt schwere Schuldgefühle, nachdem er Homer Simpson ins Gesicht geschlagen hat. In einem Alptraum wandelt er durch die Hölle, begegnet dort einigen sehr gruseligen Gestalten und steht schließlich vor Satan selbst. Der Dämon hat ein bekanntes Gesicht – das des Evolutionsbiologen Richard Dawkins.
Frank Schenker
Religion in der deutschen Islampolitik – erörtert am Beispiel der Deutschen Islam Konferenz
Zusammenfassung
In den letzten zwanzig Jahren wurde intensiv über eine zunehmende Wahrnehmung von Religion in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit und in akademischen Fachkreisen diskutiert. Der Diskurs wurde sowohl durch die wachsende religiöse Vielfalt sowie durch zahlreiche nationale und internationale religionspolitische Konflikte, als auch durch den international religiös motivierten Terrorismus forciert. Mit diesen gesellschaftspolitischen Phänomenen korrespondieren wissenschaftliche Überlegungen, von denen vor allem die Theorie des Clash of civilizations von Samuel Huntington eine ungeahnte Durchschlagskraft entwickelt hat (Huntington 1996).
Hanna Fülling
Das Feld der „Religionspolitik“ – ein explorativer Vergleich der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz seit 1990
Zusammenfassung
Der religiöse Friede ist ein hohes Gut jeder Gesellschaft. Das gilt auch und gerade für plurale, demokratisch verfasste. Daher sind viele Demokratien Europas nach 1945 dem Vorbild der USA gefolgt und haben die Beziehungen zwischen dem demokratischen Verfassungsstaat und den Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften verrechtlicht und damit dem politischen Wettbewerb entzogen (vgl. Maier 2013; Könemann und Loretan 2009).
Antonius Liedhegener
In welchem Zusammenhang stehen Regelungen im Bereich der Staatsbürgerschaft und Einstellungen gegenüber Muslimen?
Zusammenfassung
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem möglichen Einfluss von Regelungen der Staatsbürgerschaft auf die Haltung gegenüber Muslimen. Dabei wird argumentiert, dass Mehrheitsbevölkerungen dann eher Muslime akzeptieren, wenn diese einfache Möglichkeiten haben, die Staatsbürgerschaft des Landes zu erhalten, in denen sie eine religiöse Minderheit sind. Umgekehrt wird die Hypothese aufgestellt, dass erschwerte Bedingungem, die Staatsangehörigkeit eines Einwanderlandes zu erlangen, mit verstärkter Abwertung von Muslimen einhergehen.
Alexander Yendell

Ausblick

Frontmatter
Islamischer Glaube, Religionspolitik und das „Wir“ der Bundesrepublik Deutschland
Ein Essay in Würdigung der Mahnwache vom 13. Januar 2015 am Brandenburger Tor
Zusammenfassung
Am 13. Januar 2015 versammeln sich schätzungsweise 10.000 Menschen abends am Brandenburger Tor, das in den Farben der französischen Trikolore erleuchtet ist. Der Anlass der Demonstration ist das Gedenken der Opfer der islamistischen Terroranschläge, die die französische Nation und mit ihr die Öffentlichkeit der demokratischen Welt in der Woche zuvor erschüttert haben. Bei den Anschlägen starben 17 Menschen, davon die meisten am 7.
Antonius Liedhegener
Backmatter
Metadaten
Titel
Religionspolitik und Politik der Religionen in Deutschland
herausgegeben von
Antonius Liedhegener
Gert Pickel
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-11821-1
Print ISBN
978-3-658-11820-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-11821-1