Wie Ihnen aus der Physik und aus der Chemie bekannt ist, können Stoffe im Allgemeinen und Metalle im Besonderen in verschiedenen Aggregatzuständen (fest, flüssig, gasförmig) auftreten. Insbesondere im festen Zustand reicht der Aggregatzustand zur Beschreibung der Struktur des Werkstoffs nicht aus, da unterschiedliche Zustandsformen parallel vorliegen können.Deshalb ist es notwendig, den Begriff der Phase einzuführen. Eine Phase ist eine Zustandsformeines Stoffes, in der Zusammensetzung, Struktur und Eigenschaften eines Stoffes unter Gleichgewichtsbedingungen konstant sind.
Unter thermischer Analyse versteht man einMessverfahren, das aufgrund von Temperatur- Zeit-Verläufen bei der Abkühlung oder Erwärmung Rückschlüsse auf Zustandsänderungen von Metallen/Legierungen erlaubt. Die thermische Analyse ermöglicht das Aufstellen von Zustandsdiagrammen. Am Beispiel des Legierungssystems Pb – Sn, soll gezeigt werden, wie ein Zustandsdiagramm entsteht.
Für das Praktikum sind Vorkenntnisse erforderlich, die mithilfe von Lehrunterlagen oder von
Fachliteratur überprüft werden können. Um Ihnen die Vorbereitung zu erleichtern, wird in
Klammern das betreffende Kapitel ausSeidel,W.W.; Hahn, F.:Werkstofftechnik. – 11. Auflage (2018) – Carl Hanser Verlag München angegeben.
Wie bereits im Kapitel 1 ausgeführt, liegt die Ursache für eine Phasenumwandlung im Bestreben eines Stoffes einen Zustand niedriger freier Enthalpie zu erreichen. Gibt es bei einer bestimmten Temperatur T , einem Druck p und der vorgegebenen Konzentration c einen Zustand, der eine geringere freie Enthalpie aufweist, ist eine Phasenumwandlung möglich.
Am Zweistoffsystem Blei-Zinn soll anhand der Abkühlkurven unterschiedlich zusammengesetzter Legierungen das Zustandsdiagramm des Stoffsystems aufgestellt werden.
8-1 In Punkt 7-1 haben Sie die Kristallgitter von Blei und Zinn ermittelt. Welche Grundtypen der Zweistoffsysteme können Sie für das System Pb – Sn ausschließen? Begründen Sie Ihre Entscheidung!
Zustandssystem: Stoffsystem, in dem sich in Abhängigkeit von den Zustandsgrößen (Druck, Temperatur, chemische Zusammensetzung/Konzentration) eine charakteristische Zustandsform(Phasen, Phasengemische) einstellen.
Der Zugversuch ist eines der wichtigsten Prüfverfahren zur Bestimmung von mechanischen Kennwerten.Mit einem Experiment können Aussagen über die Steifigkeit bei Zugbelastung (Elastizitätsmodul), die Festigkeit (Streckgrenze, Zugfestigkeit) und das Verformungsvermögen (Gleichmaßdehnung, Bruchdehnung und -einschnürung) getroffen werden. Die ermittelten Werkstoffkennwerte dienen zum qualitativen und quantitativen Vergleich verschiedener Werkstoffe/Werkstoffzustände und sind ein wichtiges Hilfsmittel bei der Werkstoffauswahl.
Das Praktikum soll mit dem Prüfablauf beim Zugversuch, mit Probenvorbereitung, Durchführung und Versuchsauswertung sowie mit der Bestimmung von Festigkeits- und Verformungskennwerten vertraut machen. Dafür werden Rund- und Flachzugproben verwendet.
Für das Praktikum sind Vorkenntnisse erforderlich, die mithilfe von Lehrunterlagen oder von Fachliteratur überprüft werden können. Um Ihnen die Vorbereitung zu erleichtern, wird in Klammern das betreffende Kapitel aus
Wird eine zylindrische Probe mit einer Kraft F belastet, führt das zwangsläufig zu einer Verformung. Die Probe verlängert sich um den Betrag ΔL und die Querschnittsfläche nimmt ab (Bild 1). Wird eine zweite Probe aus einem identischen Werkstoff/Werkstoffzustand mit gleicher Länge L0 aber mit einer kleineren Querschnittsfläche mit der gleichen Kraft F belastet, so wird die Verformung deutlich größer ausfallen.
Folgende Geräte und Hilfsmittel werden für die Durchführung und Auswertung des Praktikums benötigt:
Universalprüfmaschine mit Extensometer
Zugproben
geeignete Lehre zurMarkierung der Anfangsmesslänge L0
Messschieber,Messschraube
DIN EN ISO 6892-1
Taschenrechner
Dreieck und Lineal zur Parallelverschiebung
vorbereitete Tabelle zum Erfassen aller wichtigerMesswerte undWerkstoffkennwerte
Arbeitskittel (Baumwolle)
Alle im Praktikum zu prüfenden Proben sind vor dem Zugversuch auf beiden Probenköpfen zu kennzeichnen (Probenbezeichnung und -nummer). Die Anfangsquerschnittsfläche S0 ist zu ermitteln.
Gegeben ist ein Kraft-Verlängerung-Diagrammeiner Rundzugprobe aus dem Baustahl S235J0 mit ausgeprägter Streckgrenzenerscheinung. Vor dem Versuch wurde die Probe ausgemessen, Anfangsmesslänge L0 aufgetragen und die Extensometermesslänge Le festgelegt.
Verantwortlich für die plastische Verformung von metallischenWerkstoffen ist die Versetzungsbewegung. Versetzungen können gleiten und klettern, wenn z. B. durch das Aufbringen einer äußeren Kraft die kritische Schubspannung erreicht wird.
Frank Hahn
Metallographie – Probenpräparation und Lichtmikroskopie
Die Eigenschaften der Werkstoffe werden von der kristallinen Struktur und vom Gefüge geprägt. Während die kristalline Struktur einesMaterials eng mit der chemischen Zusammensetzung und den vorliegenden Zustandsgrößen Druck und Temperatur verbunden ist, wird das Gefüge von den realen Herstellungsbedingungen (z. B. herstellungsbedingte Verunreinigungen, Haltetemperatur und -zeit bei einer Wärmebehandlung, Abkühlverlauf, Umformgrad, Umgebungsmedium) geprägt. Gefüge ist die Beschaffenheit (Zusammenfügung) aller Teilvolumina eines Werkstoffs, die hinsichtlich Zusammensetzung und räumlicher Anordnung seiner Bausteine in erster Näherung homogen sind.
ImPraktikumwerden Sie das Gefüge von unlegierten, gleichgewichtsnah abgekühlten Stahlproben untersuchen. Dabei werden Sie mit den wichtigsten Präparationsschritten zur Herstellung eines metallographischen Schliffs vertraut gemacht. Diese Schritte sind Trennen, Einbetten, Schleifen, Polieren und Ätzen. Aus der Fachliteratur sollen Sie eine geeignete Präparationstechnik für die Stähle entnehmen und während des Praktikums anwenden.
In der Praxis ist es die Regel, dass dieWerkstücke, für deren Gefüge wir uns interessieren, für eine lichtmikroskopische Gefügeuntersuchung viel zu groß sind. Deshalb muss zunächst eine Probe hergestellt werden. Eine Probe ist ein Teil einer Werkstoffmenge oder eines Werkstücks, von dem angenommen wird, dass es die Eigenschaften dieser Menge aufweist. An dieser Probe können also die Eigenschaften des gesamten Werkstoffs untersucht werden. Dafür muss die Probe demWerkstück entnommen und präpariert werden.
In der Praxis ist es die Regel, dass dieWerkstücke, für deren Gefüge wir uns interessieren, für eine lichtmikroskopische Gefügeuntersuchung viel zu groß sind. Deshalb muss zunächst eine Probe hergestellt werden. Eine Probe ist ein Teil einer Werkstoffmenge oder eines Werkstücks, von dem angenommen wird, dass es die Eigenschaften dieser Menge aufweist. An dieser Probe können also die Eigenschaften des gesamten Werkstoffs untersucht werden.
Folgende Geräte und Hilfsmittel werden für die Durchführung und Auswertung des Praktikums
benötigt:
Nasstrennschleifgerät mit geeigneter Trennscheibe (siehe Aufgabenstellung)
Einbettformund Einbettmittel
Schleif- und Poliermaschine mit den entsprechenden Verbrauchsmaterialen zur Herstellung eines metallographischen Schliffs
Ätzschalen und Ätzmittel (z. B. 2 %ige alkoholische Salpetersäure)
Fön und Alkohol zum Trocknen der Proben nach der Reinigung
Auflichtmikroskop mit Digitalkamera
Bildverarbeitungs- und -archivierungssystem
Schutzbrille
Arbeitskittel (Baumwolle), Gummihandschuhe
Funktionsweise des Auflichtmikroskops
Machen Sie sich zunächst ohne Probe mit dem Auflichtmikroskop vertraut. Lassen Sie sich vom Praktikumsleiter den Aufbau erklären bzw. machen Sie sich mit der Bedienungsanleitung desMikroskops vertraut. Für die Grundeinstellung desMikroskops und für dasMikroskopieren benötigen Sie folgende Informationen:
Bauweise desMikroskops, Lichtgang
Zuschalten der Lichtquelle, Einstellen der Intensität der Lichtquelle
Objektive und deren Vergrößerung, Wechsel von Objektiven mit dem Objektivrevolver
Okulare und deren Vergrößerung
Projektiv
Einstellmöglichkeit für Leuchtfeld- und Aperturblende
Grob- und Feintrieb zum Fokussieren
Umschalten des Lichtgangs auf die Digitalkamera
Unter 7-1 haben Sie dieselbe Probe mit verschiedenen Vergrößerungen betrachtet. Welche Aussagen können Sie über das Gefüge bei den verschiedenen Vergrößerungen treffen?Welche Vor- und Nachteile haben geringe und sehr hohe Vergrößerungen?
Phasen sind in sich homogene Bestandteile eines Systems. Es ist eine Zustandsform eines Stoffes, in der Zusammensetzung, Struktur und Eigenschaften unter Gleichgewichtsbedingungen konstant sind. Sie sind durch Phasengrenzflächen voneinander getrennt.
Härteprüfverfahren erlauben es, Eigenschaftsveränderungen, z. B. hervorgerufen durch eine Wärmebehandlung oder Unterschiede zwischen den Werkstoffen, einfach und schnell zu ermitteln. Durch mehrere Härteeindrücke an verschiedenen Stellen eines Bauteils lässt sich die Gleichmäßigkeit von Eigenschaften untersuchen. Bei den meisten Härteprüfverfahren wird ein Eindringkörper mit definierter Kraft in den Werkstoff gedrückt und nach teilweiser oder vollständiger Entlastung die Eindringtiefe oder die Geometrie des Eindrucks gemessen.
Bei den anstehenden Aufgaben wird die Durchführung des Brinell-, Vickers- und Rockwellhärteprüfverfahrens geübt. Vor- undNachteile der Verfahren sowie Anwendungsgrenzen sollen herausgearbeitet werden, sodass eine sinnvolle Wahl des Prüfverfahrens möglich wird. Brinell- und Vickersprüfung werden mit verschiedenen Prüfkräften durchgeführt, um eine Lastabhängigkeit der Härtewerte zu überprüfen.
Für das Praktikum sind Vorkenntnisse erforderlich, die mithilfe von Lehrunterlagen oder von Fachliteratur überprüft werden können. Um Ihnen die Vorbereitung zu erleichtern, wird in Klammern das betreffende Kapitel ausSeidel,W.W.; Hahn, F.:Werkstofftechnik. – 11. Auflage (2018) – Carl Hanser Verlag München angegeben.
Härte ist eineWerkstoffeigenschaft, die denWiderstand einesWerkstoffs gegen das Eindringen eines anderen, härteren Werkstoffs beschreibt. Die Härteprüfung erlaubt eine schnelle und einfache Kontrolle des Werkstoffzustands. So werden die statischen Härteprüfverfahren zur Überprüfung der Qualität, insbesondere nach einer Wärmebehandlung eingesetzt. Im Vergleich zum Zugversuch ist die Werkstoffschädigung bei vielen Härteprüfverfahren zu vernachlässigen.
Folgende Geräte und Hilfsmittel werden für die Durchführung und Auswertung des Praktikums benötigt:
Universalhärteprüfgerät für die Brinell-, Rockwell- und die Vickershärteprüfung im konventionellen Härteprüfbereich
Härtevergleichsplatten HV 50, HBW und HRC für den zu erwartenden Härtebereich zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Härteprüfgeräts
DIN EN ISO 6506-1 und -4 (Härteprüfung nach Brinell)
DIN EN ISO 6507-1 (Härteprüfung nach Vickers)
DIN EN ISO 6508-1 (Härteprüfung nach Rockwell)
DIN EN ISO 18 265 (MetallischeWerkstoffe – Umwertung von Härtewerten)
Schleifpapier (z. B. 320er)
Taschenrechner
vorbereitete Tabelle zum Erfassen aller wichtigerMesswerte undWerkstoffkennwerte
Arbeitskittel (Baumwolle)
Vor der Härteprüfung müssen u. U. die Proben vorbereitet werden. Die Oberflächen der Proben müssen fett- und zunderfrei sein. Ein Schmierfilm auf der Oberfläche oder härtebeeinflussendeDeckschichten würden das Prüfergebnis verfälschen. Insbesondere für die Brinellund Vickersprüfung ist für das optische Ausmessen der Härteeindrücke eine metallisch glänzende Oberfläche notwendig. In der Regel genügt ein manuelles Anschleifen mit Schleifpapier und einer anschließenden Reinigung mitWasser und Alkohol, gefolgt von einer kurzen Trocknung.
Mit den angefügten Beispielen werden Ihnen Vorschläge zur Gestaltung der Prüfprotokolle für die Härtemessung nach Brinell, Vickers und Rockwell gegeben. In den Protokollen müssen alle versuchsspezifischen Angaben enthalten sein, die es für Außenstehende jederzeit ermöglichen den Versuch und die Auswertung nachzuvollziehen.
Die Gesamtkraft (Prüfvorkraft + Prüfzusatzkraft) verursacht im Werkstoff eine Verformung, welche sich aus einem elastischen und einem plastischen Anteil zusammensetzt. Wird die Kraft um den Betrag der Prüfzusatzkraft verringert, kommt es zur elastischen Rückverformung und die Eindringtiefe nimmt ab.
Auch wenn in den letzten Jahren die Bedeutung der Leichtmetalllegierungen, der Kunststoffe und der Verbundwerkstoffe erheblich angestiegen ist, bleibt der Stahl imMaschinen- und Fahrzeugbau, aber auch im Hochbau der wichtigste Konstruktionswerkstoff. Neben ökonomischen und ökologischen Ursachen wie preiswerte Erzeugung, gute Verfügbarkeit und einem geschlossenen Recyclingkreislauf ist die Breite der mechanischen Eigenschaften dafür verantwortlich.
Das Praktikum soll den Zusammenhang von chemischer Zusammensetzung, Temperatur, Abkühlgeschwindigkeit/Abkühlmedium, Gefüge und der daraus resultierenden Härte herstellen. Damit werden die Grundlagen für das Verständnis des Temperatur-Zeit-Regimes bei den Wärmebehandlungsverfahren Härten + Anlassen und beim Normalglühen gelegt. Die Beeinflussung der Werkstoffeigenschaften durch eine Wärmebehandlung werden mit den Härteprüfverfahren nach Vickers HV50 bzw. nach Rockwell HRC untersucht.
Für das Praktikum sind Vorkenntnisse erforderlich, die mithilfe von Lehrunterlagen oder von Fachliteratur überprüft werden können. Um Ihnen die Vorbereitung zu erleichtern, wird in Klammern das betreffende Kapitel aus
Seidel,W.W.; Hahn, F.:Werkstofftechnik. – 11. Auflage (2018) – Carl Hanser Verlag München angegeben.
Umden Einfluss unterschiedlicher Abkühlgeschwindigkeiten auf das Umwandlungsverhalten von Stählen zu untersuchen, wird auf das Dilatometerverfahren, eine Art der thermischen Analyse zurückgegriffen. Es wird genutzt, um Zeit-Temperatur-Umwandlungsdiagramme zu erstellen. Mit einem Dilatometer (Bild 1) können Proben definiert erwärmt, bei einer bestimmten Temperatur gehalten und mit einer festgelegten Geschwindigkeit abgekühlt werden. Dabei wird nicht nur die Temperatur bzw. Temperaturänderung registriert, sondern auch die Veränderung der Geometrie, speziell die Länge der Probe.
Folgende Geräte und Hilfsmittel werden für die Durchführung und Auswertung des Praktikums benötigt:
Universalhärteprüfgerät für die Vickershärteprüfung im konventionellen Härteprüfbereich
Rockwellhärteprüfgerät
geeignete Härtevergleichsplatten zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Härteprüfgeräte
DIN EN ISO 6507-1 (Härteprüfung nach Vickers)
DIN EN ISO 6508-1 (Härteprüfung nach Rockwell)
DIN EN ISO 642 (Stirnabschreckversuch)
Schleifpapier
Taschenrechner
vorbereitete Tabelle zum Erfassen aller wichtigerMesswerte undWerkstoffkennwerte
Schutzbrille
Arbeitskittel (Baumwolle), Handschuhe
Zu Beginn des Praktikums müssen die wärmezubehandelnden Proben in die bereits aufgewärmten Öfen gegeben werden. Bei einer Probendicke von 15 . . . 20mm sind 20 min Erwärmdauer (An- undDurchwärmen) bei unlegierten und 40 min bei legierten Stählen ausreichend. In dieser Zeit kann die Funktionsweise des Härteprüfgeräts mithilfe einer geeigneten Härtevergleichsplatte überprüftwerden (sieheWerkstofftechnik-Praktikum „Härteprüfung“, Kapitel 7).
Die Härte der unter 7-1 untersuchten Proben unterscheidet sich ganz erheblich. Warum ist die Härte bei allen 700 ◦C-Proben trotz Wasserabschreckung nicht nennenswert gestiegen? Ziehen Sie in Ihre Begründung das Gefüge des Werkstoffs bei Raumtemperatur und bei 700 ◦C mit ein. Nutzen Sie dafür das Eisen-Kohlenstoff- Diagramm.
Die angefügten Tabellen bzw. vorbereiteten Diagramme können Sie zur Auswertung der Versuche nutzen. Auf dieseWeise bekommen Sie einen schnellen Überblick über die Versuchsergebnisse. Die Interpretation der Versuchsdaten wird Ihnen dadurch erleichtert.
Neben der Festigkeit, der Verformbarkeit und der Härte ist die Zähigkeit des Werkstoffs eine entscheidende Eigenschaft, die bei der Werkstoffauswahl im Allgemeinen und bei Konstruktionswerkstoffen im Besonderen berücksichtigt werden muss. Konstruktionswerkstoffe haben die Aufgabe, Kräfte und Momente zu übertragen. Unabhängig von der konkreten Aufgabe dürfen solcheMaterialien im Überlastfall niemals spröd versagen, sondern müssen in der Lage sein, plötzlich auftretende Spannungsspitzen durch plastische Verformung oder andere Formen der Energiedissipation abzubauen.
Ziel des Praktikums ist es, zunächst die Werkstoffeigenschaft „Zähigkeit“ mithilfe des Kerbschlagbiegeversuchs zu verstehen. Diese Eigenschaft wird eigentlich erst dann gebraucht, wenn eine Konstruktion bzw. ein Bauteil überlastet wird, also eine Beanspruchung eintritt, die eigentlich nicht vorgesehen war.
Für das Praktikum sind Vorkenntnisse erforderlich, die mithilfe von Lehrunterlagen oder von Fachliteratur überprüft werden können. Um Ihnen die Vorbereitung zu erleichtern, wird in Klammern das betreffende Kapitel aus Seidel,W.W.; Hahn, F.:Werkstofftechnik. – 11. Auflage (2018) – Carl Hanser Verlag München angegeben.
Auch ohne mechanisches oder werkstofftechnisches Vorwissen hat sicher jeder eine Vorstellung über sprödes und zähes Werkstoffverhalten. Deshalb bietet es sich an, diese Werkstoffeigenschaften zunächst phänomenologisch zu betrachten. Fällt ein Porzellanteller auf einen harten Boden, dann zerbricht dieser in mehrere Teile, ohne ein Anzeichen von plastischer Verformung zu zeigen.
Folgende Geräte und Hilfsmittel werden für die Durchführung und Auswertung des Praktikums benötigt:
Pendelschlagwerk mit einem Arbeitsvermögen von 300 J
Kerbschlagproben mit ISO-V-Kerb
Messschieber
geeignete Temperiervorrichtung (Ofen bis min. 150 ◦C; Kühleinrichtung -50 ◦C bis 0 ◦C)
selbstzentrierende Probenzange
DIN EN ISO 148-1 (MetallischeWerkstoffe – Kerbschlagbiegeversuch nach Charpy – Teil 1: Prüfverfahren)
DIN EN ISO 10 025-2 (Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen– Teil 2: Technische Lieferbedingungen für unlegierte Baustähle)
Taschenrechner
Schreibzeug, Dreieck, Lineal, Kurvenlineal
vorbereitete Tabelle zum Erfassen aller wichtigerMesswerte undWerkstoffkennwerte
Arbeitskittel (Baumwolle)
Bei der Herstellung der Proben ist darauf zu achten, dass durch die Bearbeitung keine unzulässige Schädigung (z. B. starke Kaltverfestigung, Rissbildung) entsteht. Sollten mit dem KBV wärmebehandelte Zustände untersucht werden, dürfen die Probenendbearbeitung und vor allem das Einarbeiten des Kerbs erst nach der Wärmebehandlung erfolgen. Die im Praktikum zu prüfenden Proben sind vor dem Kerbschlagbiegeversuch links und rechts vom Kerb zu kennzeichnen (Probenbezeichnung und -nummer). Auch eine Markierung der Stirnflächen ist zulässig.
Erläutern Sie dieWerkstoffbezeichnungen S235JR; X5CrNi18-10; C45.
Vom Praktikumsleiter bekommen Sie die verbrauchte Schlagenergie KV für den Baustahl S235JR für die Temperaturen -40 ˚C; ˚10 ˚C; 5 ˚C; 40 ˚C; 60 ˚C; 80 ˚C; 150 ˚C zur Verfügung gestellt. Zeichnen Sie die Versuchsergebnisse von Versuch 7-1 und die vorgegebenen Messwerte in ein verbrauchte Schlagenergie-Temperatur-Diagramm ein. Zeichnen Sie in das Diagramm mit einem Kurvenlineal eine Trendlinie ein.
Mit der folgenden Tabelle wird Ihnen ein Vorschlag zur Gestaltung der Prüfprotokolle für den Kerbschlagbiegeversuch gemacht. In den Protokollen müssen alle versuchsspezifischen Angaben enthalten sein, die es für Außenstehende jederzeit ermöglichen den Versuch und die Auswertung nachzuvollziehen. Alle für die Auswertung und Protokollierung notwendigen Aspekte sind in der DIN EN ISO 148-1 Punkt „Prüfbericht“ aufgeführt.
Zähigkeit: Vermögen einesWerkstoffs Spannungsspitzen durch plastische Verformung oder andere Formen der Energiedissipation abzubauen.Widerstand gegen instabilen Rissfortschritt.
Die meisten Teile vonMaschinen, Geräten, Fahrzeugen (z. B. Zahnräder,Wellen, Achsen, Federn), aber auch Bauwerke (Brücken, Türme von Windkraftanlagen) werden nicht nur rein statisch belastet, sondern unterliegen auch zeitlich veränderlichen Belastungen. Die wirkende Kraft steigt an und fällt wieder ab (schwellende Belastung) oder es kommt zu einer Umkehr der Belastungsrichtung
Ziel des Praktikums ist es, die Kenntnisse über das Ermüdungsverhalten von metallischen Werkstoffen zu festigen. Das Praktikum soll einen Einblick in die Ermittlung von Werkstoffkennwerten bei zeitlich wechselnder Belastung geben. Anhand von Zug-Druck- Wechselbelastungen für den Vergütungsstahl 42CrMo4+QT werden für zwei Proben die Anzahl der Lastwechsel ermittelt, die zum Bruch führt.Mit weiteren vom Praktikumsleiter vorgegebenen Versuchsergebnissen wird das Wöhlerdiagramm aufgestellt.
Ermüdung ist eine Werkstoffschädigung, die von einer zyklischen Belastung hervorgerufen wird und zumindest mit lokaler mikroplastischer Verformung (Versetzungsbewegung) gekoppelt sein muss. Dabei kann in Abhängigkeit von den Belastungsbedingungen (u. a. Belastungscharakter, Mittelspannung, Spannungsamplitude) das plastische Fließen erst nach tausenden Lastwechseln und bei Spannungen unter der statischen Streckgrenze einsetzen.
Folgende Geräte und Hilfsmittel werden für die Durchführung und Auswertung des Praktikums benötigt:
Resonanzprüfmaschine
DIN 50 100 (Dauerschwingversuch)
Messschieber
Taschenrechner
Schreibzeug, Dreieck, Lineal
evtl. Notebook mit Tabellenkalkulationsprogramm
vorbereitete Tabellen zum Erfassen aller wichtigerMesswerte undWerkstoffkennwerte
Wahrscheinlichkeitsnetz PA - logNB (4-mal)
Wahrscheinlichkeitsnetz PA - αa (1-mal)
Arbeitskittel (Baumwolle)
Zunächst sind die Proben mit einer Probennummer zu kennzeichnen. Die Probenkennzeichnung darf nicht zu einer Beeinflussung desWerkstoffzustands führen, sollte aber auch nach dem Versuch noch erkennbar sein. Werden Zug-Druck-Proben entsprechend Bild 13 verwendet, kann die Beschriftung unterhalb des Gewindes auf der Stirnseite erfolgen. Da die Probe während des Versuchs bricht oder nachträglich zerbrochen wird, müssen beide Probenhälften gekennzeichnet sein.
Dokumentieren Sie die Ergebnisse der Versuchsdurchführung.Stellen Sie in einer Tabelle die Ergebnisse der gekerbten und ungekerbten Proben gegenüber. Geben Sie denWerkstoff, dieMittelspannung, die Spannungsamplitude und die Schwingspielzahl bis zum Bruch an. Wie lassen sich die unterschiedlichen Lastwechselzahlen zwischen der ungekerbten Probe und der gekerbten Probe des gleichen Materials, die auf gleichem Lasthorizont geprüft wurden, erklären? Welche Auswirkung hat diese Erkenntnis für dauerfeste Auslegung von Bauteilen?
Folgende Tabellen und Rechenbeispiele sollen Ihnen die Auswertung von Schwingfestigkeitsversuchen erleichtern. Achten Sie bei der Gestaltung der Protokolle und speziell bei der tabellarischen Zusammenstellung der Prüfergebnisse darauf, dass alle versuchsspezifischen Angaben enthalten sein müssen, die es für Außenstehende jederzeit ermöglichen, den Versuch und die Auswertung nachzuvollziehen.
Die Ermüdung ist auf mikroplastische Verformung (= Versetzungsbewegung) bei zyklischer Werkstoffbeanspruchung zurückzuführen. Dabei können die Spannungen, die erforderlich sind um die Versetzungen zu bewegen, erheblich unter der statischen Streckgrenze liegen.
Frank Hahn
Backmatter
Metadaten
Titel
Werkstofftechnik-Praktikum
verfasst von
Frank Hahn
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Electronic ISBN
978-3-446-47048-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-446-47048-4
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Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.