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04.07.2010 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Megacity Vehicle: Erstes Großserienauto mit CFK-Fahrgastzelle

verfasst von: Katrin Pudenz

5 Min. Lesedauer

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Mit dem Megacity Vehicle (MCV), das im Jahr 2013 auf den Markt kommen soll, geht die BMW Group neue Wege. Klaus Draeger, Mitglied des Vorstands für Entwicklung erklärte, dass das MCV "das erste Großserienfahrzeug weltweit mit einer Fahrgastzelle aus Carbon" sein wird. Weiter sagte er: "In Kombination mit unserer Life-Drive-Architektur schlagen wir ein neues Kapitel im automobilen Leichtbau auf, denn wir kompensieren damit das für Elektrofahrzeuge typische Mehrgewicht von 250 bis 350 Kilogramm praktisch vollständig." Laut Automobilhersteller erfordert die Elektrifizierung eines Fahrzeugs neue Konzepte in Fahrzeugarchitektur und Karosseriebau, um die Potenziale des neuen, emissionsfreien Antriebs optimal nutzen zu können (Darauf geht ATZonline in einem zweiten Teil ein). Daher orientiert sich das Konzept des MCV am späteren Einsatzzweck und Einsatzgebiet des Fahrzeugs, den urbanen Ballungsräumen. Dabei setzt der Automobilbauer auf den Werkstoff CFK. Es gilt, das Gesamtgewicht eines E-Fahrzeugs von vornherein gering zu halten. Doch der Antriebsstrang beim E-Fahrzeug ist deutlich schwerer als der eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor inklusive vollem Tank. So wiegt der elektrische Antrieb inklusive Batterie ungefähr 100 Kilogramm mehr, was vor allem am Gewicht der Batterie liegt.

Nun besteht das MCV aus zwei horizontal getrennten, unabhängigen Modulen. Das "Drive"-Modul, das Chassis aus Aluminium, bildet das stabile Fundament und integriert Batterie, Antrieb sowie Struktur- und Basiscrash-Funktionen in einer Struktur. Der Gegenpart, das "Life"-Modul, besteht hauptsächlich aus einer hochfesten und leichten Fahrgastzelle aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK). Zusammen ergeben die Module das Life-Drive-Konzept,

Das Drive-Modul vereint auf der Basis eines leichten und stabilen Strukturträgers aus Aluminium mehrere Funktionen in sich: Es ist Grundkarosserie mit Fahrwerk, Crash-Element, Energiespeicher und Antriebseinheit. Mit rund 250 Kilogramm und Ausmaßen ähnlich denen einer Kindermatratze ist der Energiespeicher treibendes Element für das Design des Drive-Moduls. Bei der Konzeption galt es daher zunächst, die Batterie betriebs- und crashsicher in die Fahrzeugstruktur zu integrieren. Daher teile sich das Drive-Modul in drei Bereiche. Der mittlere Teil beherbergt die Batterie und umgibt sie sicher mit kräftigen Aluminiumprofilen. Die zwei crashaktiven Strukturen in Vorder- und Hinterwagen sorgen für die Knautschzone im Falle eines Front- oder Heckaufpralls. Auf dem Drive-Modul befinden sich zudem die Komponenten der elektrischen Antriebseinheit sowie zahlreiche Fahrwerkskomponenten.

Das Life-Modul, die Fahrgastzelle, wird auf die Trägerstruktur des Drive-Moduls aufgesetzt. Hauptsächlich besteht das Modul aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK). Bisher schien die großflächige Verwendung von CFK noch zu teuer, die Verarbeitung und Fertigung noch nicht flexibel genug, so BMW. Doch nach über zehn Jahren Forschungsarbeit und Optimierung der Prozesse verfügt das Unternehmen aus Bayern nach eignen Angaben als einziger Automobilhersteller über die erforderliche Fertigungserfahrung, um CFK in der Großserienproduktion einzusetzen. CFK besitzt gegenüber Stahl viele Vorteile: Er ist stabil und gleichzeitig leicht. So ist er bei mindestens gleicher Festigkeit ungefähr 50 Prozent leichter als Stahl. Aluminium dagegen würde gegenüber Stahl 30 Prozent Gewicht einsparen. Damit ist CFK das leichteste Material, das sich ohne Sicherheitseinbußen im Karosseriebau einsetzen lässt.

Durch den großflächigen Einsatz des Werkstoffs wird das Life-Modul leicht und ermöglicht eine höhere Reichweite bei gleichzeitig besseren Fahrleistungen. Zudem profitiert das Fahrverhalten. Die hohe Steifigkeit des Materials macht das Fahrerlebnis direkter, auch schnelle Lenkbewegungen werden verlustfrei umgesetzt. Das Modul ermöglicht es außerdem, den Innenraum eines Fahrzeugs neu zu begreifen und zu gestalten. Aufgrund der Integration aller Antriebskomponenten ins Drive-Modul entfällt der bisher notwendige und platzraubende Kardantunnel im Innenraum, durch den bisher die Kraft des Motors an die Hinterräder weitergeleitet wurde. Damit bietet das MCV bei gleichem Radstand deutlich mehr Raum für die Insassen. Diese Struktur ermöglicht zudem die Integration neuer Funktionalitäten, erlaubt neue Freiheitsgrade in der Architektur und damit die Chance, den Innenraum optimal an die Bedürfnisse von Mobilität in der Stadt anpassen zu können.

Auch die Sicherheit der Passagiere spielte eine Rolle bei der Entwicklung des Life-Drive-Konzepts. Durch die Eigenschaft, bei hoher Festigkeit ein enormes Maß an Energie aufnehmen zu können, ist CFK sehr schadenstolerant. Selbst bei hohen Aufprallgeschwindigkeiten verformt er sich kaum. Damit sorgt das extrem steife Material, ähnlich wie in einem Formel-1-Cockpit, für einen äußerst stabilen (Über-)Lebensraum. Zudem bleibt die Karosserie bei einem Front- oder Heckaufprall intakt und die Türen öffnen auch nach dem Crash problemlos. Zudem zeigt sich das Sicherheitsverhalten von CFK bei Pfahlcrashs und Seitenaufprallszenarien. Trotz der großen, teilweise punktuell einwirkenden Kräfte dellt das Material kaum ein. Damit ist CFK prädestiniert für den Einsatz im Seitenbereich des Fahrzeugs.

Auch das neue Drive-Modul wurde gezielt auf die Crash-Anforderungen hin konzipiert. Für zusätzliche Sicherheit sorgen hier crashaktive Strukturen aus Aluminium an Vorder- und Hinterwagen. Sie nehmen bei einem Front- oder Heckaufprall einen Großteil der einwirkenden Energie auf. Zum bestmöglichen Schutz der Batterie ist diese im Unterboden untergebracht. Statistisch gesehen muss ein Fahrzeug im Crash-Fall dort am wenigsten Energie aufnehmen und verformt sich in diesem Bereich entsprechend kaum. Zudem erreichen die Entwickler durch die Position der Batterie im Unterboden einen optimal niedrigen Schwerpunkt, der das Fahrzeug agil und überschlagsicher macht. Bei einem Seitenaufprall profitiert die Batterie zudem von den Crash-Eigenschaften des Life-Moduls. Dort wird bereits die gesamte Energie aufgefangen und dringt nicht bis zum Energiespeicher vor. Durch den eingesetzten Materialmix aus Aluminium im Drive-Modul und CFK im Life-Modul ist die Batterie auch im Schwellerbereich bestmöglich geschützt.

Das MCV wird des Weiteren das erste Serienfahrzeug des Unternehmens mit emissionsfreiem Elektroantrieb sein. Entwickelt wird der E-Motor vom Automobilhersteller aus Bayern selbst. Dazu gehören nach Angaben des Unternehmens sowohl die E-Maschine, die Leistungselektronik als auch das Batteriesystem. Dazu lesen Sie aber mehr in unserem zweiten Teil: Megacity Vehicle wird erstes BMW Serienfahrzeug mit emissionsfreiem E-Antrieb.

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