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2012 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Wissenschaft als Quelle: Klimawandel in den Massenmedien

verfasst von : Friedemann Lembcke

Erschienen in: Kalkül versus Katastrophe

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Zusammenfassung

Massenmedien reproduzieren, wie im Kapitel 3.1.2 gezeigt, Öffentlichkeit. Öffentlichkeit erlaubt als Medium der Kommunikation gesellschaftliche Selbstbeobachtung. Entsprechende Begriffe gesellschaftlicher Selbstbeschreibung wie Fortschritt oder Nachhaltigkeit wurden in Kapitel 3.1.8 behandelt. In deren massenmedial reproduzierter Öffentlichkeit werden wissenschaftlich Forschungsbedarfe beobachtbar, wirtschaftlich Märkte oder politisch öffentliche Meinungen. Alle diese spezifischen Beobachtungen der Öffentlichkeit finden gleichermaßen im Selektionskriterium massenmedialer Kommunikation Anschluss: in der Neuheit, der Aktualität von Informationen über die Gesellschaft (Luhmann 1996, 42, 183). In Kapitel 3.1.5 wurde dargestellt, wie wissenschaftliches Wissen als Neuheit publiziert wird mit dem Anspruch auf Wahrheit, zumindest, solange es nicht durch neue Publikationen als veraltet gelten muss. Massenmedien erlauben der Wissenschaft über das Publizieren fortwährend für die Gesellschaft Wissen als Neuigkeit bereitzustellen. So kann die Wissenschaft in Abweichung zum publizierten Wissen neues Wissen bereitstellen. Organisationen, wie beispielsweise wissenschaftliche Verlage oder veröffentlichende wissenschaftliche Institutionen, ermöglichen, wie in Kapitel 3.1.1 beschrieben, einen Leistungsaustausch zwischen Wissenschaft und Massenmedien als Gedächtnisleistung. Anknüpfend an Kapitel 2.2.1 lässt sich eine solche Leistungserbringung in der Organisation der Abhängigkeiten eines Systems von Systemen in seiner Umwelt bestimmen, wobei das System von seiner Umwelt stets in der Abgrenzung von dieser abhängig bleibt. Deshalb lassen sich die Abhängigkeiten nicht als Ausgriffe des Systems auf seine Umwelt, sondern nur als Abbildungen seiner Umwelt in systeminternen Strukturen verstehen.

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Fußnoten
1
Das schließt ein, dass die Funktionssysteme sich in der Öffentlichkeit als von ihr beobachtet beobachten (Luhmann 1996, 185, 187).
 
2
Hinsichtlich der Massenmedien ist es hier beispielsweise der in Kapitel 3.1.6 erwähnte „Visible Scientist“, dessen Reputation weniger wissenschaftlich als vielmehr massenmedial bestimmt ist. Hinsichtlich der Wissenschaft sind es wiederum beispielsweise die sogenannten „heimlichen Advokaten“, deren wissenschaftliches Veröffentlichen von der zu erwartenden Öffentlichkeitswirksamkeit bestimmt ist, wenn es ihnen etwa in der Politikberatung „überlassen bleibt, wissenschaftliche Ergebnisse in die Politik zu übersetzen, da Politiker und Stakeholder dazu neigen, umstrittene Entscheidungen an Wissenschaft zu delegieren und Wissenschaftler selbst sich aus dem politischen Tagesgeschäft heraushalten“ (Beck 2009b, 194).
 
3
Massenmedien als ein auf Selbstbezüglichkeit beruhendes System zu verstehen, bedeutet, massenmediale Selektion von Information nicht mit bloßer Informationsauswahl, sondern vielmehr mit Informationserzeugung gleichzusetzen (Luhmann 1996, 58). Es geht nicht um Auswahl von Informationen im Sinne einer Entscheidung, wie es Organisationen (zum Beispiel Verlagen) erlaubt ist, sondern um Auswahl als Informationen im Sinne einer Unterscheidung von Information und Nichtinformation. Auch beispielsweise das Wissenschaftssystem wählt mit der Unterscheidung von wahr und unwahr nicht aus Wissen aus, sondern erzeugt dabei Wissen.
 
4
„Der Klimawandel ist (zunächst) nur durch wissenschaftliche Methoden zugänglich, insbesondere antizipativ durch Computer-Simulationen und Szenarien, zunehmend aber auch durch empirische Beobachtungen. Ort und Zeit der Gefährdungskonstellationen bleiben weitgehend unbestimmt. Das wissenschaftlich konstatierte Risiko, definiert durch Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit, ist unvermeidlich durch Unsicherheit geprägt. Die Entwicklung von Vorstellungen über dieses Umweltrisiko läuft demnach nicht über die kognitive Verarbeitung direkter Wahrnehmungen. Vielmehr findet sie über die soziale Kontextualisierung wissenschaftlicher Prognosen zukünftig zu erwartender Umweltereignisse statt. Den Medien fällt in demokratischen Massengesellschaften dabei eine besondere Rolle zu.“ (Heinrichs 2003, 134).
 
5
„Man kann ja die Grenzen (und damit die Einheit) einer Handlung oder eines Handelnden weder sehen noch hören. In jedem Falle geht es um institutionell und kulturell gedeckte Konstrukte.“ (Luhmann 1996, 66).
 
6
Der individuelle Bedarf an Identitätsstiftung entsteht in einer Gesellschaft, in der beispielsweise Herkunft oder Schichtenzugehörigkeit dafür allein nicht mehr genügen. Damit „wird das Individuum, was seine Identität betrifft, Selbstversorger“ (Luhmann 1996, 116).
 
7
Gerade die Ergebnisse der COP 15 lassen vielmehr die Erreichbarkeit des Zwei-Grad-Zieles in Frage stellen (Priddat 2010).
 
8
Ein Skandal, den die Wissenschaft hingegen tatsächlich auch für sich annimmt, lässt sich beispielsweise im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung von Woo-Suk Hwang von 2004 beobachten, in der er die erstmalig gelungene Erzeugung eines menschlichen Embryos und entsprechender Stammzellen durch Klonen bekanntgibt, was sich in den darauffolgenden Jahren aber als Fälschungen herausstellt und „Prozesse binnenwissenschaftlicher Selbstregulation“ (Peters et al. 2008, 284) in Gang setzt.
 
9
Ob eine Entscheidung richtig ist oder nicht, lässt sich erst beobachten, wenn sie bereits gefallen ist und dann wiederum nur durch erneute Entscheidungen reagiert werden kann, die dem gleichen Problem ihrer Rechtfertigung unterliegen. Kapitel 5.1.3 widmet sich unter dem Stichwort Risiko noch einmal gesondert der Problematik des Entscheidens.
 
10
„So verfehlt die Ethik ihrer Funktion gemäß die Aufgabe, vor Moral zu warnen.“ (Luhmann 1986, 263)
 
Metadaten
Titel
Wissenschaft als Quelle: Klimawandel in den Massenmedien
verfasst von
Friedemann Lembcke
Copyright-Jahr
2012
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-19629-9_4