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17.09.2013 | Erneuerbare Energien | Schwerpunkt | Online-Artikel

Tiefe Geothermie - Systeme, Forschung, Märkte

verfasst von: Sabine Voith

3:30 Min. Lesedauer

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In Indonesien, auf der Insel Sumatra, entsteht ein neues Geothermisches Kraftwerk mit 330 MW Leistung. Baubeginn soll im April 2014 sein. Auch in Deutschland schreitet der Ausbau der Geothermie voran. Forschungsvorhaben im Bereich der Tiefen Geothermie sollen die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerke verbessern.

Systeme der tiefen Geothermie erschließen die geothermische Energie über Tiefbohrungen und nutzen die Energie direkt. Von tiefer Geothermie spricht man bei Tiefen über 1.000 Meter und bei Temperaturen größer als 60 Grad Celsius. Einen Sonderfall stellen Bereiche mit aufsteigenden Thermalwässern dar.

Systeme

Zur tiefen Geothermie gehören folgende Systeme, die durch den Wärmeinhalt, die Enthalpie, definiert werden. Deutschland gehört zu den Niederenthalpiegebieten und steht vor der Herausforderung, Geothermie mit der erforderlichen Bohrtechnik und der Wasserergiebigkeit des Untergrunds wirtschaftlich attraktiv zu halten.

  • Hydrothermale Systeme mit niedriger Enthalpie:
    Sie nutzen überwiegend das im Untergrund vorhandene Wasser. Die gewonnene Energie wird meist direkt in Nah- und Fernwärmenetze gespeist oder für landwirtschaftliche, industrielle oder balneologische Zwecke genutzt.

  • Hydrothermale Systeme mit hoher Enthalpie:
    Sie nutzen Dampf- oder Zweiphasensysteme zur Stromerzeugung.

  • Petrothermale Systeme:
    Sie nutzen die im Gestein gespeicherte Energie. Beispiele sind das Hot-Dry-Rock-Systeme, HDR, oder Enhanced-Geothermal-Systems, EGS. Die Energiegewinnung ist weitgehend unabhängig von Wasser führenden Strukturen. Das heiße Gestein wird als Wärmetauscher genutzt. HDR-Systeme werden primär zur Stromerzeugung eingesetzt. Tiefe Erdwärmesonden, EWS, zählen ebenfalls zu diesen Systemen. Sie nutzen die Energie aus einer beliebigen Gesteinsabfolge mit geschlossenem Kreislauf des Wärmeträgermediums in der Sonde zur Wärmeversorgung.

Ein weiterer Bereich der tiefen Geothermie ist die Nutzung der geothermischen Energie aus Bergwerken, Kavernen, Tunneln sowie die Speicherung von Energie in hydro- oder petrothermalen Systemen. Die Systeme und ihre physikalischen Grundlagen im Detail erklären die Springerautoren Hans-Josef Allelein, Elmar Bollin, Helmut Oehler, Udo Schelling im Buchkapitel "Geothermie".

Forschung

Das Leuchtturmprojekt in Groß Schönebeck erprobt alle geothermischen Teilbereiche. Dazu gehören die Standortsuche, die Reservoirtechnologien oder die Industriekomponenten im Kraftwerk. Das Geothermie-Forschungsprojekt des Geoforschungszentrum Potsdam, GFZ, wurde 2006 erweitert. Ergänzend zu einem bereits bestehenden Bohrloch, wurde ein weiteres in 4.300 Meter abgeteuft. Beide Bohrungen ergeben nun einen Kreislauf, der das heiße Wasser zur Nutzung über Tage verfügbar macht.

Die in 1.200 Metern Tiefe installierte Tiefenpumpe soll das heiße salzhaltige Thermalwasser nach oben befördern. Ein Geothermie-Kraftwerk soll aus dem 150 Grad heißen Wasser elektrische Energie erzeugen. Der produzierte Strom soll in das öffentliche Netz eingespeist werden. Leistungen zwischen 500 Kilowatt und einem Megawatt sind kalkuliert.

2011 wurde am Standort eine Korrosionsteststrecke für Materialuntersuchungen aufgebaut, an der die Wechselwirkungen der hochsalinaren Tiefenwässer mit technischen Systemkomponenten im Kontext mit Korrosion und Scaling untersucht werden. Wärmeübertrager, Rohrleitungen, Pumpen und Armaturen werden hohen Temperatur- und Druckbedingungen sowie hoch salzhaltigen Flüssigkeiten in Groß Schönebeck ausgesetzt. Ziel ist es, die Materialien für den Langzeiteinsatz in geothermischen Anlagen weiter zu qualifizieren. Verfahren, die sich in Groß Schönebeck bewährt haben, sind weltweit auf Regionen mit ähnlicher Geologie übertragbar.

Die TU Clausthal in Celle hat mit der Errichtung eines Drilling Simulators im Mai begonnen. Es ist der weltweit bislang modernste und leistungsfähigste Simulator auf dem Gebiet der tiefen Geothermie. Es sollen technische Verfahren entwickelt werden, die die Wirtschaftlichkeit bei der Erschließung geothermischer Energie verbessern.

Märkte

Die Nutzung der tiefen Geothermie wird in Deutschland weiter ausgebaut. Vergangenes Jahr kamen drei Kraftwerke dazu, eines wurde erweitert. Durch die neuen Kraftwerke steigt die installierte Wärmeleistung um 13,85 Megawatt (MW), die elektrische Leistung um 4,8 MW. Damit waren Stand Juli 2013 22 Kraftwerke in Betrieb, 16 in Bau und 43 weitere in Planung. Geothermie-Kraftwerke liefern derzeit 222,86 MW thermische und 12,51 MW elektrische Leistung.

Die größten Geothermiekraftwerke:

  • Das ältestes Geothermiekraftwerk Europas mit 840 MW in Larderello, Italien,

  • "The Geysers", 725 MW in Kalifornien, USA,

  • "Cerro Prieto", 720 MW auf der Insel Baja California, Mexico,
  • fünf Kraftwerke liefern 700 MW in Tongonan, Phillipinen.

Für Technologien aus Deutschland wird ein Markt in China und Indonesien vorhergesagt, da diese Länder ihre geothermischen Projekte voranbringen möchten. Außerdem hat Indonesien das weltweit größte Potenzial bei der Geothermalenergie dank seiner großen Anzahl an aktiven Vulkanen. Die Potenziale einer geothermischen Wärme- und Stromerzeugung diskutieren die Springerautoren Nils Kock, Sebastian Janczik und Martin Kaltschmitt im Buchkapitel "Nutzung tiefer Geothermie" unter Punkt 10.4.

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