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21.01.2014 | Bankvertrieb | Interview | Online-Artikel

"Crowdinvesting ist als Idee genial"

verfasst von: Bianca Baulig

5 Min. Lesedauer

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Für Gründer kann die Finanzierung schwierig sein. Welche Finanzierungsmöglichkeiten es für Start-ups gibt und wie Kreditinstitute dabei unterstützen können, beschreibt Springer-Autor Christopher Hahn im Interview mit Springer für Professionals.

Springer für Professionals: Banken sind aufgrund interner Risikogesichtspunkte und der gesetzlichen Vorgaben an die Eigenkapitalausstattung häufig die Hände gebunden, wenn es um die Ausstattung von Jung-Unternehmern mit Fremdkapital geht. Wie können Banken dennoch bei der Finanzierung von Start-ups mitwirken?

Christopher Hahn: Banken dienen einerseits als Intermediär bei der Beantragung öffentlicher Fördermittel, deren Programme über eine entsprechende Haftungsfreistellung der kreditgewährenden Bank die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens ersetzen. Darüber hinaus haben mittlerweile zahlreiche Banken eigene Beteiligungsgesellschaften ausgegründet, die vergleichbar einem Venture Capital-Geber das Start-up mit Risikokapital, also vollhaftendem Eigenkapital, versorgen.

Ein Kapitel Ihres Buches widmen Sie dem Thema Crowdinvesting. Wie beliebt ist es bei Start-up-Unternehmen und welche Vorteile bringt es?

Crowdinvesting ist als Idee genial. Die Möglichkeit, sprichwörtlich jedermann für sein unternehmerisches Projekt zu begeistern und die Masse der Internetuser, also die Crowd, zur Kapitalbeschaffung heranzuziehen und an einer Unternehmung zu beteiligen, hat riesiges Potenzial. Auch wenn sich die über Crowdinvesting finanzierten Start-ups bislang sehr stark auf Online-Geschäftsmodelle fokussieren, ist diese Finanzierungsform grundsätzlich für jedes Geschäftsmodell geeignet. Daneben dient die Präsentation der Idee auf der jeweiligen Plattform als repräsentatives Instrument der Marktforschung. Schafft es das Unternehmen nicht, genügend Investoren zu mobilisieren, ist dies möglicherweise ein Zeichen für die fehlende Reife oder die unzureichende Entwicklung der Geschäftsidee.

Wie verbreitet ist Crowdinvesting in der Praxis?

Trotz aller Vorteile ist Crowdinvesting bislang nicht bei allen Start-ups durchweg beliebt. Meine Erfahrung zeigt, dass nicht wenige Gründer eine Finanzierung über die Crowd als Finanzierungsmittel zweiter Wahl sehen, über das es sich erst dann ernsthaft nachzudenken lohnt, wenn eine Finanzierung auf anderem Wege aus welchen Gründen auch immer nicht zustande kommt. Dies ist nach meinem Dafürhalten jedoch unberechtigt, da es für weitere Kapitalgeber doch grundsätzlich kein besseres, eine Investmententscheidung positiv beeinflussendes Kriterium geben sollte, als eine bereits erfolgreich zustande gekommene Crowdfinanzierung.

Welche Risiken sollte der junge Unternehmer berücksichtigen, wenn er auf diese Weise Kapitalgeber sucht?

Als Risiko einer Finanzierung über die Crowd wird oft die Problematik einer Anschlussfinanzierung genannt. In aller Regel wird nämlich das über Crowdinvesting eingeworbene Kapital nicht genügen, um das notwendige Folgewachstum des Unternehmens sicherzustellen. Für eine erfolgreiche Anschlussfinanzierung, etwa durch Venture Capital, muss das Unternehmen uneingeschränkt handlungsfähig bleiben und darf dabei nicht auf die Mitwirkung einzelner Crowdinvestoren angewiesen sein. Die Praxis bedient sich hierzu zunächst der rechtlichen Konstruktion über ein so genanntes partiarisches Darlehen. Ein solches vermittelt dem Investor keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an dem finanzierten Start-up, gibt ihm jedoch einen Anspruch auf Rückzahlung des investierten Kapitals sowie unter anderem auf Zahlung eines gewinnabhängigen Bonuszinses, insbesondere im Falle eines Exits. Im letzteren Punkt unterscheidet sich ein partiarisches Darlehen auch von einem klassischen Darlehen, bei dem der Darlehensgeber neben der Rückzahlung allein einen Anspruch auf feste Zinszahlungen unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Darlehensnehmers hat. Dabei fingieren die jeweiligen Verträge schuldrechtlich eine gesellschafterähnliche Stellung des Investors, der rechtlich gesehen ein Darlehensgeber ist. Darüber hinaus sollte das Start-up darauf achten, dass das jeweilige Investingmodell so konstruiert ist, dass die Kapitalgeber ihre Rechte nach außen nur einheitlich über einen Investorenpool ausüben können.

Woran kann ein Kapitalgeber erkennen, ob die Geschäftsidee eines Start-ups erfolgversprechend ist und sich ein Investment lohnt?

Jedes Investment in ein Start-up birgt Risiken. Dem Frühphaseninvestor muss daher klar sein, dass sein investiertes Geld uneingeschränkt Wagniskapital ist. Da bei einem Start-up im Vergleich zu einem bereits längere Zeit auf dem Markt bestehenden Unternehmen fundamentale Unternehmensdaten nicht verfügbar sind, handelt es sich hierbei letztlich immer um eine Bauchentscheidung. Der Investor hat sich dabei vor allem die Frage zu beantworten, ob er dem Team des Start-ups zutraut, die Geschäftsidee zu einem lukrativen Geschäftsmodell umzusetzen. Bestehen nach Lektüre des Businessplans, vor allem der dort hinterlegten Zukunftsprognosen der Gründer im Finanzplan und einem oder mehreren persönlichen Treffen mit dem Gründer auch nur geringe Zweifel, sollte ein Investment unterbleiben – selbst dann, wenn die Idee alleine betrachtet „The Next Big Thing“ sein könnte.

In Ihrem Buch stellen Sie Beispiele für erfolgreiche Start-Up-Unternehmen vor. Wie ist Ihre Einschätzung? Was machen erfolgreiche Start-Up-Unternehmen richtig – gerade auch im Hinblick auf das Thema Beratung?

Erfolgreiche Start-up-Unternehmen beherzigen und forcieren – so trivial dies klingen mag – erstens den Grundsatz, dass Erfolg insgesamt drei Buchstaben hat: T.U.N. Diese „Just do it!“-Mentalität, verbunden mit der Fähigkeit, quer zu denken und insbesondere bewährte, erfolgreiche Geschäftsmodelle auf andere Branchen oder Produkte zu übertragen, ist Basis einer erfolgreichen Geschäftsidee.
Zweitens führt erst die konsequent betriebene Umsetzung der Idee zu einem erfolgreichen Unternehmen. Die Umsetzung ist der entscheidende Faktor, der Gründer zu Unternehmern macht und sie von solchen, die einer unternehmerischen Vision hinterherrennen, bis irgendwann das Kapital aufgebraucht ist und ihnen der Gang zum Insolvenzgericht bevorsteht, unterscheidet. Zur Umsetzung der Idee hin zu einem Unternehmen gehört selbstverständlich auch, alle denkbaren juristischen und administrativen Fallstricke in den jeweiligen Unternehmensphasen zu erkennen und frühzeitig zu beheben. Auch wenn in den frühen Phasen eines Unternehmens die Bereitschaft der Gründer häufig eher gering ist, für qualifizierten Rat zu zahlen, sollten sie stets die Anwaltsweisheit bedenken: Guter Rat ist teuer, schlechter oder gar kein Rat im Ergebnis jedoch noch viel teurer.

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