Die Praxis bei der Entscheidung über Unternehmensfinanzierungen entspricht häufig nicht mehr den heutigen Anforderungen. Reine Finanzierungs- und Darlehensberechnungen vorzunehmen sowie die Kreditkosten zu ermitteln und diese dann zum Kriterium für die abschließende Entscheidung zu machen, geht weit an dem vorbei, was für eine Finanzierungsentscheidung wirklich erforderlich ist. Die Unternehmensfinanzierung mit langfristigen Darlehen reicht weit in das operative Geschäft hinein. Die hohe Anzahl von Möglichkeiten und Varianten der Finanzierungsgestaltung kann das operative Geschäft belasten oder fördern. Sie kann die Liquidität einengen oder schonen, sie kann unternehmerische Spielräume einschränken oder öffnen. Die Vielzahl der Möglichkeiten und jeweiligen Auswirkungen ist groß. Weil dies so ist, und die Finanzierung elementar in die Unternehmensplanung und -Steuerung eingreift, ist sie gleichzeitig wesentlicher Teil des Risikomanagements.
Die verschiedenen Darlehensarten haben stark voneinander abweichende Konsequenzen auf den Kapitaldienst, also die Zahlungsverpflichtungen durch Zinsen und Tilgung. Damit haben sie gleichzeitig stark voneinander abweichende Auswirkungen auf die Steuerersparnisse und folglich auch auf den Nettoliquiditätsabfluss. Die Auswirkungen des Kapitaldienstes bis hin zum schließlich entscheidenden Nettoliquiditätsabfluss und auch auf den wirtschaftlichen Mindesterfolg haben wir bereits ausführlich beschrieben. Diese Konsequenzen gilt es immer zu bedenken, wenn über eine Finanzierungsgestaltung entschieden werden muss. Nachfolgend werden dazu die einzelnen Darlehensarten charakterisiert.
Die Nettoliquiditätsabflüsse des ersten Jahres sind eingerahmt. Die Einrahmungen machen die Unterschiede zwischen den Darlehensarten und -laufzeiten deutlich. Sämtliche Berechnungen setzen ausgenutzte Freibeträge bei der Gewerbesteuer voraus.
Die Businessplanung steht in direkter Beziehung zur Finanzierungsgestaltung. Denn die Finanzierungsgestaltung legt die grundlegenden finanzwirtschaftlichen Bedingungen fest, die unbedingt erfüllt werden müssen. Das bedeutet: Die Mindestertragskraft (konditionierter Cash Flow), die erwirtschaftet werden muss, wird durch die Festlegung der Finanzierungsgestaltung bestimmt. Das bedeutet weiter: Die Finanzierungsgestaltung legt den erforderlichen Mindestgewinn fest, und damit, welche Mindestumsätze, welche Roherträge (Erlöse minus Wareneinsatz oder Materialaufwand) bzw. welche Betriebsergebnisse erreicht werden müssen. Aus dem Betriebsergebnis müssen danach alle Zinsaufwendungen, alle Zahlungsverpflichtungen aus Steuern vom Gewinn und nicht zuletzt die Tilgung für die aufgenommenen Darlehen gedeckt werden. Hier sei noch einmal darauf hingewiesen: Tilgung ist eine steuerneutrale Ausgabe (und niemals Aufwand). Das heißt, die Tilgung muss aus der Liquidität bezahlt werden, die verfügbar ist, nachdem Gewinne gemacht und Steuern gezahlt wurden.
In den vorigen Kapiteln ist bereits auf die oft unerkannten und versteckten Wechselwirkungen eingegangen worden, die zwischen Finanzierung, Ertragskraft und Liquidität bestehen. Unkenntnis hierüber ist es auch, die zu teuren und zum Teil sogar Existenz bedrohenden Fehlentscheidungen führt.
Zum ersten Mal werden alle Komponenten aus Finanzierung, Ertragskraft und Liquidität miteinander verknüpft und alle vielschichtigen Wechselwirkungen berechnet. Es wird dabei das Verhältnis der Ertragskraft zum zu leistenden Kapitaldienst (Zinsen + Tilgung) errechnet und mit dem Kapitaldienstleistungsgrad® als Kennziffer ausgedrückt. Der Kapitaldienstleistungsgrad® zeigt somit die Fähigkeit der Ertragskraft an, den Kapitaldienst leisten zu können.
Wie Praxis und Untersuchungen von Finanzierungen zeigen, sind diese überwiegend nicht am Kernziel einer möglichst hohen Schonung der Liquidität orientiert. Hauptaugenmerk wird in den meisten Fällen auf den Zinssatz und die Kreditkosten gelegt. Dies sind aber nicht die entscheidenden Kriterien, an denen sich eine gute oder schlechte Finanzierung bemisst. Es ist selbstverständlich, dass die möglichst günstigsten Zinssätze verhandelt werden. Hierauf aber den Fokus zu setzen und die wirklich entscheidenden Aspekte zu vernachlässigen, kann teure Konsequenzen nach sich ziehen.
Der Unterschied zwischen falschen und richtigen Finanzierungen macht nicht selten den Unterschied zwischen existenzieller Bedrohung bis zur Insolvenz und einer gesunden und wirtschaftlich erfreulichen Entwicklung eines Unternehmens aus. Diesem Aspekt kommt folglich eine außerordentlich hohe Bedeutung zu.
Der konditionierte Cash Flow ersetzt die Berechnungen der so genannten Kapitaldienstgrenze und verbessert die damit gewünschte Aussagekraft spürbar. Die Berechnung der Kapitaldienstgrenze ist eine statische Betrachtung die aus der Gewinn- und Verlustrechnung entsteht. Der Ansatz des konditionierten Cash Flow steht entgegengesetzt zur Berechnung des Kapitaldienstgrenze und berücksichtigt darüber hinaus alle sich beständig verändernden variablen Einflussgrößen. Der konditionierte Cash Flow ist damit deutlich aussagekräftiger.
Bonität heißt Kreditwürdigkeit. Kreditwürdigkeit heißt vor allen anderen Dingen, die bestehenden und zukünftigen Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Den Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können jedoch ist kein statischer Aspekt, sondern ein dynamischer Prozess. Das heißt, die zukünftige Zahlungsfähigkeit muss dauerhaft sicher gestellt sein. Dies berechnet der Kapitaldienstleistungsgrad® auf einzigartige Weise.
Der Nutzen und die wirtschaftlichen Vorteile für Unternehmen, Berater und Banken sind in Teilen bereits angesprochen und werden nachfolgend präzisiert.
Die bisher undurchsichtigen und versteckten Wechselbeziehungen und Folgewirkungen sind durch die Berechnungen des Kapitaldienstleistungsgrades® klar und durchschaubar geworden. Vermeintlich kostengünstige Darlehen werden im Licht der „Risiken und Nebenwirkungen“ als wirtschaftliche Kostentreiber entlarvt. Finanzierungsfallen und „Liquiditätsfresser“ werden aufgedeckt. Damit wird die Optimierung der Finanzierungsgestaltung erreicht und so weitestgehend wie möglich den individuellen Bedingungen und Zielen des Kapitalneh-mers angepasst.
Bernd Weinhardt
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Metadaten
Titel
Unternehmensfinanzierung mit dem Kapital-dienstleistungsgrad®