Ökonomische Ungleichheit als Demokratieproblem

Seit Jahrzehnten gewinnen Populisten in den unterschiedlichsten Demokratien rund um den Globus an Zustimmung und setzen etablierte Parteien unter Druck. Da gleichzeitig in vielen betroffenen Ländern die ökonomische Ungleichheit zum Teil deutlich angestiegen ist, liegt die Vermutung nahe, beide Entwicklungen stünden in einem kausalen Zusammenhang zueinander. Mit Blick auf Deutschland bestätigt sich eine solche Kausalbeziehung jedoch nicht. Zum einen weißt die deutsche Verteilungssituation seit 2005 ein hohes Maß an Stabilität auf, der (Rechts-)Populismus hat aber erst in den vergangenen Jahre an politischer Bedeutung und Repräsentation gewonnen. Zum anderen liegt eine auseinanderklaffende Lücke zwischen tatsächlicher und empfundener Ungleichheit vor: Ungleichheit wird zum Teil massiv überschätzt. Gleichzeitig hat sich innerhalb der gesellschaftlichen Mitte eine persistent weltabgewandte und xenophobe Gruppe mit heterogenen Besorgnissen und Präferenzen herausgebildet, die ihr Leben als dezidiert fremd bestimmt empfindet und populistische Parteien und Strömungen unterstützt. Vielmehr als aus genereller Verteilungskritik speist sich diese Stimmung aus einem gegen Zuwanderung gerichteten Wohlfahrtschauvinismus.