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28.08.2014 | Werkstofftechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Selbstheilende Metalle

verfasst von: Dieter Beste

3 Min. Lesedauer

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Ob Schäden in der Autokarosserie oder tragende Brückenelemente: Werden Metalle künftig mechanische Defekte ohne externen Einfluss reparieren und so zu ihrer ursprünglichen Funktionalität zurückkehren können?

Technisch interessant wäre es, bei Anwendungen, die nur beschränkt zugänglich sind (zum Beispiel Windenergieanlagen) oder bei Anwendungen, deren Materialien besonders zuverlässig sein müssen (zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt) selbstheilende Materialien einsetzen zu können. Am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf ließ sich die Forschungsgruppe ‚Adaptive Strukturwerkstoffe‘ um Blazej Grabowski und Cem Tasan von solch visionären Vorstellungen anregen, um das Prinzip der Selbstheilung für Metalle zu untersuchen und zu entwickeln.

Bekannt ist der Einfluss von Phasenumwandlungen auf die mechanischen Eigenschaften von Metallen. Eine Phase ist ein räumlicher Bereich innerhalb eines Materials, bei dem die Zusammensetzung der Materie und bestimmende physikalische Parameter, wie die Dichte, homogen sind. Die Umwandlung von einer Phase in eine andere kann unter anderem durch mechanische Verformung verursacht werden. Materialforscher am Max-Planck-Institut für Eisenforschung entwickeln sich selbst heilende Metalle. Die Idee der beiden Max-Planck-Forscher ist nun, Nanopartikel aus Titan und Nickel in potenzielle Rissbildungsstellen einzubauen. Diese Nanopartikel sind aus einer Formgedächtnislegierung, also einer Materialkombination, die sich nach mechanischer Verformung an ihre ursprüngliche Form ‚erinnert‘ und in diese zurückkehrt. Tritt ein Defekt in einem Bauteil auf, so erinnert sich das Material dank der hinzugefügten Nanopartikel an seine ursprüngliche Mikrostruktur und kehrt zu dieser zurück. Somit würde der Defekt von selbst heilen und keine Reparatur notwendig werden.

Vier konkrete Herausforderungen

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Bei der Umsetzung dieser Idee gibt es vier konkrete Herausforderungen: Zuallererst muss ein Materialsystem gefunden werden, dessen Mikrostruktur es erlaubt, gezielt Nanorisse einzubauen in die die Formgedächtnis-Nanopartikel eingefügt werden. Dies ist bei früheren Ansätzen nur in makroskopisch großen Kristallen gelungen. Hinzu kommt, dass bisherige Formgedächtnislegierungen immer einen externen Trigger, in Form von Wärme, Magnetismus oder mechanischer Umformung brauchten. Grabowski und Tasan wollen aber Formgedächtnislegierungen einbauen, die ohne externe Hilfe in ihre ursprüngliche Form zurückkehren und somit erlauben, dass das Material sich vollständig von selbst repariert.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, entwickelten die Wissenschaftler ein einmaliges Konzept. Grabowski aus der Abteilung ‚Computergestütztes Materialdesign‘ stellt mithilfe der Quantenmechanik Leitlinien auf, um die Auswahl passender Materialsysteme zu begrenzen. Tasan aus der Abteilung ‚Mikrostrukturphysik und Legierungsdesign‘ stellt mittels Hochdurchsatzverfahren, welches ermöglicht, in wenigen Tagen verschiedenste Materialkombinationen herzustellen, diese Materialsysteme her und testet ihre Eigenschaften. Nur diese Kombination aus Theorie und Experiment ermöglicht den erzielten Fortschritt: Die Materialwissenschaftler haben bereits ein Modell-Materialsystem gefunden und die grundlegende Charakterisierung der Mikrostruktur abgeschlossen. Im nächsten Schritt wird die Herstellung erfolgen, um die theoretischen Vorhersagen zu überprüfen.

DFG fördert selbstheilende Werkstoffe

Die beiden Wissenschaftler werden seit Juli 2014 mit rund 400.000 Euro für drei Jahre vom Schwerpunktprogramm 1568 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. In diesem DFG-Programm wird seit 2011 versucht, das Konzept der Selbstheilung bei verschiedenen Materialien zu untersuchen, wobei sich die bisherigen Forschungsansätze vor allem auf Polymere und Keramiken aufgrund ihrer relativ einfachen chemischen Prozesse und Reaktionen bei Raumtemperatur, konzentrierten. Selbstheilungsprozesse bei Metallen wurden bisher nur für Oberflächen oder Hochtemperaturwerkstoffe untersucht. Grund hierfür ist, dass bei Oberflächen chemische Reaktionen unter anderem durch polymerische Beschichtungen relativ einfach erzielt werden können. Bei Hochtemperaturwerkstoffen werden Selbstheilungsprozesse aufgrund der hohen Temperaturen angestoßen.

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