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2008 | Buch

Welt im Wandel

Sicherheitsrisiko Klimawandel

verfasst von: Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Welt im Wandel

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Über dieses Buch

Der Klimawandel wird ohne entschiedenes Gegensteuern bereits in den kommenden Jahrzehnten die Anpassungsfähigkeiten vieler Gesellschaften überfordern. Daraus könnten Gewalt und Destabilisierung erwachsen, die die nationale und internationale Sicherheit in einem bisher unbekannten Ausmaß bedrohen. Der Klimawandel könnte die Staatengemeinschaft aber auch zusammenführen, wenn sie ihn als Menschheitsbedrohung versteht und in den kommenden Jahren durch eine energische und weltweit abgestimmte Klimapolitik die Weichen für die Vermeidung eines gefährlichen anthropogenen Klimawandels stellt. Gelingt dies nicht, wird der Klimawandel zunehmend Spaltungs- und Konfliktlinien in der internationalen Politik hervorrufen, weil er vielfältige Verteilungskonflikte in und zwischen Ländern auslöst: Um Wasser, um Land, um die Bewältigung von Flüchtlingsbewegungen oder um Kompensationszahlungen zwischen den wesentlichen Verursachern des Klimawandels und den Ländern, die vor allem von dessen destruktiven Wirkungen betroffen sein werden.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Zusammenfassung für Entscheidungsträger
Auszug
Die zentrale Botschaft der Risikoanalyse des WBGU lautet, dass der Klimawandel ohne entschiedenes Gegensteuern bereitsin denkommenden Jahrzehnten die Anpassungsfähigkeit vieler Gesellschaften über fordern wird. Daraus könnten Gewalt und Destabilisierung erwachsen, die die nationale und internationale Sicherheit in einem erheblichen Ausmaß bedrohen. Der Klimawandel könnte die Staatengemeinschaft aber auch zusammenführen, wenn sie ihn als Menschheitsbedrohung versteht und in den kommenden Jahren durch eine energische und weltweit abgestimmte Klimapolitik die Weichen für die Vermeidung eines gefährlichen anthropogenen Klimawandels stellt. Gelingt dies nicht, wird der Klimawandel zunehmend Spaltungs- und Konfliktlinien in der internationalen Politik hervorrufen, weil er vielfältige Verteilungskonflikte in und zwischen Ländern auslöst: um Wasser, um Land, um die Bewältigung von Flüchtlingsbewegungen oder um Kompensationszahlungen zwischen den wesentlichen Verursachern des Klimawandels und den Ländern, die vor allem von dessen destruktiven Wirkungen betroffen sein werden.
1. Einleitung
Auszug
Der Klimawandel vollzieht sich rasant. Ohne entschiedenes Gegensteuern ist bis zum Jahr 2100 mit einem globalen Temperaturanstieg von 2–7°C gegenüber dem vorindustriellem Niveau zu rechnen. Dadurch werden Wetterextreme wie Starkregen, Dürren, Hitzewellen und schwere Stürme zunehmen. Zudem besteht die Gefahr, dass sich tropische Wirbelstürme verstärken und auch immer häufiger in außertropischen Regionen auftreten. Gleichzeitig steigt der Meeresspiegel weiter an. Diese direkten Wirkungen des Klimawandels werden zukünftig weltweit tiefgreifende Auswirkungen auf Gesellschaften und das Leben der Menschen haben. Bei ungebremstem Klimawandel ist in der Landwirtschaft in vielen Welt regionen, insbesondere in Afrika und in Südasien, mit signifikanten Ertragseinbußen und infolgedessen einer Zunahme von Armut zu rechnen; Dürren werden weltweit für viele Millionen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser erschweren; Extremwetterereignisse werden weiter an Zerstörungskraft gewinnen und könnten, z.B. in Zentralamerika, aber auch den Ostküsten Chinas und Indiens, Regierungen und Gesellschaften vor schwierige Anpassungsprobleme stellen.
2. Umweltveränderungen in der sicherheitspolitischen Debatte
Auszug
In der internationalen Politik wird bereits seit Ende des Kalten Krieges eine konzeptionelle Erweiterung des Sicherheitsbegriffs diskutiert. In diesem Zusammenhang haben auch mögliche Bedrohungen von Sicherheit durch Umweltveränderungen Einzug in die sicherheitspolitische Debatte gehalten. Der WBGU trägt mit dem vorliegenden Hauptgutachten dem Umstand Rechnung, dass der zwischen Umwelt und Sicherheit vermutete Zusammenhang auch in Deutschland und Europa auf zunehmendes Interesse stößt. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die öffentliche Diskussion recht diffus verläuft und auf Grundlage einer dürftigen Faktenlage geführt wird. Der WBGU will mit der Vorlage des Gutachtens eine Versachlichung der Debatte herbeiführen und darüber hinaus eine langfristige Perspektive entwickeln, die über Ad-hoc-Interpretationen aktueller und vergangener „Umweltkonflikte“ hinausreicht.
3. Bekannte Konfliktwirkungen von Umweltveränderungen
Auszug
Die Erforschung der Bedingunen, unter denen miteinander konkurrierende politische Akteure entweder kooperieren oder Konflikte austrage, gehört seit jeher zu den Kernaufgaben der Politikwissenschaft. Im Politikfeld Sicherheit hat sich die Kriegsursachenforschung als wichtiger Forschungsstrang im Grenzbereich der politikwissenschaftlichen Teil disziplinen der vergleichenden Politikanalyse und der internationalen Beziehungen etabliert. Sie beschäftigt sich mit der Frage, welche Faktoren die Entstehung und Verschärfung von Kriegen und bewaffneten Konflikten beeinflussen und unterscheidet dabei zwischen Konflikten innerhalb von Staaten und Gesellschaften einerseits und Konflikten zwischen Staaten andererseits. Die, Kriegsursachenforschung hat umfangreiche Daten darüber zusammengetragen, welche Staaten und Gesellschaften besonders anfällig für bewaffnete Konflikte sind, und kann sich auf eine Reihe empirisch gefestigter Grundannahmen stützen.
4. Steigende Konfliktrisiken durch fragile Staatlichkeit und Wandel der internationalen Ordnung
Auszug
Umweltveränderungen stellen große Herausforderungen an die Problemlösungskapazitäten von Staaten und Gesellschaften. Es muss davon ausgegangen werden, dass alle daraus erwachsenden Sicherheitsbedrohungen durch den globalen Klimawandel spürbar verschärft werden. Noch nie war eine Bevölkerung von mehr als 6 Mrd. Menschen mit einem derart schnell verlaufenden und tiefgreifenden Wandel ihrer natürlichen Umwelt konfrontiert. Der Zusammenhang zwischen stabilen stabilen und effektiven politischen Institutionen und den Risiken des Klimawandels ist daher von großer Bedeutung.
5. Klimawirkungen auf Naturraum und menschliche Nutzung
Auszug
Für die Diskussion der zu erwartenden Klimaänderungen und deren Wirkungen werden als Grundlage zum einen die beobachteten Trends im Zeitraum 1975–2004 genutzt, zum anderen die Ergebnisse einer Reihe von Modellszenarien ausgewertet. Auf dieser Basis werden anschließend Regionen identifiziert, in denen besonders kritische Entwicklungen zu erwarten sind (Kap. 7).
6. Konfliktonstellationen
Auszug
Im Zusammenhang mit Klimaänderungen denkbare Gewaltkonflikte lassen sich zu typischen Konstellationen zusammenfassen, die in vielen Regionen der Welt in ähnlicher Ausprägung auftreten können. Unter solchen Konfliktkonstellationen versteht der WBGU dabei Wirkungszusammenhänge an der Schnittstelle zwischen Umwelt und Gesellschaft, deren Dynamik zu gesellschaftlicher Destabilisierung oder Gewalt führen kann.
7. Brennpunkte des Klimawandels: ausgewählte Regionen
Auszug
Der WBGU identifiziert mit Blick auf die in Kapitel 5 diskutierten Zusammenhänge über die Auswirkungen der Erderwärmung eine Reihe von Regionen, in denen der Klimawandel aufgrund der ökologischen, demographischen oder sozioökonomischen Besonderheiten in den nächsten Jahrzehnten besonders große Herausforderungen mit sich bringen wird. Als Grundlage für die Bewertung der Problemlösungsfähigkeit und Konfliktanfälligkeit in den Regionen dienen dabei die Kapitel, in denen Erkenntnisse der Umweltkonfliktforschung und der Kriegsursachenforschung aufgearbeitet sowie vergangene umweltbezogene Konfliktherde identifiziert (Kap. 3), die Bedeutung fragiler Staatlichkeit und eines sich wandelnden internationalen Systems für Konfliktdynamiken erörtert (Kap. 4) sowie charakteristische, durch den erwarteten Klimawandel geprägte Konfliktkonstellationen erarbeitet wurden (Kap. 6).
8. Klimawandel als Treiber gesellschaftlicher Destabilisierung und Bedrohung internationaler Sicherheit
Auszug
Die Ausführungen in den Kapiteln 5 bis 7 haben gezeigt, dass der Klimawandel weltweit zu Veränderungen der natürlichen Lebensgrundlagen führt. Diese Transformationsprozesse übersetzen sich je nach den spezifischen geographischen und gesellschaftlichen Bedindungen in vier Konfliktkonstellationen, die in Kapitel 6.2–6.5 beschrieben werden.
9. Forschungsempfehlungen
Auszug
In der Klimaforschung gehören wesentliche Grundaussagen zum anthropogenen Klimawandel heute zum gesicherten Wissen. Dazu gehören die Tatsachen, dass der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre stark erhöht, dass dies bereits zu einer deutlichen globalen Erwärmung geführt hat, und dass dies ohne Gegenmaßnahmen künftig zu einer noch stärkeren Erwärmung führen wird. Viele Fragen, insbesondere zu Veränderungen der Niederschlagsverteilung, zu Extremereignissen oder zur regionalen Ausprägung des Klimawandels, sind aber noch unbeantwortet, und verstärkte Anstrengungen in der Grundlagenforschung zum Klimawandel sind notwendig.
10. Handlungsempfehlungen
Auszug
In der Vergangenheit waren durch Umweltveränderungen angestoßene Konflikte lokal begrenzt und beherrschbar. Mit fortschreitendem Klimawandel verändern sich jedoch die Rahmenbedingungen erheblich, weil alle Weltregionen, wenn auch in unterschiedlichem Maß, betroffen sein werden. Versagt die Klimapolitik, kann der Klimawandel zu einem zentralen internationalen Sicherheitsrisiko des 21. Jahrhundert werden. Die Politik muss daher heute Strategien entwickeln, die sich an den folgenden befunden orientieren.
11. Literatur
Backmatter
Metadaten
Titel
Welt im Wandel
verfasst von
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
Copyright-Jahr
2008
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-73248-8
Print ISBN
978-3-540-73247-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-73248-8